Da magst du durchaus Recht haben, doch muss man das auch immer verhältnismässig betrachten, unabhängig davon, dass Hitler ausser Eva Hitler geb. Braun (und sich selbst natürlich) wohl keinen Menschen direkt umgebracht hat.
Auch wenn du es letztlich wohl nicht so gemeint hast, dass Schreibtischtäter weniger verantwortlich sind, sage ich trotzdem was dazu...
Ich würde auch jemanden, der einen Auftragskiller engagiert als Mörder bezeichnen.
Da der Krieg ein Angriffskrieg war, ist Hitler für die sich daraus ergebenden Kriegstoten (zumindest alle Toten auf gegnerischer Seite, weil es ja ohne Krieg gar nicht dazu gekommen wäre) verantwortlich und ebenso alle zivilen Opfer, die auf Nazi-Politik (Genozide/Holocaust, "Euthanasie", Morde an politischen Gegnern) zurückzuführen sind.
Ob Hitlers Soldaten Mörder sind ist teilweise eine komplexere Frage. Würde sagen, dass jeder definitiv Mörder ist, der sich speziell "engagiert" hat. Man musste nicht der SS beitreten zum Beispiel. In manchen Fällen ist auch definitiv diskutierbar, dass Befehlsverweigerung moralisch korrekt gewesen wäre, trotz tödlicher Konsequenzen, und dass dadurch selbst jemand, der wirklich ausschließlich Befehle ausgeführt hat und nur zum Kriegsdienst eingezogen wurde, zum Mörder wird. Würde aber nicht jeden deutschen Soldaten des zweiten Weltkriegs automatisch einen Mörder nennen.
Und zur historischen Verhältnismässigkeit gehört auch, dass es im 19. und 20. Jahrhundert in Europa eine enorme Bevölkerungsexplosion gab, was dann natürlich auch zu entspechend hohen Opferzahlen führen musste. Nazideutschland hat in den 6 Jahren Krieg ca. 10 Millionen Soldaten insgesamt unter Waffen gehabt. Sowas hat es, wenn überhaupt, vorher nur im 1. Weltkrieg gegeben.
Zu Zeiten der Konquistadoren usw. sah das noch völlig anders aus. Wie es hätte es da also zu solch einer hohen Opferzahl überhaupt kommen könnnen?
Natürlich könnte man es relativ zur existierenden Weltbevölkerung stellen. Würde aber trotzdem sagen, dass totale Zahlen eine Rolle spielen. Und selbst relativ betrachtet bin ich mir da nicht sicher, aber weiß es nicht genau, und keine Ahnung ob sich Geschichte so genau rekonstruieren lässt.
Die Idee eine bestimmte Bevölkerungsgruppe komplett zu vernichten war jedenfalls früher auch nicht wirklich bekannt, und falls dem so war ging es gegen spezielle eingegrenzte Gruppen, mit denen man explizit im Krieg war, und nicht im Sinne eines pseudodarwinistischen Konzepts gegen alle Personen, die man darunter zusammengefasst hat, unabhängig davon ob diese eine politische Einheit waren oder nicht.
Der erste Weltkrieg war zwar brutal, aber man versuchte nicht systematisch einen Genozid zu begehen. Zivile Opfer wurden zwar in Kauf genommen, es war aber nicht in dieser Weise beabsichtigt.
Frühere Kriegsverbrechen waren entweder mehr lokal begrenzt oder es gab mehr Möglichkeiten der Gewalt zu entgehen, indem jemand konvertiert oder (wie bei Dschingis Khan) gleich kapituliert hat.
Selbst wenn man noch was vergleichbares finden würde, denke ich doch, dass es ziemlich klar ist, dass die Naziverbrechen etwas sind, was besonders schrecklich war, auch wenn die Menschheitsgeschichte insgesamt nicht gerade friedlich war.
Außerdem liegt es eben wie gesagt auch nicht lange zurück.
Somit bezieht man sich heute auf die zu letzt liegende Räson in Europa und das war der 2. Weltkrieg.
Und solange es keinen ähnlichen großen Krieg in Europa mehr gibt, wird das auch so bleiben.
Die französische Revolution und ihre Folgen spielte auch bei uns im Geschichtsunterricht eine große Rolle, auch der erste Weltkrieg.
Ja, teilweise liegt es auch daran, dass der letzte große Konflikt eben der zweite Weltkrieg war. Aber erstens ist es eben tatsächlich relevanter wenn es weniger lange zurück liegt und zweitens waren die napoleonischen Kriege und selbst der erste Weltkrieg nicht derartig brutal. Waren alles keine Vernichtungskriege.
Was A. Gauland sich bei seiner Rede auch immer gedacht hat, im Prinzip hat er Recht, wenn er die 12 Jahre Nazidiktatur in Deutschland als 'Vogelschiss' bezeichnet im Bezug auf eine bis heute 1099 Jahre alte Geschichte Deutschlands, wenn man die Krönung Heinrich I. im Jahre 919 des Ostfrankereich zu Grunde legt.
Wie oben erklärt denke ich nicht, dass es so zu verteidigen ist. Die Nazizeit ist zumindest eine der brutalsten Zeiten in der Menschheitsgeschichte, wenn nicht sogar die schlimmste (speziell der 2. Weltkrieg), und es ist nur 70 Jahre her.
Ich sehe es selbst zwar so, dass wir dennoch Probleme bei anderen Gruppen ansprechen dürfen, vor allem auch, weil die jungen Deutschen nicht verantwortlich waren, aber man kann es dennoch nicht so herunterspielen wie Gauland es getan hat.
Nur weiss kaum jemand was Hitler damit wirklich genau meinte. Hitler meinte nämlich keine 1000 jährige Geschichte Deutschlands, so wie Gauland es meinte, sondern meinte ein 1000. jähriges Reich, weil das 1. dt. Reich nur von 919 bis 1806 , also nur 813 Jahre andauerte. Hitler's 3. Reich sollte über 1000 Jahre andauern.
Also: Gauland sprach von über 1000 Jahre deutscher Geschichte, im Bezug zu seiner Vogelschissmetapher der 12 Jahre und Hitler sprach von einem 'zukünftigen' 1000 jährigem Reich.
Ja, das ist korrekt. Gauland hat da definitiv keine Nazi-Begriffe bemüht.
Hat nichts miteinander zu tun.
Aber was red ich? Was interssieren die Moralapostel von der politisch linken Seite schon dialektische Feinheiten?
"Immer raus mit dem dicken Knüppel und druff auf alles was rechts von links steht" Das ist ihr unreflektiertes Motto.
Generell sind viele sehr gut darin mittlerweile alles eigene schlecht zu reden und alles andere zu verharmlosen, ohne historische Fakten zu beachten. Das sehe ich auch so. Zum Beispiel war (und ist sogar noch, de facto) Sklaverei in der arabischen Welt viel verbreiteter als im Westen (die letzten Jahrhunderte), selbst wenn wir den Süden der USA dazu nehmen.