hahaha, hallo Waldfee,
ja, aber hööö, wer kauft die Bücher dann?
weißt Du, mir geht es oft so,wie es mir schon als kleiner Junge ging. Da saß ich am Schreibtisch meines Vaters und wollte, nein, ich sollte/mußte, weil ich jetzt das Schreiben lernte, eine Postkarte an meine Tante Margot schreiben. Ich weiß es wirklich wie heute, das ist ein existentieller Moment in meinem gewesen, der mich sehr geprägt hat. Ich sitze da, auf einem Drehstuhl mit gestreiftem Stoffbezug und der Schreibtisch ging mir so etwa bis auf Herzhöhe. Ich war wohl etwa 7. Ich hing da also mit dem Stift und der Postkarte und sollte da jetzt was draufschreiben.
jahaa, aber was? "Liebe Tante Margot" ging ja noch, ich wußte daß man das so macht, das war richtig. (mein Vater war Lehrer, es war ein Lehrerschreibtisch, an dem ich saß und man durfte da, am Schreibtisch meines Vaters, generell nichts dran falsch machen, war mein Gefühl. Ein hoher Anspruch.

).
Was ich auch noch wußte war, daß man fragen soll wie es geht (heute würde ich sagen "sich nach dem Befinden erkundigen"), auch aus Höflichkeit. Ich saß da und überlegte also: "ich schreibe jetzt: "wie geht es Dir?"" Dann dachte ich: wenn Du das jetzt schreibst, das ist ja witzlos. Sie kann ja gar nicht antworten. Sie ist ja in Neuss. Es ist ja unsinnig, das zu schreiben. Ich werde ja niemals eine Antwort kriegen für diesen Moment jetzt, wo ich frage.
Lange habe ich mich dann damit auseinandergesetzt, was für einen Sinn das machen soll, jetzt etwas zu fragen, das dann erst in drei Tagen beim Empfänger ankommt, dort beantwortet wird und ich höre noch nicht einmal die Antwort. Wozu, nicht wahr?
Mir fiel sofort beim ersten mal Schreiben auf, daß diese Frage wie es geht nur eine Floskel ist, und daß man die sich heute sowieso nicht ehrlich beantwortet, weil es eben eine Floskel ist. Ich machte das ja auch immer so, die anderen machten das auch, ich machte das also mit. Wenn man gefragt wurde wie es geht, sagte man "gut". Nur nix anderes, nicht zum Probemfall werden bitte. Das war beim Herr Lehrer nicht vorgesehen. Und also bei mir auch nicht. Stärke, die Dinge richtig machen, das war schon besser. Und Indianer weinen ja auch gar nicht. Und wenn ein Kind viel Wut entwickelt, dann wird es später bestimmt mal etwas bewegen. Ist ja immer so.
Naja, ich habe also den Satz geschrieben- was sollte es, nicht wahr, man muß mitmachen als Kind, bei dieser Art von Schriftverkehr(t), ich war auch noch Linkshänder und da muß man den Stift schieben und nicht ziehen, das ist fürchterlich. Ich wünschte, ich wäre Araber, die schreiben von rechts nach links.
Danach mußte man dann die Floskel aufschreiben, hat meine Mutter gesagt. Ich wußte nämlich nicht weiter, bin hoch in die Küche und habe gefragt, was ich schreiben soll. "Liebe Tante Margot, wie geht es Dir?" Das hatte ich schon. Naja und meine Mutter: "wie geht es denn Dir selber? Schreib doch jetzt "Mir geht es gut" und dann fragst Du nach dem Wetter und dann schreibst Du, wie das Wetter hier ist.
Ich wieder in den Keller: "Mir geht es gut. Wie ist das Wetter bei Euch? Hier ist es gut." (es war gutes Wetter).
Ich wieder hoch: "reicht das?" Sie: Ja, schreib noch Dein Christian drunter.
Gesagt, gemacht, getan.
Naja und dann war mein erstes Werk fertig:
Liebe Tante Margot,
wie geht es Dir?
Mir geht es gut.
Wie ist das Wetter bei Euch?
Hier ist es gut.
Dein Christian
Ich bin mit diesem Werk noch heute nicht so recht zufrieden. : )
Ich überlege noch immer nach etwas besseren Formulierungen und ich hadere noch immer mit der Tatsache, daß man Stellung beziehen muß dazu, wie es einem geht. Und auch damit, daß die Antwort in manchen Situationen "gut" lauten
muß, obwohl das im Moment von den tatsächlich innerlich gehörten Antworten auf diese Frage her nicht der Fall ist. ( :
Ich habe da ein richtiges Ritual draus gemacht, ich stehe jeden Morgen auf und denke mir: "Guten Morgen, Christian". Das mache ich wirklich, ich begrüsse meinen Tag. Mein Tag heißt ja Christian, ich mache mir das mittlerweile so einfach, weil mir Anderes zu kompliziert geworden ist. Diese ganzen Fragen...
Mein Tag heißt Christian. Wenn ich merke, daß ich gerade in Christian bin und ihn erlebe, dann fragt in mir jemand- weiß der Deiwel wer und weshalb- überkurz oder lang: "wie geht es Dir"? Das ist schon beinahe krankhaft, daß ich mich das täglich frage. ah nein, ich frage das meinen Tag, den Christian. Ich frag das ja gar nicht mich selber, ich stelle ja schon die Frage selber, die Antwort muß also der Tag geben, jemand anderer ist ja nicht da.
Und dann denke ich: "na da gucken wir doch erst mal, wie das Wetter ist, bevor wir auf die Frage, wie es geht eine Antwort finden." Ich setze also die Frage nach dem Befinden in eine Warteschleife. Und dann geh ich so zum Fenster und gucke raus und dann kommt die Feststellung des Wetters via gedachtem Wort: heute zum Beispiel "bewölkt".
Und jetzt ist die Krux folgende, und die versuche ich seit über 29 Jahren, in mir aufzulösen: mein Unterbewußtsein versteht immer die Benennung des Wetterzustandes als die Antwort auf die Frage, wie es mir geht. Denn die Frage, wie es mir geht, wartet ja in meinem Unterbewußtsein jetzt jetzt auf "seine" Antwort. Und da nimmt es einfach die erste Antwort, die kommt: "bewölkt". Sie hält sich nicht an mein Warteschleifen-Prinzip im Denken, diese eine Frage fällt immer wieder über meine geistigen Inhalte her. Wie eine fischige Flosse schwabbelt diese Frage über Alles in mir drüber und zerangelt mir mein Denken. Nimmt sich als Antwort, was gar nicht für sie gedacht ist, die Hure Babylon.
Mir geht es also bewölkt.
Ja.
das ist doch ein Problem, oder? Daß das Unterbewußtsein das so in mir verwurschtelt mit dem Wetter und dem Befinden. Seit 29 Jahren kann ich es nicht ändern, ich bin am Verzweifeln.
Wie geht es Dir? Mir geht es gut. arrrrgh.
So etwas Inhaltsloses lese ich selten, und jeden Tag beginnt mein Tag mit dieser Frage. Was wirklich zum Verzweifeln ist: daß er auch noch so endet. Auch Abends stellt nämlich irgendein Deiwelchen die Frage: "wie gehtes Dir?" Das kommt bei mir ganz automatisch, kann es nicht verhindern.
Ja und dann denke ich Mooomäääänt, da muß ich erst mal nachdenken. ( : Und dann überlege ich, wie der Tag war. Weil ich muß ja gucken, wie es Christian aktuell geht. Was hat er gemacht- wie hat er sich dabei gefühlt. Immer diese Momentaufnahmen aus Floskelhaftigkeit heraus, diese Schnellschußantworten, weil irgendein Hr. Doktor gerade im Hinterstübli eine Diagnose haben will- das ist nix für mich. Nein, ich will ein objektives Bild.
Da dreht's mir dann den Magen um und ich werde ganz schwach und muß mich legen. Müde werde ich, schrecklich, schrecklich müde. Lebensmüde. Ich muß dann einfach zu Bett gehen. Jeden Abend. Diese Frage bringt mich um, vielleicht um den Verstand, vielleicht um mein Geld, keine Ahnung, aber um etwas.
Ich muß eigentlich dringend mehr Zeit in meine Entwicklung rund um mein Problem investieren. Dann fühle ich mich bestimmt besser. Ich würde das gerne wegbekommen mit dem Schlafen, auch durch das Essen und Trinken verliert man Zeit, dann die Körperpflege (warum nicht ganz einfach stinken wie früher und pudern?), die körperliche Bewegung im Allgemeinen- was ein Energieverbrauch, schon allein der Kraftverbrauch, um die Zigarette an den Mund zu bekommen ist doch erheblich. Man macht solche Sachen einfach so- sagt einfach es geht einem gut und das Wetter sei bewölkt- und macht sich gar keine rechten Gedanken darüber, was das dann für weltverändernde Auslöser sein können, wo doch ein Flügelschlag eines Schmetterlings in Südamerika einen Reissack in China zum Umkippen bringen kann.
Mir ist das Leben im Allgemeinen zu gefährlich- was man da alles verursachen kann mit einem einzigen "Gut". Oder einem "Mangelhaft". Oder einem "Befriedigend -". Ich bleibe hier nur noch sitzen, ich rege mich nicht mehr, bis ich herausgefunden habe, wie es mir geht.
oooh, da kommt die Antwort: Lieber Christian, ich bin schon stubenrein, ich kann schon malen, manche Sachen sagen, mich kitzeln und andere, blöden Quatsch machen und ich kann mit Vorliebe auf Lichtschaltern herumdrücken. An Aus An Aus An Aus...
lg, der
B---An--Aus---
E
*giggel*