"Aber kann man die Prostitution überhaupt abschaffen? Ist sie nicht das "älteste Gewerbe der Welt"? Nun, auch die Abschaffung der Sklaverei war zu ihrer Zeit unvorstellbar und ist doch Wirklichkeit geworden. Vielleicht werden wir es eines hoffentlich nicht so fernen Tages auch für kaum vorstellbar halten, dass es einmal Männer gab, die sich das Recht nahmen, den Körper und die Seele von Frauen für Geld zu kaufen."
Amen
Hierzu nochmal und damit weg von den "Gründen" des Mannes, hin zum eigentlichen Thema: ich möchte mal verraten, warum es mich aufregt, dass verlangt wird, die Prostitution abzuschaffen. Ich habe nämlich einen persönlichen Bezug, vorher hatte ich mich mit dem Thema nicht weiter beschäftigt und hätte es vielleicht auch o.k. gefunden, so etwas zu fordern.
Ich arbeite nämlich mit Behinderten, und da habe ich z.B. einen, der ist so stark spastisch gelähmt, der könnte sich nicht mal mit den berühmten "zwei Händen" helfen, geschweige denn, dass er eine Frau abkriegt. Er hat mich zu seinem persönlichen Vertrauten erkoren und wir haben gesucht, es waren erst welche da, die wegen der Schwere der Behinderung abgelehnt hatten, dann haben wir eine Agentur gefunden, mit der es gut läuft. Ich bin der einzige, der bei ihm arbeitet, der eingeweiht ist, alle anderen dürfen davon nichts wissen, es ist ihm peinlich ... vor mir und vor den Frauen aber gar nicht! Also, ich habe schon einige der Damen gesehen, und zwar vorher und nachher ... und die waren weder vorher gedrückt oder sonstwie negativ drauf, noch nachher, im Gegenteil, nachher waren die immer sehr lustig, und zwar nicht in überspielender Weise, für so was hab ich einen ganz guten Blick ... das sind jetzt z.B. Frauen, die das nicht hauptberuflich machen, also Frauen, die Altenpflegerinnen oder was weiss ich sind, nicht gut verdienen und gerne einen Job machen, bei dem sie die Stunde viel mehr verdienen, als sie mit jedem anderen ungelernten Job verdienen könnten, und der sie anscheinend auch weniger runterzieht, als wenn sie jetzt auch noch abends im Callcenter sitzen würden.
Wer nimmt sich eigentlich das Recht heraus, so etwas zu verurteilen?
Das ist simples marktwirtschaftlichen Angebot und Nachfrage-Spiel: Mann braucht Sex, Frau braucht Geld - und jeder gibt dem anderen was der andere braucht - und meist in gegenseitigem Respekt, bei klaren Grundabsprachen: wie haben ja vorher recherchiert: und wenn man sie die homepages der Prostituierten anschaut, dann schreiben die meist da schon klar, was sie bieten und was nicht: die eine bietet bei Sympathie auch Zungenküsse, dafür ist für sie Analverkehr tabu, die andere macht Analverkehr, dafür sind Zungenküsse tabu - also das sind meist Frauen, die wissen, was sie sich zumuten und was sie machen WOLLEN, keine armen Opfer, die alles mitmachen müssen, wenn sie mal "gekauft" sind ... und das Recht, Kunden abzulehnen, wurde auch schon angesprochen. Also im Endeffekt eine spezielle, aber irgendwie auch normale Dienstleistung ...
Wer also nimmt sich das Recht heraus, eine Dienstleistung eines Menschen für einen anderen, bei der kein Dritter zu Schaden kommt verbieten zu wollen?
Wer nimmt sich das Recht heraus, meinem Behinderten zu verbieten, überhaupt Sex haben zu können?
Wer nimmt sich das Recht heraus, den Frauen zu verbieten, sich viel Geld bei einer Tätigkeit hinzuzuverdienen, die sie sich selbst gewählt haben?
Wer nimmt sich das Recht heraus, sich dermaßen als Richter über die Handlungen seiner Mitmenschen und den angeblichen moralischen Wert ihrer Handlungen aufzuspielen?
Im Endeffekt steckt hinter dieser Verurteilung der Prostitution eine verklemmte 19.Jahrhundert-Spießer-Moral, nichts anderes ...