Was mir an der Sache nicht gefällt ist, dass Streeck anscheinend schon auch irgendwie politisch ambitioniert gehandelt hat. Beispiel:
"Warum die Bonner Forscher mit diesen noch nicht vollständigen Resultaten nun ausgerechnet kurz vor Ostern an die Öffentlichkeit gegangen sind? Streeck sagte bei Zeit online, nach Ostern solle ja entschieden werden, wie es mit den Maßnahmen weitergehe."
https://www.sueddeutsche.de/wissen/heinsberg-studie-herdenimmunitaet-kritik-1.4873480
Da zeigt sich also schon eine gewisse Intention, dass seine Ergebnisse bei politischen Entscheidungsprozessen eine Rolle spielen sollten. Grundsätzlich kritisiere ich das gar nicht, aber wenn das zu Mängeln führt kann das wiederum absolut kontraproduktiv sein - einfach weil politische Entscheidungen auf Basis falscher Ergebnisse getroffen würden.
Ich habe eben ein Interview mit Streeck zu dem Thema gelesen:
https://www.tagesspiegel.de/wissen/...einsberg-war-nicht-leichtfertig/25735672.html
Dort sagt er u.a., dass die Ergebnisse aus Heidelberg (selbst wenn korrekt) nicht repräsentativ für Deutschland wären, denn Heidelberg gilt ja als "Hot-Spot". Das wiederum hat er in der Pressekonferenz nicht so deutlich gemacht:
"(...) sagte Christian Drosten, selbst wenn diese 15 Prozent an Immunen in Heinsberg technisch korrekt ermittelt seien, müsse man immer noch prüfen, ob sie repräsentativ für ganz Deutschland seien. Auch das wurde am Donnerstag nicht klar kommuniziert."
https://www.zeit.de/wissen/gesundhe...eck-storymachine-kai-diekmann/komplettansicht
Die Hauptkritik ist aber ja, dass er die Methodik nicht erklärt hat, weshalb es für andere Wissenschaftler gar nicht möglich ist diese Studie einzuschätzen. Das ist auch der Grund warum Drosten recht hart geschlussfolgert hat man könne daraus gar nichts ableiten. Für manche mag das hart klingen oder unfreundlich, aber es ist ja einfach korrekt.
Streeck hat eine Erklärung warum das bisher nicht passiert sei:
"Es ist wichtig, die Öffentlichkeit transparent und schnell über die Zwischenschritte zu informieren. Gerade jetzt. Wenn wir einen sogenannten peer-review, eine in der Wissenschaft übliche Begutachtung durch weitere Experten, hätten durchführen lassen, bis hin zu einer schriftlichen Publikation, wären Monate vergangen. Die derzeitige so volatile Lage mit einer raschen Ausbreitung des Coronavirus lässt uns diese Zeit nicht. Da wäre nicht verantwortungsvoll."
Die Logik ist also: Gerade weil es um eine dynamische Situation geht, wäre ein umfangreiches Peer-Review nicht sinnvoll weil es zu lange dauern würde. Und das stimmt sicherlich. Aber: Mehr Erklärungen mit mehr Details zu veröffentlichen hätte doch möglich sein sollen. Dazu sagt er dann:
Drosten sagte auch, man brauche jetzt schnell ein Manuskript der Studie, um diese beurteilen zu können und das Design und die Methodik dahinter zu verstehen. Wann werden sie die Ergebnisse präsentieren können?
Die Daten aus über 1000 Personen sind nun alle komplett, derzeit fassen wir diese zu einer Publikation zusammen. Diese wird dann wie in der Wissenschaft üblich bei einem Journal eingereicht, und dieses Journal bezieht dann internationale Gutachter ein. Ein ganz normaler Vorgang.
Ich weiß nicht mehr wo ich es las oder ob es in dem Podcast von Drosten vorkam. Jedenfalls sagte er dass man ja nicht mal wisse welche Art Antikörper-Test benutzt wurde. Er nannte zwei verschiedene und meinte dann "hoffentlich xyz" (das waren Fachbegriffe). Und das sind ja alles Informationen die Streeck hätte geben können, insofern finde ich Kritik an dieser Vorgehensweise mehr als berechtigt.