Wie und wann kam Gott in dein Leben?

Warum nicht. Hab ja nichts zu verbergen und zu schützen, aber ich hab Angst, mit schreiben zu beginnen, weil wenn ich nicht aufpaß, wirds wieder ein Buch. Es heißt ja: du sollst dich von deiner persönlichen Geschichte trennen, also trenn ich mich (wieder mal) von ihr - an dieser Stelle. Telegrammstil:

Als Kind: sehr viel innen, sehr viel Wundern und Staunen, über das Sein, über das Leben und viele Fragen im Kopf. Wie kann das sein? Wer hat das gemacht? Dieses Leben und wer ist dieser "liebe Gott", von dem sich alle erzählen? Und wer oder was bin eigentlich ich? Was ist "Ich"überhaupt, was bedeutet das? Ich bin ich, das ist keine Antwort. wie soll ich wissen, wohin, wenn ich über mich nicht mehr weiß, als das ich ein ich bin. Ich muß mehr erfahren über mich. Wenig Aufmerksamkeit im Schuluntericht, schlechter Schüler, schlechter Ministrant und Kreislaufkollaps bei der Firmung
Außen: Begegnung mit Aggression, Gewalt, Machthunger, Wetteifer. Wer hat das längste Zumpferl und den besten Bizeps > uninteressant: ab nach innen und still und leise weiterwundern. Über das Leben und über Gott. Das gibt mehr her und erscheint interessanter. Während die andern beginnen Ziele zu definieren find ich keins und meditier mich weg auf Gott und die Welt.
Später: Immer häufiger Begegnung mit Gewalt. Anfangs noch als Opfer, später auch als Täter. Nachdem ich fast totgeschlagen werde beschließe ich, daß mich jetzt niemand mehr berühren wird und ich verwandle mich in einen Täter. Das geht nicht so schnell. Der Wechsel zur Bösartigkeit vollzieht sich fließend und nicht in Stufen. Der Alkohol hilft mir dabei, die inneren Widerstände und moralischen Bedenken zu überwinden. Ich verschütte Unmengen davon. In die Leere in mir, die immer größer wird. Der Eintritt in die Lehre (Berufsausbildung) wird zum Einstieg in eine Säuferkarriere. Der Abstieg hat begonnen und geht rasch voran. Alkohol, Gewalt, Unrechtschaffenheit und Konflikte mit dem Gesetz der Menschen am laufenden Band. Es geht noch weiter runter, muß ich bemerken und stürze mich noch tiefer. Fast bis zum verlöschen des Bewußtseins und ich handle nur noch triebhaft wie ein Tier und nähre meinen Geist mit Alkohol. Er ist mein Gott, mein Lebensinhalt, mein einziger. Nur wenig Menschliches ist da noch in mir und langsam kommt dann doch die heißersehnte Verzweiflung über mich. Sehr, sehr dunkel ist es hier stelle ich betroffen fest. Und kein Ausweg in Sicht. Da höre ich diese Frage in meinem Kopf: "Gott, wo bist du, Gott?" Immer öfter kommt die Frage nun auch aus meinem Mund, wenn ich alleine, von meinen Freunden verlassen, durch die dunklen Gassen meines Reviers streife. Gott, wo bist du? rufe ich laut. Ich frage nicht, woher die Frage kommt. Ich wiederhole sie einfach. Immer und immer öfter und immer lauter. Noch suche ich ihn im Außen und trotz meiner menschlichen Zerstörtheit begegnet mir in diesem Außen eine Frau und sie nimmt mich auf, in ihr Herz. Wir führen drei Jahre schweren Krieg gegen mein betoniertes, steinhartes Ego aber es gelingt ihr unter Aufbietung aller Kräfte, meine Aufmerksamkeit nach Innen zu richten in meinen eigenen Seelengrund. Von nun an suche ich Gott nicht mehr im Außen sondern richte meine Gebete nach Innen. Es geht Aufwärts. Die erste Begegnung mit Renate hatte ich 1983. Damals hat der Umkehrschub eingesetzt und der Auftrieb war physisch zu spüren, aber wirklich aufgehört mit Saufen hab ich erst 86. Und eine Menge Unterscheidungen zwischen Wahn und Wirklichkeit (immer subjektiv zu verstehen) waren zu treffen, ehe ich zu dieser heutigen, relativen Gelassenheit finden konnte. Mir selbst und meinem Gott gegenüber. Er hat mir dieses Wesen von großer Unscheinbarkeit mit umgekehrt proportionaler, ungeheurer Kraft geschickt und doch hätte ich seine Hülle am Anfang fast zerstört, in meinem kranken Egowahn. Gott sei`s gedankt. Ich konnte zumindest die Freundschaft retten.

Wie immer keine schöne Geschichte vom leichten Fall und schweren Aufstieg einer herzigen, kleinen Kinderseele. Aber danke, daß ich sie hierher schreiben durfte. sie wird immer kürzer und Punktgenauer. Und je öfter ich diese Geschichte niederschreib und je kürzer sie wird, umso klarer wird mir, wer ich bin. Ich bin der verlorene Sohn auf seinem Weg nach Hause und ich weiß, mein Weg, der ist noch weit, denn bis zum Kragen bin ich voll mit Sünde *hihi* :) der sündenwuk
 
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.... will ich auch den kleinen Engel erwähnen, den ich so mit 4 oder 5 am Fenster vorbeifliegen sah. Ob das nun eine Projektion von irgendeinem persönlichen oder kollektiven Unbewußten war oder ein Aspekt Gottes, darüber denk ich herzlich wenig nach. Mir reichts, daß er da war. Die ganze mathematische Formel meines Lebens lang. :)
 
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Niemand schrieb:
Wenn alle Gedankenkonstrukte aufgelöst sind, geht man über den heiligen Geist in die Unendlichkeit ein. Dies ist aber unabhängig vom körperlichen Ableben. :)

Ha, das is gut. :banane: Jetzt weiß ich was ich als nächstes mache. Ich muß mein Konstrukt der umgekehrten Karrierepyramide auflösen, die da mit der Spitze im Erdreich steckt und deren Stufen ohne Ziel in die Unendlichkeit führen. Aber Gewalt werd ich keine mehr anwenden, bei der Entfernung dieses Konstruktes. Ich werde warten, bis es freiwillig zerfließt, so wie alles zerfließt, nach allen Seiten. Manchmal auch der :) steintreppenwuk
 
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