Mit der Argumentation bzgl "Rechtsextremismus bzw Antisemitismus nicht als ursprünglicher Hauptantrieb" würden sich halt im Endeffekt auch die Verbrechen bzw. Motive eines Hitler relativieren lassen. Der hat auch eine problematische Kindheit gehabt, war auch die längste Zeit sozial erfolglos und hat auch gesundheitliche Probleme gehabt, war auch wahnhaft, hätte auch ebenso irgendeiner anderen Ideologie verfallen (und diese als Ventil verwenden) können... und ist auch nach den Erkennen seines Scheiterns zunehmend indifferenter geworden, hat sogar auch die Aggression auf seine Art gegen das "eigene Volk" gerichtet - bereit, dieses zu unterschiedslos zu opfern, als er nicht mehr gewinnen konnte. Nur war er davor halt leider ungleich "erfolgreicher" als der Baillet.
Ich persönlich verstehe nicht, wie man das überhaupt als Relativierung sehen kann. Und Du sagst doch selbst, auch Hitler war wahnhaft. Aber das relativiert doch nichts.
Und auch bei diesem Täter relativiert es, zumindest für mich, nichts wenn er psychisch krank sein sollte. Es ist auch kein entweder oder. Ich glaube vielmehr, dass die allermeisten die einer Ideologie verfallen psychisch krank sind. Vielleicht würden lange nicht alle von Gerichten so beurteilt, aber eine Ideologie steht doch nie am Anfang.
Ursache-Wirkungs-Ketten funktionieren doch so:
Ursache ----> Wirkung - die wird zu Ursache ---> Wirkung - die wird zu Ursache ---> Wirkung .......
Und natürlich nicht so linear, sondern auch parallel und eine Ursache/Wirkung kann wieder mehrere Wirkungen haben etc.
Das eine Ideologie ursächlich für Vieles sein kann steht außer Frage, aber was steht vor einer Ideologie? Doch eher nicht geistige Gesundheit.
Und dieser Täter hat viel dafür getan um Aufmerksamkeit auf sich selbst zu lenken, hat viel dafür getan ein bestimmtes Selbstbild zu schaffen, hat nach dem Scheitern wiederum sein eigentliches Selbstbild selbst mehrfach kommuniziert. Man kann doch da nicht sagen, es wäre ihm ausschließlich um die Sache gegangen wie es z.B. bei weitgehend anonymen Selbstmord-Attentätern der Fall ist.
Dann kommt hinzu: Er ist an der Tür gescheitert und hat relativ schnell aufgegeben und hat stattdessen Menschen erschossen die nicht Ziel seiner Ideologie sind. Nach allem was passiert ist mag es vielleicht folgerichtig oder auf manche vielleicht sogar zwingend wirken das er Amok läuft, aber in Wahrheit hätte er ja viele andere Möglichkeiten gehabt:
1) Er hätte versuchen können zu fliehen
2) Er hätte versuchen können zu einer anderen Synagoge zu fahren
3) Er hätte aufgeben und sich festnehmen lassen können
4) Er hätte sich eine Schießerei mit der Polizei liefern können
5) Er hätte sich umbringen können
Man muss dabei bedenken: Er fühlte sich laufend beobachtet, weil er diese Situation durch die Helmkamera selbst erzeugt hat. Das Scheitern an der Tür hat vermutlich Panik ausgelöst, aber nicht wegen einer fehlgeschlagenen "ideologischen Mission", sondern weil er drohte sein Gesicht zu verlieren -
"One time Loser, always Loser", sagt er einmal in seinem Livestream
Er wollte ganz offensichtlich töten, und das hat er dann getan. Und er hat wahllos getötet, bzw. nicht ganz.. Denn die Sache mit dem Dönerladen war nicht wahllos. M.A.n. sah er das als eine Art "Chance" um, wenn er schon nicht jene in der Synagoge töten konnte, zumindest "Nicht-Deutsche" zu töten. Sein Hauptmotiv während der Tat war aber eben
nicht (wieder) als Loser dazustehen.
Und wenn das während der Tat sein Hauptmotiv war, warum sollte die "ideologische Mission" vorher überwogen haben, wenn er doch so viele Vorkehrungen traf um die Aufmerksamkeit auf sich selbst zu lenken?
Aber noch mal, m.A.n. relativiert das nichts. Ich bin der festen Überzeugung das Ideologien schon in der Tendenz nicht für geistige Gesundheit sprechen und Töten aus ideologischem Antrieb immer wahnsinnig sind. Es senkt auch keine Gefahr... denn es gibt keinen Mangel an Psychisch Kranken die Ideologien folgen.