Glückliche Huren gibt es nicht

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Natascha, Marina, Irina, Ilona, Frieda, Oxana, Ronja, Anita, Elena und Amalia erzählen:

Wie erlebten Sie Zwangsprostitution?

„Ich habe einfach die Augen geschlossen. Ich musste alles machen was die Männer wollten. Mein Unterleib brannte und es ekelte mich bis zum Brechreiz, wenn ich die Fremden küssen oder Oralsex machen musste. Ich habe nicht mehr gelebt, nur noch existiert.“
Natascha, 18 Jahre, aus Weißrussland

„Die Männer wollten Oral- und Analsex oder uns anschnallen.
Es war besonders ekelhaft, wenn ich Oralsex ohne Kondom machen musste.“
Amalia, 22 Jahre, aus Bulgarien

„Ich lag da wie ein Holzbrett. Wenn ein alter Greis kam, der stank, dann war das für mich unerträglich.“
Olga, 20 Jahre, aus Russland

„Ich habe dort sieben Monate gearbeitet und das jeden Tag. Also lieber sieben Monate auf dem Bau schuften als so was.“
Anita, 33 Jahre, aus Russland

„Ich habe immer innerlich geweint und mir war ständig schlecht.
Ich kann heute noch schlecht schlafen und habe schreckliche Erinnerungen.“
Irina, 21 Jahre, aus der Ukraine

„Die Mehrheit der Frauen bei uns in der Puffwohnung haben Alkohol getrunken, um arbeiten zu können oder die Arbeit auszuhalten. Sie waren dann verwirrt und ihnen war egal was sie machen sollten. Die haben dann vorgetäuscht, dass sie Lust haben und bekamen dann auch mehr Geld für besondere Leistungen.”
Ronja, 19 Jahre, aus Rumänien


Warum sind Sie nicht weggelaufen?

„Was willst du machen, der Muskelmann steht vor dir, du musst arbeiten und innerlich weinst du.“
Elena, 25 Jahre, aus Russland

„Es gab keine offenen Drohungen. Aber ich hatte so ein Gefühl, dass was passieren wird, wenn ich nicht gehorche. Es war so eine unterschwellige Bedrohung. Ich hatte Angst.“
Ilona, 23 Jahre, aus Russland

„Wenn Du ganz große Probleme gemacht hast, dann wurde geschlagen.“
Frieda, 18 Jahre, aus Moldawien

„Ich hatte Angst, einen Freier, mit dem ich nicht wollte, abzulehnen. Hätte ich das getan, denke ich, dann hätte es sicher Probleme gegeben. Denn das hätte bedeutet, der Zuhälter verliert Geld.“
Oxana, 22 Jahre, aus der Ukraine

„Die Zuhälter haben mir gesagt, ich muss bei ihnen arbeiten, du musst hier bleiben. Wenn ich weggehen wollte, würden sie mich finden.“
Irina, 21 Jahre, aus der Ukraine


Wie haben sich die Männer verhalten, die zu Ihnen als Kunden kamen?

„Die Männer sind alle gleich, sie bezahlen Geld für Sex und wollen dann die Leistungen von uns. Sie haben kein Interesse an uns Frauen.“
Anita, 33 Jahre, aus Russland

„Die Männer kommen zu uns und bekommen Krankheiten und leiten sie dann an andere Frauen weiter.“
Ilona, 23 Jahre, aus Russland

„Wenn ich mich mehr freiwillig gezeigt habe, bekam ich Respekt von den Männern. Aber wenn ich nicht freiwillig wollte, war der Respekt weg, sie machten Druck, wurden böse und forderten unangenehm, was sie haben wollten. In solchen Situationen fühlte ich mich wie ein Waschlappen.
Die Männer sollten wissen, dass wir eine schwere Situation haben. Wenn sie das wissen, müssen sie, denke ich, einen gewissen Respekt vor uns haben und mit uns fair umgehen.“
Ronja, 19 Jahre, aus Rumänien

Hätten Ihnen Kunden helfen können?

„Na klar, wenn ein Mann großes Interesse an einer Frau hat, kann er ihr helfen. Aber für die meisten Männer sind wir scheißegal.“
Ilona, 23 Jahre, aus Russland

„Die Männer sollten genau schauen, in welcher Situation sich die Frau befindet. Wenn sie die Möglichkeit haben, müssten sie uns helfen, aus dieser Situation herauszukommen. Aber die meisten Männer wollten nicht helfen, die wollen sich nur befriedigen. Die Männer gehen auch nicht zur Polizei. Sie haben Angst, dass die Ehefrau was erfährt.“
Ronja, 19 Jahre, aus Rumänien

„Ich habe vielen Männern gesagt, dass ich hier nicht freiwillig bin, dass ich hier arbeiten muss. Die glaubten mir nicht und sagten, was machst Du dann hier?
Die Sprache war ein großes Problem, ich konnte sehr wenig Deutsch. Ich habe mit vielen Männern gesprochen, dass ich hier raus will, die haben Angst bekommen und sind weggegangen. Einer hat mir angeboten, er wolle mich heiraten, aber ich habe zu wenig verstanden. Sie verstehen nicht die Sprache, ich habe schnell geweint, sie sind einfach weg gegangen.“
Marina, 20 Jahre, aus Russland

„Ich bin oft traurig gewesen, aber die Männer haben nicht verstanden warum. Die Männer sollen da nicht hingehen, um Sex für Geld zu bekommen. Sie sollten aufmerksam sein, wenn eine Frau traurig ist und weint, weil sie nicht arbeiten will, aber muss.“
Irina, 21 Jahre, aus der Ukraine

„Die Männer hätten was merken können, aber das wollten sie nicht. Und ich habe aus Angst nichts gezeigt. Die Männer hätten dann eine andere Frau haben wollen, die Zuhälter hätten das dann erfahren, und davor hatte ich große Angst, was sie dann mit mir machen.“
Ronja, 19 Jahre, aus Rumänien

http://www.stoppt-zwangsprostitution.de/html/frauenerz.html
 
Frauenhandel: Allgemeine Informationen
Im Jahr 2000 verabschiedete der deutschen Bundestag das Prostitutionsgesetz. Dieses Gesetz sollte die Diskriminierung von Prostituierten verringern und ihnen Zugang zu sozialer Sicherung geben. Gleichzeitig sollte es den Frauen die berufliche Neuorientierung undden Ausstieg aus dem Milieu erleichtern. Im Zuge der Neugestaltung der Strafgesetzgebung zum Menschenhandel 2004 kam dann von CSU/CDU der Vorschlag auf, die Freier von Zwangsprostituierten zu bestrafen.

TERRE DES FEMMES unterscheidet drei Formen des Frauenhandels. Sie stehen im Kontext des globalen Migrationsprozesses von Frauen.

1. den Handel in die Prostitution
2. den Handel in die Ehe
3. den Handel in illegale Beschäftigungsverhältnisse.

Die wirtschaftliche Not treibt Frauen dazu, sich auf Arbeitsangebote wie Barfrau, Haushaltshilfe oder Prostituierte sowie auf Ehevermittlungsangebote einzulassen.

1. Handel in die Prostitution
Der Handel von Frauen in die Prostitution ist international organisiert und beschert dem organisierten Verbrechen zurzeit mehr Gewinne als der Drogen- oder Waffenhandel. Circa 80 % der Opfer des Menschenhandels in der BRD stammen inzwischen aus den mittel- und osteuropäischen Staaten. Die wirtschaftliche Not treibt Frauen dazu, sich auf Arbeitsangebote im Westen einzulassen.

Die legale Einreise in die BRD ist für ausländische Frauen sehr schwierig. Deshalb werden sie bereits in ihrem Heimatland in die Abhängigkeit von Anwerbern und Schlepperorganisationen getrieben. In Deutschland angelangt, werden sie mit Drohungen und brutaler Gewalt zur Prostitution gezwungen. Manche Frauen wussten, dass sie in der Prostitution arbeiten würden, aber keine war sich im Klaren über die unsäglichen Bedingungen, unter denen sie dann hier arbeiten muss. Ihre Lage verschärft sich durch die Schulden bei den Schleppern für Transport und falsche Pässe. Überhöhte Wohn- und Verpflegungskosten, fehlende Ausweispapiere, illegaler Aufenthaltsstatus sowie mangelnde Sprach- und Ortskenntnisse machen die Frauen erpressbar. Zu einer Verurteilung der Täter kommt es selten. Entweder wagen die Frauen nicht, gegen ihre Peiniger auszusagen, oder sie werden vor dem Prozess ausgewiesen.

Deutsche Prostituierte erfahren Diskriminierung und Gewalt. Noch schlimmer ist das Los von ausländischen Frauen in der Prostitution, insbesondere das Los von Zwangsprostituierten. Als Menschenrechtsorganisation engagiert sich TERRE DES FEMMES seit Jahren gegen Frauenhandel und Zwangsprostitution. Frauenhandel ist eine moderne Form der Sklaverei und muss als massiver Verstoß gegen Menschenrechte wirksam bekämpft werden.

2. Handel in die Ehe
Auch mit dem Handel in die Ehe schlagen Händler Profit aus den Hoffnungen der Frauen auf ein besseres Leben. Heiratsvermittler bieten Frauen in Katalogen oder im Internet an, bei Nichtgefallen hat der Kunde ein "Rückgaberecht". Die Händler und Ehegatten berufen sich auf § 19 Ausländergesetz. Diese Vorschrift macht das Aufenthaltsrecht der ausländischen Ehefrau vom Bestand der Ehe abhängig. Lässt sich der Mann scheiden, muss die Frau ausreisen, wenn die Ehe noch keine zwei Jahre Bestand hat. Sie wird dann ohne Entschädigung und mittellos in ihr Herkunftsland zurückgeschickt. Für Frauen, die von Gewalt betroffen sind, gilt eine Härtefallregelung. Früher musste die Ehe vier Jahre bestehen. Die Verkürzung auf zwei Jahre ist ein Erfolg der Lobbyarbeit von TERRE DES FEMMES und anderen Frauenorganisationen. Gerade Frauen mit Kindern waren nach der alten Regelung gezwungen, in gewalttätigen Beziehungen auszuharren, wollten sie nicht ihr Aufenthaltsrecht verlieren.

Die Grenzen zum Handel in die Prostitution sind fließend. So gehen Händlerringe mehr und mehr dazu über, Frauen zum Schein mit Männern aus dem Milieu zu verheiraten. Sie erhalten damit eine legale Aufenthaltserlaubnis und sind noch fester im System des Menschenhandels verankert.

3. Handel in illegale Beschäftigungsverhältnisse
In den Herkunftsländern werden die Frauen mit einem interessanten Angebot angeworben. Doch die Jobs in der Bundesrepublik entpuppen sich als Ausbeutungsverhältnisse, in denen die Frauen nicht selten wie Sklavinnen arbeiten. Die Migrantinnen müssen nicht nur Unterbezahlung und Lohnverweigerung hinnehmen, sie sind auch sexuellen Belästigungen ausgeliefert. In manchen Fällen werden sie eingesperrt und nicht ausreichend versorgt. Soziale Kontakte sind kaum möglich.

Die Frauen arbeiten meist in Bereichen, die arbeitsrechtlich weniger streng geregelt sind, wie zum Beispiel in Haushalten. Wenn sie zudem nicht im Besitz einer gültigen Aufenthaltsgenehmigung sind, nehmen sie aus Angst vor der Abschiebung fast jede Schikane hin.

http://www.frauenrechte.de/tdf/inde...&task=category&sectionid=18&id=139&Itemid=121
 
"Verkauft wie ein Stück Fleisch"

Verschleppt, verkauft oder mit falschen Versprechungen gelockt ? jedes Jahr werden Tausende Frauen in Deutschland Opfer von Menschenhandel und Zwangsprostitution. Zur Fußballweltmeisterschaft könnten es noch mehr werden. Denn die Rotlichtszene wittert ein großes Geschäft.

Von Julia Fensterer, Norddeutscher Rundfunk

Tanja (Name geändert) ist 19 Jahre alt, als sie nach dem Traum von einem besseren Leben greift. Sie lebt in Estland und macht eine Lehre als Kauffrau. Doch das Land ist arm, bietet wenig Zukunft für sie und ihren einjährigen Sohn. Sie wird angesprochen von vermeintlichen Freunden, ahnt, dass sie in kriminelle Kreise gerät. Doch der Wunsch nach Wohlstand ist stärker. Tanja lässt sich nach Deutschland bringen, dem Geld, der Arbeit und ihrer neuen Freiheit in Gedanken schon ganz nah.

Reeperbahn, Hamburg Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Allein in Hamburg rechnet ver.di während zur WM mit bis zu 3000 zusätzlichen Prostituierten. ]
In Hamburg angekommen, wird Tanja an einen Zuhälter verkauft. Dieses Geld muss sie als Prostituierte abarbeiten, dazu die Miete für ihr Zimmer auf dem Kiez. In den ersten drei Monaten sieht sie keinen Cent, hat stattdessen Schulden, keinen Kontakt zur Heimat und große Angst. ?Ich war so schrecklich dumm?, sagt Tanja heute. ?Sie locken mit der Aussicht auf gute Arbeit. Sie sagen, du verdienst viel Geld, und wenn du aussteigen willst, dann kannst du das jederzeit tun. Aber das war alles gelogen. Die haben mich verkauft wie ein Stück Fleisch. Ich wollte zurück in meine Heimat, aber ich hatte keine Chance.?
Rotlichtszene erwartet das Geschäft des Jahrzehnts

Ein Schicksal, das sich in diesem Jahr noch öfter als ohnehin schon wiederholen könnte. Denn zur WM erwartet die Rotlichtszene das Geschäft des Jahrzehnts. Männliche Fußballtouristen im WM-Rausch wecken beim Gewerbe Hoffnung auf gute Umsätze. Umsätze, für die viele Frauen mit ihrer Freiheit bezahlen. Verschleppt, verkauft oder mit falschen Versprechungen beginnt für viele von ihnen in Deutschland ein Albtraum. Manche werden als Kellnerinnen angeworben, andere als Babysitter. Einige wissen, dass sie als Prostituierte arbeiten sollen, aber nicht, unter welchen Umständen. Fast alle Frauen kommen illegal nach Deutschland.
2,4 Millionen Menschen Opfer von Menschenhandel

Ein Bericht des Europaparlaments zählt den Menschenhandel mit Frauen und Kindern zu den sich am schnellsten ausbreitenden Straftaten im Rahmen des organisierten Verbrechens in der EU. Demnach leben rund 300.000 Opfer von Menschenhändlern in der Europäischen Union. Die "International Labour Organisation" (ILO) spricht in ihrer jüngsten Studie weltweit von 2,4 Millionen Menschen und einem Profit durch Menschenhandel von 32 Milliarden Dollar jährlich.

Die ILO schätzt, dass etwa 15.000 Opfer in Deutschland leben. Doch nur ein Bruchteil der gehandelten Frauen wird aktenkundig. Laut BKA sind es etwa 1000 Opfer von Menschenhandel pro Jahr. Die meisten tauchen nicht in der Kriminalstatistik auf, denn Zwangsprostitution ist ein Verbrechen, das kaum eine Frau anzeigt. Gesicherte Daten gibt es nicht, auch nicht darüber, wie sehr die Fußballweltmeisterschaft das Problem verschärfen wird. Doch es besteht kein Zweifel daran, dass auch Menschenhändler und Zuhälter von der WM profitieren wollen. Heike Rudat vom Bund deutscher Kriminalbeamten erklärt: ?Die Erkenntnis die wir bisher von den Prostituiertenverbänden haben ist, dass es in jedem Fall mehr Prostituierte geben wird zur WM 2006 und dass es in diesem Umfeld auch zu mehr Zwangsprostitution kommen wird. Aber wie viele es genau sein werden, das wissen wir nicht.?

Fußball-WM Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Den Zwangsprostituierten bleiben nur rund zehn Prozent des Verdienstes. ]
In Hamburg rechnet die Gewerkschaft ver.di mit bis zu 3000 zusätzlichen Sexarbeiterinnen, darunter vielen, die sich unfreiwillig prostituieren. Allerdings weisen Expertinnen auch darauf hin, dass es sich für Schlepper und Zuhälter kaum lohne, Frauen für die wenigen Wochen der WM nach Deutschland zu bringen, gefügig zu machen und Geld in angemietete Wohnungen zu investieren.
Zuhälter kontrollieren die Frauen rund um die Uhr

Auch Tanja wohnt lange in einer so genannten Modellwohnung. Einmal im Monat darf sie das Appartement verlassen ? dafür muss sie dann 150 Euro ?Strafe? zahlen. ?Der Zuhälter kontrolliert alles?, beschreibt Tanja die Macht dieser Männer. ?Du darfst nicht einkaufen, du darfst nicht zum Arzt. Viele Frauen werden von ihrem Zuhälter sexuell missbraucht, geschlagen, bestraft. Vielleicht zehn Prozent von dem, was man verdient, darf man behalten. ?
Bundesweite Kampagnen gegen Zwangsprostitution

In Hamburg kümmert sich die Koordinierungsstelle gegen Frauenhandel (Koofra) um Frauen wie Tanja. Die Sozialarbeiterinnen helfen ihnen bei der medizinischen Versorgung, begleiten sie zu Behörden oder unterstützen sie, wenn sie aussteigen wollen. Während es früher vor allem Frauen aus Asien waren, die nach Deutschland verschleppt wurden oder auch freiwillig einreisten, sind inzwischen drei Viertel von ihnen aus mittel- und osteuropäischen Ländern. Für Migrantinnen sei es besonders schwer, sich der oft brutalen Macht der Zuhälter zu entziehen, sagt Ulrike Gatzke von Koofra. ?Diese Frauen haben oft das Problem, dass sie nicht mit den Hamburger Gepflogenheiten vertraut sind. Dazu kommt, dass sie oft illegal hier sind und die deutsche Sprache nicht sprechen. Deshalb sind sie extrem auf die Zuhälter angewiesen und finden sich schnell in einer ausbeuterischen Situation wieder.?
Razzien gegen Zwangsprostitution

Modellwohnung Großansicht des Bildes [Bildunterschrift: Beispiel einer Modellwohnung. ]
Zur Weltmeisterschaft nehmen die Verbände und Organisationen in vielen deutschen Städten das Großereignis zum Anlass, um gegen Zwangsprostitution mobil zu machen. Auch Kirchen und die Polizeigewerkschaft engagieren sich.

Die Hamburger Beamten greifen bei gezielten Razzien mit dem Verdacht auf Menschenhandel immer wieder Zwangsprostituierte auf. Auch Tanja wird bei einem solchen Einsatz schließlich verhaftet ? nach drei Jahren in der Gewalt ihres Zuhälters. Sie sagt in mehreren Prozessen gegen ihre Zuhälter aus und kommt in ein Zeugenschutzprogramm. Inzwischen hat sie eine Aufenthaltsgenehmigung und lebt mit drei Kindern in Hamburg. Die Angst ist geblieben. Tanjas Zuhälter bekam nur eine geringe Haftstrafe. Er ist inzwischen wieder auf freiem Fuß. Für Tanja wird es wirkliche Freiheit nie wieder geben.

http://www.tagesschau.de/inland/meldung128064.html
 
Liebe Kaji!

Danke für das Reinstellen der Links und der Texte - sind sehr interessant.
Ich frage mich nur, ob man Ramars damit überzeugen wird können. Oder ob dann noch immer behauptet wird, die Zahl der dazu gezwungenen sei ja in Wahrheit ganz, ganz klein...und die Frauen würden das ja alle freiwillig machen....

Wenn jemand etwas nicht glauben WILL, dann kannst Du machen, was Du willst - es gab in diesem Thread schon so viel an Zahlen und Information - trotzdem wurde das völlig ignorant vom Tisch gewischt und als "Polemik" abgetan, die Gründe dafür würden mich echt interessieren....

Liebe Grüße
Reinfried
 
Zur Sklavenarbeit nach Berlin

Von Peter Carstens


Mit Versprechungen gelockt - zur Prostitution gezwungen

27. Februar 2005 „Ich werde dir Europa zeigen, du wirst für mich in Deutschland arbeiten und du wirst eine gute Zukunft haben“, versprach ihr der gelernte Schweißer Boris B. Und Irina C. aus Skala Podolskaya hat das anfangs glauben wollen.

Die siebenundzwanzig Jahre alte Ukrainerin verließ ihre galizische Heimat, wo sie als Lehrerin dreizehn Euro pro Monat verdient hatte. Das war zuwenig für sie und ihren damals vier Jahre alten Sohn, schon der Kindergarten kostete vier Euro. Irina C. ging nach Deutschland, um für eine gute Zukunft zu arbeiten, doch alles, was sie sah, waren schäbige Wohnungen, gierige Männer und am Ende das Kriminalgericht in Berlin-Moabit.

„Direktor, Vater und Gott“

Im August 2000 traf sie im Kulturhaus von Skala Podolskaya einen Mann, der anbot, ihr eine Arbeit als Haushaltshilfe und Kindermädchen in Polen verschaffen zu können. Irina willigte ein. Mit geliehenem Geld vom Vater ihres Sohnes - fünfundsechzig Euro - besorgte sie sich einen Paß und reiste im Mai 2001 nach Polen. Dort wurde sie in der Nähe von Breslau von Boris B. empfangen, einem damals dreißig Jahre alten Landsmann. Boris B. war in einem Internat aufgewachsen, hatte als Soldat der Sowjetarmee in Afghanistan gedient, hatte Geschäfte in Polen gemacht und war 1998 als Autohändler nach Deutschland gekommen. Dann eröffnete er in Berlin ein Bordell. Und für das brauchte er Frauen.
Zum Thema

* Merkel: Fischer hat dem Land geschadet Müntefering: Richtige und wichtige Rede
* Union will Sex mit Zwangsprostituierten unter Strafe stellen
* Kommentar: Politik für Menschenhändler
* FAZ.NET-Spezial: die Visa-Affäre

B. machte Irina C. Versprechungen und teilte ihr mit, so erinnert sie sich, von nun an sei er ihr „Direktor, Vater und Gott“. Auf dem Tisch des Hauses, in dem sich dies zutrug, lagen Pornohefte. Die solle sie sich ansehen, habe Boris B. zu ihr gesagt. Zur Vorbereitung auf die Arbeit.

In Abschiebehaft

Doch zunächst mißlang der Versuch, die junge Frau nach Deutschland zu schleusen. Irina fuhr in die Tschechische Republik, von dort aus wollten sie und ein Begleiter mit dem Zug nach Berlin reisen, wo B. einen „Haus- und Hotelbetrieb“ aufgezogen hatte, eine Frauenvermietung, in der nach Kenntnis der Staatsanwaltschaft mindestens sechzehn Frauen als Prostituierte arbeiten mußten.

Die meisten von ihnen waren, wie Irina, mit falschen Versprechungen nach Deutschland gelockt worden. Doch diese Fahrt nach Berlin endete schon vor der Grenze. Bei einer Personenkontrolle flog Irina C. auf. Sie schrieb den polnischen Namen aus ihrem verfälschten Paß falsch, und außerdem sprach sie kein Polnisch. Die tschechische Grenzpolizei nahm sie fest, Irina kam in Abschiebehaft.

Zurück in der Ukraine, fanden die Schleuser sie rasch wieder. Beim nächsten Versuch sollte es klappen. Doch Irina C. war skeptisch geworden durch das Erlebnis mit den Pornoheften aus Breslau. Aber es gab kein Zurück, denn sie hatte kein Geld mehr, und der Mann, der sie nunmehr bewachte, sagte, sie habe schon zuviel gekostet - allein zweitausend Euro schulde sie für die mißlungene Schleusung. Das müsse sie in Deutschland abarbeiten. Diesmal wolle man es mit einem Visum der Botschaft versuchen.

Teilnahme an einer Gruppenreise

So geschah es. Die 450 Euro für das erschlichene Schengen-Visum der deutschen Auslandsvertretung übernahm zunächst Boris B., den das Landgericht Berlin im Frühsommer 2004 wegen gewerbsmäßiger Schleusung, Menschenhandel, Zuhälterei und anderer Delikte zu vier Jahren und neun Monaten Haft verurteilt hat. Am 28. Mai 2001 fuhren Irina und ein Begleiter zur polnisch-deutschen Grenze nach Slubice/Frankfurt an der Oder. Dort übergab B. ihr eine Teilnehmerliste für eine Gruppenreise sowie eine Hotelreservierung. Bei einer Kontrolle sollte sie gegebenenfalls erzählen, sie hätte ihre Reisegruppe verloren. Die Reisegruppe gab es natürlich gar nicht, das Hotel war bloß eine Fassade, wie in so vielen Fällen der Visa-Erschleichung an der deutschen Botschaft in Kiew.

Trotzdem kamen sie problemlos über die Grenze. Am 21. August 2001 traf Irina C., die junge Lehrerin und Mutter aus Skala Podolskaya, in Berlin ein und galt fortan wie andere Frauen in B.'s Sex-Betrieb als eine „junge ukrainische Nymphe“ oder als „naturgeile jg. Ukrainerinnen“, als die sie Boris B. in der Berliner Gossenpresse feilbot. In seiner Kundendatei fand die Polizei mehr als dreieinhalbtausend Telefonnummern.

Keine Wahl

Irina wurde mit mehreren Frauen zusammen in einer Ein-Zimmer-Wohnung in Berlin-Friedenau festgehalten. Mehrere Zwangsprostituierte teilten sich dort ein Doppelstockbett und eine Klappcouch, eine der Frauen mußte auf dem Boden schlafen. Irina C. erhielt abermals einen gefälschten polnischen Paß, ihren richtigen Ausweis mit dem Touristenvisum behielt Boris B. bei sich. Der neue Paß kostete sie weitere 3.500 Euro. Inzwischen waren ihre Schulden bei Boris B. auf mehr als siebentausend Euro gestiegen - das Fünfhundertvierzigfache ihres ukrainischen Lehrerinnenlohnes. Ein Jahr lang brauchte sie, um diese Schulden zu begleichen. Einmal konnte sie fünfhundert Euro für ihren Sohn in die Ukraine schicken.

Wenn sich Freier auf Zeitungsanzeigen meldeten, fuhr ein Fahrer Irina oder eine der anderen Frauen zu den Anrufern. Eine Stunde mit „Irina“, „Natascha“ oder „Larysa“ kostete zwischen fünfundsiebzig und fünfundneunzig Euro, je nach Sexualpraktik und Kundenstatus. Knapp ein Drittel davon bekamen die Frauen, die allerdings einen großen Teil des Geldes für ihre Schulden, überhöhte Miete und ihren Lebensunterhalt wieder an Boris B. abgeben mußten. Die Frauen durften ihre Unterkünfte nur mit seiner Erlaubnis verlassen, die ihnen für Arzttermine und Einkäufe erteilt wurde. Ihre Kunden konnten sie sich nicht aussuchen, teilweise waren die Männer schmutzig, alkoholisiert oder standen unter Drogen. Gelegentlich wurden sie geschlagen.

Nebenklägerin im Prozeß

Fluchtgedanken erstickte Boris B. mit Drohungen. Man könne, so bekamen Irina und die anderen zu hören, leicht ein Haus in der Ukraine sprengen, oder es gebe ja noch die Familie - wie etwa Irinas Sohn. Viele der jungen Frauen betranken sich systematisch vor ihren Freierbesuchen, anders war es für sie nicht zu ertragen. Ihre einzige Chance, Boris B. und seinen Komplizen zu entkommen, bestand darin, daß sie unter ihren Kunden einen fanden, der bereit war, für die Freiheit seiner Sexdienerin zu bezahlen. Bis zu 25.000 Euro pro Frau verdiente B. mit dieser Art des Sklavenhandels.

Im November 2002 wurde Irina C. von der Polizei festgenommen und vier Wochen später zu einer Bewährungsstrafe wegen Urkundenfälschung und Verstoßes gegen das Ausländergesetz verurteilt. Einige Monate später zerschlug eine großangelegte Durchsuchungsaktion der Berliner Staatsanwaltschaft die Organisation des Boris B. und beendete das Martyrium der Ukrainerinnen und Polinnen, das mit einer Lüge von Hausmädchenarbeit und einem erschlichenen Touristenvisum der deutschen Botschaft begonnen hatte. Bei dem Prozeß gegen Boris B. traten vier der Frauen als Nebenklägerinnen gegen ihn auf, darunter die Lehrerin Irina C. aus Skala Podolskaya.

http://www.faz.net/s/RubFC06D389EE7...659D01D3816120680B~ATpl~Ecommon~Scontent.html
 
Liebe Kaji!

Danke für das Reinstellen der Links und der Texte - sind sehr interessant.
Ich frage mich nur, ob man Ramars damit überzeugen wird können. Oder ob dann noch immer behauptet wird, die Zahl der dazu gezwungenen sei ja in Wahrheit ganz, ganz klein...und die Frauen würden das ja alle freiwillig machen....

Wenn jemand etwas nicht glauben WILL, dann kannst Du machen, was Du willst - es gab in diesem Thread schon so viel an Zahlen und Information - trotzdem wurde das völlig ignorant vom Tisch gewischt und als "Polemik" abgetan, die Gründe dafür würden mich echt interessieren....

Liebe Grüße
Reinfried

Es gibt tausende solcher Berichte im Netz. :(

Kaji
 
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