Kvatar
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Du hörst den Ton zweier Hände, die ineinanderklatschen - was ist der Ton der einen Hand? (Koan "Mu", Zen)
Die meisten Zen-Sprüche haben anscheinend keine Bedeutung und sind sogar unsinnig - vom gewöhnlichen Sprachverständnis aus gesehen.
Das Hauptthema dieses Essays ist das Problem der Bedeutung und Bedeutsamkeit im Zen. Dieses Thema ist mit dem der grundlegenden Struktur der Selbstheit eng und untrennbar verbunden. Oder wir sollten eher sagen, daß das Problem der Sprache und der Bedeutung wesentlich verbunden ist mit und letztlich reduzierbar auf das Problem der Selbstheit. Natürlich kommt man, welchen Aspekt des Zen auch immer man aufnehmen und unter welchem Gesichtspunkt auch immer man es behandeln mag, doch am Ende immer auf das Problem der Selbstheit zurück.
Mit diesem grundlegenden Verständnis möchte ich mich sofort der Erörterung der Bedeutsamkeit zuwenden, wozu Zen eine Anzahl sehr interessanter Probleme zur Sprache bringt. Wie man sich vorstellen kann, werden die Probleme in einem gewissen Kontext aufgeworfen, denn die Sprache wird von Zen sehr unnatürlich gebraucht. Im Zen-Kontext bleibt Sprache meistens nicht in ihrem natürlichen Zustand. Sie wird oft so entstellt, daß sie beinahe bedeutungslos und sinnlos wird.
Das Problem der Bedeutung im Zen-Buddhismus ist deswegen eher als Paradoxon interessant, denn die meisten Zen-Sprüche haben anscheinend keine Bedeutung und sind sogar unsinnig, vom gewöhnlichen Sprachverständnis aus gesehen. Sprache existiert zum Zweck der Kommunikation zwischen den Menschen. Wo es kein Kommunikationsbedürfnis gibt, muß man auch nichts sagen. Dieses grundlegende Prinzip ist auch für Zen gültig. Wenn wir zwei Personen beobachten, die in einem Zen-Kontext in ein Gespräch miteinander verwickelt sind, dann haben wir natürlich den Eindruck, daß irgendeine Kommunikation stattfindet. Wir werden jedoch gleichzeitig durch die Beobachtung befremdet, daß die ausgetauschten Worte überhaupt keinen Sinn haben, daß sie uns - als Außenstehenden - meistens bedeutungslos oder unsinnig erscheinen. Gibt es überhaupt Kommunikation, wenn die benutzten Worte keinen Sinn ergeben? Was für eine Kommunikation wird es wohl sein, die sich sinnlos äußert?
Dies ist fürwahr die wichtigste Frage, die sich uns dann stellt, wenn wir Zen unter dem Gesichtspunkt der bedeutungsvollen Kommunikation angehen.
Um den Kern der ganzen Fragestellung in den Mittelpunkt zu rücken, wollen wir sogleich ein typisches Beispiel für eine sinnlose Kommunikation auf der prälinguistischen Ebene des Verhaltens, das heißt eine Kommunikation durch Gestik, anführen. Wir wollen dabei bemerken, daß im Zen-Buddhismus die Gestik eine genauso wichtige Rolle wie die Sprache spielt, außer daß die Sprache eine kompliziertere Struktur aufweist, weil Sprache, wie wir später sehen werden, den Faktor des Artikulierens, das heißt der semantischen Artikulation der Wirklichkeit, die den Gesten fremd ist, mit einführt. Eben wegen dieser Einfachheit und Unkompliziertheit sind die Gesten eher als die Sprache dazu geeignet, uns einen einführenden Begriff von der Lage des zentralen Problems zu geben.
Das Beispiel, das ich zitiere, ist sehr berühmt. Es kann in der Koan-Sammlung Wu Men Kuan, Nr. 3, nachgelesen werden; es befindet sich auch in einer anderen gerühmten Koan-Sammlung, dem Pi Yen Lu, Nr. 19. Die Anekdote ist als der Ein-Finger-Zen des Meisters CHÜ CHIH bekannt.
Der Held dieser Anekdote ist CHÜ CHIH, ein berühmter Meister des 9. Jahrhunderts. Dieser Meister erhob immer einen Finger, wenn er etwas über Zen gefragt wurde. Das Hochhalten eines Fingers, ohne weiter etwas zu sagen, war seine stets gleiche Antwort auf jede Frage über Zen. "Welches ist die oberste und absolute Wahrheit? " - Antwort: Das stille Hochheben eines Fingers. "Was ist die Essenz des Buddhismus?" - Antwort: Wieder genau das gleiche stille Hochheben eines Fingers.
Es ist klar, daß in einer normalen Lebenssituation diese Handlung keinen Sinn hat, denn das einfache Hochheben eines Fingers stellt überhaupt keine vernünftige Antwort auf irgendeine der gestellten Fragen dar, außer man würde fragen: "Wo ist dein Finger?" Die Antwort ist nicht verständlich, und da sie nicht verständlich ist, ist sie auch keine Antwort, und da sie weiterhin keine Antwort mehr ist, ist sie sinnlos. Auf der anderen Seite spüren wir in unserem perplexen Geist etwas, das uns ahnen läßt, es müsse eine versteckte Bedeutung in dem Hochheben des Fingers von Meister CHÜ CHIH geben, es könne keine reine Sinnlosigkeit sein.
Die meisten Zen-Sprüche haben anscheinend keine Bedeutung und sind sogar unsinnig - vom gewöhnlichen Sprachverständnis aus gesehen.
Das Hauptthema dieses Essays ist das Problem der Bedeutung und Bedeutsamkeit im Zen. Dieses Thema ist mit dem der grundlegenden Struktur der Selbstheit eng und untrennbar verbunden. Oder wir sollten eher sagen, daß das Problem der Sprache und der Bedeutung wesentlich verbunden ist mit und letztlich reduzierbar auf das Problem der Selbstheit. Natürlich kommt man, welchen Aspekt des Zen auch immer man aufnehmen und unter welchem Gesichtspunkt auch immer man es behandeln mag, doch am Ende immer auf das Problem der Selbstheit zurück.
Mit diesem grundlegenden Verständnis möchte ich mich sofort der Erörterung der Bedeutsamkeit zuwenden, wozu Zen eine Anzahl sehr interessanter Probleme zur Sprache bringt. Wie man sich vorstellen kann, werden die Probleme in einem gewissen Kontext aufgeworfen, denn die Sprache wird von Zen sehr unnatürlich gebraucht. Im Zen-Kontext bleibt Sprache meistens nicht in ihrem natürlichen Zustand. Sie wird oft so entstellt, daß sie beinahe bedeutungslos und sinnlos wird.
Das Problem der Bedeutung im Zen-Buddhismus ist deswegen eher als Paradoxon interessant, denn die meisten Zen-Sprüche haben anscheinend keine Bedeutung und sind sogar unsinnig, vom gewöhnlichen Sprachverständnis aus gesehen. Sprache existiert zum Zweck der Kommunikation zwischen den Menschen. Wo es kein Kommunikationsbedürfnis gibt, muß man auch nichts sagen. Dieses grundlegende Prinzip ist auch für Zen gültig. Wenn wir zwei Personen beobachten, die in einem Zen-Kontext in ein Gespräch miteinander verwickelt sind, dann haben wir natürlich den Eindruck, daß irgendeine Kommunikation stattfindet. Wir werden jedoch gleichzeitig durch die Beobachtung befremdet, daß die ausgetauschten Worte überhaupt keinen Sinn haben, daß sie uns - als Außenstehenden - meistens bedeutungslos oder unsinnig erscheinen. Gibt es überhaupt Kommunikation, wenn die benutzten Worte keinen Sinn ergeben? Was für eine Kommunikation wird es wohl sein, die sich sinnlos äußert?
Dies ist fürwahr die wichtigste Frage, die sich uns dann stellt, wenn wir Zen unter dem Gesichtspunkt der bedeutungsvollen Kommunikation angehen.
Um den Kern der ganzen Fragestellung in den Mittelpunkt zu rücken, wollen wir sogleich ein typisches Beispiel für eine sinnlose Kommunikation auf der prälinguistischen Ebene des Verhaltens, das heißt eine Kommunikation durch Gestik, anführen. Wir wollen dabei bemerken, daß im Zen-Buddhismus die Gestik eine genauso wichtige Rolle wie die Sprache spielt, außer daß die Sprache eine kompliziertere Struktur aufweist, weil Sprache, wie wir später sehen werden, den Faktor des Artikulierens, das heißt der semantischen Artikulation der Wirklichkeit, die den Gesten fremd ist, mit einführt. Eben wegen dieser Einfachheit und Unkompliziertheit sind die Gesten eher als die Sprache dazu geeignet, uns einen einführenden Begriff von der Lage des zentralen Problems zu geben.
Das Beispiel, das ich zitiere, ist sehr berühmt. Es kann in der Koan-Sammlung Wu Men Kuan, Nr. 3, nachgelesen werden; es befindet sich auch in einer anderen gerühmten Koan-Sammlung, dem Pi Yen Lu, Nr. 19. Die Anekdote ist als der Ein-Finger-Zen des Meisters CHÜ CHIH bekannt.
Der Held dieser Anekdote ist CHÜ CHIH, ein berühmter Meister des 9. Jahrhunderts. Dieser Meister erhob immer einen Finger, wenn er etwas über Zen gefragt wurde. Das Hochhalten eines Fingers, ohne weiter etwas zu sagen, war seine stets gleiche Antwort auf jede Frage über Zen. "Welches ist die oberste und absolute Wahrheit? " - Antwort: Das stille Hochheben eines Fingers. "Was ist die Essenz des Buddhismus?" - Antwort: Wieder genau das gleiche stille Hochheben eines Fingers.
Es ist klar, daß in einer normalen Lebenssituation diese Handlung keinen Sinn hat, denn das einfache Hochheben eines Fingers stellt überhaupt keine vernünftige Antwort auf irgendeine der gestellten Fragen dar, außer man würde fragen: "Wo ist dein Finger?" Die Antwort ist nicht verständlich, und da sie nicht verständlich ist, ist sie auch keine Antwort, und da sie weiterhin keine Antwort mehr ist, ist sie sinnlos. Auf der anderen Seite spüren wir in unserem perplexen Geist etwas, das uns ahnen läßt, es müsse eine versteckte Bedeutung in dem Hochheben des Fingers von Meister CHÜ CHIH geben, es könne keine reine Sinnlosigkeit sein.