Bewusstsein - Bewusstheit

  • Ersteller Ersteller Zimtgeflüster
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Der Buddhismus ist letztlich eine Soteriologie (Befreiungslehre oder Heilslehre), nicht eine strikt in sich stimmige Philosophie. Die Ergründung und Erforschung sollte somit nicht rein intellektuell erfolgen, sondern durch das Beschreiten des achtfachen Praxispfades.
Ich finde das immer wieder sehr wichtig, da wir in einer Bildungsgesellschaft aufgewachsen sind und aufwachsen, die glaubt(e), in der Schule "Wissen" mit Büchern vermitteln zu können.
Viele "Philosophien" des Abendlandes wurden in diesem intellektuellen Stil verfasst, dass "argumentativ" ein "Sinn" verfolgt wird, der ein Wissen vermittelt, wie ein Sacherverhalt beschaffen ist.
Ich habe viele Jahre Philosophie studiert und darin ebenfalls vergeblich "DIE WAHRHEIT" in Büchern zu finden. Kants Kritik der reinen Vernunft, Hegels Phänomenologie des Geistes, HEideggers Sein und Zeit - überall hoffte ich, DIE WAHRHEIT zu finden - und letztlich war ich stets vollkommen enttäuscht, weil das bloße "Verstehen" NICHTS mit mir selbst machte, keine ERFAHRUNG durch PRAXIS ermöglichte.
 
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Im Buddhismus gibt es den Begriff "ICH-Illusion" nicht, und im Hinduismus auch nicht, insofern lässt sich deine Frage für diese beiden Religionen nicht beantworten. Die befreiende Einsicht im Buddhismus ist jene in die Natur des Geistes, und diese Natur hat drei Aspekte: i) alle Dinge sind vergänglich (Anicca), ii) alle Dinge (inklusive ein Ich oder Selbst) sind leer von unabhängiger Eigenexistenz (Anatta) und iii) daher sind die Dinge auch nicht in einem endgültigen Sinne zufriedenstellend (Dukkha). Solange das Verständnis dieser drei bloss ein intellektuelles Konzept bleibt (wie etwa in dieser Diskussion), wirkt die Einsicht nicht transformierend, oder wenn, dann bloss peripher. Es ist somit ein nicht-konzeptionelles Verständnis dieser drei Daseinsmerkmale nötig, und das kann ohne meditative Praxis nicht gewonnen werden. "Nicht-konzeptionell" heisst, dass das Verstehen auf einer Ebene stattfindet, die tiefer als der Intellekt liegt. "Kognitives Erkennen" ist ebenfalls nicht richtig als Begriff anwendbar auf den Buddhismus, weil dort die Idee der Kognition auf andere Weise herausgearbeitet wurde als im Westen, siehe etwa die 12 Glieder des bedingten oder abhängigen Entstehens.

Weiter ist die erste solche nicht-konzeptionelle Einsicht zwar ein wahres Erwachenserlebnis für die meisten Menschen, aber nur für eine extrem kleine Gruppe von Personen ist die Einsicht bereits zu Beginn tief genug, dass die Kraft ausreicht, zu dem vorzustossen, was im Westen allgemein als "Erleuchtung im Buddhismus" bezeichnet wird. "Erwachen" ist somit keinesfalls das gleiche wie "Erleuchtung". Ersteres ist ein initialer Funke, letzteres die endgültige Befreiung.

Der Buddhismus ist letztlich eine Soteriologie (Befreiungslehre oder Heilslehre), nicht eine strikt in sich stimmige Philosophie. Die Ergründung und Erforschung sollte somit nicht rein intellektuell erfolgen, sondern durch das Beschreiten des achtfachen Praxispfades.
  1. Der achtfache Pfad unterscheidet sich aber wenig von den 10 Gebote.
  2. Und was ist mit den edlen vier Wahrheiten?
 
(Der Buddhismus verneint die unabhängige Eigenexistenz eines solchen Selbsts, der Hinduismus hebt ein Selbst zu einem transzendenten Status empor.)
Ich würde sagen, dass es hierzu Tendenzen gibt, gerade in den Karma-Lehren, wie sie überliefert werden (Entstehung durch Abhängigkeit vs. Anhaftung an Wesenskern). Aber es gibt sehr verschiedene buddhistische Traditionen, teilweise so stark hinduistisch beeinflusst, dass auch hier von Reinkarnation gesprochen wird.
Man darf sich (mE) "Atman" nicht als isoliertes Selbst vorstellen, denn letztlich sind ATman und Brahman eins. Ganz ähnlich wie auch die "Buddha-Natur" (Mahayana-Begriff) letztlich nicht nur auf die relative Wirklichkeit, sondern die absolute Wirklichkeit verweist - ähnlich wie auch Anatta und Shunyata aufeinander verweisen, auch wenn sie wiederum auf bedingtes Entstehen verweisen.

Im Hinduismus finden sich hier sehr unterschiedliche Darstellungen. So gibt es Beschreibungen, die davon ausgehen, dass die Praxis auf die innerste der fünf Hüllen - Anandamaya Kosha - zielen sollte. HIer ist Glück, Wonne erfahrbar. Andere Lehren machen jedoch deutlich, dass es nicht darum gehen kann, eine Identifikation mit einer Hülle herzustellen, dass Atman/Brahman erst dann erfahrbar ist, wenn auch die Identifikation mit der Anandamaya Kosha aufgelöst wurde.

Hinsichtlich der systematischen Ansätze gibte es viele heterogene Darstellungen, aber auch sehr konvergierende Darstellungen.
Ein viel größerer Unterschied findet sich mE in der Praxis, da hier der Hinduismus viel, viel heterogener ist. (Aber auch bei Patanjali, im Raja Yoga, finden wir die 4 Brahmaviharas.)


 
Ich würde sagen, dass es hierzu Tendenzen gibt, gerade in den Karma-Lehren, wie sie überliefert werden (Entstehung durch Abhängigkeit vs. Anhaftung an Wesenskern). Aber es gibt sehr verschiedene buddhistische Traditionen, teilweise so stark hinduistisch beeinflusst, dass auch hier von Reinkarnation gesprochen wird.
Man darf sich (mE) "Atman" nicht als isoliertes Selbst vorstellen, denn letztlich sind ATman und Brahman eins. Ganz ähnlich wie auch die "Buddha-Natur" (Mahayana-Begriff) letztlich nicht nur auf die relative Wirklichkeit, sondern die absolute Wirklichkeit verweist - ähnlich wie auch Anatta und Shunyata aufeinander verweisen, auch wenn sie wiederum auf bedingtes Entstehen verweisen.

Im Hinduismus finden sich hier sehr unterschiedliche Darstellungen. So gibt es Beschreibungen, die davon ausgehen, dass die Praxis auf die innerste der fünf Hüllen - Anandamaya Kosha - zielen sollte. HIer ist Glück, Wonne erfahrbar. Andere Lehren machen jedoch deutlich, dass es nicht darum gehen kann, eine Identifikation mit einer Hülle herzustellen, dass Atman/Brahman erst dann erfahrbar ist, wenn auch die Identifikation mit der Anandamaya Kosha aufgelöst wurde.

Hinsichtlich der systematischen Ansätze gibte es viele heterogene Darstellungen, aber auch sehr konvergierende Darstellungen.
Ein viel größerer Unterschied findet sich mE in der Praxis, da hier der Hinduismus viel, viel heterogener ist. (Aber auch bei Patanjali, im Raja Yoga, finden wir die 4 Brahmaviharas.)

Tja, Religionsanschauungen sind eben unterschiedlich.
 
In dem Beitrag werden weiter noch der Vedanta und Ramana Maharshi's "Neo-Advaita Vedanta" herangezogen - beides wiederum hinduistische Traditionen, deren Ansichten mit denjenigen des Buddhismus nur sehr beschränkt in Einklang gebracht werden können - gerade was die Idee eines Selbst anbelangt. (Der Buddhismus verneint die unabhängige Eigenexistenz eines solchen Selbsts, der Hinduismus hebt ein Selbst zu einem transzendenten Status empor.)

Ich glaube nicht, das Ramana Maharshi zu Neo-Advaita gezählt werden kann. Er lehrte m.M.n. traditionelles advaita vedanta. Das Selbst im Hinduismus der Atman, ist Alles was ist (tat tvam asi) .
Nun meine Frage , was ist im Buddhismus die Essenz der Erkenntnis, der Selbstverwirklichung? Was ist das Selbst im Buddhismus?
Ich kenne da nur dieses Nicht-Ich, oder Nicht-Selbst . Aber genau dieses Nicht-Ich lässt sich doch im advaita erfahren.
Das Eine Selbst(oder Nicht-Selbst, :D) , die Grundlage aller Erscheinungen, oder besser das Wesentliche aller Erscheinungen, dass was uns allen als Eines gemeinsam ist. Du scheinst sehr bewandert zu sein, auch Energeia, was Buddhismus betrifft, ich freue mich auf eine Antwort.
lg
 
Gewahrsein und Bewusstsein sind bekanntlich keine einfach festlegbaren oder messbaren Objekte. Die "Erfahrung" oder Erklärung, was das sein soll, hängt implizit vom eigenen Weltbild ab.

Das hilft einen aber nicht weiter. Das würde ja bedeuten, dass die Welt so ist, wie man sie sieht?
Also besser kein Raster, also Weltbild haben ?
*
und das tiefste in mir ist irgendwie nicht da, kein innerer kern oder so......
Na das ist es doch . Da ist nichts. Was dann noch übrig bleibt sind deine Wahrnehmungen, das bist du dann. Da ist kein Ich , kein Selbst . Und wenn dann trotzdem ein ich-gefühl auftaucht, betrachte es einfach als illusorisch. Ich denke , das Ich, oder ein Ich ist immer trennend. Ich und die Welt. Dabei ist man die Welt.

"..das obsessive menschliche Bewußtsein des und das Bestehen auf einem getrennten Selbst ist das endgültige und gewaltigste Hindernis vor der Erkenntnis Gottes. Aldous Huxley "

"Hat er einmal sein Selbst als das universale Selbst realisiert, wird ein Mann selbstlos; und in der Tugend der Selbstlosigkeit sollte er als unabhängig verstanden werden. ...
Maitrayana Upanishad (12)
lg
 
Ich würde sagen, dass es hierzu Tendenzen gibt, gerade in den Karma-Lehren, wie sie überliefert werden (Entstehung durch Abhängigkeit vs. Anhaftung an Wesenskern). Aber es gibt sehr verschiedene buddhistische Traditionen, teilweise so stark hinduistisch beeinflusst, dass auch hier von Reinkarnation gesprochen wird.
Man darf sich (mE) "Atman" nicht als isoliertes Selbst vorstellen, denn letztlich sind ATman und Brahman eins. Ganz ähnlich wie auch die "Buddha-Natur" (Mahayana-Begriff) letztlich nicht nur auf die relative Wirklichkeit, sondern die absolute Wirklichkeit verweist - ähnlich wie auch Anatta und Shunyata aufeinander verweisen, auch wenn sie wiederum auf bedingtes Entstehen verweisen.

Im Hinduismus finden sich hier sehr unterschiedliche Darstellungen. So gibt es Beschreibungen, die davon ausgehen, dass die Praxis auf die innerste der fünf Hüllen - Anandamaya Kosha - zielen sollte. HIer ist Glück, Wonne erfahrbar. Andere Lehren machen jedoch deutlich, dass es nicht darum gehen kann, eine Identifikation mit einer Hülle herzustellen, dass Atman/Brahman erst dann erfahrbar ist, wenn auch die Identifikation mit der Anandamaya Kosha aufgelöst wurde.

Hinsichtlich der systematischen Ansätze gibte es viele heterogene Darstellungen, aber auch sehr konvergierende Darstellungen.
Ein viel größerer Unterschied findet sich mE in der Praxis, da hier der Hinduismus viel, viel heterogener ist. (Aber auch bei Patanjali, im Raja Yoga, finden wir die 4 Brahmaviharas.)


Oh danke, ich habe es zu spät gelesen. Dein post hat mir beantwortet, was ich von @fckw gerne wissen wollte. Meine Schuld, ich sollte besser erst alle posts lesen. Hmmm....
Der Schlüsselbegriff war Buddhanatur was ich tradiert zum Hinduismus als Brahmanatur sehe, was im Endeffekt 2 Wörter für das Gleiche sind. Es ist eben doch alles Eins, nur in verschiedenen Variationen. Alles verschiedene Blätter aber der gleiche Baum.
hahaha, wir sind Buddhas, wir sind Brahman, wir sind Gott .......und zwar nicht nur zu einem Teil !!! sondern ganz. :banane:

Aber irgendwie bewundere ich schon eure Fachbezogenheit, eure klugen Wörter......
 
Ich finde das immer wieder sehr wichtig, da wir in einer Bildungsgesellschaft aufgewachsen sind und aufwachsen, die glaubt(e), in der Schule "Wissen" mit Büchern vermitteln zu können.
Viele "Philosophien" des Abendlandes wurden in diesem intellektuellen Stil verfasst, dass "argumentativ" ein "Sinn" verfolgt wird, der ein Wissen vermittelt, wie ein Sacherverhalt beschaffen ist.
Ich habe viele Jahre Philosophie studiert und darin ebenfalls vergeblich "DIE WAHRHEIT" in Büchern zu finden. Kants Kritik der reinen Vernunft, Hegels Phänomenologie des Geistes, HEideggers Sein und Zeit - überall hoffte ich, DIE WAHRHEIT zu finden - und letztlich war ich stets vollkommen enttäuscht, weil das bloße "Verstehen" NICHTS mit mir selbst machte, keine ERFAHRUNG durch PRAXIS ermöglichte.
Ja, das ging mir wohl früher auch ungefähr so. Es ist eigentlich interessant, wenn ich beobachte, wie sich mein eigener Zugang zur (v.a. abendländischen) Philosophie über die Zeit entwickelt hat. (Ich muss allerdings kurz anmerken, dass ich keinen systematischen Überblick habe, sondern in dieser Hinsicht "Rosinenpicker" bin, also einfach das anschaue, was mich grade interessiert.) Früher war das noch sehr intellektuell. Später, vor allem durch die Meditationspraxis, realisierte ich, dass das "dialogische" Vorgehen der abendländischen Philosophie, in welchem via These/Antithese/Synthese vorgegangen wird, in gewissem Masse immer beschränkt ist. Heute wiederum bemerke ich, dass gewisse philosophische Konzepte oder die Beschäftigung mit gewissen Philosophen bei mir durchaus nachhaltige Wirkungen haben. An Gotthard Günther beisse ich mir heute noch die Zähne aus. (Günther ist seltsam unbekannt. Sowohl Sloterdijk als auch Zizek schätzen ihn allerdings sehr.) Die Entdeckung von Foucault war ein wichtiger innerer Befreiungsschlag für mich. Und so weiter.
Dazu gehörte auch die Einsicht, dass vor allem in Asien immer (Einsichts-) Praxis und Philosophie durchmischt waren. Die beiden lassen sich nicht trennen. Anders bei uns im Westen, wo sich irgendwann Wissenschaft, Spiritualität und Philosophie aufspalteten, und heute eigentlich weitgehend unverbunden da stehen.
 
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