Bischof Mixa im Verdacht des Kindesmißbrauch

Condemn schrieb:
Aber den Fokus auf Mixa zu richten, stellvertretend für Millionen anderer, halte ich letztlich für heuchlerisch.

Der Fokus wird auf Mixa gerichtet, weil der Ersteller des Threads diesen Focus als Diskussionsgrundlage vorgegeben hat. Schau dir einfach die Threadüberschrift an. Was daran "heuchlerisch" sein soll, ein Thema so zu diskutieren, wie es mit dem Eingangsbeitrag vorgesehen ist, wirst nur du wissen.

Zudem sind Unterstellungen von dir, daß Leute, die sich über Gewalt gegen Kinder echauffieren, selbst gewalttätig seien, mehr als absurd und aus der Luft gegriffen, ich frage mich, welchem Zweck dieses "Argument" dienen soll.

Ich persönlich halte bereits die hier im Thread munter vorgetragenen Position, die eine oder andere Backpfeife gehe in Ordnung, es habe noch nie jemandem geschadet und ähnliche Bemerkungen, selbst schon für das Symtom einer Schädigung.
 
Werbung:
Wenn es um Mißhandlungen durch Schläge geht, müßte die gesamte Lehrerschaft meiner damaligen Grundschule (1966-1969) angezeigt werden. Und das waren nicht nur Ohrfeigen oder mal ein Klaps. Da wurde eine richtige Tracht Prügel verabreicht - oftmals wegen, aus heutiger Sicht, purer Nichtigkeiten. Und damals hat sich kein Schwein darum gekümmert - das war leider die gängige Erziehungsmethode.

Ich hatte auch einen solchen Lehrer. Und bei vielen damaligen Schülern sind tiefe Wunden geblieben - bis heute. Einige davon sind schon damals in die Drogenszene abgerutscht. Das ganze Drama wurde uns mal an einem Klassentreffen bewusst.

Und wir haben uns an diese Zeit zurück erinnert, wie alle - Eltern und andere Lehrer geschwiegen und toleriert haben.

Und ich finde es gut, dass sich etwas geändert hat. Es muss sich immer wieder was ändern - und alles muss stets aufs Neue hinterfragt werden.

Genau GräfinJo; sowas ist genauso ätzend und untolerierbar wie sexueller Missbrauch. Und es darf in keiner Weise verharmlost werden.
 
Das stimmt. Viele haben zu Hause gar nicht erzählt dass sie in der Schule Schläge bekommen hatten, weil es dann meistens hieß "dann wirst du es auch verdient haben" oder manchmal bekamen Kinder dann zu Hause für das "Vergehen" sogar nochmal Schläge.

Ja, denn die Lehrer hatten damals so eine Art Gott-Status, wie auch die Priester. Und dieser Machtstatus wurde oft missbraucht, um die eigenen perversen und sadistischen Triebe auzuleben. Und es wurde mit der Angst manipuliert.

Aber wehe den Eltern, die ihr Mund aufmachten. Die bekamen es dann auch zu spüren. Bzw. das betroffene Kind bekam es doppelt zu spüren, dass es ein "Fehler" gemacht hatte. Und es wurde ihm klar gesagt, dass es ja nicht mehr wagen solle, sich bei den Eltern zu beklagen. Und so hatten alle Kinder Angst, etwas zu sagen.
 
Ich hatte auch einen solchen Lehrer. Und bei vielen damaligen Schülern sind tiefe Wunden geblieben - bis heute. Einige davon sind schon damals in die Drogenszene abgerutscht. Das ganze Drama wurde uns mal an einem Klassentreffen bewusst.

Und wir haben uns an diese Zeit zurück erinnert, wie alle - Eltern und andere Lehrer geschwiegen und toleriert haben.

Und ich finde es gut, dass sich etwas geändert hat. Es muss sich immer wieder was ändern - und alles muss stets aufs Neue hinterfragt werden.

Genau GräfinJo; sowas ist genauso ätzend und untolerierbar wie sexueller Missbrauch. Und es darf in keiner Weise verharmlost werden.

Also Alkoholiker oder Drogenabhängiger ist bei uns keiner deswegen geworden. Nach der Grundschule hörte es ja auf. Ich krieg nur die Wut wenn ich daran denke. Obwohl ich die Schläge gräßlich fand habe ich damals wirklich geglaubt dass es normal ist. Das war in den 60ern so. Erst später habe ich begriffen wie große starke Menschen mit so kleinen Würmchen umgingen.

Es war absolut nicht gut - aber es war damals normal. Und nicht nur in der Schule - auch in vielen Elternhäusern.

Übrigens bin ich in der Schule nur von Lehrern und Lehrerinnen geschlagen worden. Nicht ein einziges Mal im Religions- oder Kommunionsunterricht vom Pfarrer.

Isisi
 
Aber wehe den Eltern, die ihr Mund aufmachten.

Die wenigsten Eltern machten den Mund auf. Viele befürworteten das ja und viele waren damals unheimlich Autoritätshörig. Ich komme aus einer Arbeiterfamilie und die meisten in meiner Klasse auch. Für die Eltern war der Lehrer und der Pfarrer immer eine Respektsperson. Aber wie gesagt, von den Pfarrern hatten wir nichts auszustehen, die waren immer nett und betatschten uns auch nicht.

Isisi
 
Nun, das mit der Moral ist so eine Sache...

Ich wiederhole mich vielleicht, aber ich hab schon mal irgendwo geschrieben, dass ich in den 60er-Jahren meine Kindheit und Jugend in einem Heim verbringen mußte. Da waren Schläge und Misshandlungen an der Tagesordnung, ebenso wie in der Schule.
Wo hätte ein Kind hingehen sollen, sich zu beschweren? Zum Salzamt?
Sogar die Eltern (so vorhanden) waren ja häufig der Meinung, das geschehe dem Kind schon Recht, und erst recht der Pfarrer...
Besonders am Land war so ein Erziehungsstil noch sehr weit verbreitet, verschärft durch die damals noch sehr angstdurchsetzte kath. Erziehung. :confused:

Aber diese Eltern- und Erziehergeneration kannte ja selbst nichts anderes und konnte nur das weitergeben, was sie selbst als Kind erfahren hatte.

Dies ist keinesfalls eine Entschuldiung, sondern nur eine mögliche Erklärung.

Sunny

Ja, sehe ich genauso. Es scheint ja sowieso leider die Regel zu sein, dass das was einem angetan wurde dann an andere weitergegeben wird. Möglicherweise ändert sich die "Form"... aber oft genug ja auch nicht mal das. Ich glaube, dass das eine Art psychologisches Prinzip ist von dem kaum jemand frei ist... zumindest nicht, wenn irgendwo noch Demütigungen unverarbeitet sind.
 
von den Pfarrern hatten wir nichts auszustehen, die waren immer nett und betatschten uns auch nicht.

Unser katholischer Pfarrer in unserer Gemeinde ist ein wunderbarer Mensch, der selber auch entsetzt war über all diese Missbrauchsfälle in der Kirche. Ihm habe ich meine Tochter - problemlos - anvertraut, als sie unbedingt die Kommunion wollte - als sie etwas älter war.

Auch als ich selber noch ein Kind war, hatte ich persönlich nur Positives erlebt mit katholischen Pfarrern. Mein Bruder hingegen hatte weniger Glück. Er selber hatte während der Religionsunterricht einen Pfarrer, der Schläge austeilte, und etwa 20 Jahre später kam zudem heraus, dass er Kinder sexuell missbraucht hatte. Mein Bruder hatte "glücklicherweise" "nur" Schläge einkassiert.
 
Ja, sehe ich genauso. Es scheint ja sowieso leider die Regel zu sein, dass das was einem angetan wurde dann an andere weitergegeben wird. Möglicherweise ändert sich die "Form"... aber oft genug ja auch nicht mal das. Ich glaube, dass das eine Art psychologisches Prinzip ist von dem kaum jemand frei ist... zumindest nicht, wenn irgendwo noch Demütigungen unverarbeitet sind.

Deshalb ist es ja so wichtig, dass man versucht, daraus heraus zu wachsen, indem die aktuellen Erziehungsmethodern stets auf's Neue hinterfragt werden.

Auch heute geschehen Gräueltate - da hast du absolut Recht. Und die vermehrte Ritalinabgabe an "verhaltensauffällige" Kinder ist in diesem Zusammenhang auch ein Thema für sich - ganz zu schweigen von dem subtilen Psychoterror auf der Arbeitswelt.
 
GräfinJo;2714171 schrieb:
Condemn, gerne nochmal von vorne.

1. Der Vorwurf hier wurde laut, daß man schließlich nicht die RKK und die treuen Seelen dieser Kirche veruteilen dürfe, nur weil es ein paar gibt, die ihre Finger nicht beisammen halten können (also sexuell) und andere, die ihre Finger und andere Gegenstände nicht bei sich behalten können, sprich körperliche und psychische Gewalt an Schutzbefohlenen ausgeübt haben.

2. Gut, jetzt konzentrieren wir uns also auf Ex-Bischof Mixa und das, was er getan hat. Der Verdacht ist nunmal entstanden und vom Sonderermittler geprüft worden. In der Überschrift steht Verdacht, ich selber habe mindestens zweimal hier darauf hingewiesen, daß doch vielleicht die Überschrift geändert werden sollte. Denn wie ich heute sah, bezieht sich selbst der Threadersteller im Erstbeitrag auf die körperliche Gewalt, die Überschrift ist also komplett irreführend. Ich habe das bemerkt und zweimal oder dreimal bereits moniert. Ist also nichts mit undifferenzierter Betrachtungsweise, die Isisi mir vorwürft, was ich gelinde gesagt wieder mal sehr erstaunlich finde.
Ich auch noch mal:
Ich will nicht Mixa in Schutz nehmen. Ich will körperliche Gewalt jeglicher Art nicht schönreden. Meine Meinung zu Mixa persönlich ist, dass er sich dann schuldig gemacht hat und meiner Definition nach unter "psychisch krank" läuft... Da geht es mir dann um die Ursache, das "warum überhaupt Gewalt irgendeiner Art." Dann geht es mir um die Frage der Effektivität und des Maßes. Inwiefern es angebracht ist, eine Sau durchs Dorf zu jagen (und damit meine ich noch mehr die Berichterstattung der Medien als diesen Thread), während es bei diesem Tatbestand wohl Millionen Täter gibt... Die allermeisten können sich wahrscheinlich sogar der eigenen Familie zuwenden, mindestens Geschichten aus dem eigenen Umfeld, vielleicht aber sogar auch sich selbst. Und das ist dann für mich der entscheidendste Punkt... Denn tickt das Prinzip das Mixa zum Gewalttäter machte nicht in so gut wie jedem? Und äußert sich nicht möglicherweise dasselbe Prinzip in der Berichterstattung und auch Diskussionen wie dieser hier auch immer mal wieder?


Es mag sein, daß sexueller Mißbauch schwerer wiegt als körperliche und psychische Gewalt, häufig tritt ja ohnehin beides oder alles drei zusammen auf, ich vermag es aber nicht zu beurteilen. Es ist mir daher völlig unverständlich, wie man da eine Unterscheidung vornehmen kann, "ach, das ist ja nicht so ganz tragisch, weil auch üblich damals und das ist aber wirklich verachtens- und verurteilenswert". Verstehst du? Schau dir die - wie nennt ihr sie - KiFi-Threads hier an, wo die Säue ohne Wenn und Aber durchs Forums-Dorf getrieben werden. Genau von denen, die jetzt auf die Idee kommen, daß "aus einer kleinen Ohrfeige (Zitat: die nebenbei in Ordnung wäre) ein Riesen blutrünstiger Elefant gemacht wird."
Ich trenne psychische Gewalt und physische Gewalt nicht, sondern gehe davon aus, dass Leid immer psychisch ist. Meine Trennung von sexuellem Missbrauch und etwa Prügel ist lediglich meine Ansicht, weil ich weiß das ich mit dem einen klar käme und mit dem anderen nicht.

Hast du beides erlebt? Kannst aus Erfahrung sprechen? Ich nicht, deswegen masse ich mir auch nicht an, eine Unterscheidung durch Herauf- oder Herabstufung vorzunehmen.
Sexueller Mißbrauch nicht. Prügel zumindest nicht von irgendwelchen Erziehungsberechtigten. Aber ich muss da wirklich nur mein "Muster" kennen um zu wissen, das ich persönlich das eine wegstecken könnte, das andere (sexueller Mißbrauch) nie. Das ist aber keine Aussage über andere. Ist sicher eine Frage wie man gestrickt ist.

So, noch eine Idee dazu, wie ich mir einen Kirchenmann, wenn überhaupt vorstellen könnte (statt dieses verknöcherten alten Haudegen, den ich mit Stock und Gürtel und verhasstem Gesicht sehr gut sehen kann).

Sollte er das ernst meinen, was er regelmäßig predigt, dann hätte er vor langer Zeit bereits selbst drauf kommen können, sich anzuzeigen und sich dem Urteil des Vatikan zu beugen. Ist ´ne komische Idee, ne? Im weiteren hätte ich von einem Moralpredigenden erwartet, daß er sich bei den ehemaligen Heimkindern aus sich heraus entschuldigt. Zudem, das Urteil des Vatikan in gewisser Demut entgegen nimmt und sich dem fügt.

Spätestens nach Bekanntwerden der Vorfälle wäre immer noch Zeit dazu gewesen. Selbst dann hätte er so verfahren können, wie eben beschrieben. Sich gewahr werden, anerkennen und einen Strich ziehen.
Da sprichst Du genau das Prinzip an das ich ja meine. Und man muss da nicht weit weg suchen um es zu finden. Man kann sich selbst anschauen, zumindest könnten es die meisten. Es geht doch so gut wie jedem immer und immer wieder den Kopf oben zu behalten, Selbstachtung und die Achtung der "Öffentlichkeit" (egal ob es sich um den engsten Kreis oder eine Nation handelt) herzustellen. Un-Aufrichtigkeit ist da der entscheidende Faktor... Und die tritt immer dort auf, wo die eigene Verantwortung nicht gesehen werden will oder nicht gesehen werden kann... Beides ist meistens gleichzeitig der Fall daher muss es eher "und" statt "oder" heißen.


Und jetzt schaut mal, was er statt dessen getan und immer noch tut!

Irgendwo hörts mal auf, oder? Klar jetzt?
Mir ist Deine Argumentation durchaus klar. Ich sehe das nicht anders. Alles was ich sage ist: Diese Tendenz haben wir nahezu alle.
 
Werbung:
Ich hatte auch einen solchen Lehrer. Und bei vielen damaligen Schülern sind tiefe Wunden geblieben - bis heute. Einige davon sind schon damals in die Drogenszene abgerutscht. Das ganze Drama wurde uns mal an einem Klassentreffen bewusst.

Und wir haben uns an diese Zeit zurück erinnert, wie alle - Eltern und andere Lehrer geschwiegen und toleriert haben.

Und ich finde es gut, dass sich etwas geändert hat. Es muss sich immer wieder was ändern - und alles muss stets aufs Neue hinterfragt werden.

Genau GräfinJo; sowas ist genauso ätzend und untolerierbar wie sexueller Missbrauch. Und es darf in keiner Weise verharmlost werden.



Das ist ja ganz schön übel, was sich da alles so offenbart hier. Wie ich heute morgen schon schrieb, hatte es gelöscht, aber es waren ganz dubiose Erziehungsmethoden auch schon im Kindergarten und Hort bei uns damals angesagt. Selbst bei den kleinsten der Kleinen schon. Ich müßte meine Mutter mal fragen, ob das eigentlich ein kirchlicher Kindergarten war, glaube es aber nicht.

In der Schule hab ichs nicht mehr erlebt, bis auf einen Lehrer auf dem Gymnasium, der auch im Unterricht geschlagen, mit schweren Gegenständen geworfen oder auch mal eine Tür eingetreten hat, an der wir lehnten und hinter der wir heimlich geraucht hatten. Der hatte aber keine Freunde mehr, da sich später langsam die antiautoritäre Erziehung kurzzeitig etabliert hatte.
 
Zurück
Oben