Die früheren Meister haben immer ihren Vormeister verehrt.
"Kabîr's Leben war immer das Einfachste. Als sein Ruhm und die Zahl seiner Schüler wuchs, drängte einer von ihnen darauf, äußerlicher Prunk sei notwendig für seine Position, weil es ihn an seine eigenen Erfahrungen auf dem Stoffmarkt erinnerte. Weil Kabîr diesen Enthusiasten auf direkte Weise nicht überzeugen konnte, nahm Kabîr ihn mit einem Palast in der Nachbarschaft, der durch Raja Bir Singh besetzt war. Der Pförtner am Haupttor verweigerte ihnen den Eintritt und auf Kabîr's Anfrage, dass zwei Pilger die Nacht in diesem Gasthaus verbringen sollten, meinte der Pförtner, dies sei Raja's Palast. Kabîr wies darauf hin, dass dies ein Gasthaus sei, und der Krach dieser Auseinandersetzung führte dazu, dass Raja aufmerksam wurde. Von diesem setzte Kabîr seinen Anspruch fort, im Einzelnen die Namen der Rajas, die hier vor ihm gelebt haben, zu erfahren, bis der widerwillige Raja die Wahrheit seiner Beschreibung übermittelte. Kabîr und sein Schüler legten sich nieder in getrennten Innenhöfen des Palastes. In der Nacht weckten die Diener den Schüler und frugen ihn, wer er sei. Er antwortete: "Ein Sadhu"; woraufhin sie ihn laut schlugen und dann hinauswarfen. Sie gingen dann zu Kabîr, aber er gab ihnen gar keine Antwort. Am Morgen trafen sich Lehrer und Schüler außerhalb des Palastes und der Schüler beschrieb detailliert seine Leiden. Kabîr antwortete: "Du hast Dich als Sadhu aufgestellt und warst Nichts; darum wurdest Du geschlagen. Kein Sadhu sucht jemals danach, in einem Königspalast zu schlafen."
Als Kabîr dreißig Jahre alt war erreichte er auf seinen Wanderungen in einem Dschungel die Hütte eines Sadhu und ruhte dort über Mittag. Er fand Niemanden, außer ein Mädchen in den Zwanzigern, und sie fragte: "Wer bist Du?"
Kabîr: " Kabîr.".
Sie: "Was ist Deine Kaste?"
Kabîr: "Kabîr."
Sie: "Was ist Dein Auftrag?"
Kabîr: "Kabîr."
Sie: "Wie ist Dein Name?"
Kabîr: "Kabîr."
Erstaunt rief das Mädchen: "Ich habe hier viele Sadhus gesehen, aber niemand, der in dieser Art und Weise.
Kabîr antwortete: "Alle anderen haben einen Namen und eine Kaste und einen Auftrag, aber Kabîr hat keinen."
Inzwischen trafen sechs andere Sadhus ein, und das Mädchen brachte sieben Tassen Milch und setzte sie jedem Sadhhu vor. Die Sadhus bemerkten, dass Kabîr seine Milch nicht trank und fragten nach dem Grund. Er erwiderte, dass gerade ein anderer Sadhu auf seinem Wege vom Ufer des Ganges unterwegs sei, für den er die Milch aufhob.
Das Mädchen rief: "Mein Herr, trinke Deine Portion; ich habe mehr für den kommenden Sadhu."
Kabîr antwortete: "Ich lebe auf dem Shabda."
Und in Antwort auf ihre Frage fügte er hinzu: "Das Shabda ist mein. Ich bin auf dem Shabda, das Shabda ist ein Quelle von Brahm. Wenn Du die Vision begehrst, prüfe die Form des Shabda."
Der Sadhu kam gerade an, als Kabîr das sagte und gab ihm seine Tasse mit Milch. Der neu Angekommene fragte das Mädchen nach ihrem Namen und Eltern, sowie zu den Heiligen, welche früher in der Hütte gelebt haben.
Zu diesem erwiderte sie: "Höre, Oh Herr, Ich weiß nicht wo oder woher ich bin, noch die Umstände meiner Geburt. In dieser Hütte hier lebte ein Bankhandi Baba, und viele Fremde fragten ihn nach mir aus. Seine Antwort war, dass, als er eines Tages zum Fluss zum Baden ging, er in der Strommitte des Ganges etwas sah, das eingepackt war in wollene Kleider, geboren entlang des Stromes. Beim Öffnen des Bündels fand er mich und eingewickelt in dunklen wollenem Tuch (loi) nannte er mich Loi, und bis zu seinem Tode nannte er mich bei diesem Namen. Sterbend erzählte er mir, dass eines Tages ein Heiliger kommen werde, und er würde mein Beschützer sein. In Gehorsam zu seinen Worten diene ich den Sadhus und allen welche hier vorbei kommen."
Daraufhin wendete sich das Mädchen Kabîr zu und sagte: "Oh mein Herr, unterweise mich."
Er antwortete: "Diene den Sadhus. Wiederhole Sat Nam und bleibe in der Gesellschaft des Lehrers."
(Ahmad Shah, Bijak of Kabir, Hamirpur, 1917)
(Übertragen ins Deutsche by 'T.')
love
T.