3. Gibt es Beweise für Avalon?
Geht man nun davon aus, dass es Avalon tatsächlich gab oder gibt, dann ist es geradezu unmöglich Beweise zu finden. Stammt die Vorstellung dieser Sageninsel tatsächlich aus dem keltischen Denken, dann wird die verlässliche Spurensuche schon dadurch erschwert, dass die keltische Gesellschaft bzw. ihre Oberhäupter, die Druiden, kaum etwas schriftlich festhielten. Sie lehnten die Schrift ab, wollten sie doch ihr Wissen für Nicht-Eingeweihte unzugänglich lassen. Das wenige, was schließlich doch überliefert wurde, ist in Mythen festgehalten, so, dass es für uns heute unmöglich ist, zwischen erfundener und wirklicher Geschichte zu unterscheiden.
Dennoch haben Archäologen und andere Forscher Beweise für die Existenz Avalons gesucht und diese Suche ist bis heute nicht abgeschlossen. Besonders die geographische Lage Avalons interessierte die Forscher immer.
Man kam zu der Übereinstimmung, dass Avalon, wenn es jemals existiert hat, in Glastonbury war. Glastonbury liegt in Somerset im Süd-Westen Großbritanniens und wurde im Jahre 1191 erstmals mit König Artus in Verbindung gebracht.[10] Die christlichen Mönche, die auf dem Hügel namens Glastonbury Tor eine Abtei gegründet hatten, verkündeten in diesem Jahr, sie hätten König Artus Grab entdeckt. Angeblich hatten sie einen Baumsarg mit einem weiblichen und einem männlichen Skelett ausgegraben. Außerdem fanden sie ein Bleikreuz, worauf stand: HIC IACET SEPULUTUS INCLITUS REX ARTURIS IN INSULA AVALONIA.[11] Dieses Kreuz verschwand allerdings im 18. Jahrhundert und heute ist nur noch eine Abschrift aus dem Jahre 1607 erhalten. Es gab viele Zweifel an diesem mysteriösen Fund, besonders da die Mönche von Glastonbury kurz vor der Entdeckung des Grabes unter finanziellen Schwierigkeiten litten und mit König Artus Grab auf ihrem Friedhof wurde Glastonbury Tor zu einer Pilgerstätte der Artus-Anhänger, die schon damals durchaus gewinnbringend waren.
Bei allen Zweifeln jedoch war Glastonbury Tor zu einem möglichen Avalon geworden. Besonders im 20. Jahrhundert widmeten die Archäologen diesem Ort viel Aufmerksamkeit, 1908 begannen die ersten Ausgrabungen und 1931 hatte man das angebliche Artusgrab bzw. die Grabungen der Mönche von Glastonbury entdeckt. Die besonders intensiven Forschungen der 1960er und 1970er Jahre inspirierten viele Schriftsteller sich erneut mit dem Artus-Stoff auseinander zu setzen.
Der Hügel von Glastonbury Tor ist eine herausragende Erscheinung in der sonst flachen Umgebung, die Konturen des Erdkegels heben sich deutlich von dem Rest der Umgebung ab und er ist meilenweit sichtbar. Spiralförmig winden sich Wege um den Hügel, die schließlich bis nach oben führen. Geoffrey Russell war der erste, der vermutete, dass es sich bei den Wegen um ein prähistorisches Labyrinth handeln könnte. Diese Theorie wurde schließlich von den Archäologen akzeptiert.[12]
Unter anderem gab es noch weitere Deutungen der Wege, die an dem Hügel entlang führen. So deutete man die Wege auch als Schlange:
Die Spirale um den rätselhaften Erdhügel erinnert aber auch an die Erdschlange, das Zeichen der Urmutter, deren (...) Energien sie ebenso symbolisiert wie die Kraft des Phallus, den sie beherrscht und mit dem zusammen sie die Lebenseinheit jenseits der Geschlechtertrennung zum Ausdruck bringt.[13]
Hinzu kommt die Lage von Glastonbury Tor. Zwar ist es keine Insel, aber in der vorchristlichen Zeit war das Land rund um den Hügel sumpfig und wässrig. Dabei bildete sich immer wieder Nebel, so dass der Eindruck einer Insel schnell entstehen konnte.[14]
Außerdem gibt es in Somerset viele Apfelbäume und Glastonbury Tor galt schon lange, bevor sich die ersten christlichen Mönche dort niederließen, als heilige Stätte. Man hat sogar Spuren einer vorchristlichen Anlage gefunden, die von einem druidischen Kollegium stammen könnten.
So konnte also nachgewiesen werden, dass es sich bei Glastonbury Tor um eine heilige, sehr wahrscheinlich sogar vorchristliche, heilige Stätte handelt und, dass dort mal eine Person beerdigt wurde, die allerdings vollkommen anonym geblieben ist. Archäologen haben nichts gefunden, was zweifelsfrei auf Artus verweist, So bleibt Avalon, bei allen Bemühungen, es dingfest zu machen, eine Insel der Träume.[15] Und so muss man sich schließlich doch auf die poetischen Überlieferungen Avalons berufen, dort findet man die konkretesten Hinweise, die mit großer Wahrscheinlichkeit jedoch erfunden sind.