"Der ,runde Tisch' hat aber eine eher profane Bedeutung: Hier kommen Menschen zusammen, die gleichgeordnet sind, wo es also keine deutlich gestufte Hierarchie gibt, sondern eine demokratische Gesinnung herrscht.
So profan ist auch der runde Tisch nicht. Erinnern wir uns, daß auf vielen mittelalterlichen Bildern der Abendmahlstisch rund ist. Jesus wollte seine Jünger nicht Knechte nennen, sondern nannte sie Freunde. So folgerte man, daß auch der Tisch, an dem das Mahl des Neuen Bundes gefeiert wurde, rund gewesen sein müsse. Er ist das Zeichen der Brudergemeinschaft, des Freundeskreises. - Übrigens war im Mittelalter der Inbegriff des Freundschaftsbundes die Tafelrunde des Königs Artus. Der König versammelte sich mit seinen Getreuen, der Ritterrunde, an einem runden Tisch. Dieser Tisch war ganz sicher mehr als nur ein Versammlungsort für die Mahlgemeinschaft, er war ein Symbol des Erdkreises, ja vielleicht des ganzen Kosmos. Und wenn die zwölf Apostel, die sich mit Jesus zusammenfinden, die Repräsentanten der Menschheit sind, die zum Heil gerufen wurden, dann haben sich die Ritter des Königs Artus diese Stellvertreterfunktion, sie stehen für die neue Friedensordnung, die in der Welt anheben soll."
(Otto Betz: In geheimnisvoller Ordnung. Urformen und Symbole des Lebens.)