Die Quelle des Ich-Bin
Bevor irgend etwas ist, war oder sein könnte, muss eine Form von Aufmerksamkeit vorhanden sein, um das, was ist, war oder sein könnte, in irgendeiner Qualität erfahren zu können. Denn ohne Aufmerksamkeit kann keine Aussage über irgendetwas gemacht werden, weder über etwas Vorhandenes, noch über etwas Abwesendes, noch über etwas, das sein könnte. Sie ist das qualitativ höchst Vorhandene, das es gibt, das Absolute.
Aufmerksamkeit ist der originale primordiale ”zustandslose Zustand" vor jeglichem Konzept von Raum und Zeit. Sie ist von keiner substanziellen Beschaffenheit, besitzt weder eine Form, ein Aussehen, eine Farbe, ein Konzept, eine zeitliche Komponente, einen Geschmack, einen Duft oder irgendein Design, so dass sie als Eigenständigkeit erkennbar wäre und man sagen könnte ”Dort ist die Aufmerksamkeit und daneben ist sie nicht mehr“. Sie ist das Einzige, das keinen Grund benötigt, der sie erklären könnte. Sie benötigt nichts Zusätzliches, keine Unterstützung, keinen Support. Sie ist die immerwährende, allen Vorgängen, Abläufen und Wirkungen zugrunde liegende Notwendigkeit, die allen Formen und Wirkungen ihre erfahrbare Charakteristika verleiht. Selbst wenn man, wie es viele Menschen aus Unkenntnis tun, das sogenannte Nichts als Erklärungsprinzip benutzt, benötigte es Aufmerksamkeit um festzustellen ”Nichts da“, was einen Widerspruch erzeugt, weil auch hierbei Aufmerksamkeit zwingend vorhanden sein muss.
In dem Moment, in dem in diesem zustandslosen Zustand das zusätzliche Konzept von Bewusstsein erscheint, erscheint mit ihm das ”Ich-bin“, mit dem das Konzept umgesetzt wird. Bewusstsein ist Form, eine Reflexion von Aufmerksamkeit vor dem Hintergrund, das alles Vorhandene nach Gründen und Erklärungen verlangt. Niemand kann ohne Aufmerksamkeit ein Bewusstsein bemerken, daran denken oder es sich vorstellen. Ähnlich wie es keine Reflexion der Sonne ohne die Sonne geben kann. Es kann unmöglich ohne Aufmerksamkeit ein Bewusstsein über irgendetwas zustande kommen. Doch es kann sehr wohl Aufmerksamkeit ohne Bewusstsein geben. Während einer Bewusstlosigkeit oder während des traumlosen Tiefschlafs ist kein Bewusstsein über irgendetwas vorhanden. Dennoch ist Aufmerksamkeit vorhanden, denn sobald man wieder aufgewacht ist, kann man feststellen und schlussfolgern, dass man geschlafen hat und es eine Phase von absoluter Erfahrungslosigkeit (kein Bewusstsein) gab.
Allein das Bewusstsein ist unser einziger ständiger Begleiter, der sich in Form eines Aufmerksamkeitsfokus (Ich-Bin) auf den kontinuierlichen Fluss des Bewusstseins richtet, der auf etwas hindeutet, was bereits vor dem Zustandekommen von Bewusstsein vorhanden sein muss. Bereits das Gewahrsein des eigenen bewussten Vorhandenseins ist eine Bewegung hin zu der zugrunde liegenden Quelle namens Aufmerksamkeit. Dieses Vorhandensein in Sinne eines Verstandes, richtet sich von seiner Quelle weg, um den Grund für alle Dinge in den Dingen selbst zu suchen. Wenn es sich dagegen von allen erfahrbaren und bewusst gewordenen Dingen und Wirkungen abwendet direkt zur Quelle hin, ist es ähnlich wie ein neues Geborenwerden. Dann ersetzt Aufmerksamkeit das gesamte Bewusstsein. Dann verschwindet das Ich-Bin, das ein notwendiges gedankliches Konstrukt ist. Denn Aufmerksamkeit selbst ist kein Gedanke, sondern die erschaffende Instanz aller Gedanken. Alle Gedanken sind Konzepte.
Aufmerksamkeit selbst ist konzeptlos. Denn jedes Konzept, das erdacht wird und entsteht, kann ohne Aufmerksamkeit nicht zustande kommen. Alle Konzepte erfüllen einen bestimmten Zweck, wohingegen Aufmerksamkeit selbst kein Konzept ist, weil sie bereits a priori, das heißt, vor jeglichem Zustandekommen eines Konzeptes vorhanden sein muss, damit es überhaupt zu einem Konzept, zu einer Konzipierung von was auch immer kommen kann.
Das Ich-Bin ist das erste Konzept, das benötigt wird und mit dem alles Weitere folgt.
Die Übungen im Eingangsposting zeigen jedem, der sie ernsthaft durchführt, die Zusammenhänge zwischen Bewusstsein (den Dingen und Wirkungen, die einem bewusst sein können) und der Quelle, der zugrunde liegenden Aufmerksamkeit auf, die das alles erst ermöglicht.