Hallo
was soll ich mir meinen Schatten anschauen? Weil, wenn ich das ohne bestimmte Bedingungen tue, dann könnte ich davon nichts haben.
Annehmen kann ich diesen Schatten aber, wenn ich begreife, dass so viele andere (wenn nicht alle!) einen ebenso ungeheuren Schatten mit sich herum tragen. Es ist ziemlich drastisch, wie viel Schatten es gibt.
Und der Schatten ist ein Triebbündel: Ich will das, nicht das; du sollst mir das, nicht das, ich BIN das, und nicht das, ich erlaube mir das, nicht das. Und du erst recht nicht.
Indem ich erkenne, dass ich nicht der einzige bin, der einen Schatten und nicht erhabene Persönlichkeitsmerkmale hat, eine Sau ist, kann ich mir sagen, gut, okay. Ja verdammt, sogar der Mensch ist ein Schatten an sich. So ein Klotz von impertinenter Unvollkommenheit - das Einzige, was stört, ist der harmonische Teil in uns, der möchte, dass wir so klug, nett oder toll sind, wenn auch nur in unseren Augen. Denn das sind wir nicht.
Der Schatten ist immer mit der Persönlichkeit verbunden, mit dem, was wir sind. Es ist die grösste Lüge, meiner Meinung nach, dass man den Schatten einfach ablegen kann. Man kann ihn integrieren, ja, vielleicht etwas verändern in der Tragweite. Aber es kann immer Reize von aussen geben, wo die persönlichen Schmerzgrenzen angetestet werden, und wenn das so weit kommt, dass der Schatten mich in eine Grube drängt, vor allem weil andere ihren Schatten ausleben, sage ich mir seit neuem: Verdammt, es gibt wichtigeres, als ein Schattendasein zu führen. Was habe ich davon? Es gibt nichts zu gewinnen, ausser den Schatten zu nähren.
Der Schatten kennt viele Gesichter.
Ich denke, dass ein Indiz eines "kleinen Schattens" bei vielen ist, bestimmte Dinge besser wissen zu wollen, ohne es wirklich besser zu wissen. Sie hätten es gerne so, und glauben so sehr daran, dass sie es besser wissen, aber in Wahrheit wollen sie etwas bestimmtes, etwas anderes. Wissen aber hat man (mit Gewissheit), oder nicht, das kann man nicht wollen. Egal wen man trifft, auf der Straße zB, jeder macht ja mal den Mund auf und bei zehn Sätzen ist mindestens ein Satz dabei, der gelogen ist, oder verschönert, oder sonstwie entstellt von dem, was wirklich "ist". Der Mensch redet so auch zu sich selbst. Seine Wirklichkeit ist schon ein Schatten seiner Selbst. Die Wahrnehmung dreht sich immer um dieselben Dinge, die man gestern schon beschwörte.
Man will das Opfer sein, oder man will es nicht. Und es gibt Dinge, von denen kann man sich nicht befreien. Ich kämpfe zB in Sachen Beziehungen um gewisse Dinge, von denen ich mich befreien will, aber es geht nicht, weil ich so bin, wie ich bin. Weil es Verhaftung gibt. Und es gibt Leute aus meinem Umfeld, denen passt es nicht - sie wollen anscheinend gerne, dass ich anders bin, damit sie ihre eigene Ungereimtheit nicht bemerken, weil die meisten Ungereimtheiten entstehen aus der Dynamik dessen, was geschehen ist. Ganz normal, dass gewisse Dinge in einem gewissen Kontext geschehen. Jeder hat seine Ansichten, seine Wahrheiten, wie man darüber denkt und empfindet, und wenn jemand daran rührt, zB mir zu sagen, "deine Wahrheit , die Dinge so zu sehen, ist falsch", dann bin ich persönlich gekränkt. Denn ob der Schatten nun den Menschen in der Hand hat oder nicht, man kann nur so sein, wie man ist. Bessere Menschen sind die, die andere so lassen, wie sie sind (sofern diese so bleiben wollen; - andererseits ist es sicher gütig, wenn Jesus kommt , mir die Hand auflegt und mich plötzlich vom Menschsein entkleidet; aber da könnte ich mich ja nicht mehr blicken lassen vor anderen; das würde andere ja geradezu kränken. Solange es Schatten gibt, müssen alle Menschen , die Schatten haben, auch an anderen Schatten sehen können, sonst fühlen sie sich entfremdet. Jedenfalls gilt das für 90% der Bevölkerung ).
LG
Stefan