Advaita

Hallo Sam

Ich möchte nur kurz antworten. Ich bin ein bisschen aus der Puste und möchte noch in Ruhe die "Sechs edlen Tugenden durchlesen".

Zu meinem damaligen Höhenflug. Ja, ich habe absolut enthaltsam gelebt. Und innerhalb von neun Monaten ist es mir gelungen, die Kundalini bis zum sechsten Chakra zu leiten. Dieser Zustand hielt etwa 18 Monate an und endete, als ich mich wieder auf die Sexualität einliess. Der grösste Fehler meines Lebens.

Irgendwann kam der Punkt, da verlor ich jedes Interesse an der Sexualität und etwas später kam der Punkt, da verlor ich jede Angst. Als die Kundalini im sechsten Chakra war, entwickelten sich grosse intellektuelle Fähigkeiten, wodurch ich die kompliziertesten Aufgaben spielerisch lösen konnte.

Ausserdem machte ich Autogenes Training und verstand es nach einigen Monaten, mich in einen tiefen meditativen Zustand zu versetzen. Es versetzte mich in einen total euphorischen Zustand, der immer vorhanden war. Ich war förmlich mit Energie aufgeladen.

Ich bin davon überzeugt, dass die Veränderungen, die ich erfahren habe, etwas mit meiner Enthaltsamkeit und dem Autogenen Training zu tun hatten.

Und vielleicht, vielleicht, *werweiß* ist es ja tatsächlich so, dass sowieso alles dem Göttlichen zustrebt - und vielleicht tatsächlich nichts zu tun ist...

Das mag vielleicht für einige wenige zutreffen. Und die werden wohl auch über die Voraussetzungen verfügen, die Swami Sivananda ansprach. Alle anderen werden wohl den Weg gehen müssen, den Swami Sivananda beschrieben hat. Das jedenfalls halte ich für das wahrscheinlichste. Auf alle Fälle darf man wohl sagen, dass ohne das Ablegen der Verhaftung an die Sinneslust nichts läuft.

Alles Liebe. Gerrit
 
Werbung:
Ich bin eben auf eine Seite gestossen, auf der der Lebenslauf von Sri Adi-Shankaracharya Jayanthi, auch genannt Shankara, zu lesen ist. Ich habe ihn selber noch nicht gelesen, da ich immer noch die "Sechs edlen Tugenden" lese.

Da in dem Text aber immer wieder Sanskritbegriffe vorkommen, die ich nicht kenne, muss ich immer wieder ins Internet. Wenn ich den Text "übersetzt" habe, werde ich ihn hier veröffentlichen. Ohne Übersetzung ist er nämlich kaum zu verstehen.

Alles Liebe. Gerrit
 
Ich möchte an dieser Stelle noch einmal die sechs edlen Tugenden ansprechen, die jeder, der nach der Wahrheit sucht, laut Swami Sivananda besitzen sollte. Es wäre aber zu umfangreich, alle sechs Tugenden einzeln anzusprechen. Darum möchte ich mich auf eine allgemeine Beschreibung dieser sechs Tugenden beschränken. Wer sich detailliert über die sechs Tugenden informieren möchte, sollte die Seite von Swami Sivananda lesen. Aber vorsichtig, die Seite ist haarig, da sie mit Sanskritbegriffen gespickt ist, die den Text für den Sanskritunkundigen schwer verständlich macht. Ihr könnt den Text allerdings auch in einer "übersetzten" Form von mir bekommen. Das dürfte einiges vereinfachen.

Hier nun also der Text:

Die sechs edlen Tugenden

Ein Schüler auf dem Weg zur Wahrheit muß sich mit den vier Mitteln zu Befreiung ausstatten, nämlich 1. Unterscheidung zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen (Viveka), 2. Leidenschaftslosigkeit (Vairagya), 3. den sechs edlen Tugenden (Shat Sampat) und 4. dem intensiven Wunsch nach Befreiung (Mumukshutwa). Nur dann kann er ganz furchtlos den Weg beschreiten. Kein Jota spirituellen Fortschritts ist je möglich, wenn man nicht tatsächlich diese vierfache Qualifikation hat. Diese vier Mittel sind so alt wie die Veden oder die Welt selbst. Jede Religion schreibt diese vier grundlegenden Voraussetzungen für den Aspiranten vor. Nur die Namen sind unterschiedlich. Nur unwissende Menschen führen Krieg mit Worten und stellen unnötige Fragen. Brahma Vidya (das Wissen um Brahman), die Wissenschaft vom Selbst, ist kein Thema, das durch bloßes intellektuelles Lernen, Überlegen oder Schlußfolgern verstanden und verwirklicht werden kann, auch nicht durch Diskussion und Streit. Es ist die allerschwierigste Wissenschaft. Nur wissenschaftliche Bildung und ausgedehnte Studien mit hohen Anforderungen an die Intelligenz allein können dem Menschen nicht bei der praktischen Verwirklichung der Wahrheit, die in dieser Wissenschaft enthalten ist, helfen. Sie verlangt vollkommene Disziplin, eine Disziplin, die man an unseren modernen Universitäten und Hochschulen nicht findet, ein striktes Sadhana (spirituelle Übungen) zur Erlangung des Ziels, das unter dem Begriff Höchste Wissenschaft, zu verstehen ist.

Viveka ist die Unterscheidung zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen, dem Dauerhaften und dem Vergänglichen und dem Selbst und dem Nichtselbst. Viveka darf keine kurzlebige oder zufällige Laune des Aspiranten sein. Ein Mensch mit Unterscheidungskraft ist immer achtsam und läßt sich nie in etwas verstricken. Ein Mensch mit Unterscheidungskraft erfährt innere Stärke und geistigen Frieden. Aus Unterscheidungskraft entsteht Leidenschaftslosigkeit.

Vairagya ist Leidenschaftslosigkeit, nicht aber die Aufgabe sozialer Pflichten und Verantwortlichkeiten im Leben. Ein leidenschaftsloser Mensch hat keine Zu- oder Abneigung. Ein weltlicher Mensch ist Sklave dieser beiden mächtigen Ströme. Ein leidenschaftsloser Mensch hat eine andere Ausbildung. Er macht überhaupt eine andere Erfahrung. Er ist ein Meister in der Kunst oder Wissenschaft des Sichlösens von Nichtdauerhaftem und Vergänglichem. Ein leidenschaftsloser Mensch ist der stärkste, glücklichste und reichste Mensch auf der Welt.

Die dritte Voraussetzung ist die sechsfache Tugend. Sie besteht aus 1. Gelassenheit, 2. rationale Kontrolle der Sinne, 3. das vehemente Abwenden des Geistes vom Wunsch nach Sinnesvergnügen 4. Duldungskraft, also das Freisein von Furcht oder Wehklagen gegenüber allen Übeln des Lebens 5. festes Vertrauen in die Worte des Gurus 6. geistiges Gleichgewicht durch Aufmerksamkeit. Die sechs Teile werden als eines gesehen, denn sie sind alle dazu bestimmt, Geisteskontrolle und Disziplin zu bringen. Konzentration und Meditation können ohne Geisteskontrolle und geistige Disziplin niemals möglich sein.

Samadhana (geistiges Gleichgewicht)

Samadhana ist geistiges Gleichgewicht durch Aufmerksamkeit. Es ist die Frucht der Praxis von Gelassenheit und Ruhe des Geistes (Sama), die Kontrolle der Sinne (Dama), dem vehementen Abwenden des Geistes vom Wunsch nach Sinnesvergnügen (Uparati), der Duldungskraft, alle Unbilden mit Gleichmut zu begegnen (Titiksha) und dem festen Vertrauen in die Worte des Gurus (Shraddha). Jetzt herrscht vollkommene Konzentration. Es ist das Festhalten des Geistes auf Atman, ohne ihm zu erlauben, sich Objekten zuzuwenden und seinen eigenen Weg zu gehen. Es ist Festigkeit in sich selbst. Shri Shankaracharya definierte es in seinem Atam Anatma Viveka (Kommentar): “Immer wenn ein Geist, der beschäftigt ist mit dem Hören spirituellen Wissens, Nachdenken und Schlussfolgern und mit tiefer und intensiver Meditation über eine einzige Wahrheit, zu einem weltlichen Objekt oder Wunsch wandert, diese wertlos findet und wieder zu den drei Übungen zurückkehrt - wird dieses Zurückkehren geistiges Gleichgewicht genannt.” Der Geist ist frei von Furcht und Schmerzen. Es herrscht Gleichgültigkeit inmitten von Freude. Es herrscht Festigkeit des Geistes, geistige Ausgewogenheit. Der Aspirant oder Praktizierende ist in jeder Hinsicht ohne Verhaftung. Er kennt weder Zu- noch Abneigungen. Er hat sehr viel Geisteskraft und inneren Frieden. Er hat unerschütterlichen, höchsten geistigen Frieden.

Manche Aspiranten haben geistigen Frieden, wenn sie in Abgeschiedenheit leben, und wenn es keine ablenkenden Faktoren oder Elemente gibt. Sie klagen über starkes Schwanken des Geistes, wenn sie in eine Stadt kommen und Kontakt mit Menschen haben. Sie sind völlig durcheinander. Sie können an einem belebten Ort nicht meditieren. Das ist eine Schwäche. Das ist kein Erfolg im geistigen Gleichgewicht. Diese Menschen haben keine geistige Ausgewogenheit oder Gelassenheit. Nur wenn ein Schüler seine geistige Ausgewogenheit auf einem Schlachtfeld, wenn es rundum Kugeln hagelt, genauso bewahren kann wie in einer einsamen Höhle im Himalaja, nur dann kann man wirklich sagen, er ist im geistigen Gleichgewicht voll verwurzelt. Shri Krishna sagt in der Gita: “Tue alle Handlungen, und ruhe in der Einheit mit dem Göttlichen, verzichte auf alle Verhaftungen, und sei gelassen in Erfolg wie Mißerfolg.” Das ist geistiges Gleichgewicht. Wieder sagt die Gita (heilige Schrift): “Das disziplinierte Selbst, das sich zwischen den Sinnesobjekten bewegt, wobei die Sinne weder Zu- noch Abneigung haben und vom Selbst beherrscht werden, geht zum Frieden.” Das ist auch geistiges Gleichgewicht.

Schließlich kommen wir zur vierten Hauptvoraussetzung. Das ist der intensive Wunsch nach Befreiung oder Freisein vom Rad von Geburt und Tod mit seinen Begleitübeln wie Alter, Krankheit, Täuschung und Sorge. Wenn ein Mensch die genannten Voraussetzungen hat, nämlich die Unterscheidung zwischen dem Wirklichen und dem Unwirklichen (Viveka), Leidenschaftslosigkeit (Vairagya) und die sechsfache Tugend kommt der intensive Wunsch nach Befreiung oder Freisein vom Rad von Geburt und Tod (Mumukshutwa) von selbst. Der Aspirant muß die vier Mittel mit höchster Intensität üben. Die Reihenfolge der vier Sadhanas (spirituellen Übungen) ist absolut von Bedeutung. Der Aspirant, der die vier Mittel besitzt, ist eine gesegnete Göttlichkeit auf dieser Erde.

Sorry, für den etwas längeren Text. Ihr wisst, dass ich selber lange Texte auch nicht mag, weil sie dazu verleiten, dass man die Lust am Lesen verliert. Aber in diesem Fall wusste ich mir nicht anders zu helfen.

Noch zwei Bemerkungen: Ich habe zwei Sätze unterstrichen, weil leider immer wieder einige Advaita-Anhänger behaupten, um das alles zu verstehen, sei eigentlich kein Wissen erforderlich. Eigentlich eine Ironie, Advaita, der Yoga des Wissens, zeichnet sich ja gerade dadurch aus, das vor allem der Intellekt gefragt ist.

Und da immer wieder behauptet wird "es gibt nichts zu tun, es regelt sich eigentlich alles von Selbst" möchte ich die Behauptung aufstellen, dass sich keineswegs alles von Selbst regelt, sondern dass unendlich viel Arbeit erforderlich ist, um sich z.B. von den Verhaftungen zu lösen, um geistiges Gleichgewicht und die sechs edlen Tugenden zu erlangen.

Alles Liebe. Gerrit
 
Lotusz schrieb:
Die Grundidee Shankaras ist einfach: „Das Göttliche Leben ist wirklich, die Welt ist verkehrt“. Das ist so zu erklären: Das Göttliche Leben ist absolut real (was die spirituelle Erfahrung lehrt), daher kann seine Schöpfung nur einen verminderten Realitätsgrad besitzen (weil sie nicht neben ihm existiert, sondern seine Erscheinungsform ist).

Das ist nicht korrekt, Gerrit (auch wenn Shankara es evtl. so meinte).
Ich definiere das auf folgende Weise:

Maya ist die Illusion der Gedanken, Vorstellungen und Projektionen - Leela ist das große (Schau-)Spiel, der Ausdruck der Existenz / des Lebens, der in sich einfach IST und sich dennoch in ewiger Wandlung befindet (selbst die Bezeichnung "neutral" wäre schon wieder eine Projektion).

Daher auch mein Satz im Thread 21.12.2012:
Das Ende des Maya-Kalenders ist das Ende von Maya. (bzw. das Ende der Macht von Maya)
(wenn Du die entsprechende Erfahrung in den kommenden Jahren machen wirst,
wirst Du Dich an diesen Satz erinnern und darüber schmunzeln :) )

Existenz und Nicht-Existenz bedingen einander bzw. wär das eine ohne das andere "sinnlos". Ich würde sagen, Gott ist das Subjekt und Existenz ist das Objekt (in letzter Konsequenz natürlich nicht-zwei).

Lieben Gruß,
Ananda
 
Hallo Ananda

Soweit ich das beurteilen kann sind beide Aussagen richtig, also deine und die von Sankara.

Aber ich glaube, dass ich nur sehr begrenzt in der Lage bin, die Advaita-Theorie zu verstehen. Sie beruht ja auf den Veden, der Upanishaden und anderen philosophischen Schriften, die ich alle nur oberflächlich kenne. Darum kann ich nur versuchen, im Rahmen des mir möglichen, Erkenntnisse aus dem Wissen, welches ich verinnerlicht habe, zu ziehen.

Mir geht es bei meinen Überlegungen aber auch darum, aufzuzeigen, dass die Theorie die eine Seite ist, dass es daneben aber noch eine andere wichtige Seite gibt, die immer wieder vergessen wird.

Manche investieren zwar sehr viel Zeit und Mühe in die Theorie, vergessen aber manchmal die praktische Seite, die zur spirituellen Entwicklung genau so dazu gehört. Ich möchte den einen oder anderen aus der Illusion wecken, er könnte sich auf seinen Lorbeeren ausruhen, weil er meint, es gäbe nichts zu tun.

Zu dieser praktischen Seite gehören z.B. das Bhakti- und Karma-Yoga und Dinge wie das Entwickeln von 1. Unterscheidungskraft, 2. Leidenschaftslosigkeit, 3. den sechs edlen Tugenden (1. Gelassenheit, 2. rationale Kontrolle der Sinne, 3. das vehemente Abwenden des Geistes vom Wunsch nach Sinnesvergnügen 4. Duldungskraft, also das Freisein von Furcht oder Wehklagen gegenüber allen Übeln des Lebens 5. festes Vertrauen in die Worte des Gurus 6. geistiges Gleichgewicht), und 4. dem intensiven Wunsch nach Befreiung. Ebenso wie dies bei Sivananda (Zusammenfassung siehe oben) beschrieben ist. Und wenn man dies ernst nimmt, dann gibt es jede Menge zu tun. Wenn man den Lebenslauf Sankaras betrachtet, dann findet man diese Werte dort genau so wieder. Darauf möchte ich allerdings zu einem späteren Zeitpunkt eingehen. Dort sind mir nämlich einige Dinge aufgefallen, die ich gerne noch einmal zur Sprache bringen möchte.

Alles Liebe. Gerrit
 
Sankara ist die größte Seele, die Indien hervorgebracht hat. Er war der Vertreter der Advaita Philosophie. Sankara war ein großer Philosoph und Praktiker dazu, eine dynamische Persönlichkeit und ein außergewöhnlicher Moralist, eine spirituelle Größe, die keine Grenzen kannte. Er war ein Yogi, Jnani und Bhakta. Er war ein Karma Yogi mit unzweifelhaftem Auftrag. Er war ein machtvoller Magnet. Er hat kein Wissensgebiet ausgelassen. Selbst westliche Gelehrte zollen ihm Respekt.

Wenn Sankara auch nicht der Begründer der Advaita-Lehre war, der Begründer der Advaita-Lehre war vermutlich der Guru seines Guru Govinda, nämlich Gaudapada, so wird die Advaita-Lehre in erster Linie mit Sankara in Verbindung gebracht, da er sie als Philosophie umfangreich kommentiert und in Indien verbreitet hat.

Sankara hat sein Wissen über die Vedas und Shastras schon in früher Kindheit von seinen Lehrern gelernt und liess sich von seinem Guru Govinda in der Advaita-Lehre unterrichten und in den heiligen Orden der Sannyasin aufnehmen.

Sankara verfügte über eine umfassende Yogaausbildung und verfügte über übersinnliche Fähigkeiten. So ging er z.B. nach Kashi, wo er in einem hohlen Baum durch yogische Kräfte seinen Astralkörper vom physischen Körper trennte. Ausserdem setzte er den Holzstoß, auf dem seine tote Mutter verbrand werden sollte, durch seine yogischen Kräfte in Brand.

Den Streitgesprächen, die Sankara mit anderen Philosophen führte, stehe ich etwas skeptisch gegenüber, da ich denke, dass man die Wahrheit nicht nur allein durch den Verstand erfassen kann. Ausserdem stehe ich den Leuten, die meinen, sie müssten irgendeine Theorie verkünden, sehr skeptisch gegenüber. Haben die nichts besseres zu tun? Irgendwie originell ist allerdings die Idee, denjenigen zum Sieger zu erklären, dessen Blumengirlande am längsten braucht um zu verwelken. Salomonisch, aber ist damit auch der Wahrheit genüge getan?

Und das Sankara nicht alle seine Diskussionspartner überzeugt hat, ist wohl daran zu erkennen, dass er von einem vermeintlich Besiegten, mit schwarzer Magie bedacht wurde, unter der er zu leiden hatte.

Im Mönchsorden von Sankara ist es möglich, nach einem langen vedantischen Studium, Meditation und Selbstverwirklichung den Titel Paramahansa zu tragen. So viel zu der These, dass "es eigentlich nichts zu tun gibt", wie manche meinen. Ein langes Studium und Meditation sind das Gegenteil davon. Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass der bekannte Sanskrit-Professor, Max Muller, dreißig Jahre brauchte, um die Kommentare der Rig Veda zu übersetzen.

Köstlich sind auch die Anektoden. Aber lest selber.

Dies war mein kurzer Abstecher in die Advaita-Lehre. Sie war eigentlich nur ein Nebenprodukt des Buches Sadhana von Swami Sivanada, welches ich zur Zeit studiere (studiere, weil es leider sehr viele Sanskritbegriffe beinhaltet) , und in dem das Thema angesprochen wurde.

Alles Liebe. Gerrit
 
Hi Gerrit,

ein Denkanstoß für Dich:

Es ist dem Selbst möglich, sich von sich Selbst zu entfernen - aber nur in seiner Vorstellung.

Du siehst Praktiken als erforderlich. Ich zum Teil auch, aber nicht in der Art und Weise, wie Du das tust. Praktiken helfen dem Einen, zum Überdruss zu kommen. Der Andere hat nie Praktiken gebraucht und ist dennoch durch die dunkle Nacht der Seele gegangen, um am dunkelsten Punkt das Selbst zu schauen.

Es ist für manche der richtige Weg, aber der Weg sieht für jeden anders aus.

Du bist für meinen Geschmack etwas zu verbissen in harte Praxis. Wenn das Dein Weg sein soll ist das vollkommen in Ordnung für Dich. Aber dann gehe ihn auch und theoretisiere nicht über die Praxis (würde der Guru jetzt sagen ;)).

Lieben Gruß,
Ananda
 
Wer, was bin ich ?

Dieser Frage folgte ich,
die Antwort suchte ich,
folgte allen Spuren,
durch Zeit und Raum.
So verging die Zeit

- Ewigkeit -

Irgendwann fand ich
eine Schatulle
in ihr ein Pergament
und ich wusste, ahnte, spürte
das ist sie, die Antwort
die ich so lang gesucht,
voller Ungeduld
entfaltete ich das Pergament,
auf dem geschrieben stand :


Wer oder was bist Du nicht​
 
Hallo Ananda

Ich bin hin und her gerissen, mich zu fragen, ob und wie ich antworten soll. Aber im Grunde genommen kennen wir in etwa unsere Standpunkte.

Meine Meinung spiegelt sich in etwa in der Zusammenfassung von Sankaras Biographie wieder. In diesem Sinne könnte ich mich durchaus als Sympathiesant der Advaita-Lehre bezeichnen.

Die Leute allerdings, die glauben, sich mit Leuten wie Sankara, Sivananda und vielen anderen Weisen auf eine Stufe zu stellen, müssen dieses erst einmal unter Beweiss stellen.

Die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich selber etwas vormachen, wenn sie glauben, auf jede Praxis verzichten zu können, halte ich für viel wahrscheinlicher, ja fast für gegeben, als dass sie wirklich bedeutente spirituelle Fortschritte machen.

Meine Lebenserfahrung sagt mir, dass sie es vielleicht lieben, sich in ihren Wortspielereien zu sonnen. Und wenn Leute wie Swami Sivananda, der sich über Jahrzehnte mit diesem Thema beschäftigt hat, der tausende von Leute unterrichtet und kennengelernt hat, sagt, dass allein durch intellektuelle Beschäftigung mit dem Thema kein spiritueller Fortschritt möglich ist, dann messe ich dem wesentlich mehr Bedeutung bei, als Leuten, die erst ganz am Anfang stehen und lediglich über ein Wissen verfügen, welches verglichen mit den grossen Weisen sich als sehr bescheiden darstellt.

Diese Bescheidenheit vermisse ich auch immer wieder bei den meisten Leuten die sich Advaita-Anhänger nennen. Denen scheint es viel mehr zu gefallen, sich in ihrer ganzen Grösse darzustellen. Mir scheint, sie versuchen sich, auf eine Ebene mit Gott zu stellen. Die notwendige Begründung lässt sich leicht finden. Ein klein wenig Wortspielerei und die Sache scheint perfekt. Nur wirklich verinnerlicht haben sie von all den Zielen überhaupt nichts. Die Wahrscheinlichkeit, dass ihr Verhalten nur eine Flucht vor dem eigenen Inneren ist, dem sie sich nicht stellen mögen, weil ihnen der Mut dazu fehlt, halte ich für sehr wahrscheinlich.

Dieser Text ist mir jetzt irgendwie aus den Fingern geflossen, ohne dass dies beabsichtigt war. Wer hat da wohl meine Hand gelenkt, meinen Verstand geleitet? Das hat wohl so sein sollen. Es klingt zwar hart, kommt der Wahrheit wohl aber am nächsten.

Trotzdem alles Gute. Gerrit
 
Werbung:
Eben habe ich noch einmal über das zuvor Geschriebene nachgedacht. Liege ich mit meinem Urteil wirklich richtig oder liege ich vielleicht sogar völlig daneben? Es ist wirklich nicht einfach, die Wahrheit zu finden, selbst wenn man es versucht. Ich berufe mich auf meine Menschenkenntnisse und dann erkenne ich, dass mir doch so viele Menschenkenntnisse fehlen.

Der Stein des Nachdenkens war eine Situation, die ich vor einiger Zeit erlebte. Vor einem Einkaufszentrum standen die Leute von Greenpeace, verteilten Infozettel und sammelten Unterschriften. Ich fühlte mich auch aufgerufen, eine Unterschrift gegen die mangelnde Kennzeichnung der Lebensmittel zu leisten. Dabei schaute ich mir die Unterschriften der anderen Leute an, die vor mir unterschrieben hatten.

Diese Unterschriften trotzten nur so vor Selbstbewusstsein. Schon lange bin ich der Überzeugung, dass die Graphologie, also die Unterschrift, sehr viel über den Menschen aussagt. Gut, Leute, die sich für Greenpeace einsetzen, gehören sehr wahrscheinlich einer bestimmten soziologischen Gruppe zu. Oft sind es Leute, die über eine gute Bildung verfügen, die erfolgreich im Leben und Beruf stehen, Leute die oft auch über ein sicheres und ausreichendes Einkommen verfügen. So in etwa stelle ich mir den typischen Greenpeace-Sympatisanten vor, links, liberal und ökologisch interessiert.

Was aber haben diese Leute, was ich nicht habe? Meine Unterschrift besass nämlich nicht die gleiche Selbstsicherheit. Sie war krickelig und verriet meine Unsicherheit. Und genau dieser Umstand kam mir eben ins Gedächtnis. Warum glaubst Du im Recht zu sein, mit deiner Meinung, dachte ich. Zeugt dein Beitrag nicht davon, dass Du die ganze Sache etwas zu verbissen siehst? Wo bleibt deine Grosszügigkeit, waren andere Gedanken, die mir durch den Kopf gingen.

Und dann dachte ich mir, es wäre bestimmt interessant, alle die Menschen mal kennen zu lernen, die diese tollen Unterschriften geleistet hatten, ihr Leben, ihr Denken einmal grüdlich zu beleuchten, mit ihnen zu diskutieren, zu erfahren, nach welchen Kriterien sie ihr Leben gestalten. Ich könnte bestimmt sehr viel von ihnen lernen. Andererseits zieht es mich auch nicht unbedingt zu anderen hin. Das Verhalten meiner verletzten Seele oder angeboren?

Meinem Naturell nach bin ich eher ein Einzelkämpfer, und das eigentlich auch sehr gerne. Mit anderen Worten, mittlerweile bin davon überzeugt, dass mein letzter Beitrag wahrscheinlich nur ein Teil der Wahrheit ist. Wer weiss schon, wie die ganze Wahrheit aussieht? Aber dieses wollte ich einfach mal los werden. Ich glaube, ihr versteht.

Alles Liebe. Gerrit
 
Zurück
Oben