tote Babys

Ich glaube, die "Fähigkeit" zu so einem Gewaltakt gegen sich selber und sein Neugeborenes hat oder vor allem etwas damit zu tun, ob man in Wahnzustände geraten kann oder nicht. Darüber hinaus, können sich die meisten von uns die psychische und soziale Situation der Täterinnen vermutlich nicht mal vorstellen.

Das versteh ich nämlich nicht an den Reaktionen auf all diese Fälle:
Da wird immer so getan, als ob die Täterinnen willentlich und bewusst gehandelt hätten. Und dann bringt man ihnen Wut und Hass und andere negative Gefühle entgegen.

Die Gefühle sind da ganz klar schwarz-und-weiß verteilt: Liebe fürs Baby, Hass für die Mutter.

Das zu analysieren, find ich auch wichtig. Es muss ja nicht in jedem ein potenzieller Kindsmörder stecken (jedenfalls nicht mehr, wer weiß, was aus uns allen unter den widrigsten Umständen geworden wäre...), aber dieser Hass könnte schon auf nicht integrierten Schatten beruhen.

Gewalt gegen Kinder, die ja nicht autark genug sind, sich zu wehren, hat schließlich viele Gesichter. Auch wer sich selbst für sein Kind aufgibt, handelt mMn gewalttätig (passiv-aggressiv). In D ist ein Buch der Renner, in dem geraten wird, Babys schreien zu lassen, wenn sie nicht alleine in ihrem Bettchen schlafen wollen. Es werden sogar Tipps gegeben, wie man seinen Wunsch, das Kind hochzunehmen überwinden kann. Also quasi wie verlerne ich meine natürlichen Instinkte. Es ist halt ein schmaler Grat zwischen Selbstaufgabe und Vernachlässigung. Und die Gewalt ist immer auch Gewalt sich selber gegenüber.

So, meine Gedanken zum Thema.

LG von Sansara
 
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Du meinst sicher "Jedes Kind kann schlafen lernen" - na das war ein Rohrkrepierer erster Klasse. Ich war so verzweifelt, dass ich einen Tipp versucht und gleich wieder aufgeben habe. Nie wieder würde ich das versuchen.
Das Buch gehört verboten, das ist Kindesquälerei.
 

Also, liebe Thundercat, prinzipiell kann ich mir bei mir alles vorstellen, denn ich denke, mit genügend Rechtfertigung ist jeder Mensch auch zu allem fähig. Ich brauche mir zum Beispiel nur mal auszumalen, wozu ich fähig wäre, wenn jemand meinen Kindern etwas angetan hätte....*mord*

Und wenn ich eine psychische Störung bekommen würde, wer weiß, wozu ich dann fähig wäre? Kann jeder Mensch für sich wirklich die Hand ins Feuer legen, irgendetwas NIEMALS zu tun? Ich kann sagen: Ich HABE dies und das noch nie getan, also kann man errechnen, dass ich wahrscheinlich es nie tun würde - aber weisst Du wirklich, ob Du nicht - z.B. im Krieg und bei entsetzlichen Situationen auch zu "Greueltaten" fähig wärest? Stell Dir nur mal bildlich vor, dass jemand Deine Kinder bedroht......




Der einzige Unterschied ist wahrscheinlich der, dass ich nicht Verachtung für den Täter verspüre - oder zumindest nicht in den Ausmaß, wie es "sich gehören würde". Ich denke mir, dass jede Tat ihre Vorgeschichte hat.​

Und dass es schrecklich sein muss, in einer Situation zu sein, in der man so handelt. Sagen wir es einmal kurzgefasst so: Ich möchte nicht in der Haut des Babies gesteckt sein. Ich möchte aber auch nicht in der Haut des Täters gesteckt sein.​



Fragst Du wirklich? Würdest Du wirklich die Beweggründe des Täters gerne verstehen? Würdest Du wirklich Dich gerne ernsthaft und intensiv mit der Vorgeschichte und den Beweggründen, die zu der Tat geführt haben, beschäftigen wollen? Spür einfach mal hin, ob Du das wollen würdest, oder ob es da eine Abwehrhaltung gibt.​


Liebe Thundercat, in unserer weit verzweigten Riesenfamilie gabs schon viele "Opfer", aber auch viele "Täter". Und alle waren Menschen, mit Gefühlen, mit Hoffnungen, mit dem Wunsch nach Liebe und..und..und. Die "Täter" waren Menschen wie Du und ich, nur mit anderer Vorgeschichte - eben mit ihrer ganz persönlichen "Rechtfertigung", die es braucht, um zum Täter zu werden.​


Liebe thundercat, ich bin dem Leben dankbar, dass ich niemals so handeln hatte müssen, dass ich niemals diese Summe von Ereignissen erlebt hatte, die mich soweit gebracht hätten, dass ich niemals eine schwerwiegende psychische Störung durchmachte oder ähnliches. Ich stell mir das schrecklich vor. Schuldig sein. Ausgerastet zu sein. Sein eigenes Kind umgebracht zu haben. Wenn eine schwere psychische Störung vorliegt, es vielleicht nicht mal zu wissen.

Und ich glaube, keiner von uns würde gerne diesen Part übernehmen...

Liebe Grüße
Reinfriede


Hallo,

dieser Beitrag von Reinfriede erspart mir eine Menge Schreiberei und ich muss nicht nach worten suchen um nicht falsch verstanden zu werden.

ich kann mich damit absolut identifizieren............sehr gut geschrieben, Reinfriede:liebe1:

Wobei, ich noch dazusagen möchte, dass im 1. Moment, wenn ich so etwas lese oder im Fernseher sehe, die Wut darüber hochkommt, dass man einem so unschuldigen Wesen etwas antun kann.........und wenn meine Denkmaschinerie in gang gesetzt wird, kommen mir eben die von reinfriede genannten gedanken dazu.
 
Hallo Katarina,

Mich würde interessieren, wie das bei Euch ist. Was fühlt Ihr, wenn Ihr mit derartigen Nachrichten konfrontiert werdet? Seit Ihr wütend, traurig, total betroffen und/oder verdrängt Ihr sofort eventuell aufkommende Gefühle?
ich finde es traurig, dass sowas passiert, denke aber gleichzeitig, dass ich
sowas selbst hätte tun können wenn ich in genau der gleichen Situation
stecken würde. Die genaue Situation lässt sich aber über die Medien nur
schlecht vermitteln... das was beim Leser ankommt ist völlig aus dem Kontext
gerissen und, je nach Zeitung/Zeitschrift, geschmückt mit falscher Information
und/oder Halbwahrheiten.

... deswegen schaue ich kein Fernsehen, lese keine Klatsch-Zeitschriften und
Zeitungen mehr. Stattdessen schaue ich mich sehr gezielt bestimmte
Nachrichten im Internet an und das wars. Ich kann damit prima leben und
habe wesentlich weniger Streß.

Liebe Grüße,
Jeroen
 
Liebe Reinfriede,

Also, ich denke, wenn mich etwas gar so sehr berührt, "verstehe" ich tief drinnen in mir - ganz heimlich und eingeschlossen in meiner Seele - die verzweifelten Beweggründe des "Täters", nur will ich dieses Verständnis nie und nimmer an die Oberfläche lassen, weil es nur eine Seite geben darf: Die gute, die moralische, die heilige. Ich "darf" nur eine Seite vertreten - das ist das Dilemma.

grundsätzlich sehe ich das wie Du, allerdings gehe ich einen Schritt weiter. Die wirklichen tiefen Emotionen, der Haß auf den Täter, das Unverständnis, das jemand so eine Tat begehen kann, zeigt auf, daß da in einem selbst noch etwas ist, was nicht geheilt ist. D.h. man hat diese Situation in irgendeiner Form schon einmal erlebt, in irgendeinem Leben, sei es als Täter (man verdrängt es, weil man Schuldgefühle hat) oder als Opfer (in dessen Rolle man immer noch steckt, weil man es noch nicht geheilt hat).

Es kann sein, daß man derart verdrängt, daß man NICHTS fühlt, man ist absolut blockiert, weil man dieses Erlebte einfach nicht hochkommen lassen will. Ist man allerdings auch nur ein klein wenig offen, lebt aufmerksam, dann kommen diese Dinge hoch (sofern da etwas ist, was geheilt werden will). Je größer der Haß zum Beispiel auf so eine Mutter, umso größer das Leid, das in einem steckt, was geheilt werden will.

Ich glaube, in dem Moment, in dem man/frau anerkennen kann, dass die Täterin auch bemitleidenswert ist, wird dieses Polarisierungsbedürfnis zugunsten einer allgemeinen Trauer weichen.

Wenn man erkannt hat, daß man selbst in sich auch so einen Täter "hat", spürt man kein Mitleid, man sieht den Täter, wie er ist. Da ist keine Wertung, er ist weder gut noch schlecht, er ist was er ist. Da ist kein Haß, keine Verurteilung und auch kein Mitleid. Was nicht mit Gleichgültigkeit zu verwechseln ist, die da ist, wenn man absolut blockiert.

Liebe Grüße
Gabi
 
Hallo Reinfriede,
*amkopfkratz* ich glaube ich verstehe, was du sagen willst...prügeln ist eh nicht meine Art.
Es ist nicht so:
Das versteh ich nämlich nicht an den Reaktionen auf all diese Fälle:Da wird immer so getan, als ob die Täterinnen willentlich und bewusst gehandelt hätten. Und dann bringt man ihnen Wut und Hass und andere negative Gefühle entgegen.
Die Gefühle sind da ganz klar schwarz-und-weiß verteilt: Liebe fürs Baby, Hass für die Mutter.
...so fühle ich nicht.
Wenn meine ältere Kleine mal ein wenig viel anstrengend ist, dann kann ich schon verstehen, daß manche Menschen sich nicht beherrschen können und ...wasweißichwas an ihren Kindern auslassen. Dann fühle ich mit, kann diese Gefühle nachvollziehen. Kann auch "verstehen" dass man ausflippt und den Kindern etwas antut. Trotzdem habe ich das Verlangen nicht. Ich denke nur in solchen Situation daran und bin froh, daß ich nervenstärker bin.
Doch bei Babys fehlt mir dieses Verständnis total, da könnte ich heulen. *habehnahamwassergebaut*
Historisches Beispiel: Marie Antoinettes Ausspruch, als ihr zu Ohren gekommen war, dass das Volk hungern würde, wortwörtlich "kein Brot hätte", war: "Dann sollen sie doch Kuchen essen!" Sie hatte nie gelernt, was Hunger ist - es berührte sie nicht, keine Resonanz.
Ja, den kenne ich. Es gibt zwei Möglichkeiten entweder war sie so naiv (ich kenne sie nicht näher) oder Sarkasmus pur. Ich habe auch noch nie hungern müssen, dennoch würde ich mir Gedanken darüber machen. Es betrifft mich und ich weiß wieder nicht warum?
Also, ich denke, wenn mich etwas gar so sehr berührt, "verstehe" ich tief drinnen in mir - ganz heimlich und eingeschlossen in meiner Seele - die verzweifelten Beweggründe des "Täters", nur will ich dieses Verständnis nie und nimmer an die Oberfläche lassen, weil es nur eine Seite geben darf: Die gute, die moralische, die heilige. Ich "darf" nur eine Seite vertreten - das ist das Dilemma.
In diesem Fall, glaube ich, ist das nicht so. Ich kann die Handlung wahrscheinlich dann wohl nachvollziehen, aber kein Verständnis entwickeln. Widerspricht sich das?
Ich glaube, in dem Moment, in dem man/frau anerkennen kann, dass die Täterin auch bemitleidenswert ist, wird dieses Polarisierungsbedürfnis zugunsten einer allgemeinen Trauer weichen.
hm...kann ich "eigentlich", ich weiß ja, das alles so ist, wie es ist, doch bei diesen Nachrichten überwältigen mich halt die Gefühle...
Ich weiß nicht ob es jetzt nicht zu off topic ist: Ich habe z.B. bei dem Terroranschlag vom 11. September auch weinen müssen, als ich es zum ersten Mal im Radio hörte. Jedesmal wenn die Bilder sehe, bekomme ich noch eine Gänsehaut. Wenn ich jedoch die Tsunami-Bilder und Berichte sehe, tut sich bei mir nichts. Nicht, dass sich gar nichts tut - doch die Gefühle sind ganz anders, es läßt mich mehr kalt...
Ich hoffe, du verstehst.
Eberesche
 
Ich glaube da hast du Reinfriede und auch du Papacha etwas missverstanden!

Ich sage nicht das ich nie Täter sein könnte.........aber ich gehe für mich persönlich so weit das ich sage das ich bei einem Baby NICHT Täter werden könnte!

Ja ich gestehe das ich sogar schonmal fast Täter geworden wäre...........da gings um meine Kinder........und in diesem Fall oder wenn es um das Leben meines Mannes oder meins ginge könnte ich durchaus auch Täter werden/sein!

Psychische Störungen schließe ich derzeit aus.........d.h. sie kommen in meinem Gedankengang nicht vor!
Irgendwie ginge mir das zu weit!

In sofern zu weit das ich da auf mein soziales Umfeld vertraue das es nicht zuließe das es soweit käme.
In sofern auch zu weit das ich mich nicht so weit in das Leben dieser Täter hineinversetzen will.

Ich picke mal "Einzelfälle" heraus:

Wo ist die tatsächliche und objektive Niot einer Frau die gleich über mehrere Jahre hinweg immer wieder ihre Babys tötet (warens 6 oder gar mehr?.....ich glaub letztes Jahr).

Und nun der aktuelle Fall........die Babys standen ihr betr. berufl. Planung im Weg!?

Mitgefühl?
Bestimmt nicht!
Verständnis?
Ganz sicher noch weniger!

Ja ich frage nach dem "Warum"........denke aber eher das diese Frage wohl an mich selbst gerichtet ist.....im Sinne von "Warum hats keiner verhindert"!
Auf die Frage "Warum tut jemand sowas" gäbe es eh keine Antwort die ich akzeptieren oder gar für mich selbst nachvollziehen könnte!

Verantwortung?
Trägt m.E. nicht der/die Täter/in allein.
Da fragt sich wie ignorant das Umfeld da wieder war, wie gleichgültig!
Womit wir bei Papachas Thema wären........eben warum alle wegsehen!?
 
Psychische Störungen schließe ich derzeit aus.........d.h. sie kommen in meinem Gedankengang nicht vor!


In sofern auch zu weit das ich mich nicht so weit in das Leben dieser Täter hineinversetzen will.


Mitgefühl?
Bestimmt nicht!
Verständnis?
Ganz sicher noch weniger!

Auf die Frage "Warum tut jemand sowas" gäbe es eh keine Antwort die ich akzeptieren oder gar für mich selbst nachvollziehen könnte!

Verantwortung?
Trägt m.E. nicht der/die Täter/in allein.
Da fragt sich wie ignorant das Umfeld da wieder war, wie gleichgültig!

Womit wir bei Papachas Thema wären........eben warum alle wegsehen!?

Liebe Thundercat!

Ich habe einiges aus Deinem Posting fett unterlegt. Deine letzte (rote) Frage beantwortet sich mit eben diesen fett unterlegten Zeilen.

Wenn ich nämlich NICHT WISSEN WILL, was die Beweggründe für solche Taten sind, werde ich sie auch niemals verhindern können.

Prävention etc. - das sind alles mühsam erarbeitete Gebiete, die in erster Linie auf VERSTÄNDNIS und Wissen um die Hintergründe, Ursachen, Beweggründe aufgebaut sind.

Liebe Grüße
Reinfriede
 
Liebe Reinfriede :)



Ja. Aber dazu muss vermutlich erst einmal zugelassen werden, dass man selbst diese Täterin sein könnte.

Als mein Sohn verstorben war, war es gar nicht so leicht für mich, mit meiner Wut auf ihn klar zu kommen. Ganz schlimm war auch die Wut, die hochkam, wenn mir andere Mütter mit ihren Kindern in der Karre entgegenkamen. Nicht nur einmal verspürte ich den Impuls, diese Kinder aus der Karre zu reißen und ihnen etwas anzutun. Darauf folgte ziemliches Entsetzen und es brauchte Zeit, ehe ich mir diese geradezu mörderische Wut zugestehen konnte, die Bestandteil meiner Trauer war. Seither mag ich nicht mehr polarisieren - es hat sich schlicht erübrigt.

Lieben Gruß
Rita

Liebe Rita!

Danke für deinen Mut, über diese Zeit zu sprechen.

Das ist ein sehr anschauliches Beispiel dafür, dass JEDER Mensch in eine Situation kommen kann, in der er lernen kann, dass es immer Gründe für alles gibt....

Nichts passiert ohne Grund...

Liebe Grüße
Reinfriede
 
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Da gebe ich dir recht, das du es markiert hast hat mir da jetzt echt geholfen!

Allein mir verschließt sich das letztendliche Verständnis eine solche Tat dann auch auszuüben.

Ja Menschen verschließen Augen und Herzen........jeder ist sich selbst der Nächste und keiner schaut mehr was beim andern los ist.
OK vll. schauen die Leute noch........aber vll. eher aus Sensationsgier und nicht weil sie tatsächlich was tun wollen..........helfen eben.

Diese Frage hatten wir ja auch im Thread betr. Abtreibung betr. Salisea und ihrer angeblich besten Freundin!

So gesehen wären am Ende die Täter doch nicht die Täter sondern selber Opfer und die wahren Täter befänden sich mindst. im direkten Umfeld!?

Trotzdem bleibt die letzte und tragende Entscheidung eine solche Tat zu begehen bei den ausführenden Tätern..........d.h. ihnen obliegt die letzte Verantwortung eben diese Tat doch nicht auszuführen.
Ihnen obliegt die letzte Verantwortung (sowas wie die letzte Instanz) zu entscheiden wie sie sich "des Problems" entledigen!

Es ist und bleibt wohl eher ein Zusammenspiel mit mehreren Verantwortlichen..........wobei am Ende meist eben nur der Ausführende im Rampenlicht und vor Gericht steht!
Da müsste wohl angesetzt werden und dies nicht nur auf moralischer Ebene..........sondern eben auch mit gesetzl. Handhabe gegen die "Mittäter" (vll. eben auch Verursacher)!

Nach wie vor empfinde ich Wut und Verachtung beim Gedanken an die Täter..........ebenso wie beim Gedanken an das unfähige Umfeld dieser Täter.
 
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