Kvatar
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"Unsere gebräuchlichsten Wörter haben äußerst weite Bedeutungsbereiche. Pferde laufen; Nasen und Strumpfmaschen laufen aber auch. Wir halten an uns, halten Hühner und halten Vorträge."
Die Bedeutung der Bedeutung
Am verbreitetsten ist die Vorstellung, daß man die Bedeutung der Wörter in Wörterbüchern findet. Ein Wörterbuch kann uns aber nur sagen, welche Wörter oder Sätze annähernd dieselbe Bedeutung haben. Wir schlagen "Geisha" nach und finden, daß "ein japanisches Sing- und Tanzmädchen" etwa dasselbe bedeutet. Wir verstehen die Bedeutung von "Geisha" nur dann, wenn wir aus "japanisches", "Sing", "Tanz" und "Mädchen" eine sinnvolle geistige Vorstellung bilden können. Dies wiederum hängt von unseren früheren Erfahrungen ab.
So stellt sich heraus, daß Bedeutungen nicht in den Wörtern selbst liegen, sondern in unserer Erfahrung. Semantik im allgemeinen Sinne erforscht also die Beziehung zwischen Wörtern, Zeichen oder Symbolen und dem Bezeichneten (referents), das heißt zwischen Wörtern, Zeichen oder Symbolen und dem, für das sie in der Erfahrung der Menschen stehen.
Indem wir Wörter auf dasjenige beziehen, für das sie stehen, stellen wir uns eine Welt von "Dingen" vor, deren jedes ein Etikett, seinen Namen, trägt. Beim weiteren Nachdenken erscheint dies Bild unvollständig und nicht dazu geeignet, um zu erklären, in welcher Beziehung die Wörter zu den Bedeutungen stehen. Zunächst werden wir gewahr, daß es Homonyme gibt. Das sind Wörter, die zwei oder mehr nicht miteinander zusammenhängende Bedeutungen haben, wie "Bank", "Feder", "Pfeife", "Stock".
Solcher Doppelsinn ist nicht auf Homonyme beschränkt. Wörter, die eine einzige Bedeutung zu haben scheinen, beziehen sich gänzlich auf verschiedene Dinge. Das Wort "Tisch" zum Beispiel mag für einen altmodischen Sekretär (Schreibtisch), einen eleganten antiken Eßtisch oder für einen Ganzmetall-Bürotisch mit Einbauten stehen. Wenn wir "zu Tisch gehen", gehen wir essen. Wir schließen daraus, daß derselbe Name verschiedenen Dingen gegeben wird, wenn sie dieselben "Eigenschaften" haben.
Dadurch entsteht eben nun das Problem, diejenigen Eigenschaften herauszufinden, die es rechtfertigen, verschiedene Dinge mit demselben Namen zu bezeichnen. Im Deutschen verwenden wir das Wort "Gabel" für bestimmte Gegenstände (Eßgabel, Stimmgabel) und für bestimmte Situationen (Weggabelung). Dies erscheint uns als natürlich, weil alle diese Gegenstände und Situationen "Gabelhaftigkeit" gemeinsam haben. Es wird uns aber überraschen, zu hören, daß in einer anderen Sprache, Wintun (das von einem nordamerikanischen Indianerstamm gesprochen wird), dasselbe Wort "Wurzel" (poq) Situationen beschreibt, die "Pilzhaftigkeit" gemeinsam haben, zum Beispiel "Pilze züchten", "einen Holzpflock in den Boden treiben", "ein Mann, der auf einem Pferde hockt" und sogar "steifbeinig in kurzem Rock gehen"!
Unsere gebräuchlichsten Wörter haben äußerst weite Bedeutungsbereiche. Pferde "laufen"; Nasen und Strumpfmaschen laufen aber auch. Wir "halten" an uns, "halten" Hühner und "halten" Vorträge. Wir "gehen" in Urlaub und "gehen" pleite. Die verschiedenen Bedeutungen dieser kurzen Wörter scheinen uns irgendwie miteinander zusammenzuhängen, im Gegensatz zu der Bedeutung einer "Bank", auf der man sitzt, und dem Geldinstitut; oder einem "Ball", den man wirft, und einer Tanzveranstaltung, Begriffe, die nichts miteinander zu tun haben scheinen. Dabei ist es sehr schwierig, zu verstehen oder zu erklären, wie die verschiedenen Bedeutungen von "laufen" oder "halten" miteinander verwandt sind.
Die Probleme der Semantik werden durch die Tatsache kompliziert, daß viele Wörter sich überhaupt auf nichts in der wirklichen Welt zu beziehen scheinen, zum Beispiel "Kobold". Sicherlich glauben manche Leute daran, daß es Kobolde gibt. Das Wort "Kobold" aber auf etwas dem Wort Zugrundeliegendes zu beziehen, ist viel schwerer, als dies bei "Telefon" zu tun.
Wir wissen, daß sich viele Wörter auf etwas in der wirklichen Welt beziehen. Doch ist es fast unmöglich zu sagen, wie es sich damit bei "Freiheit", "Eleganz", "Kummer", "Korruption", "Gewissen", "Würde", "Gedanke" verhält. Solche Wörter nennen wir Abstrakta im Gegensatz zu Wörtern wie "Busch", "Ofen" oder "Schere", die wir Konkreta nennen.
Den meisten Menschen scheinen konkrete Wörter genauere Bedeutungen zu haben als abstrakte Wörter; dies ist aber nicht notwendigerweise so. Manche wissenschaftlichen Begriffe (wie "Entropie" und "charakteristische Wurzeln einer Matrix") sind äußerst abstrakt in dem Sinne, daß sie nicht für irgendwelche leicht wiederzuerkennende Gegenstände, Eigenschaften oder Vorgänge stehen. Ihre Bedeutungen sind dabei viel genauer als die Bedeutungen der meisten konkreten Wörter in der Umgangssprache.
Die Bedeutung der Bedeutung
Am verbreitetsten ist die Vorstellung, daß man die Bedeutung der Wörter in Wörterbüchern findet. Ein Wörterbuch kann uns aber nur sagen, welche Wörter oder Sätze annähernd dieselbe Bedeutung haben. Wir schlagen "Geisha" nach und finden, daß "ein japanisches Sing- und Tanzmädchen" etwa dasselbe bedeutet. Wir verstehen die Bedeutung von "Geisha" nur dann, wenn wir aus "japanisches", "Sing", "Tanz" und "Mädchen" eine sinnvolle geistige Vorstellung bilden können. Dies wiederum hängt von unseren früheren Erfahrungen ab.
So stellt sich heraus, daß Bedeutungen nicht in den Wörtern selbst liegen, sondern in unserer Erfahrung. Semantik im allgemeinen Sinne erforscht also die Beziehung zwischen Wörtern, Zeichen oder Symbolen und dem Bezeichneten (referents), das heißt zwischen Wörtern, Zeichen oder Symbolen und dem, für das sie in der Erfahrung der Menschen stehen.
Indem wir Wörter auf dasjenige beziehen, für das sie stehen, stellen wir uns eine Welt von "Dingen" vor, deren jedes ein Etikett, seinen Namen, trägt. Beim weiteren Nachdenken erscheint dies Bild unvollständig und nicht dazu geeignet, um zu erklären, in welcher Beziehung die Wörter zu den Bedeutungen stehen. Zunächst werden wir gewahr, daß es Homonyme gibt. Das sind Wörter, die zwei oder mehr nicht miteinander zusammenhängende Bedeutungen haben, wie "Bank", "Feder", "Pfeife", "Stock".
Solcher Doppelsinn ist nicht auf Homonyme beschränkt. Wörter, die eine einzige Bedeutung zu haben scheinen, beziehen sich gänzlich auf verschiedene Dinge. Das Wort "Tisch" zum Beispiel mag für einen altmodischen Sekretär (Schreibtisch), einen eleganten antiken Eßtisch oder für einen Ganzmetall-Bürotisch mit Einbauten stehen. Wenn wir "zu Tisch gehen", gehen wir essen. Wir schließen daraus, daß derselbe Name verschiedenen Dingen gegeben wird, wenn sie dieselben "Eigenschaften" haben.
Dadurch entsteht eben nun das Problem, diejenigen Eigenschaften herauszufinden, die es rechtfertigen, verschiedene Dinge mit demselben Namen zu bezeichnen. Im Deutschen verwenden wir das Wort "Gabel" für bestimmte Gegenstände (Eßgabel, Stimmgabel) und für bestimmte Situationen (Weggabelung). Dies erscheint uns als natürlich, weil alle diese Gegenstände und Situationen "Gabelhaftigkeit" gemeinsam haben. Es wird uns aber überraschen, zu hören, daß in einer anderen Sprache, Wintun (das von einem nordamerikanischen Indianerstamm gesprochen wird), dasselbe Wort "Wurzel" (poq) Situationen beschreibt, die "Pilzhaftigkeit" gemeinsam haben, zum Beispiel "Pilze züchten", "einen Holzpflock in den Boden treiben", "ein Mann, der auf einem Pferde hockt" und sogar "steifbeinig in kurzem Rock gehen"!
Unsere gebräuchlichsten Wörter haben äußerst weite Bedeutungsbereiche. Pferde "laufen"; Nasen und Strumpfmaschen laufen aber auch. Wir "halten" an uns, "halten" Hühner und "halten" Vorträge. Wir "gehen" in Urlaub und "gehen" pleite. Die verschiedenen Bedeutungen dieser kurzen Wörter scheinen uns irgendwie miteinander zusammenzuhängen, im Gegensatz zu der Bedeutung einer "Bank", auf der man sitzt, und dem Geldinstitut; oder einem "Ball", den man wirft, und einer Tanzveranstaltung, Begriffe, die nichts miteinander zu tun haben scheinen. Dabei ist es sehr schwierig, zu verstehen oder zu erklären, wie die verschiedenen Bedeutungen von "laufen" oder "halten" miteinander verwandt sind.
Die Probleme der Semantik werden durch die Tatsache kompliziert, daß viele Wörter sich überhaupt auf nichts in der wirklichen Welt zu beziehen scheinen, zum Beispiel "Kobold". Sicherlich glauben manche Leute daran, daß es Kobolde gibt. Das Wort "Kobold" aber auf etwas dem Wort Zugrundeliegendes zu beziehen, ist viel schwerer, als dies bei "Telefon" zu tun.
Wir wissen, daß sich viele Wörter auf etwas in der wirklichen Welt beziehen. Doch ist es fast unmöglich zu sagen, wie es sich damit bei "Freiheit", "Eleganz", "Kummer", "Korruption", "Gewissen", "Würde", "Gedanke" verhält. Solche Wörter nennen wir Abstrakta im Gegensatz zu Wörtern wie "Busch", "Ofen" oder "Schere", die wir Konkreta nennen.
Den meisten Menschen scheinen konkrete Wörter genauere Bedeutungen zu haben als abstrakte Wörter; dies ist aber nicht notwendigerweise so. Manche wissenschaftlichen Begriffe (wie "Entropie" und "charakteristische Wurzeln einer Matrix") sind äußerst abstrakt in dem Sinne, daß sie nicht für irgendwelche leicht wiederzuerkennende Gegenstände, Eigenschaften oder Vorgänge stehen. Ihre Bedeutungen sind dabei viel genauer als die Bedeutungen der meisten konkreten Wörter in der Umgangssprache.