Guten Morgen Trekker
Ich musste erst etwas nachdenken.
Über viele Jahre hatte ich gehadert, weil ich ausgerechnet in dieser Familie geboren werden musste. Als ich dann mal las, dass man sich seine Familie sogar selber aussucht, fühlte sich das an wie ein Schlag ins Gesicht! Ich stiess aber immer wieder auf diese Aussage, so lange bis ich mich ernsthaft damit auseinandersetzte.
Viele Begegnungen mit äusserst oberflächlichen, arroganten Menschen, denen daheim alles in den Schoss gelegt wurde und die in keiner Weise bereit waren, den Sinn von überhaupt irgendetwas zu hinterfragen, waren hier hilfreich.
Auch heute werde ich fast täglich daran erinnert - gedankenlose Leute trifft man genug.
Meine Kindheit war schrecklich, das ist unbestreitbar.
Dennoch weiss ich heute, wie VIEL mich meine Eltern lehrten, indem sie mich an ihrem Leben teilnnehmen liessen! Und zwar beide.
Beide waren niemals in der Lage uns Kindern Liebe oder Geborgenheit zu geben. Schläge waren an der Tagesordnung.
Uns Kinder traf es oft bis ins Innerste, dass Tiere und Pflanzen mehr Aufmerksamkeit erhielten als wir.
Nun, die eine Schwester hat bis heute eine Abneigung gegen Viecher aller Art, die andere ist Tierärztin mit grünem Daumen, die dritte einfach irgendwie bodenständig.
Ich selber könnte manchmal traurig-wütend über die Menschheit drüber kot..., finde aber in fast jedem Individuum etwas "nettes" - das ich beschützen möchte - und bin sehr naturverbunden.
Mit anderen Eltern wäre die Liebe zur Natur nicht von klein auf so tief in mir verwurzelt geworden.
Mein Vater hat sich in diesem Leben sehr aufgerieben! Seine eigene Familie verzieh ihm nie, dass er eine Ausländerin geheiratet hat (und er war auch als Kind immer vor der Schwester zurückgesetzt). Er starb sehr früh, mit 65. Wir hatten alle das Gefühl, sein Herz ist zerbrochen. Nur hat jeder einer anderen Person die Schuld dafür gegeben...
Auf seine, ihm mögliche Weise, hat er sich tatsächlich für uns aufgeopfert! Auch als wir "gross" waren, hat er uns geholfen, wenn es ihm möglich war. Halt ohne viele Worte und oft schien es, als täte er es nicht freiwillig.
Ich kann das "Schlechte" nicht vergessen, sehe aber genauso gut, das "Gute" was er uns erleben liess.
Mutter sagte manchmal "er tut nur wieder so, als ob er wütend ist. Er darf gar nicht weich sein, die "hinten" (Grosseltern) machen ihn sonst fertig. Er spielt das nur, gut allerdings..."
Ja, er hat seine Rolle gut gespielt. Allerdings ist er in seinen letzten Jahren mir gegenüber viel verständnisvoller geworden. Und inniger. Vielleicht hatte ich meine/seine Lektion zur Genüge gelernt...
Du siehst, ich verstehe glaub ich schon, was du sagen möchtest
Ich nehme an, Vater und ich haben nicht zum letzten Mal miteinander gespielt. Seine Seele ist ziemlich verwundet, vielleicht bin ich beim nächsten Mal die, die ihn "heilen" kann...
Liebe Grüsse
Isidora