Das heitere Universum einer explodierenden Sonne

Maria streichelte ihren Vater über das Gesicht.
Tiefe Falten durchzogen sein Anlitz. Quer über seine Wange.
Zeitzeugen eines fleißigen und arbeitenden Lebens.

Je mehr sein Verstand schwand, desto stärker wollte sie ihn schützen. Wie ein Kind, dass die schützende Hand eines Erwachsenen brauchte. Und er griff danach, wie ein Sohn, der den Schutz seiner Mutter einsog.

Doch hatte sie kein Kind vor sich. Sondern einen Mann, der bereits gelebt hatte.
Viele Jahre sogar nur für sie, seine Tochter.
Jahrzehnte nahm er sie wie selbstverständlich an die Hand und führte sie durch alle Tücken der Welt.

Nächtelang konnte er nicht schlafen und zerbrach sich so oft den Kopf darüber, wie er seiner Tochter helfen konnte. In Krankheit und Gesundheit.
Immerwährend und verlässlich.

Und wie stolz war er, als sie ihre ersten Schritte machte.
Als Baby und als Erwachsene, aus ihrer Krankheit heraus.

Natürlich. Sie hatten sich oft gezankt.
Waren sie sich doch zu ähnlich in ihrer starken Willenskraft.

Doch jetzt sah sie dieser Mann, mit seinen treuen, blauen nur zärtlich Augen an.
Und sie konnte für diesen einstmals starken und kräftigen Mann nur eines empfinden: tiefe Liebe.

„Ist schon gut Papa… Das kann doch jedem mal passieren…“
Und küsste ihn dabei zart auf die Stirn, um seine Zerbrechlichkeit nicht zu zerstören.
Ganz sanft und zart.
 
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Dein Name

Manchmal muss ich aufpassen, nicht laut deinen Namen zu rufen.
Weil mein Herz bereits fortwährend deinen Namen flüstert.
Hörst du es? Immerzu?
Es erzählt dir bei jeder Begegnung, wie sehr es dich liebt.
Kannst du das spüren? Hören?
Es sagt immerzu nur deinen Namen.

Und doch, muss mein Mund so eisern schweigen.
Obwohl er dich viel lieber küssen würde.
Reden. Küssen. Reden.
Und deinen Namen aussprechen.

Aber ich… Ich muss aufpassen, nicht laut deinen Namen zu sagen.
Gerade weil ich dich liebe.
Weil ich dich liebe, liebe, liebe…

Und deshalb sag ich deinen Namen nicht laut.
 
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Rosarotblaugelb…

Anja zählte die Farben am Himmel.

Rosarotblaugelb… Und ein bisschen weiß.

So stand sie da. Den kommenden Winter an den Wangen.

Lustige Wölkchen kamen aus ihrem Mund.

Ihr warmer Atem und die beißende Kälte des Winters.

Wölkchen die sich zu leicht grauen Figuren formten.

Hatte sie gerade ein Herz in die Luft gepustet?

Aus dem Rosarotblaugelbweiß, zog sich nun ein dichter glühender Streifen, aus RotRotgelb.

Und dann RotRotOrange und noch ein bisschen Gelb.

Zeit nach Hause zu gehen und einen warmen Tee zu genießen.

Gute Nacht Welt. Gute Nacht, mein glühender Himmel.

Morgen sehen wir uns wieder.
 
Nein… Glücklich war Sandra nicht.
Sie wusste wer er in diesem Medium war. Ahnte sie das schon lange. Es war das Gefühl, dass ihr sagte: hier ist dein Punkt, dein Komma, dein Fragezeichen und vor allem dein Ausrufestrich mit Punkt unter den Füßen.
Doch sie verriet ihn nicht. Nie. Fühlte sich aber heute verraten. Wieder mal in ihrem Verständnis.

Sie war keine tolle, tiefgreifende Person. Kein Zugewinn für für die in sich selbst explodierende Welt. Sandra war immer sie selbst. Lieb, Mitfühlend, aber ehrlich und deutlich, wenn Jemand ihr Herz angriff. Es gab nichts hintergründiges, Falsches an ihr. Keine Idiotie, keine Psychose. Leicht zu verunsichern und emotional sehr verletzbar. Ein Charakterbild, das nicht so recht in diese Welt passte. Was hatte ein Sensibelchen auch in dieser Welt verloren, in der Herzenswärme als Schwäche angesehen wurde. Kein Platz für Engel ohne Flügel und erst recht nicht für Menschen, die diese Welt mit Liebe verbessern wollten. Für solche emotionalen Weicheier gab es keinen recht Platz.

Heute Nacht hat sie ein altes Trauma erwischt. Ein Trauma, das sie so tief traf, wie nie etwas zuvor in ihrem Leben. Zu lieben, alles zu geben, um dann als anstrengend betitelt zu werden. Alles für einen Menschen aus Liebe zu tun, um dann doch wie ein Verbrecher behandelt zu werden. Da zu stehen und zusehen zu müssen, wie Gerüchte, Intrigen und vor allem ihre eigene Person ein Bildnis schufen, das ihr nicht gerecht kam.

Narben die mit geschriebenen Worten, ein Loch in ihre Seele rissen, sie emotional komplett umstülpten, um sie dann wie Unrat in der Luft zerreißen.

„Du hast mich verletzt“ hat er gesagt. Eigentlich hätte es heißen müssen:“tut mir leid, dass ich DICH verletzt habe. Zutiefst gekränkt habe, mit meinen groben Worten, wo ich mich doch immer so für alle anderen einsetze, um dann einen Arschtritt zu kassieren. Du warst in allen Zeiten für mich da und ich hab es nicht erkannt. Du hättest das nie mit meiner Seele gemacht, entschuldige.“

Und jetzt hatte er ihr einen Arschtritt verpasst. Anstelle von denen, die es eigentlich verdient hatten. Die ihn zuvor verletzten. Weil sie ihn liebte und er dieses neue Gefühl nicht annehmen konnte. Weil es lästig war. Gefährlich. Zutiefst emotional gefährlich. Denn wäre er weiterhin mit ihr befreundet geblieben, hätte es ihn emotional in 1000 Stücke zerrissen. Weil gerade ihr ehrliches Herz, ihn tief berührte.

Sie hätte seine Existenz gekostet, sein Leben, seine Familie, wenn es weiter so gelaufen wäre. Verletzt und getroffen, durch ihre bloße Existenz. Also weg mit ihr. Weg in die Mülltonne. Genauso wie die Geschenke, die sie ihm eigentlich als Warnzeichen vor die Tür geknallt hatte und er voller Wut dann in den Müllcontainer warf.

Doch ihre Gefühle konnte keiner von Beiden wegwerfen. Sie hatten es versucht. Beide. Immer und immer wieder. On-Off—On-Off. Verletzen, vertragen, verletzen. Dabei blieb doch trotzdem immer eines. Eine tiefe Verbindung. Das Gefühl blieb, trotz aller unnützer Äußerlichkeiten. Und es ließ sich nicht verleugnen. Beide fühlten sich auch nach Jahren tief zueinander hingezogen. Manchmal heimlich, manchmal ganz offen sichtbar.

Dabei hatten sie doch Beide nur Angst davor, vom anderen wieder verletzt zu werden, zu tiefe Emotionen zu riskieren. Sie liebten sich und gerieten dabei doch immer in Wut, weil diese Gefühle so verdammt tief in der Seele bohrten.

Sie liebten sich nicht als schnelle Affäre, nicht als Ehebrecher, nicht als Partnerersatz, sonder als tief verbundene Menschen, die mit soviel Emotionalität nicht umgehen konnten.

Ja, Sandra wusste… Nach dem tot seiner Mutter, hätte er sie am liebsten aus seinem Keben ausgeschlossen. Weg mit zuviel emotionalem Ballast. Weg mit Gefühl und Schmerz. Während sie sich mit seinem toxischen Verhalten abfand. Einfach, weil sie diese Liebe bereits deutlich erkannt hatte.

Er suchte die Nähe, brauchte Sandra. Ihre Nähe. Zeigte ihr das auch. Und sie brauchte ihn genauso. Immer. Aber jedesmal, wenn Sandra nach der alten Freundschaft griff, stieß er sie zurück. Mit dem simplen Satz: „Es wird immer alles gut sein zwischen uns“. Was er wohl auch so meinte. Denn die Liebe blieb und hinterließ eine ziemlich verzweifelte Sandra.
Eine mit der er nicht über die Vergangenheit reden wollte. Und auch nicht über die Zukunft. Es sollte für ihn so bleiben, mit Sandra mitten drin in seinem Leben. Und er wiederholte diesen Satz immer und immer wieder…

Sandra sollte nicht gehen, weil er dann Trauer empfand, aber zu nahe durfte sie ihm auch nicht kommen. Weil ein zu Nahe, zu nahe war und immer wieder neuen Ärger hervor beschwor. Bleib-Gehweg-Bleib… Während sie längst weiter war und verstanden hatte. Ihn verstand und doch liebte. Ihn trotzdem liebte.

Doch sie fühlte sich nun erneut verraten. Weil er nicht zu ihr stand, nicht dazu stand, was ihre Worte in ihm auslösten. Emotionen.

Während alle sie als Träumerin darstellten und als Stalkerin bezeichneten, schwieg er und half ihr nicht. Wo war sein:“ich werde immer hinter dir stehen?“ Wo…?

Sandra beschloss, weiterhin ihr Leben zu leben. Einfach weiter zu machen. Ihr Leben. Aber allem Überflüssigen den Rücken zu kehren. Sie löste sich von allem was Druck machte. Inklusive ihrem Abitur. Und beschloss sich nur noch auf die Dinge zu konzentrieren, die ihr Spaß machten.

Doch auch wenn die Resignation sich wie ein breiter Schatten über sie ausbreitete… Die Hoffnung nun endgültig ging, wieder von Herzrn Lächeln zu können… Die Liebe blieb, weil sie fest in ihr verankert war.

Ja sie liebte ihn. Auch wenn er nicht der kleine, fehlerlose Prinz war. Sie liebte ihn, weil sie ihn ansah. Ansah und sah, wie er tatsächlich war und warum er so handeln musste. Trotz allem und noch mehr.

Und sie wusste… Wenn sie jetzt das Forum verließ, würde sie wieder mal nur als Träumerin bezeichnet werden. Und er… Er würde zusehen und es zulassen. Denn die Angst um seine Emotionen und das Wissen um die Wahrheit, ließen ihn handlungsunfähig zurück.

Und trotzdem… Trotzdem liebte sie ihn. Auch wenn gerade nicht alles gut war und sie die ganze Situation wirklich zum Kotzen empfand. Sie liebte ihn. Mit Gefühl und ohne Kopf. Denn den hatte sie bereits verloren.

Doch sie beschloss. Nun ihre Seele zu verschließen, ohne ihn auszuschließen. Er blieb. Mitten drin. Verschlossen in einem warmen, klopfenden Herzen. Trotz allem.

Und sie ging. Zurück zu sich selbst. Mit der Liebe zu ihm, verschlossen in sich.

Sie ging, weil sie nicht mitansehen wollte, wie er sie nicht schützte, sondern nur sich selbst.
 
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Agatha atme zweimal, dreimal tief durch.
Konnte es wirklich immer so weiter gehen?
Es war klar. Sie würde ihn immer lieben. Denn ihr Herz gehörte ihm. Da gab es nichts zu verleugnen. Vielleicht war es schon immer so. Und es würde nicht enden.
Doch wie lange, wollten die Beiden noch so um sich herum schleichen?
Beide sichtlich glücklich, über die freundlichen Begegnungen.
Aber sie wusste ganz tief innen, es gab da einen Schmerz, den sie Beide fühlten.

Der Schmerz, all die wundervollen Seelengedanken und Gefühle miteinander auszutauschen. Nebeneinander zu sitzen, die Nähe des anderen ungezwungen zu genießen. Frei miteinander zu sein. Wie Schmetterlinge im Wind.

Sie waren nicht dafür hier, um sich zu verletzen, verletzt zu fühlen.

Das dachte sie, als sie die Tüte mit Süßigkeiten vor seine Tür legte. „Der Nikolaus war da. Für eure Kinder. Viel Freude damit“ stand auf dem Kärtchen ohne Absender.

Und das tat sie, obwohl ihr klar war, dass er nicht so reagieren konnte und durfte, wie sie. Sie tat es, um ein paar Sekunden Freude zu spenden. Sie tat es, um Glück zu schenken. Auch wenn sie es nicht selbst, als sie selbst, erleben durfte. Er würde sich nicht mal bedanken dürfen. Denn die Zeit für unbeobachtete Gespräche war rar und dann schon gar nicht mehr wahr.

Es war okay, dass er nicht erfassen konnte, wie gerne sie ihn glücklich sehen würde. Es war okay, das es nicht mit ihr war. Und doch, hörte es nicht auf weh zu tun.

So ging sie nach Hause, diesmal allein mit ihrem Kummer. Denn er würde vielleicht für ein paar Sekunden lächeln. Heute musste er ihren Kummer nicht teilen, entschied sie für sich.

Und sie entschied ebenfalls, als Schmetterling voran zu fliegen, mit der Hoffnung, dass er ihr irgendwann nachflog. Irgendwann. Wenn sich alles leichter anfühlte.
 
Agatha erlebte seine Aufregung mit. Sein Blick auf ihr. Mit roten Wangen, die ihr gefielen. Sie mochte seine wachsend rote Gesichtsfarbe, in ihrer Nähe. Fast dachte sie, er würde auf sie zukommen. Sein Schritt entschlossen in ihre Richtung. Aber kurz bevor sie ihm entgegen kommen konnte, schaute er sie fest an und wechselte spontan die Richtung. Seine Aufmerksamkeit aber immer noch auf ihr. Die ganze Zeit. Auch dann noch, als sie sich mit anderen Menschen unterhielt.
Wie sollte sie seine Aufregung deuten, die deutlich auf sie überschwappte. Es fiel ihr schwer, zwei Dinge zu trennen. Die Aufregung, die er ihr immer übermittelte und eine Emotion, die für sie nicht deutbar war. Heftig. Von ihm ausgehend.

„Schade“ dachte sie „aber du hast es wohl bekommen. Ich hoffe, du verstehst und ich hoffe, es war schön.“ Das war alles, was sie wollte. Denn sie hoffte es war gut. Für ihn.
 
Ich weiß…

Ich weiß, dass es kompliziert ist zwischen uns.
Ich weiß, wir sind Beide nicht gesund.
Ich weiß, wie schwer das Leben manchmal für uns Beide ist.
Ich weiß, wieviel Druck auf dich und mich ausgeübt wird.
Ich weiß, dass ich dich durch mein Verhalten jedesmal in Konflikte bringe.
Ich weiß, wie schwer es ist, dich und mich unter einen Hut zu bringen.
Ich weiß, wie wichtig in dieser Zeit manchmal ein einziger freundlicher Blick sein kann.
Und ich weiß, dass „Vertrauen“ manchmal schwer fällt, aber unser Codewort sein sollte.

Aber…
Schau mich an.
Denn ich bin deine Sonne. Und du meine.
Und ich will, dass du das weißt.
Das du weißt, dass Zuneigung und Liebe nicht durch so etwas stirbt.

Schau mich an und du weißt direkt, es wird immer so bleiben.
Für immer.
Ich weiß. Du weißt.
Weil wir es wissen…
 
Menschenmassen
Erst einer, dann zwei, dann drei, dann Hundert.
Welle aus Menschen.
Wand aus Panik.
Irritation aus Geräuschen.
Kontrollierte Freundlichkeit.
Versteckte Unsicherheit.
Atemverlust durch Grenzüberschreitungen.
Reizüberflutung durch Gefühle und Gedanken.
Geistige Ohnmacht durch zu viel Mensch.
Mensch in einer Welt aus Mensch.
 
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Melissa stand heute länger an der Bushaltestelle, weil sie sich verspätet hatte und der Schulbegleiter ihres Sohnes nicht kam.
Und dann kam er, ihre große Liebe, mit seinem Auto. Nicht der Schulbegleiter. Aber er. Besser! Er parkte direkt vor ihrer Nase.
Beide freuten sich, sich zu sehen. Lachten, strahlten. Was schön war. Sie wünschten sich laut einen guten Morgen.
Aber langsam fragte sich Melissa, ob er überhaupt irgendwas wusste. Die Nikolaustüte vor seiner Tür, für seine Kinder, die Einträge im Forum, ihre tiefe Zuneigung zu ihm. Er schien einfach erleichtert, dass man wieder „besser“ miteinander war. Glücklich darüber. Aber kein weiteres Wort. Außer „Guten Morgen, liebe Melissa.“
Hatte er ihre Überraschung gar nicht bekommen? Kein Danke?
Sie wollte ihn noch fragen. Tat es aber dann doch nicht. Vielleicht aus der Angst heraus, er könnte so etwas sagen wie:“Warum hast du das getan? Ich hatte Ärger wegen dir.“
Auch er stockte, machte den Mund auf, um etwas zu sagen… Selbst ihm dunklen Licht konnte sie erkennen, wie rot er wurde. Die Röte zog langsam von den Wangen, direkt in sein Gesicht.
Er stand da mit offenem Mund, schaute sie an und ging dann auch wieder.
Und sie stand da, mit gemischten Gefühlen.
Vielleicht war es hoffnungslos… Vielleicht liebte er sie auch. Sie konnte es fühlen. Deutlich. Sogar sehen. Deutlich. Oder täuschte sie ihr inneres Bauchgefühl so sehr. Doch war es trotzdem so, als würde sie am offenen Buffet verhungern, weil der Weg dort hin versperrt war.

Hoffnungslos? Sie war sich nicht sicher, warum er nicht einfach nur eines sagen konnte. Nämlich Danke. Und ihr wurde mit einem Mal bewusst, dass das blöde Ding mit den Erwartungen, nicht gut war für sie Beide und den leichten Schmetterling bremste.
 
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