Du hast selbst zugegeben, dass du nicht viel über die "
Einzelheiten" weißt. Was du aber "Einzelheiten" sind, das sind in Wirklichkeit Grundlagen. Wie will man zum Beispiel sinnvoll über Finanz- und Währungspolitik diskutieren, wenn man das Prinzip der Geldschöpfung schon im Ansatz nicht verstanden hat? Das ist keine "
Einzelheit", sondern grundlegendes Wissen, ohne das so eine Diskussion sich immer auf Plattitüden und Allgemeinplätze beschränken wird.
Und, um beim Puzzlebeispiel zu bleiben - wie willst du ein Puzzle zusammensetzen, wenn du nicht mal die Teile sehen kannst?
Am schlimmsten ist in solchen Fällen aber Halbwissen. Friedrich Nietzsche sagte dazu mal:
"Das Halbwissen ist siegreicher, als das Ganzwissen: es kennt die Dinge einfacher, als sie sind, und macht daher seine Meinung fasslicher und überzeugender."
Letztens habe ich "
Let's make money" gesehen, weil mir der Film von mehreren Freunden stark ans Herz gelegt wurde, die wussten, dass ich mich gerne mit Wirtschaft und Finanzen auseinandersetze. Und der Film ist ein perfektes Beispiel für solches Halbwissen; es werden gleiche Teile von richtiger Information und völligem Blödsinn zusammengewürfelt, und ein kritischer Zuschauer weiß am Ende nicht, was jetzt Blödsinn war und was nicht. Die verschiedenen Interviews kann man z.B. als "augenöffnend" und "einschlägig" bezeichnen - aber vielleicht sind sie auch einfach aus dem Zusammenhang gerissen.
Ein konkretes Beispiel: Ein Freund erklärte mir, die Wienerlinien gehören gar nicht Wien, sondern amerikanischen Investoren. Das fand ich schon sehr kurios - tatsächlich, im Film wurde da was angesprochen. Leute, die sich nicht auskennen, sind nach dem Film wohl ziemlich überzeugt davon, dass die Wienerlinien an amerikanische Investoren verkauft wurde - das ist unrichtig. Leute, die sich ein wenig auskennen und aufgepasst haben, sind vielleicht der Meinung, ein Großteil des Inventars der WL wurde amerikanischen Investoren verkauft - auch das ist nicht wirklich richtig.
Die Wiener Linien GmbH & Co KG sind ein Tochterunternehmen der Wiener Stadtwerke Holding AG, welche wiederum der Stadt Wien gehört.
Im Rahmen von Cross-Border-Leasing haben aber die Wiener Linien ihre Garnituren (also die Straßenbahnen usw) mit einer Rückkaufoption an amerikanische Investoren
geleast. Die leasen das Ding dann sofort über 10-30 Jahre zurück. Nachdem dieses Subleasing ausgelaufen ist, machen die WL ihre Rückkaufoption geltend. Das ganze war (bis zu einer Gesetzesänderung) ein Steuertrick, bei dem beide Vertragspartner Gewinn machten - die Wienerlinien einen dreistelligen Millionenbetrag, mit dem sie z.B. die U1 saniert bzw. den Großteil der Ubahngarnitur mit Ausnahme der U4 modernisiert haben. Das Risiko bei solchen Verträgen tragen in fast allen Fällen die amerikanischen Investoren - deswegen mussten die auch zwangsweise einige der Leasingverträge kündigen, sodass das Geld sofort zurückkam (eben wegen genannter Gesetzesänderung).
All das weiß der unbedarfte Konsument dieser "Doku" nicht. Was er mitnimmt ist; die Wienerlinien haben in kurzfristiger Profitabsicht sauviel wichtiges Zeug verkauft und bald sind sie mega verschuldet, und amerikanische Großinvestoren sind Schuld. Er wird sich auch sagen; "
was für Verträge das jetzt genau sind, ist doch völlig egal. Das sind nur unwichtige Einzelheiten - auf das Gesamtbild kommt es an". Und das ist gefährliches Halbwissen.