Advaita

Hallo owk

Ich hatte mir zu jener Zeit vorgenommen, mich einmal etwas ausführlicher mit Advaita zu beschäftigen. Das Interessanteste, was mir dabei über den Weg lief, brachte ich dann im Advaita-Threat unter. Das meiste davon stand der Advaita-Lehre sicherlich kritisch gegenüber, aber es war nicht speziell an Ananda gerichtet. Ich denke, Ananda hat eigentlich eine recht vernünftige Einstellung zum Advaita. Aber es ist sicherlich so, dass ich mich mit der Advaita-Theorie, so wie einige Leute sie hier verstehen, nicht anfreunden kann.

Erst vor kurzem lief mir ein sehr interessanter Artikel über den Schamanismus über den Weg. Er zeigte, wie der ursprüngliche Schamanismus einmal ausgesehen hat und was heute davon übriggeblieben ist. Das, was davon übriggeblieben ist, ist vielfach die Lightversion für esotherikorientierte Grossstädter mit Neigung für Geister- und Dämonen-Riten und Sinn für gute Geschäfte.

In meinen Augen ist die Advaita-Lehre mittlerweile fast genau so degeneriert. Ich zolle jedem höchsten Respekt, der sich an den Grundsätzen Shankaracharyas orientiert. Aber was mir hier im Forum oft genug als Advaita-Lehre verkauft wird, darüber kann ich nur milde lächeln.

Alles Liebe. Gerrit
 
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Lotusz schrieb:
Aber es ist sicherlich so, dass ich mich mit der Advaita-Theorie, so wie einige Leute sie hier verstehen, nicht anfreunden kann.

Ja, mussst du ja nicht, und in vielem hast du ja nicht ganz unrecht... Was "modernes Advaita" anbelangt, gibt es einfach sehr viele Formen und Ausprägungen; wenn jemand zum Selbst erwacht, entsteht im Ausdruck ohnehin immer meist neues, und lässt sich kaum unter dem Mantel irgendeiner Tradition so einfach einordnen. Advaita hat halt das "Selbst" immer sehr betont, und auch die "Nicht-Zweiheit" (Wortstamm), die Einheit-von-Brahman, und so finden heute halt viele ihre Heimat in Advaita, weil es sehr direkt ist (meist aber erst nach dem "erwachen"...).

In meinen Augen ist die Advaita-Lehre mittlerweile fast genau so degeneriert. Ich zolle jedem höchsten Respekt, der sich an den Grundsätzen Shankaracharyas orientiert.

Ja, da gehts mir halt umgekehrt. Von "Lehren" und "Traditionen" halt ich halt gar nix. Ist interessant, das zu studieren und zu schauen, wie "es" von anderen gesehen und erklärt wurde, aber sonst halt: Vergangenheit und nicht "Hier & Jetzt".

Also in diesem Sinne fühle ich mich geehrt, falls du mir absolut respektlos gegenübertrittst ... (weil das Orientieren an Grundsätzen anderer wäre für mich nur trockene Religion - absolut keine Selbsterkenntnis dann...).

Aber was mir hier im Forum oft genug als Advaita-Lehre verkauft wird, darüber kann ich nur milde lächeln.

Nur gut, daß niemand dafür Geld verlangt ;-)

lieben Gruß
owkie
 
Hallo owk

Ich möchte mich einmal konkret auf den Alltag beziehen. Ich kann mir natürlich sagen, ich bin Eins mit Gott, mit dem Universum, mit allem. Wenn ich aber bemerke, dass ich verspannt bin, dass ich Angst, Magenschmerzen oder Kopfschmerzen habe, dass ich oberflächlich atme und mich deshalb nicht wohl fühle, hilft mir das in irgendeiner Weise?

Mir hat es bisher jedenfalls nicht geholfen. Was mir aber geholfen hat, das waren Entspannungsübungen (Meditation, Autogenes Training), Yogaübungen und Atemübungen.

Und darum meine ich, man sollte nicht nur irgendwo in den Wolken schweben und sich allein mit irgendwelchen Theorien beschäftigen, sondern auch den konkreten Alltag mit all seinen Sorgen und Problemen mit einbeziehen.

Bis man die Identifikation mit dem Ich, dem Ego, dem Körper, den Wünschen, den Verhaftungen an die Sinne fallen lassen kann, ist es ein weiter Weg. Und so lange man diese Ziel nicht erreicht hat, sind Theorie und Praxis die beiden Wege, die man beschreiten sollte. Ist man am Ziel, dann kann man beide fallen lassen.

Alles Liebe. Gerrit
 
Lotusz schrieb:
Hallo owk

Ich möchte mich einmal konkret auf den Alltag beziehen. Ich kann mir natürlich sagen, ich bin Eins mit Gott, mit dem Universum, mit allem. Wenn ich aber bemerke, dass ich verspannt bin, dass ich Angst, Magenschmerzen oder Kopfschmerzen habe, dass ich oberflächlich atme und mich deshalb nicht wohl fühle, hilft mir das in irgendeiner Weise?

Mir hat es bisher jedenfalls nicht geholfen. Was mir aber geholfen hat, das waren Entspannungsübungen (Meditation, Autogenes Training), Yogaübungen und Atemübungen.

Ja, dagegen is ja überhaupt nix zu sagen. Wenn man mal verspannt ist, gibt es viele Möglichkeiten, diesen Zustand zu ändern, einige davon hast du ja hier angemerkt. Vielleicht gibts auch welche, in denen in diesem Fall das Mantra "ich bin Eins mit Gott" hilft, aber davon hab ich bisher nix gehört.

Dieses "Ich bin Eins mit Gott" soll ja auch net bei irgendwas 'helfen', sondern ist halt nur eine (fast 'persönliche') Erkenntnis, eine Erfahrung.

Und darum meine ich, man sollte nicht nur irgendwo in den Wolken schweben und sich allein mit irgendwelchen Theorien beschäftigen, sondern auch den konkreten Alltag mit all seinen Sorgen und Problemen mit einbeziehen.

Um was zu erreichen ??

Wie gesagt, um z.b. Entspannung zu erreichen, gibt es viele Methoden. Um "Eins-Sein-mit-Gott" zu erreichen, keine Einzige. Denn dieses "Eins-Sein" ist von vornherein gegeben; egal ob mit oder ohne Verspannung.

Bis man die Identifikation mit dem Ich, dem Ego, dem Körper, den Wünschen, den Verhaftungen an die Sinne fallen lassen kann, ist es ein weiter Weg.

Was hindert dich daran, all diese Identifikation jetzt fallen zu lassen ?? Und all diese Phänomene danach einfach nur mehr "da sein zu lassen so sie wollen" (weil sie dann ja nichts mehr mit DIR zu tun haben...) ??

(De-Identifikation bedeutet doch nur, daß du mit all diesen Phänomenen nicht mehr identifiziert bist; aber es bedeutet nicht, daß diese Phänomene selbst verschwinden.)

Und so lange man diese Ziel nicht erreicht hat, sind Theorie und Praxis die beiden Wege, die man beschreiten sollte.

Ja, aber das gilt natürlich nur, solange man sich das überhaupt als Ziel setzt. Ansonsten ist da nur 'gehen'. Und du bist frei genug, auch die Verhaftung an dieses Ziel jederzeit aufzugeben, so du willst.

Lieben Gruß
Edgar (owk)
 
Hallo owk

Mir gehen gerade zwei Gedanken durch den Kopf:

1. Wir sollten uns ganz schnell verabschieden von Vorstellungen wie Erleuchtung. Letztendlich ist alles nur ein Weg der Heilung, ein Weg, um gesund zu werden.

2. Die gesamte Advaita-Theorie, beruht auf der Vorstellung, dass wir bereits Eins sind mit Gott. Mit anderen Worten, die ganze Advaita-Lehre beruht auf einer Gottesvorstellung, die nicht weit entfernt davon ist, wie Klein-Lieschen sich den lieben Gott vorstellt. Die Annahme, wir könnten Eins sein oder werden mit Gott ist unzulässig, weil niemand weiss, wer oder was Gott wirklich ist. Mit anderen Worten, die ganze Advaita-Theorie ist aufgebaut auf Überlegungen, die keiner Überprüfung standhalten.

Alles Liebe. Gerrit
 
Hallo Gerrit,

Lotusz schrieb:
1. Wir sollten uns ganz schnell verabschieden von Vorstellungen wie Erleuchtung. Letztendlich ist alles nur ein Weg der Heilung, ein Weg, um gesund zu werden.

ja, jede Vorstellung (vor allem über Erleuchtung) ist entbehrenswert. Und ja, ich sehe auch einen "Weg der Heilung" (des immer mehr "heil-werdens") auf individueller Ebene, wobei das Überraschende für mich ist, daß dieser Weg erst überhaupt nach meiner "Einheitserfahrung" begonnen hat.

2. Die gesamte Advaita-Theorie, beruht auf der Vorstellung, wir müssten Eins werden mit Gott.

*ups* - wenn dies so wäre, wäre die Advaita-Theorie aus meiner Sicht falsch. Aus meiner Sicht sind alle schon (eins mit) Gott, und können nicht werden, was sie schon sind. Aber es gibt wahrscheinlich verschiedenste Auslegungen zur Lehre (und reine Advaita-Theorie ist wahrscheinlich ähnlich entbehrlich wie jede andere Religion).

Mit anderen Worten, die ganze Advaita-Lehre beruht auf einer Gottesvorstellung, die nicht weit entfernt davon ist, wie Klein-Lieschen sich den lieben Gott vorstellt.

Ja, wenn es so wäre, oder wer dies so glaubt, über den kann man dies so sagen. Aber gerade Advaita heisst ja, "es gibt keine Zwei" (im Sinne von "Trennung", also kein "Ich hier und Gott dort", kein "Gott einerseits und die Welt andererseits", kein "Diesseits und Jenseits", sondern all dies ist EINS, oder eben besser: "Nicht-Zwei" (= "A-Dvaita")), deshalb: Brahman ist die Welt, die Welt ist Brahman, und: Atman ist Brahman. (ich bin im übrigen kein "Advaita-Gelehrter", sondern spreche nur aus eigener Erfahrung, egal wie diese Erfahrung von anderen genannt wird...)

Die Annahme, wir könnten Eins werden mit Gott ist unzulässig, weil niemand weiss, wer oder was Gott wirklich ist.

Die ist unzulässig, ja, vor allem deshalb, weil wir schon Eins sind mit Gott. Du, Ich, und der ganze wilde Haufen ;-) (und ich für meine Wenigkeit, ja, behaupte zu wissen, wer oder was Gott 'wirklich ist': Gott eben, alles-was-ist)

Mit anderen Worten, die ganze Advaita-Theorie ist aufgebaut auf Überlegungen, die keiner Überprüfung standhält.

Absolut. Jener Teil der Advaita-Lehre, der sich "Theorie" nennt, und du hast absolut recht, so etwas gibt es (leider) auch, ist wie bei jeder anderen Religion, nackte Theorie, intellektuelle Überlegungen, und subjektiv relativ wertlos. Und wie bei jeder Religion, hält all das, wie auch jede wahre und subjektive spirituelle Erfahrung, einer objektiven Überprüfung nicht stand.

Wie sagte Buddha mal: Wahr ist, was funktioniert ;-)

Lieben Gruß
owk
 
Die Advaita gibt keine Anleitung zur Erleuchtung und auch keine Welterklärungen. Sie sagt nicht, was zu tun oder zu lassen sei. Wenn Du den Drang verspürst, etwas tun zu müssen, so wirst Du es tun. Die Advaita wird es Dir weder verbieten noch anraten. Es gab viele, die nach langer Suche und über viele Umwege und nach zahlreichen Praktiken und Übungen auf die verblüffend einfache Lehre der Advaita stießen und durch sie bzw. einem Advaita-Lehrer endlich mehr oder weniger befreit wurden. Aber es ist nicht so, daß ihre zuvor gemachten Bemühungen nicht notwendig gewesen wären. Alles zu seiner Zeit. Irgendwann kann aber auch Yoga Verstrickung bedeuten und ein Hindernis auf dem Weg zu höheren Stufen werden. Denn es ist alles nur ein Konzept, ein Produkt des Verstandes. Wenn Du den Schlüssel zur Nicht-Dualität gefunden hast, gibt es nichts mehr zu tun - oder vielleicht wirst Du gerade dann eine völlig neue Aufgabe finden... Bis dahin jedenfalls wirst Du suchen müssen. Vielleicht führt Dich die Suche zu bestimmten Praktiken oder auch in großes Leid - je nachdem, was Deiner Natur am ehesten zur Erkenntnis hilft. Die Advaita behauptet sicher nicht, daß bestimmte Menschen, besonders Anfänger sich nicht bemühen sollten. Ohne anfängliche Bemühungen geht es sicher nicht. Das leuchtet eigentlich ein. Es ist nur so, daß Übungen und Konzepte häufig zum Hindernis werden auf dem Weg zum letzten und höchsten Verstehen.

Herzliche Grüße
 
Hallo owk

Du warst leider etwas zu schnell. Nach dem ersten Lesen, hatte ich bemerkt, dass ich nicht schreiben sollte ...dass wir Eins werden sollten mit Gott, sondern ...dass wir bereits Eins sind mit Gott.

Wenn die Advaita-Lehre also im Grunde genommen eine nackte Theorie ist, die subjektiv relativ wertlos ist, was bleibt denn dann?

In meinen Augen bleibt die Frage, wie gelingt es mir, wieder gesund zu werden? Ich persönlich habe mich entschlossen, zu meditieren oder Autogenes Training (mal das eine, mal das andere, oder gemischt) zu machen, enthaltsam zu leben, Yogaübungen, Mantrameditation, Atemübungen zu machen und mich mit der Yogatheorie zu beschäftigen.

Alles Liebe. Gerrit
 
Hallo Gerrit,

;-)

Du warst leider etwas zu schnell. Nach dem ersten Lesen, hatte ich bemerkt, dass ich nicht schreiben sollte ...dass wir Eins werden sollten mit Gott, sondern ...dass wir bereits Eins sind mit Gott.

ja, wer zu spät kommt, den bestraft das Leben *gg*

wenn ich mich nun auf deinen neuen Satz:

Die gesamte Advaita-Theorie, beruht auf der Vorstellung, dass wir bereits Eins sind mit Gott.

beziehe, dann gilt natürlich auch hier, solange es nur eine Vorstellung und eine Theorie ist, ist das soviel wert wie Pommes essen ... ;-)

Und auch danach ist es aus der Sicht der Einheit ebenfalls völlig egal, ob sich einzelne scheinbare Teile dieser Einheit von dieser als getrennt betrachten, oder nicht (...). Für den einzelnen (scheinbaren) Teil, subjektiv, mag dies aber natürlich einen Unterschied ausmachen.

zur Ergänzung:

Mit anderen Worten, die ganze Advaita-Lehre beruht auf einer Gottesvorstellung, die nicht weit entfernt davon ist, wie Klein-Lieschen sich den lieben Gott vorstellt

Hab dann allerdings noch nie gehört, daß Klein-Lieschen sich Gott so vorstellt, als wäre sie selbst schon Gott. Gerade das ist ja der Unterschied, Klein-Lieschen denkt: "Hier ich, dort Gott".

Wenn die Advaita-Lehre also im Grunde genommen eine nackte Theorie ist, die subjektiv relativ wertlos ist, was bleibt denn dann?

Nichts.

Nichts, nichts, und wieder Nichts. Das ist das, was bleibt. Und dieses Nichts ist vom Alles nicht verschieden. Ob etwas nackte intellektuelle Theorie ist, oder eigene Erfahrung, ist natürlich schon ein Unterschied. Das ist aber auch so im Zen, auch so bei den Buddhisten, bei den Sufis, bei den Christen, im Tao, bei den Hindus, eigentlich überall genau das Gleiche. Die einen reden davon (bzw. versuchen die Erfahrungen anderer zu verstehen oder zu interpretieren), während es die anderen direkt erfahren haben (und versuchen, diese eigene Erfahrung zu kommunizieren). Den Unterschied erkennst du daran, ob jemand hauptsächlich andere zitiert und dies einfach übernimmt, oder eigene Worte gebrauchen kann. Die grundlegende Erfahrung all dieser "Religionen", der Kern sozusagen, ist in allen der Selbe.

In meinen Augen bleibt die Frage, wie gelingt es mir, wieder gesund zu werden? Ich persönlich habe mich entschlossen, zu meditieren oder Autogenes Training (mal das eine, mal das andere, oder gemischt) zu machen, enthaltsam zu leben, Yogaübungen, Mantrameditation, Atemübungen zu machen und mich mit der Yogatheorie zu beschäftigen.

Ja, dagegen ist auch überhaupt nix einzuwenden. Wenn es dir hilft, hat es Recht.

lg
Edgar (owk)
 
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Hallo!

Sorry, dass ich diesen alten Thread ausgrabe, aber ich habe ihn gerade mit grossem Interesse gelesen und hätte noch 3 Fragen zum Thema:

Wie steht die Advaita eigentlich zur Reinkarnation - was wird wiedergeboren, die "gesamte Persönlichkeit" (Seelenwanderung), oder vertritt sie wie im Buddhismus nur die Kontinuität der Geistesprozesse?

Wenn alles Brahman ist, gibt es dann überhaupt individuelle Persönlichkeiten, oder ist es das Ziel zu erkennen, dass es diese eben nicht gibt? (wie im Buddhismus). Also: Ist Brahman die Summe der einzelnen Individuen oder sind die Individuen Teil vom homogenen Brahman und somit eigentlich alle gleich?

Wie steht die Advaita eigentlich zu einzelnen Gottheiten (Shiva usw.)? Wird Brahman hier auch "unterteilt" in Götter, oder glaubt man nur an Brahman?

Man verzeihe mir diese komischen Fragen, aber mittlerweile hab ich als Laie den Durchblick verloren ;)

Danke
 
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