Wie ich in der DDR für einen Geheimagenten gehalten wurde

Ich kenne den deutsch/deutschen Grenzübergang nur durch meinen Onkel: er wurde am Grenzübergang in Berlin von Ostdeutschen gefragt, , wohin er reisen möchte. Ostberlin, antwortete er. Der ostdeutsche Grenzer meinte schroff und laut: Sie wollen in die Hauptstadt der Deutschen Demokratischen Republik einreisen.

Hihi .... ja, das hätte ich nun wieder gewusst.
Es gab damals wohl ein "Westberlin" - aber kein "Ost-Berlin!". :)
 
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Zu Lügen hätte ich Angst gehabt weil dann wäre ich mit den nachfolgenden Erklärungen nicht mehr glaubwürdig gewesen.

Richtig bemerkt!
Baut man ein Lügengebäude auf, so ist es verdammt schwer, dieses Gebäude aufrecht zu erhalten.
Der bequeme und sichere Weg ist der Weg der Wahrheit.
 
Ich gebe nun mal meine Antwort auf die Frage des Genossen Major:
Sie war wahnsinnig originell: “Ach, nichts …”


Und das Grenzorgan hatte wohl seinen guten Tag und nahm mir das mal ab. Dafür wurde nun aber mein R4 einer gründlichen Leibesvisitation unterzogen. Zunächst gab es die üblichen Fragen, die jeder DDR-Reisende sicher noch kennt.


“Führen sie Waffen und Munition mit sich?”


Man war dann immer versucht zu sagen: “Wieso? Braucht man das hier?”

Oder auch: “Gut, dass Sie fragen! Jetzt hab ich doch tatsächlich mein Maschinengewehr zu Hause liegen lassen … können Sie mir sagen, wie ich hier eins kaufen kann? Ich brauch das ….”


Doch solche Antworten gab man besser nicht. Die Grenzorgane waren da merkwürdig humorlos. Ich sagte also brav, ich führe keine Waffen mit mir … also nicht, dass ich jetzt wüsste … höchstens Waffen des Geistes … und so.


Und dann die nächste Frage: “Gänsefleisch …?”


Ja, richtig, Gänsefleisch! Oder im vollen Wortlaut: “Genn Se vlleisch ……?”
Oder noch deutlicher: “Können Sie vielleicht Ihren Kofferraum aufmachen?”

Und dann kam für mich noch die Frage: “Können Sie nun noch Ihre Rückbank umklappen?”

Und da gab es ein kleines Problem.

Die Kontrollen waren damals gründlich. Sogar ein sogenannter “Spiegelwagen” wurde unter das Auto geschoben, um zu sehen, ob da etwas oder gar jemand versteckt sei! Und dann sollte ich also noch die Rückbank umklappen. Nun ist es so, dass ich von Autos nicht so viel verstehe. Ich unterscheide sie nach der Farbe: Rote, blaue, schwarze, weiße und so.


Ich hatte bisher noch nie die Rückbank meines R4 umgeklappt, weil ich echt der Meinung war, das ginge beim R4 gar nicht. Doch das Genzorgan sagte mir, noch nicht mal unfreundlich, das ginge doch! Und der Genosse Major zeigte mir sogar hilfreich, wie es geht! Ich war bass erstaunt! Die Rückbank war echt umklappbar! Wieder mal was gelernt! Reisen bildet, heißt es ja so schön und treffend.



Und die Moral von der Geschicht:

Kennst du dein eignes Auto nicht,
fahr in die DDR,
Da kriegst du’s beigebricht!

Reim dich - oder ich fress dich!
 
Ich gebe nun mal meine Antwort auf die Frage des Genossen Major:
Sie war wahnsinnig originell: “Ach, nichts …”

...
Und das Grenzorgan hatte wohl seinen guten Tag und nahm mir das mal ab.

(y)

es hat die Chemie zwischen Euch gestimmt, oder der Genosse Major war Menschenkenner...Du schautest harmlos aus :D

notabene, wenn ich mit meinen Hunden mit den Öffis unterwegs bin, und sie zwar Maulkorb angehängt haben, aber nicht 100%ig vorschriftsgemäß, dann hängt es von Gemüt und Parteizugehörigkeit des Beamten ab, wie er reagiert...in welcher Form ich belehrt werde...:cool:

Uns ist bei finalem Grenzübergang Polen/CSSR Folgendes passiert: meine Mutter nähte die wichtigen Dokumente in einen kleinen Polster ein. Beim Zoll began sie zu zittern...ich reagierte als Teenie schnell, lachend sagte ich : Mama, was ist los, schmugelst du etwas...?
Und schaute dabei den Zöllner an. Nix passierte. Dafür ein Junge, so ca. 15, wurde angehalten, er konnte nicht ausreisen, weil er ein Paket Bettwäsche mithatte (Überzüge) und da er seine Tante in Paris besuchte, schaute es für Grenzer nach Fluchtabsicht aus.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Uns ist bei finalem Grenzübergang Polen/CSSR Folgendes passiert: meine Mutter nähte die wichtigen Dokumente in einen kleinen Polster ein. Beim Zoll began sie zu zittern...ich reagierte als Teenie schnell, lachend sagte ich : Mama, was ist los, schmugelst du etwas...?
Und schaute dabei den Zöllner an. Nix passierte. Dafür ein Junge, so ca. 15, wurde angehalten, er konnte nicht ausreisen, weil er ein Paket Bettwäsche mithatte (Überzüge) und da er seine Tante in Paris besuchte, schaute es für Grenzer nach Fluchtabsicht aus.

Das erinnert mich jetzt an eine Einreise in die damals noch real existierende CSSR vor langen Jahren.
Wir waren eine große Studentengruppe in einem Bus.
Nach dem Grenz-Übertritt fehlte dann einer der Studenten.

Wie sich herausstellte, war es so: Auf seinem Pass-Foto war er ohne Bart, inzwischen aber trug er einen Bart. Er wurde wieder zurückgeschickt und musste irgendwo in einem bayrischen Grenzdorf zum Friseur, um sich den Bart abnehmen zu lassen. Am nächsten Tag durfte er dann als Nachzügler per Eisenbahn nach Prag fahren.

Wir überlegten, was gewesen wäre, wenn er auf dem Pass-Foto einen Bart getragen hätte, in der Wirklichkeit aber keinen. Hätte er dann so lange warten müssen, bis der Bart nachgewachsen war? :cool:
 
Ja...erinnert mich wiederum an Albanien: da durften die Jungs mit langen Haaren in den späten Siebzigern (vermutlich auch davor und lange danach ... ) nicht einreisen.
 
Du schautest harmlos aus :D

Nun, Harmlosigkeit war damals aber durchaus kein Grund, nicht doch schikaniert zu werden.
Ich nehme mal an, ich hatte es damals mit einem Grenz-Organ der menschlicheren Art zu tun.
Wie sich auch später zeigte, als er mir geradezu freundlich erklärte, wie man die Rückbank des R4 umklappt.

Unheimlich war mir dann wieder die Szene mit dem Spiegelwagen, der unter den R4 geschoben wurde.
Dachten die im Ernst, ich wollte unter dem Auto-Fahrgestell einen Menschen ins Land schmuggeln? :eek:
 
und ich bin weiter in meinen Grenzerinnerungen versunken: so richtig unheimlich war es mir, als ich 1976 die Grenze zwischen Jugoslawien und Bulgarien passierte, auf dem Weg nach Istanbul. Uns wurden Pässe abgenommen und erst nach einer Stunde wieder zurückgegeben. Ein seltsames Gefühl überkam mich als ehemaliger Flüchtling aus einem Staat des Warschauer Paktes während der Wartezeit: ohne Pass an der Grenze zwischen zwei kommunistischen Staaten zu stecken...
 
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Man könnte direkt mal ein eigenes Thema "Grenz-Übergänge" aufmachen.

Auch bei Einreisen nach Frankreich, England, Belgien, Vietnam, USA und auch in die Schweiz ist mir Erzählenswertes passiert.

Besonders unangenehm fand ich die Einreise in die USA mit den besonders ruppigen Grenzbeamten. Ob die vorher alle noch einen Kurs machen müssen, wo ihnen das Lächeln abtrainiert wird? Und dann wurde mir noch der gesamte Reise-Proviant abgenommen. Das fand ich so richtig un-menschlich.

Bei meiner ersten Einreise nach Russland waren die Grenzbeamten alles Frauen mit eindrucksvollen Uniformen und riesigen militärischen Hüten - wie frisch aus einem Kriegsfilm. Und sie guckten alle sehr ernst. Mir war klar, dass sie dienstlich ernst gucken mussten, aber in echt wohl durchaus nette Menschen waren.

Und bei der zweiten Einreise nach Russland trug die Grenzbeamtin ein schönes farbiges ziviles Kleid.
Und als sie mein Pass-Foto mit meinem realen Gesicht verglich, geschah ein kleines Wunder: Sie lächelte mich freundlich an - so richtig von Mensch zu Mensch! Das werde ich nie vergessen.
 
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