K
Kinnaree
Guest
Na ja, und das zuviel des Guten, das habe ich natürlich auch übernommen. Versuchte, Gedanken zu lesen oder Wünsche zu erraten, weil ich das mit Liebe und Zuneigung verwechselte. Es hat eine ganze Weile gebraucht, zu durchschauen, dass in mir "Helferin" gut versteckt ein hungriges Kind brüllte - und alles, was ich anderen Gutes tat, das wünschte ich mir eigentlich im Gegenzug für dieses bedürftige Kind. Wenn ich meinen Mann streichelte, dann so, wie ich gestreichelt werden wollte.
Oh Gott ja. Genauso. Bin grad an dem Punkt, zu sehen, daß in der vermeintlich alles gleichzeitig schaffenden energischen Frau versteckt ein trauriges Kind... nicht einmal mehr um Hilfe geschrien hat - sondern nur gelegentlich völlig unberechenbar scheinend losgebrüllt hat. Mir selbst völlig unverständlich, ich hatte dieses Kind genau so verraten und im Stich gelassen und im Zimmer eingesperrt, wie es das gewohnt war.
Und dieses Kind hat ja - das ist das, was seit gestern vor sich hin werkelt in mir - gelernt, als Überlebenstraining - Geschichten zu erzählen, sich selbst Geschichten zu erzählen, wie schön alles werden wird und wie gut alle sein können und wie das alles einmal zum Vorschein kommen wird. Die Mutti wird mich irgendwann liebhaben, die Frau Lehrerin wird einmal draufkommen, ... jajaja. Und mit was für selbstlosen Heldentaten man sie dazu bringen wird, das einzusehen.
Ja. Und ich seh, ich hab mir eine Sache nach der anderen mit einem Kerl (oder einer Kerline halt, wenns um Freundinnen geht) nach dem anderen ausgesucht - die mir genau das gewährleistet haben: weiter wie ein eingesperrtes Kind zu hoffen, daß irgendwann die schönen Gschichten, die ich mir über die Liebe und die Freundschaft und die Partnerschaft ausdenk, wahrwerden werden. Lauter Menschen, bei denen ich sicher sein konnte, ich werde niemals wirklich ihnen selbst begegnen (weil sie immer irgendein bild von sich selbst vor sich herschieben oder irgendetwas von sich selbst grad in irgendeiner finsteren großen Truhe verstecken). Lauter Menschen, an die man keine Woche Zeit verschwenden würde, wenn man nicht wie ich gelernt hätte, nur das Gute im Menschen zu sehen - und anschließend einen Rosamunde-Pilcher-Film draus zu machen im Innern...
Ohja. Und noch was hab ich letzte Nacht gefunden.
Warum ich eigentlich irgendwann aufgehört habe, gegen das Herzerl von einer Mutter aufzubegehren. Was da passiert ist, das mich irgendwann glauben ließ, ich sei wirklich so ein böses Kind, daß sie ein Recht hätte, so mit mir umzugehen. Es war eine Sache in der Volksschule. Ich hatte aus Angst vor ihrer Art, mich für was zu bestrafen, was ich nicht hätte machen sollen. Ich hatte mir wehgetan - und es war verboten, irgendwas zu tun, womit ich mir wehtun könnte - ja bitte WAR so irrsinnig wie es klingt. - Aus Angst vor der Strafe (reizend, gell, zusätzlich zu den Schmerzen auch noch die Angst vor dem Donnerwetter und womöglich der nächsten Tracht Prügel) hatte ich ein abenteuerliches Lügengschichtl erfunden. Ich war so ungefähr 7 und bemerkenswert ungeschickt beim Lügen. - Das Unheil nahm seinen Lauf, man ist mir natürlich draufgekommen, und die Strafe war dementsprechend. - Fatal dabei: ich wußte ja, ich hab wirklich gelogen - und war am Boden zerstört und überzeugt, was bin ich für ein böses Kind. Ja und Muttern hat alles in ihrer Macht stehende getan, damit ich das auch möglichst lange nicht vergesse, gell.
Was das für erstaunliche Auswirkungen späterhin hatte, da bin ich grad dabei, auseinanderzunehmen.
Ahja und ich sags sicherheitshalber dazu. Ich erzähl das hier nicht, weil ich mir selber so furchtbar leid tu - sondern im Gegenteil, weil das für mich in den letzten Tagen so erleichternd war, draufzukommen, ah SO hab ich getickt und drum ist vieles so gekommen, wie es gekommen ist...