Nicht jede Depression ist schwer.
Und so habe ich es auch schon geschrieben.
Dazu braucht es nicht eine selbst durchgemachte Depression. Auch diese mit Familienangehörigen erlebt zu haben, gibt nicht nur einige Einblicke sondern auch Erfahrungen im Umgang damit. Selbst bis zum Suizid eines Menschen.
Einblicke und Erfahrungen magst Du so bekommen haben. Du müsstest dann aber auch erkennen, dass Du alleine damit heilos überfordert bist, betroffenen Menschen helfen zu wollen. DAS ist nämlich ziemlich schwierig.
Die unterschiedlichen Schweregrade von Depressionen bestätigen sogar Ärzte, wie auch in der ARD-Doku geäußert wird.
Ja. Und bei leichten und mittelschweren Depressionen wird auch nicht sofort der Rezeptblock gezückt, wenn ein Therapieplatz schnell verfügbar ist und in Anspruch genommen werden kann.
Und dennoch sind sie zügig am Verschreiben von Antidepressiva... weil es eben so schön einfach ist und zudem in Zeiten des Therapeutenmangels als Kompensation dienlich.
Ärzte können auch keine Therapieplätze herzaubern, und ohne eigene entsprechende Ausbildung sind sie nicht dazu befugt, selbst eine Psychotherapie durchzuführen. Darüber hinaus sind ihre Eingriffsmöglichkeiten ins Leben der patienten auch nur sehr begrenzt. Sie können bei leichten Depressionen z.B. dazu raten, mehr Sport zu machen o.ä., aber wenn die Patienten das ablehnen und lieber Medikamente nehmen wollen, können Ärzte da nicht viel dagegen machen.
Wo bleibt da echte Menschlichkeit, echte Solidarität, echtes Verständnis auch im Sinne von Begreifen der Zusammenhänge.
Ja, wo bleibt die Solidarität und das Verständnis für die Gedankenmuster der Betroffenen, die ein Symptom der Krankheit sind, und die gut gemeinte Motivations-Versuche aber ad absurdum führen?
Motivieren statt stigmatisieren...
Inspirieren statt kritisieren...
An die Hand nehmen und begleiten statt abwehren und ignorieren...
Ja, auch sportliche Betätigigung, dazu anzuregen oder mitzureißen, der vorurteilslose Austausch mit anderen Menschen auf Augenhöhe sind wichtig, um aus Disstress Eu-Stress werden zu lassen, der belebt und beflügelt... auch ohne Red-Bull und andere Drogen...
... als Möglichkeiten der Hilfe zur Selbsthilfe durch Begleitung von Mitmenschen, Nachbarn, Kollegen, Freunde der Betroffenen. Menschen, die sich gegenseitig helfen, motivieren und auch inspirieren können... füreinander, miteinander.
Hat dies wirklich etwas mit Moralisierung zu tun?
Sind diese Gedanken denn tatsächlich so weltfremd?
Warum?
Antriebslosigkeit und Selbstvorwürfe bishin zum Selbsthass - ewig kreisende Grübelleien, die immer wieder in eine gedankliche Katastrophe führen etc. - sind ein Symptom der Erkrankung. Wenn da dann ein Freund oder Angehöriger versucht, den betroffenen Menschen zu Sport,gesunder Ernährung o.ä. zu motivieren, inspirieren oder gar mitzureißen, wird das in etwa so ankommen: "Oh wie lieb, da sorgt sich dieser liebe Mensch um mich. Und mir geht es nicht besser. Ich bin immernoch depressiv. Das ist sicher nur meine Schuld, dass es mir nicht besser geht. Ich bin so rein schlechter Mensch, dass es mir trotz dieser guten Hilfestellungen etc. nicht besser geht."
Bei mir wurde 2006/07 eine mittelschwere Depression diagnostiziert, therapeutisch behandelt und geheilt. Vor der Therapie waren meine grübelnden Gedankenmuster sehr oft in etwa dieser Form, wenn jemand aus meinem Umfeld versuchte mir "auf Augenhöhe" zu helfen. Die Motivationsversuche motivierten nicht, sondern bewirkten in meinem Kopf eher das Gegenteil: Weitere Selbstvorwürfe etc.
Wer versucht, Menschen mit Depressionen zu helfen, muss sich bewusst sein, dass das auch derart nach hinten losgehen kann, weil die Krankheit ja auch bewirkt, dass im Kopf des betroffenen mitunter schwer bis gar nicht nachvollziehbare Gedankenmuster herumkreisen, die gut gemeinte Aktionen ins Gegenteil umkehren können. Du schreibst zwar "Motivieren statt kritisieren", und Du wirst vielleicht auch wirklich nicht kritisieren wollen... das macht der betroffene dann aber automatisch selbst.