Kvatar
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Wir leben in einer Umwelt, die von vielen semantischen Einflüssen geformt und weithin geschaffen ist: durch die Massenverbreitung von Zeitungen und Illustrierten, die sich in einer schockierenden Anzahl von Fällen der Wiedergabe der unheimlichen Vorurteile und Wahnvorstellungen ihrer Verleger und Besitzer widmen; sowohl lokale, wie auch überregionale Radio- und Fernsehprogramme, die fast vollständig von kommerziellen Motiven beherrscht werden; Public-Relations-Berater, die als hochbezahlte Fachleute agieren in der Kunst unsere semantische Umwelt so zu verändern und manipulieren, wie es für ihre Auftraggeber von Vorteil ist. Es ist eine aufregende Umwelt, aber sie ist voller Gefahren. Es ist nur leicht übertrieben, wenn man sagt, Hitler habe Österreich durch das Radio erobert. Heute werden gefärbte Nachrichtensendungen dazu eingesetzt unsere Meinungen zu manipulieren.
Wir brauchen daher mehr als einen gesunden Menschenverstand, der einem sagt, die Erde sei flach. Die Macht und die Grenzen der Symbole, besonders der Worte, müssen systematisch bewußt gemacht werden, wenn wir davor bewahrt werden wollen, durch die Kompliziertheit unserer semantischen Umwelt in vollständige Verwirrung zu geraten. Der erste Grundsatz im Umgang mit Symbolen ist dieser: Das Symbol ist nicht die symbolisierte Sache, bzw. das Wort ist nicht die Sache; und die Landkarte ist nicht das Gelände, das sie darstellt.
In gewisser Weise leben wir alle in zwei Welten. Einmal leben wir in einer Welt von Vorgängen, die wir aus erster Hand kennen. Dies ist eine außerordentlich kleine Welt, die nur aus dem Kontinuum von Dingen besteht, die wir tatsächlich gesehen, gefühlt oder gehört haben - es ist der Fluß der Ereignisse, der ständig an unseren Sinnen vorüberzieht. Soweit diese Welt persönlicher Erfahrung in Betracht kommt, gibt es kein Afrika, Südamerika, Asien, Washington, New York oder Moskau, falls wir nie an diesem Ort waren. Jomo Kenyatta ist nur ein Name, wenn wir diesen Mann nie gesehen haben. Wenn wir uns fragen, wieviel wir aus erster Hand wissen, dann entdecken wir, daß wir wirklich sehr wenig wissen.
Die meisten Kenntnisse, die wir von Eltern, Freunden, Schulen, aus Zeitungen, Büchern, Gesprächen, Reden und vom Fernsehen erworben haben, sind von uns verbal übernommen worden. Zum Beispiel stammt unsere gesamte Kenntnis der Geschichte nur aus Worten. Der einzige Nachweis, den wir dafür haben, daß die Schlacht von Waterloo überhaupt stattgefunden hat, liegt darin, daß wir Berichte darüber haben. Diese Berichte werden un nicht von Leuten gegeben, die dabei waren, sondern sie beruhen auf anderen Berichten: Berichten über Berichten von Berichten, welche schließlich auf die Berichte aus erster Hand zurückgehen, die von Leuten stammen, die bei dem Ereignis dabei waren. So erhalten wir unsere meisten Kenntnisse durch Berichte über Berichte: Über die Regierung, über Vorgänge in Jugoslawien, über das, was ein Film im Stadtkino zeigt - also über alles, was wir nicht durch unmittelbare Erfahrung wissen.
Wir wollen diese Welt, die uns durch Worte bekannt wird, die verbale Welt nennen, im Gegensatz zur Welt, die wir aus eigener Erfahrung kennen oder kennen könnten. KORZYBSKI nennt diese Welt die extensionale Welt. Jeder Mensch beginnt, wie andere Kreaturen auch, in der Kindheit seine Bekanntnschaft mit der extensionalen Welt zu machen. Im Gegensatz zu anderen Kreaturen beginnt er jedoch sehr früh, Berichte und Berichte über Berichte von Berichten in sich aufzunehmen. Außerdem werden Schlußfolgerungen aus Berichten, Schlußfolgerungen, die aus anderen Schlußfolgerungen gezogen werden, und so weiter übernommen. Bis ein Kind einige Jahre alt ist, zur Schule geht und Freunde gewonnen hat, hat es eine beträchliche Menge von Informationen aus zweiter Hand über Sitten, Erdkunde, Geschichte, Natur, Volk und Spiele angesammelt - und die Gesamtheit seiner Information bildet die verbale Welt.
KORZYBSKI benutzt nun die Metapher von der Landkarte und dem Gelände, wobei die verbale Welt zur extensionalen Welt in derselben Beziehung stehen sollte, wie die Landkarte zum Gelände. Wenn ein Kind mit einer verbalen Welt in seinem Kopf heranwächst, die einigermaßen genau der extensionalen Welt (also der Welt der unmittelbaren Erfahrung aus erster Hand) entspricht, dann ist es in verhältnismäßig geringer Gefahr, durch das, was es vorfindet, schockiert oder verletzt zu werden, weil seine verbale Welt ihm gesagt hat, was es mehr oder weniger erwarten kann. Es ist auf das Leben vorbereitet. Wenn es dagegen mit einer falschen Landkarte in seinem Kopf heranwächst - das heißt mit einem Kopf, der mit Irrtümern und Aberglauben vollgestopft ist -, dann wird es ständig in Schwierigkeiten geraten, sich vergeblich anstrengen und sich wie ein Narr benehmen. Es wird nicht der Welt, wie sie ist, angepaßt sein: vielmehr wird ein solches Kind später, wenn ein schwerer Mangel der Anpassung vorliegt, in einer Irrenanstalt landen.
Einige der Torheiten, die wir infolge falscher Landkarten in unseren Köpfen begehen, sind so alltäglich, daß wir sie nicht einmal für bemerkendswert halten. Es gibt Leute, die sich vor Unfällen dadurch schützen möchten, daß sie eine Kaninchenpfote bei sich tragen. Mansche weigern sich, im dreizehnten Stockwerk eines Hotels zu schlafen - ein Verhalten, das so allgemein ist, daß die meisten großen Hotels, sogar in den Hauptstädten unserer wissenschaftlichen Kultur, die Zahl 13 bei der Nummerierung ihrer Stockwerke überspringen. Manche legen ihrem Lebensplan astrologische Voraussagen zugrunde. Andere hoffen, ihre Zähne dadurch weißer zu machen, daß sie die Marke ihrer Zahnpasta wechseln. Alle diese Leute leben in verbalen Welten, die wenig, wenn überhaupt, Ähnlichkeit mit der extensionalen Welt haben.
Nun ist eine Landkarte, und mag sie noch so schön sein, für einen Reisenden wertlos, wenn sie nicht die Beziehungen der Orte zueinander und die Struktur des Gebiets genau anzeigt. Wenn wir zum Beispiel eine große Bucht am Ufer eines Sees aus künstlerischen Gründen einzeichnen, ist die Landkarte wertlos. Wenn wir aber nur aus Spaß Landkarten zeichnen, ohne irgendwie auf die Struktur der Gegend zu achten, dann kann nicht in der Welt uns hindern, alle die Extraschnörkel und Buchten an den Seen, Flüssen und Straßen anzubringen, die wir uns wünschen. Das wird solange nichts schaden, als niemand versucht, eine Wanderung aufgrund einer solchen Karte zu machen.
Ähnlich können wir mittels erdachter oder falscher Berichte oder infolge falscher Schlußfolgerungen aus guten Berichten mittels der Sprache willkürliche Landkarten herstellen, die keinen Bezug auf die extensionale Welt haben. Auch dies wird solange nichts schaden, als niemand den Irrtum begeht, solche Landkarten als Darstellung wirklicher Gegenden anzusehen.
Wir alle erben einen großen Teil nutzlosen Wissens und eine Menge falscher Informationen und Irrtümer (Landkarten, die früher für genau gehalten wurden), so daß immer ein Teil von dem, was uns erzählt wird, aufgegeben werden muß. Aber das kulturelle Erbe unserer Zivilisation, das uns überliefert ist - unser gesellschaftlich angesammeltes wissenschaftliches und humanes Wissen - wurde hauptsächlich deswegen für toll gehalten, weil wir glaubten, daß es uns genaue Landkarten von Erfahrungen vermittelt. Die Analogie von verbalen Welten mit Landkarten ist sehr wichtig, aber es gibt zwei Wege, auf denen wir falsche Landkarten in unsere Köpfe bekommen können: erstens, weil sie uns gegeben wurden; und zweitens: weil wir die richtigen Karten, die man uns gegeben hat, mißdeutet haben.
Wir brauchen daher mehr als einen gesunden Menschenverstand, der einem sagt, die Erde sei flach. Die Macht und die Grenzen der Symbole, besonders der Worte, müssen systematisch bewußt gemacht werden, wenn wir davor bewahrt werden wollen, durch die Kompliziertheit unserer semantischen Umwelt in vollständige Verwirrung zu geraten. Der erste Grundsatz im Umgang mit Symbolen ist dieser: Das Symbol ist nicht die symbolisierte Sache, bzw. das Wort ist nicht die Sache; und die Landkarte ist nicht das Gelände, das sie darstellt.
In gewisser Weise leben wir alle in zwei Welten. Einmal leben wir in einer Welt von Vorgängen, die wir aus erster Hand kennen. Dies ist eine außerordentlich kleine Welt, die nur aus dem Kontinuum von Dingen besteht, die wir tatsächlich gesehen, gefühlt oder gehört haben - es ist der Fluß der Ereignisse, der ständig an unseren Sinnen vorüberzieht. Soweit diese Welt persönlicher Erfahrung in Betracht kommt, gibt es kein Afrika, Südamerika, Asien, Washington, New York oder Moskau, falls wir nie an diesem Ort waren. Jomo Kenyatta ist nur ein Name, wenn wir diesen Mann nie gesehen haben. Wenn wir uns fragen, wieviel wir aus erster Hand wissen, dann entdecken wir, daß wir wirklich sehr wenig wissen.
Die meisten Kenntnisse, die wir von Eltern, Freunden, Schulen, aus Zeitungen, Büchern, Gesprächen, Reden und vom Fernsehen erworben haben, sind von uns verbal übernommen worden. Zum Beispiel stammt unsere gesamte Kenntnis der Geschichte nur aus Worten. Der einzige Nachweis, den wir dafür haben, daß die Schlacht von Waterloo überhaupt stattgefunden hat, liegt darin, daß wir Berichte darüber haben. Diese Berichte werden un nicht von Leuten gegeben, die dabei waren, sondern sie beruhen auf anderen Berichten: Berichten über Berichten von Berichten, welche schließlich auf die Berichte aus erster Hand zurückgehen, die von Leuten stammen, die bei dem Ereignis dabei waren. So erhalten wir unsere meisten Kenntnisse durch Berichte über Berichte: Über die Regierung, über Vorgänge in Jugoslawien, über das, was ein Film im Stadtkino zeigt - also über alles, was wir nicht durch unmittelbare Erfahrung wissen.
Wir wollen diese Welt, die uns durch Worte bekannt wird, die verbale Welt nennen, im Gegensatz zur Welt, die wir aus eigener Erfahrung kennen oder kennen könnten. KORZYBSKI nennt diese Welt die extensionale Welt. Jeder Mensch beginnt, wie andere Kreaturen auch, in der Kindheit seine Bekanntnschaft mit der extensionalen Welt zu machen. Im Gegensatz zu anderen Kreaturen beginnt er jedoch sehr früh, Berichte und Berichte über Berichte von Berichten in sich aufzunehmen. Außerdem werden Schlußfolgerungen aus Berichten, Schlußfolgerungen, die aus anderen Schlußfolgerungen gezogen werden, und so weiter übernommen. Bis ein Kind einige Jahre alt ist, zur Schule geht und Freunde gewonnen hat, hat es eine beträchliche Menge von Informationen aus zweiter Hand über Sitten, Erdkunde, Geschichte, Natur, Volk und Spiele angesammelt - und die Gesamtheit seiner Information bildet die verbale Welt.
KORZYBSKI benutzt nun die Metapher von der Landkarte und dem Gelände, wobei die verbale Welt zur extensionalen Welt in derselben Beziehung stehen sollte, wie die Landkarte zum Gelände. Wenn ein Kind mit einer verbalen Welt in seinem Kopf heranwächst, die einigermaßen genau der extensionalen Welt (also der Welt der unmittelbaren Erfahrung aus erster Hand) entspricht, dann ist es in verhältnismäßig geringer Gefahr, durch das, was es vorfindet, schockiert oder verletzt zu werden, weil seine verbale Welt ihm gesagt hat, was es mehr oder weniger erwarten kann. Es ist auf das Leben vorbereitet. Wenn es dagegen mit einer falschen Landkarte in seinem Kopf heranwächst - das heißt mit einem Kopf, der mit Irrtümern und Aberglauben vollgestopft ist -, dann wird es ständig in Schwierigkeiten geraten, sich vergeblich anstrengen und sich wie ein Narr benehmen. Es wird nicht der Welt, wie sie ist, angepaßt sein: vielmehr wird ein solches Kind später, wenn ein schwerer Mangel der Anpassung vorliegt, in einer Irrenanstalt landen.
Einige der Torheiten, die wir infolge falscher Landkarten in unseren Köpfen begehen, sind so alltäglich, daß wir sie nicht einmal für bemerkendswert halten. Es gibt Leute, die sich vor Unfällen dadurch schützen möchten, daß sie eine Kaninchenpfote bei sich tragen. Mansche weigern sich, im dreizehnten Stockwerk eines Hotels zu schlafen - ein Verhalten, das so allgemein ist, daß die meisten großen Hotels, sogar in den Hauptstädten unserer wissenschaftlichen Kultur, die Zahl 13 bei der Nummerierung ihrer Stockwerke überspringen. Manche legen ihrem Lebensplan astrologische Voraussagen zugrunde. Andere hoffen, ihre Zähne dadurch weißer zu machen, daß sie die Marke ihrer Zahnpasta wechseln. Alle diese Leute leben in verbalen Welten, die wenig, wenn überhaupt, Ähnlichkeit mit der extensionalen Welt haben.
Nun ist eine Landkarte, und mag sie noch so schön sein, für einen Reisenden wertlos, wenn sie nicht die Beziehungen der Orte zueinander und die Struktur des Gebiets genau anzeigt. Wenn wir zum Beispiel eine große Bucht am Ufer eines Sees aus künstlerischen Gründen einzeichnen, ist die Landkarte wertlos. Wenn wir aber nur aus Spaß Landkarten zeichnen, ohne irgendwie auf die Struktur der Gegend zu achten, dann kann nicht in der Welt uns hindern, alle die Extraschnörkel und Buchten an den Seen, Flüssen und Straßen anzubringen, die wir uns wünschen. Das wird solange nichts schaden, als niemand versucht, eine Wanderung aufgrund einer solchen Karte zu machen.
Ähnlich können wir mittels erdachter oder falscher Berichte oder infolge falscher Schlußfolgerungen aus guten Berichten mittels der Sprache willkürliche Landkarten herstellen, die keinen Bezug auf die extensionale Welt haben. Auch dies wird solange nichts schaden, als niemand den Irrtum begeht, solche Landkarten als Darstellung wirklicher Gegenden anzusehen.
Wir alle erben einen großen Teil nutzlosen Wissens und eine Menge falscher Informationen und Irrtümer (Landkarten, die früher für genau gehalten wurden), so daß immer ein Teil von dem, was uns erzählt wird, aufgegeben werden muß. Aber das kulturelle Erbe unserer Zivilisation, das uns überliefert ist - unser gesellschaftlich angesammeltes wissenschaftliches und humanes Wissen - wurde hauptsächlich deswegen für toll gehalten, weil wir glaubten, daß es uns genaue Landkarten von Erfahrungen vermittelt. Die Analogie von verbalen Welten mit Landkarten ist sehr wichtig, aber es gibt zwei Wege, auf denen wir falsche Landkarten in unsere Köpfe bekommen können: erstens, weil sie uns gegeben wurden; und zweitens: weil wir die richtigen Karten, die man uns gegeben hat, mißdeutet haben.