Das Apokryphon des Johannes ist ein gnostisches, pseudepigraphes Dialogevangelium.
Der pseudepigraphe Text gehört der Tradition an, die den Apostel Johannes zum Empfänger geheimer Offenbarungen macht.
Was ist Pseudepigraphie? Die fälschliche Zuschreibung eines Textes an einen bestimmten Autor – in diesem Fall: den Apostel Johannes – war in der antiken Literatur in zwei Formen verbreitet:
Ein zu Lebzeiten wenig bedeutsamer Autor verfasst einen Text und veröffentlicht ihn unter dem Namen einer prominenten Schreibers, um der eigenen Aussage stärkeren Nachdruck zu verleihen.
Im Neuen Testament können nur sieben der Paulusbriefe mit einiger Sicherheit Paulus v. Tarsus zugeschrieben werden, weitere könnten von dessen Schülern verfasst sein.
Auch wurden ursprünglich anonym verfasste und in Umlauf gebrachte Schriften nachträglich mit prominenten Verfassernamen versehen, wiederum um deren Autorität zu stärken. So wurde das umstrittene Johannesevangelium nur unter der Annahme, es stamme direkt von einem Jünger Jesu, in den Kanon des Neuen Testaments aufgenommen.
Im frühen Christentum gab es Traditionen, oft geografisch lokalisiert, die eine bestimmte christlich-apostolische Figur als Hauptpatron und Initiationsquelle ehrten. Die Tradition von Johannes war unter diesen prominent. Die Gelehrten sind sich im Allgemeinen darüber einig, dass mehrere Stimmen die Überlieferungen und die Texte verfassten, die der apostolischen Gestalt des Johannes zugeschrieben werden - und sie erkennen in dieser Überlieferung eine unverwechselbare Vision von Christus und seiner Botschaft. Natürlich stellen selbst Studenten der Theologie fest, dass das Johannesevangelium und die Johannesapokalypse sich stark vom Neuen Testament unterscheiden.