Freiheit

Kronos schrieb:
Hallo Kronos
Es heißt im ersten Kap. des Taoteking vom Sein und Nichtsein: "Beides ist eins dem Ursprung nach und nur verschieden durch den Namen. In seiner Einheit heißt es das Geheimnis." Nur in der Unterscheidung also, der Begriffsbildung sind Sein und Nichtsein vorhanden. Für sich allein ergeben die Begriffe (Namen) "Sein" bzw. "Nichtsein" aber keinen wirklichen Sinn, denn das Eine kann es nicht ohne das Andere geben, wie es z.B. auch eine Münze mit nur einer Seite nicht geben kann. Es ist uns nicht möglich vom Sein zu denken und zu reden ohne gleichzeitig auch das Nichtsein zu meinen. Aber auch wenn wir vom Nichtsein reden, dann ist schon durch den Begriff "Nichtsein", dieses als ein Etwas vom Verstand erfasst und damit ins Sein gebracht. Darum spricht Laotse auch von der Einheit der Gegensätze, als von einem 'Geheimnis'. Einem Geheimnis gegenüber, kann aber nur das Schweigen die einzig richtige Antwort sein. Nur im Schweigen, in der Stille und Leere des Geistes ist Nicht-Unterscheidung möglich, ist das 'Geheimnis' erfahrbar!
Ja. Agree. Aber das ist die Form und das Formlose, das Eins ist; es sagt nichts über die Freiheit vom Ich.
[.. zitat namo ..] Genau davon spricht Laotze im 1. Kapitel, wenn er dort sagt:

"Nichtsein" nenne ich den Anfang von Himmel und Erde.
"Sein" nenne ich die Mutter der Einzelwesen.
Darum führt die Richtung auf das Nichtsein
zum Schauen des wunderbaren Wesens, [das "Du" bist]
die Richtung auf das Sein
zum Schauen der räumlichen Begrenztheiten.


Man könnte auch sagen, aktives Sehen (Wahrnehmen und interpretieren, objektivieren) führt zum Schauen der räumlichen Begrenztheiten, hingegen nicht-aktives Sehen führt zum Schauen des wunderbaren Wesens (nicht im Sinne von Lebewesen), das "DU" bist.
Auch hier sehe ich nicht, dass darin etwas über die 'Freiheit vom Ich' gesagt wird.

Ich weiß nicht wer das übersetzt hat. Bodo Kirchner hat es so übersetzt:

"Das Tao das man beschreiben kann - ist nicht das wirkliche Tao
Der Name den man nennen kann - ist nicht des Ewigen Name
Das Namenlose ist der Ursprung des Himmels und der Erde;
Das Namhafte ist die Mutter aller Dinge
Wer ohne Begehren ist - sieht das Innere;
Wer voll Begehren ist sieht nur das Äußere
Das Äussere und das Innere - obgleich verschieden im Namen - sind eins im Wesen
Diese Einsheit ist das Geheimnis des Tao - das Unergründliche des Urgrunds ist das Tor aller Offenbarung"

Karl-Otto Schmidt hat es so übersetzt:

"Der Tao den man künden kann, ist nicht der absolute Tao.
Der Name den man nennen kann, ist nicht des Ewigen Name.
Als der Unoffenbare ist er des Himmels und der Erde Ursprung.
offenbart ist er aller Wesen Mutter.
Wer von Haftenssucht frei gelassen nach innen blickt gelangt zur Schau des Unoffenbaren;
wer ichgebunden und gierverhaftet, sieht nur den äußeren Schein.
Das Offenbare und das Unoffenbare, obgleich verschieden im Namen sind eins im Wesen.
Diese Einsheit ist das Geheimnis des Tao, das Unergründliche des Urgrunds, Ausgang aller Offenbarwerdung."

LG

Namo
 
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wave schrieb:
Was ist, wenn es keine Wahl mehr gibt? Ich erlebe es gerade schmerzhaft, dass ich nur noch mir gegenüber stehe und ich keine Wahl mehr habe.
Lao=Tsu sagt: "Wahres Wort ist nicht schön - schönes Wort ist nicht wahr."

Die Erkenntnis der Seele - welche ist - dass man - als Ego - nichts ist, schmerzt. Es ist der Schmerz, der die Freiheit des Handelns des Ego als sinnlos erkennt. Dieser Schmerz ist aber zugleich Liebe und Demut gegenüber der Wahrheit und ist verbunden mit dem Erkennen, welches nicht begrenzt ist. Das, was ist, ersetzt das Werden, das 'Sein Wollen', das 'Bestimmen wollen', - in Demut und Liebe gegenüber dem Sein.


Du bist Du

Geboren an dem Tag der Mutter Niederkunft. Es ist gescheh'n.
Unfrei in der Wahl der Stunde nach der Mutter Schmerz und Weh'n.
Du bist Da.

Angewiesen auf das Nähren
Unfrei gleich zu Laufen früh
Bedingt auch gleich Latein zu lehren
Begabt in Dichtkunst ohne Müh'. Du bist Du.

Kannst sehen nur, was Du auch siehst,
kannst schrei'n Dich sehn wenn Mutter fort,
Bist schüchtern wenn du Fremde siehst,
bist nur zugleich an einem Ort. Du bist Da.

Eingesperrt in einen Körper,
der aus der Ahnen Reihe ist,
wirst Du Dir dann Selbst bewusst,
frei zu sehen wer Du bist. Du bist Du.

Es ist gegeben,
ohne daß es anders sei,
mußt geduldig dies ertragen,
Dies zu erkennen bist Du frei.
Egal was Sterne dazu sagen. Du bist Da.

Dann erkennst Du daß der And're
wie ein Tag zum nächsten ist,
eben gleich und doch verschieden,
genau wie Du, doch anders ist.

Wie das Versmaß eines Liedes,
wie der helle Klang in Dur,
ist ein jeder eingebettet,
in die Ordnung der Natur.

Du bist Du,
ob Du's zagst, noch ob Du's dankest,
Sterne Schwingung 'Klang' im Hier,
zeigen gleiche Ordnung immer,
Darum ist es sichtbar Dir.
Du bist Da.

Sternenordnung, Tag und Nacht,
sind kein Zwang der Dich bestimmt,
wenn Du sie als Freund betrachtest,
niemand Dir das FreiSein nimmt.

Kennst Du dann der Sterne Lieder,
mitsamt allen Harmonien,
find'st Du auch die Töne wieder,
die zu Deíner Stunde spiel'n.


Namo
 
Danke für Deine Antwort, Namo.

Ich weiß nicht, was geschieht, ich muss es wohl auch nicht wissen, denn es geschieht. Das ist schmerzhaft für mich, bin ich doch ein Mensch, welcher gerne seine Wahrheit (und sei es auch oftmals die falsche, weil blendende und für den Moment leichtere) erschafft.

Ich stehe auf eigenen Beinen, ich kann die Erlösung von meinen Ängsten und Hoffnungen nicht von außen erwarten.

Ich danke Dir sehr für Deine Worte, ist das Gedicht von Dir?

w.
 
wave schrieb:
Ich weiß nicht, was geschieht, ich muss es wohl auch nicht wissen, denn es geschieht. Das ist schmerzhaft für mich, bin ich doch ein Mensch, welcher gerne seine Wahrheit (und sei es auch oftmals die falsche, weil blendende und für den Moment leichtere) erschafft. Ich stehe auf eigenen Beinen, ich kann die Erlösung von meinen Ängsten und Hoffnungen nicht von außen erwarten.
Aus Deinen Worten spricht, dass Du erkennst. Das, was Du bist. Du bist nicht allein. Jeder macht das durch. Und so, wie jeder Dich verstehen kann, kannst Du auch andere verstehen.
ist das Gedicht von Dir?
Jo.

LG

Namo
 
Hallo Namo,

Auch hier sehe ich nicht, dass darin etwas über die 'Freiheit vom Ich' gesagt wird.

Tja, damit hab ich auch Probleme, weil ich einfach nicht verstehe, was damit gemeint sein soll. Was ist den Freiheit und was Unfreiheit vom Ich?
Alles was ich sagen kann, ist, daß ich bin. Ob das ICH nun frei ist oder nicht, "wir wissen nicht, wir raten" (Karl Popper).
Dann frag ich mal so:
Von was könnte den das ICH unfrei sein? Etwa von der Illusion, von den Erscheinungen, von den Objekten die Produkte unserer Wahrnehmung sind. Würde heißen: Berge sind nicht mehr Berge und Flüsse keine Flüsse mehr.
Ist damit die Freiheit des Selbst gemeint?

Grüßli
Kronos
 
Das ist eines sehr sehr interessante Übersetzung die Du da hast, darf ich Dich fragen woher sie stammt?
 
Kronos schrieb:
Hallo Namo, Tja, damit hab ich auch Probleme, weil ich einfach nicht verstehe, was damit gemeint sein soll. Was ist den Freiheit und was Unfreiheit vom Ich? Von was könnte den das ICH unfrei sein?
Hallo Kronos,

wenn Du keine Unfreiheit verspürst, dann ist das wohl schwer zu erklären.

Manchen Menschen verspüren z.B. die Ansprüche der Römisch-Katholischen Kirche als Unfreiheit und andere nicht. Aber auch Eitelkeit, Stolz, Eifersucht, Neid, etc. empfinden manche Menschen als etwas, das sie als einen Anspruch des Ich unfrei macht; diese Eigenschaften des Ich-Charakters dominieren in manchen Menschen das Selbst und wüßten gerne, wie sie frei davon sein könnten.

LG

Namo
 
Tja, damit hab ich auch Probleme, weil ich einfach nicht verstehe, was damit gemeint sein soll. Was ist den Freiheit und was Unfreiheit vom Ich?
Alles was ich sagen kann, ist, daß ich bin. Ob das ICH nun frei ist oder nicht, "wir wissen nicht, wir raten" (Karl Popper).
Dann frag ich mal so:
Von was könnte den das ICH unfrei sein? Etwa von der Illusion, von den Erscheinungen, von den Objekten die Produkte unserer Wahrnehmung sind. Würde heißen: Berge sind nicht mehr Berge und Flüsse keine Flüsse mehr.
Ist damit die Freiheit des Selbst gemeint?

aber jetzt zu Deiner Frage
gemeint ist die Freiheit von der Illusion.
Zur Zeit erfährst Du Dich als ein "ich" konfrontiert mit Empfindungen und Emotionen.
Viele sind getriebene ohne es zu erkennen
sie erkennen nicht
den Ursprung Ihrer (wahren) Emotionen
den Ursprung dieses "ichs"
sie orientieren sich an einem Außen, anstatt an einem Innen.
Darum liest Du im ersten Kapitel, das Du hier selbst zitierst

Darum führt die Richtung auf das Nichtsein
zum Schauen des wunderbaren Wesens, [das "Du" bist]
die Richtung auf das Sein
zum Schauen der räumlichen Begrenztheiten.

oder nach Richard Wihelm (Quellensammlung 1910-1930)

"Darum führt das Streben nach dem Jen-seitigen (dem Geist) zum Schauen der Kräfte (oder des Ursprünglichen, des ungeoffenbarten, un-erschaffenen, unbegrenzten)
das streben nach dem Di-seitigen, zum Schauen der Räumlichkeit (der Illusion, des geoffenbarten, des erschaffenen, des begrenzten)

daher sind Berge dann keine Berge mehr, und Flüssse keine Flüsse, Du siehst Ihren Ursprung, Ihre ungeoffenbarte Form
und weil Du das tust bist Du nach dieser Schau
FREI
von dieser Illusion.
LG
 
Regina.Svoboda schrieb:
@Kronos: Das ist eines sehr sehr interessante Übersetzung die Du da hast, darf ich Dich fragen woher sie stammt?
Hi Regina,
nur falls Kronos es nicht postet; ich habe nachgesehen: es stammt aus der Übersetzung des Tao=Teh=King, die Richard Wilhelm 1910 in Tsingtau vollendete und 1911 in Jena veröffentlichte.

LG

Namo
 
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Dies schrieb mir ein Freund, ich sprech ihn gern drauf an, von wem diese ist.
Bitte um ein bissel Geduld.
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Dann hab ich ihn jetzt umsonst angemailt. Macht nix :rolleyes:
 
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