Meine Eltern hätten mich nie unterrichten können, in meiner Familie war ich die einzige, die aufs Gymnasium gegangen ist und die Matura geschafft hat.
Das liegt nicht daran, daß meine Eltern dumm waren, aber sie sind auf die Hauptschule gegangen und haben nicht alles gewusst, abgesehen davon ändert sich der Wissenstand ja sehr schnell, das hätten sie mit Gymnasium auch nicht geschafft.
Meine Mutter hat das gewusst und mir in der ersten Klasse Volksschule gesagt, wie ich wollte, daß sie mit mir lernt und Hausaufgaben macht, daß ich das alleine machen muß, irgendwann kann sie mir nicht mehr helfen und dann schaff ich es nicht, weil ich nicht gelernt habe, alleine zu lernen und verantwortlich zu sein.
Das hat mir geholfen, brauchte nie einen Nachhilfelehrer. In meiner Klasse in der Volksschule und später am Gymnasium war ich die einzige.
Hat meiner Mutter viel Ärger erspart, es gab nie Diskussionen, ob die Hausaufgaben gemacht waren oder nicht, ich war selbst verantwortlich, wurde nie kontrolliert, hatte ich sie nicht, hab ich die Konsequenzen tragen müssen.
So erzieht man zu Selbstständigkeit.
Was dann in der Uni kein Nachteil war.
Und ja, ich habe die ganze Zeit gezeichnet in der Schule, von der ersten Klasse bis zur Matura, die Lehrer haben es akzeptiert, eben weil ich gut war und immer alles gewusst habe, wenn man mich gefragt hat.
Ich hab in der Stunde dann auch oft die Lehrbücher gelesen, weil mir langweilig war, war nicht schlecht.
Vielleicht wären eine ganze Menge Kinder in der Schulzeit nicht so gestresst, wenn die Eltern zuhause nicht so einen Druck mit dem lernen machen würden und das Kind lernen dann mit Ärger und Strafen verbinden würden. Aber dazu müsste man die Eigenverantwortung für alles, was mit der Schule zu tun hat, schon ganz am Anfang an das Kind abgeben.
Aber was anderes, es gibt eine ganze Menge Kinder, die es zuhause nicht so gut haben, die geschlagen werden und so, das sind nicht wenige.
Die sind froh, wenn sie wenigstens am Vormittag in der Schule einigermaßen sicher sind und für deren Eltern ist es eine Hemmschwelle, daß Kind so zu verletzen, daß es jemand merkt.
Ich glaube, es würden eine ganze Menge Kinder einfach verschwinden, wenn die Kontrolle des Schulbesuchs fehlen würde und draufkommen würde man auch nur sehr schwer. Genauso bei Verwahrlosung, was geschieht denn mit diesen Kindern? Sieht ja keiner mehr. Kontrolliert keiner, bis das Kind eine Prüfung ablegen müsste, kann es schon zu spät sein.
Fällt die Schulpflicht weg, kann jeder für sich beanspruchen, das Kind zu Hause zu behalten, jeder.
Kinder gelten immer noch als Besitz, mit dem man machen kann, was man will.
Die staatliche Kontrolle darüber ist denen ein Dorn im Auge.
Aber Kinder müssen auch mal weg von zuhause können, andere Kinder kennenlernen, die sich nicht in den gleichen Gruppen wie ihre Eltern bewegen.
Was ist mit Kindern, die religiöse Eltern haben wie Zeugen Jehovas? Ich kenne eine ganze Menge davon, die würden ihre Kinder sofort auf eine Schule schicken, die ihre Glaubensinhalte lehrt. Wie können solche Kinder dann lernen, daß es auch noch was anderes gibt, daß vielleicht doch nicht der Rest der Menschheit ausgelöscht wird?
Wie können diese Kinder Kontakte knüpfen, um an andere Freunde und Denkinhalte zu gelangen und vielleicht mal ein selbstbestimmtes Leben ohne Angst zu führen?