ZITATE VON MARCUS AURELIUS ANTONIUS
Des Kaisers Marcus Aurelius Antonius Selbstbetrachtungen
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Siebentes Buch.
2.
Wie wäre es möglich, Vorurteile zu ertöten, wenn die Gedanken, die dieselben hervorbringen, nicht ausgerottet werden, deren beständige Wiederbelebung von dir abhängt? Ich kann über eine Sache so urteilen, wie ich soll; kann ich's aber, wozu dann meine Unruhe? Was außerhalb meiner Denkkraft liegt, darf meine denkende Seele nicht berühren. Fühle das, und du stehst fest da. Von dir selbst hängt es ab, ein neues Leben zu beginnen. Betrachte nur die Dinge von einer andern Seite, als du sie bisher ansahst. Denn das heißt eben: ein neues Leben beginnen.
16.
Die gebietende Vernunft bereitet sich selbst keine Unruhe, sie stürzt sich zum Beispiel nicht selbst in Furcht oder Schmerz; will aber ein anderer ihr Furcht oder Traurigkeit einstoßen, so mag er's tun; sie selbst wird sich durch ihr Urteil in keine solche Gemütsbewegungen versetzen. Daß aber der Körper nichts leide, dafür mag er sorgen, wenn er kann, und es sagen, wenn er leidet. Die Seele aber, der eigentliche Sitz der Furcht, der Traurigkeit und der dahin einschlagenden Vorstellungen, wird wohl nicht, wenn sie sich nicht selbst zu derlei Urteilen verführt, leiden. Denn die herrschende Vernunft ist an und für sich bedürfnislos, wenn sie sich selbst keine Bedürfnisse schafft; eben deshalb kennt sie auch weder Unruhe noch Hindernis, wenn sie es sich nicht selbst verursacht.
25.
Alles, was du siehst, wird die allwaltende Natur bald verwandeln und aus diesem Stoff andere Dinge schaffen und aus deren Stoff wiederum andere, damit die Welt immer verjüngt werde.
28.
Ziehe dich in dich selbst zurück. Die in uns herrschende Vernunft ist ja von der Natur, daß sie im Rechttun Heiterkeit und Selbstzufriedenheit findet.
31.
Bei Gott, sagt der Dichter, ist alles gesetzlich!
Wären bloß die Grundstoffe, so muß man doch bedenken, daß alles bis zum geringsten nach Gesetzen geordnet ist.
33.
Vom Schmerze. Ist er unerträglich, so führt er den Tod herbei, dauert er fort, so läßt er sich ertragen. Durch Sammlung in sich selbst bewahrt dabei die denkende Seele ihre Heiterkeit, und die in uns herrschende Vernunft erleidet keinen Schaden.
47.
Betrachte den Umlauf der Gestirne, als wenn dein Leben mit ihnen umliefe, und erwäge beständig die wechselnden Übergänge der Grundstoffe ineinander. Denn solche Betrachtungen reinigen dich vom Schmutz des Erdenlebens.
55.
Sieh dich nicht nach den leitenden Grundsätzen anderer um, sondern schaue vielmehr unverwandten Blickes auf das Ziel, zu dem die Natur dich hinführt, sowohl die Allnatur durch das, was dir widerfährt, als deine eigene durch deine Obliegenheiten.
Denn der vernünftigen und verständigen Tätigkeitskraft ist es eigen, sich selbst zu beschränken und weder den Anforderungen der Sinne noch der Triebe je zu unterliegen.
Die Vernunftkraft aber will den Vorrang haben und sich nicht von jenen meistern lassen, und das mit Recht; denn dazu ist sie von Natur da, sich jener überall zu ihren Zwecken zu bedienen.
Der dritte Vorzug in der Natur eines vernünftigen Wesens besteht darin, nicht blindlings beizupflichten noch sich täuschen zu lassen. Mit diesen Wahrheiten ausgestattet, wandle die gebietende Vernunft ihren geraden Weg und sie hat, was ihr gebührt.