Dann gibt’s da noch die Ansichten, die typisch „westlich“ sind, typisch „russisch“ usw. Das macht es zusätzlich schwierig und es gibt wenige, die in solch einer jeweiligen Gesellschaft lebend sich aufs Glatteis begeben . Da wird man schnell zu den Verschwörern und AfDlern gezählt, wenn man im Westen lebt. Auf russischer Seite wird es das auf andere und natürlich gefährlichere Weise ebenfalls geben.
Ich denke, man muss weiterhin eine Gesellschaft hinterfragen dürfen, ohne dass man automatisch der AfD oder den Verschwörern zugeordnet wird.
Ja, ich stimme Dir zu.
Und mir ist auch bewusst, dass Du mir das u.a. auch schreibst, weil Du Dich von mir im Russland-Ukraine-Thread in eine derartige Ecke geschoben fühltest.
Zwischen den verschiedenen Extrem-Positionen gibt es ja ein sehr breites, vielfältiges und vielfältiges Spektrum von Ansichten und möglichen Meinungen dazwischen. Und eigentlich ergibt eine Diskussion nur dann Sinn, wenn sie auf einer gewissen gemeinsamen Basis stattfindet, wenn also schonmal irgendwie fest steht, in welchen Grundlegenden Aussagen man sich einig ist. Besteht diese Einigkeit nicht, bzw. wenn sie nicht allen Beteiligten bewusst ist, hängt immer die Möglichkeit in der Luft, dass mindestens einer der Beteiligten eine radikale Position vertritt oder darauf zurück fällt.
In Diskussionen um den Klimawandel und Klimaschutz sehe ich das immer wieder deutlich. Da gibt es die eine Extrem-Position (Verschwörungsmythos), dass der menschengemachte Klimawandel gar nicht stattfände, dass er nicht menschengemacht wäre oder dass er kein Problem wäre. Diese Position ist kontrafaktisch und widerspricht mittlerweile einem guten und breiten wissenschaftlichen Konsenz, der auf einer großen Vielzahl wissenschftlich valider und wieder und weider auch kritisch beäugten Untersuchungen beruht, aber es goibt leider Menschen, die dieser Extremposition anhängenund sie vertreten. Auf der anderen Seite könnte man die Extrem-Position setzen, dass wir uns im Kontext des Klimaschutz sofort deindustrialisieren sollten, nie wieder Auto fahren, nie wieder mit dem Flugzeug reisen und alle nur noch vegan ernähren dürften - das Schreckgespenst der "sozialistischen veganen Öko-Diktatur", den schon einige an die Wand gemalt haben... und auch dagibt es menschen, die diese Extrem-Position durchaus ernsthaft vertreten.
Wenn sich jetzt zwei zufällige Menschen treffen und darüber austauschen, können sie noch nicht wirklich wissen, wo sie stehen. Und zum Beispiel die Äußerung: "Ich mag Windräder nicht." kann zum sowohl drauf hindeuten, dass diese Person mit diesen speziellen Aspekt des Klimaschutzen es Problem hat und durchaus differenziert darüber nachdenken kann, ohne den Klimawandel an sich und die Notwendigkeit des Klimaschutzes dabei in Frage zu stellen, ODER es wird auch sehr gerne von den Vertretern der Extrem-Position, dass Klimaschutz ja eh Blödsinn wäre (weil der IPCC lüge o.ä.) geäußert.
In so einer Diskussion könnte man natürlich zuerst immer wohlwollend davon ausgehen, dass es eine gemeinsame Basis mit dem Gegenüber gibt, so dass man dann auch solche Äußerungen wohlwollend differenziert betrachtet. Das würde der Debatten-Kultur sicher gut tun.
Es gab aber auch mal folgendes Vorgehen: Erinnerst Du Dich an PEGIDA? Einer der Gründer hat mal in einem Interview beteuert, dass er natürlich nicht gegen die Aufnahme von "echten Flüchtlingen" wäre, weil das ja die Humanität gebietet. Klingt ja schön moderat, nicht wahr? Auf sozialen Plattformen hat er dann getönt, dass das immernoch bedeuten würde, keine Ausländer mehr rein zu lassen, weil es nach seiner eigenen Definition keine "echten Flüchtlinge" gäbe - ja gar nicht geben kann. Er hat also in Wirklichkeit eine Extremposition vertreten und die gemeinsame Basis nur vorgetäuscht.
Wegen solchen Beispielen bin ich sehr vorsichtig... vielleicht auch übervorsichtig und überempfindlich.
Sollte diese Vorsicht dazu geführt haben, dass ich Dir Unrecht getan habe und Dich zu stark in einer Ecke dargestellt und gewähnt habe, in der Du nicht wirklich steckst... tut es mir leid, und dafür möchte ich dann auch um Entschuldigung bitten. Ich möchte nicht in einer Welt leben, in der man sich gegenseitig misstrauisch und missmutig beäugt und auch aus kleinsten Anlässe eine neue Empörungs-Sau durchs Dorf treibt... und doch sehe ich, dass ich vielleicht manchmal zu einer genau solchen Gesellschaft beitrage.
Diese (meine) Vorsicht wird aber bleiben - und ich will weiter versuchen, da gezielter bzw. zielsicherer zu sondieren bzw. agieren und nicht mit Schrot zu schießen.
Es gibt Probleme in unserer Gesellschaft, die nicht so einfach gelöst werden können, wie es die AfD tut, die aber trotzdem gelöst werden müssen und erst recht angesprochen werden sollten. Beispielsweise ist das Zahlenverhältnis zwischen traumatisierten Flüchtlingen und therapeutischen Möglichkeiten nicht optimal und lässt sich so leicht nicht lösen. Das ist nur ein sehr kleines, wenn auch gelegentlich medienwirksames Problem. Da gibts noch tausende weitere Probleme, die sich nach bisherigen Strukturen und Personalmenge nicht lösen lassen. Da muss man bei allem Idealismus hinschauen und praktikable Lösungen finden. Das Gleiche gilt auch für den größeren Blickwinkel.
Schönes Beispiel. Auch hier kann die selbe Äußerung sowohl von Menschen geäußert werden, die an sich den gleichen Idealismus teilen... oder aber von Menschen, die in AfD-Stiel am liebsteb alle Ausländer sofort "remigrieren" und niemanden mehr rein lassen wollen und auf diese Weise nach jedem möglichen Pseudo-Argument dafür greifen.
Auch eine Demokratie sollte zeigen, das sie etwas schneller als üblich ein Problem lösen kann.
Ja, das wäre prima. Und bei einigen Problemen ist ja auch ein richtiger Zeitdruck dabei. Schnell darf dann aber nicht undifferenziert bedeuten.