Mediale Gewalt

Wieso besteht dieser Zusammenhang unzweifelhaft?

Kinder lernen durch Beobachten und Imitieren. Das ist nicht nur eine wissenschaftlich gesicherte Erkenntnis

http://www.focus.de/wissen/wissenschaft/primatenforschung_aid_131939.html

sondern auch eine Alltagsevidenz, die jeder, der Kinder hat und über eine auch nur durchschnittliche Beobachtungsgabe verfügt, sofort bestätigt. Das neurobiologische Fundament dieses Lernens am Modell scheint in den erst kürzlich entdeckten *Spiegelneuronen* zu liegen. Das sind Gehirnzellen, die besonders bei Kindern aktiv sind und dafür sorgen, daß via Imitatio kumulative Lerneffekte erzielt werden können; sie sind offenbar auch für grundlegende Fähigkeiten der Empathie verantwortlich, ohne die ein soziales Miteinander nicht möglich wäre. Bei autistischen Kindern kann man etwa beobachten, daß das Feuern dieser Spiegelneuronen stark reduziert ist.

http://www.br-online.de/bayern2/iq-.../iq-feature-hirnforschung-ID1207575568048.xml

Kinder, die Mustern der Gewalt ausgesetzt sind und/oder diese chronisch konsumieren, lernen Anwendung von körperlicher Gewalt als nahezu alternativlosen Mechanismus zur Lösung von Handlungskonflikten. Wieso das unzweifelhaft ist, kannst du nachlesen, wenn du dem Link meines ersten Beitrags folgst. Oder lies dir am besten dies hier aufmerksam durch (hier wird auch auf den Mythos der angeblich zerstrittenen Forschergemeinde eingegangen):

Nicht jedes Kind, das viel Gewalt sieht oder eine Menge gewalttätiger Spiele spielt, wird zu einem Gewalttäter. Es spielen noch andere Faktoren eine Rolle.

Aber Hunderte von Studien haben bestätigt, dass Kinder, die über die Medien einer stätigen Diät von Gewalt ausgesetzt sind, hierdurch anfälliger werden für aggressives Verhalten. Und die psychologischen Prozesse, die daran beteiligt sind, sind gar nicht geheimnisvoll:

Kinder lernen durch Beobachtung

Kinder lernen, indem sie andere beobachten, und die Massenmedien bieten ein sehr attraktives Fenster, durch das beobachtet werden kann.

Kinder imitieren Verhalten, dass sie sehen, und sie unterscheiden, was richtig ist und was falsch ist, nach dem, was sie sehen.

Darüber hinaus überprüfen sie ihre Ideen und ihr Verhalten, indem sie es üben. Wird in Kinderspielen nun Gewalt ausgeübt und belohnt, so besteht die Gefahr, dass die Spieler gegenüber der Gewalt toleranter werden.

Ähnliches gilt für Filme. Wenn sich die Kinder mit dem Helden identifizieren - und das tun sie meist - erleben sie Freude, wenn der Held die Welt rettet, indem er den Bösewicht tötet und für die Handlung belohnt wird.

Für viele Kinder wird die größere Toleranz und werden die Anleitungen für gewalttätiges Verhalten sich zwar kaum bemerkbar machen, da es in ihrem Leben Faktoren gibt, die der Wirkung der Medien entgegenwirken. Aber die Wirkung existiert.

Aggressivere Kinder werden zu aggressiveren Erwachsenen

Die Forschung zeigt nun, dass aggressivere Kinder meist zu aggressiveren Erwachsenen heranwachsen. Und Erwachsene mögen gegenüber dem Einfluss der Spiele und Filme, die sie spielen und sehen, resistent sein. Ihre sozialen Fähigkeiten aber wurden beeinflusst durch das, was sie als Kinder sahen. Demnach ist damit zu rechnen, dass die Effekte langfristig sind.

In den USA sehen Siebtklässer pro Tag etwa 4 Stunden TV, und 60 Prozent der Shows zeigen eine Form von Gewalt. Siebtklässler spielen in der Woche etwa 4 Stunden Spiele, und 50 Prozent der Spiele sind gewalttätig.

Dies sind nur Mittelwerte. Manche Kinder sind der Mediengewalt noch weit stärker ausgesetzt. Und wie demografische Studien uns zeigen, erfahren gerade viele derjenigen Kinder, die am stärksten der Mediengewalt ausgesetzt sind, auch in ihrer realen Umwelt besonders viel Gewalt.

Zusammen vermitteln diese zwei Gewaltquellen beim Kind den Eindruck, die Welt sei ein sehr feindlicher Ort, in dem man sich mit Gewalt Respekt verschafft. Ist ein Kind nun frustriert, gestresst und verärgert, und war es dann noch all dieser Gewalt ausgesetzt, dann ist es verständlich, dass es zu gewalttätigem Verhalten tendiert.

Mythos von der Uneinigkeit der Forscher
Natürlich ist nicht eine einzige Studie perfekt, gerade in den Sozialwissenschaften. Es gibt Forscher, die sich einen Ruf erworben haben, indem sie versuchen, die Studien, die auf die Wirkung der Mediengewalt deuten, unter einer Welle von unterstellten Fehlern zu begraben.

Und es ist der Mythos entstanden, es gäbe unter den Forschern keine Einigkeit. Tatsächlich sind sich jedoch die meisten Wissenschaftler darüber einig, dass Mediengewalt Aggressionen stimuliert.

Es gibt ein Produkt, das Symptome hervorruft, die besonders Kinder betreffen. Dies wird durch eine Reihe von Experimenten seit über 30 Jahren belegt. Es gibt außerdem eine große Zahl von Feldstudien, die zeigen, dass mehr Menschen betroffen sind, die das Produkt regelmäßig nutzen. Und es gibt eine kleine Zahl von Langzeit-Studien, die in unterschiedlicher Umgebung die langfristige Wirkung untersucht haben.

Die meisten Studien haben zumindest einige Hinweise gezeigt, auch wenn es schwer ist, die Wirkung des Produktes von der Wirkung anderer Faktoren zu unterscheiden. Und natürlich wirkt das Produkt nicht auf jeden, nicht auf jeden gleich, und nicht jeder, der betroffen ist, hat das Produkt selbst tatsächlich benutzt. Auf diese Weise lässt sich beschreiben, was wir über den Zusammenhang zwischen Lungenkrebs und Zigaretten wissen.

Ähnlich stellt sich aber auch die Situation dar, wenn es um gewalttätiges Verhalten und Mediengewalt geht. Das Niveau der statistischen Belege ist ungefähr das gleiche. Was wir in beiden Fällen letztendlich wissen, ist: Der Gebrauch des Produkts erhöht das statistische Risiko. In beiden Fällen hat der Gesundheitsminister schon vor langer Zeit entschieden, dass die Substanzen gefährlich sind, und davor gewarnt werden muss.

http://www.sueddeutsche.de/wissen/artikel/787/1786/



Wie sähe die Welt in Deiner Vorstellung aus, wenn die "Bewusstseinsindustrie" (komisches Wort... gefällt mir irgendwie) keinerlei Gewaltdarstellungen mehr bringen würde? Gäbe es weniger Amokläufe? Würden weniger Menschen durchdrehen?

Ich bezweifle es.

Daß das Niveau gerade explodierender Gewalt der letzten Jahrzehnte, die immer jüngere Menschen erfaßt (Stichwort: Gewalt auf den Schuilhöfen), sich spürbar senken würde - daran besteht nun wieder für mich kein Zweifel.

Mal Gedankenexperiment :)

Hingen tatsächlich Außerirdische in unserem Orbit rum und würden, ohne jemals einen Direktkontakt zu uns zu haben, unsere Bewußtseinsindustrie analysieren, so kämen sie wohl zu dem Schluß, daß es sich bei diesen Wesen um eine brandgefährliche und hochaggressive Gattung handeln muß, denn ihre Bilderwelt scheint von der einzigen Idee durchdrungen zu sein, sich gegenseitig umzubringen.

Aber, wie bereits Adorno sagte (von dem auch der Ausdruck "Bewußtseinsindustrie" stammt): "Die Menschen sind immer noch besser als ihre Kultur."
 
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die mittlere Gewaltbereitschaft der Menschen hat nicht zugenommen.

Echt nicht?

:confused:

Keine Ausnahmezustände auf den Schulhöfen?
Keine drastische Zunahme der Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen?
Kein Anstieg schwerer Körperverletzungen?

Dann muß das hier:

http://www.focus.de/schule/gewaltbereitschaft_aid_118015.html

http://www.general-anzeiger-bonn.de/index.php?k=ratg&itemid=10449&detailid=270741

http://www.szon.de/lokales/ravensbu...html?SZONSID=9c34bb6092097bfa88db6a57ae4e4f7d


wohl ein Irrtum sein.

:morgen:
 
@Joey: Was meinst du denn mit "kanalisieren" bitte?

Ich denke doch nicht, daß ich dir erklären muß, daß das alleinige Schauen von Gewaltszenarien nicht zum Stressabbau führt, sondern exakt zum Gegenteil. Warum?

Weil der Mensch, während er vor der Kiste sitzt, tatsächlich die gleichen körperlichen Reaktionen an sich erfährt, als wenn er sich in Wirklichkeit in dieser Situation befinden würde. Hormone werden produziert, der Körper geht auf Hochtouren, alles im Körper ist auf Flucht oder Kampf ausgerichtet (nur bei Psychopathen ist das anders, das haben wir ja grad lesen können). Das ist nunmal in unseren Genen verankert, da beisst die Maus den Faden nicht ab.

Der gravierende Unterschied ist nur, daß derjenige, der sich für Flucht oder Kampf entscheidet, also der da draussen vor langer grauer Vorzeit, dann auch tatsächlich diesen aufgestauten Stress abbaut. Entweder er läuft, was das Zeug hält oder er kämpft, was das Zeug hält. In jedem Fall wird der Körper aufs Heftigste beansprucht, so daß eine ausgleichende Regulation der Körperfunktionen die Folge ist.

Das passiert beim "Vor der Kistehocker" nicht. Die Ankurbelung im Körper findet statt, aber wo bleibt der Ausgleich?

Das ist eine gewichtige Frage - wohin jetzt damit?

:morgen:
 
Das ist das Eine. Das andere, was mich Wunder nimmt, auch wenn es ganz böse aufgenommen werden wird - für mich tauchen Diskrepanzen oder Dissonanzen auf, wenn ich sehe, wie der Holocaust, also eine durchweg dramatische Vergangenheit - OHNE FRAGE! - an jeder wie auch immer passenden Stelle thematisiert wird und gleichzeitig Inhalte, die sich vom Thema her ähneln - sprich das Filettieren von Menschen - möglichst realitätsnahe, möglichst echt, möglichst zum Verwechseln ähnlich und fast nicht zu unterscheiden, nun zur "Unterhaltung" konsumiert werden.

Sorry, aber MEIN Gehirn tickt da etwas anders. Auch wenn ich mir keine Freunde damit mache, gesagt werden mußte es trotzdem mal.

:morgen:
 
Kinder lernen durch Beobachten und Imitieren. Das ist nicht nur eine wissenschaftlich gesicherte Erkenntnis

http://www.focus.de/wissen/wissenschaft/primatenforschung_aid_131939.html

sondern auch eine Alltagsevidenz, die jeder, der Kinder hat und über eine auch nur durchschnittliche Beobachtungsgabe verfügt, sofort bestätigt.

Soweit ist das richtig. Du hast aber noch mehr behauptet: Du schriebst:

Tommy schrieb:
Was aber unzweifelhaft besteht, besonders bei Kindern und Jugendlichen, die durch Imitieren lernen, das ist der Zusammenhang zwischen konsumierter Gewalt und der Bereitschaft, sie auch einzusetzen.

Du hast da eine Korrelation zwischen "konsumierter Gewalt" (und darunter verstehe ich jetzt nur das freiwillige Anschauen von entsprechenden Filmen und Spielen von Ballerspielen) und Gewaltbereitschaft als unzweifelhaft postuliert. Und dabei werde wieder meiner Meinung nach all die anderen Faktoren vernachlässigt, die einen Menschen zum durchdrehen bringen oder ihn daran hindern.

Kinder, die Mustern der Gewalt ausgesetzt sind und/oder diese chronisch konsumieren, lernen Anwendung von körperlicher Gewalt als nahezu alternativlosen Mechanismus zur Lösung von Handlungskonflikten.

Ja, richtig, wenn sie wirklich nichts anderes kennen. Aber sind dann an den Amokläufen ausschließlich Horrorfilme und Ballerspiele dran Schuld?

Schauen wir uns die psychologischen Profile einiger Amokläufer an: Ok, sie haben Horrorfilme und Ballerspiele konsumiert, wie fast alle anderen Menschen, die ich kenne. Außerdem waren es Außenseiter, die manchmal auch so diversen Mobbing ausgesetzt waren. Sie hatten teilweise niemals die Chance gewaltlose soziale Umgangsformen zu lernen, bzw. ihre Versuche dazu (die jedes Kind automatisch auch unternimmt), schlugen fehl, sodass sie diese Verhaltensweisen als "schwächlich" (oder ähnlichem) abgelehnt haben.

Darum halte ich es für sehr einseitig und bequem, wenn der Zusammenhang ausschließlich auf Gewaltfilme und Ballerspiele gesetzt wird. An Mobbing-prävention, Erziehungshilfen etc. wird gar nicht gedacht...

Daß das Niveau gerade explodierender Gewalt der letzten Jahrzehnte, die immer jüngere Menschen erfaßt (Stichwort: Gewalt auf den Schuilhöfen), sich spürbar senken würde - daran besteht nun wieder für mich kein Zweifel.

Da hatte ich mit meiner Schule Glück: Körperliche Gewalt gab es wenig; dafür psychologische umso mehr.

Man schaue sich dann aber auch an, an welchen Schulen Gewalt herscht, und an welchen nicht. Ich würde da viel mehr einen Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Schichtung der Schüler (arme und reiche Familien) vermuten, als mit dem Ballerspiel-Konsum.

Mal Gedankenexperiment :)

Hingen tatsächlich Außerirdische in unserem Orbit rum und würden, ohne jemals einen Direktkontakt zu uns zu haben, unsere Bewußtseinsindustrie analysieren, so kämen sie wohl zu dem Schluß, daß es sich bei diesen Wesen um eine brandgefährliche und hochaggressive Gattung handeln muß, denn ihre Bilderwelt scheint von der einzigen Idee durchdrungen zu sein, sich gegenseitig umzubringen.

Aber, wie bereits Adorno sagte (von dem auch der Ausdruck "Bewußtseinsindustrie" stammt): "Die Menschen sind immer noch besser als ihre Kultur."

Diese Aliens hätten aber mit ihrer Einschätzung Recht. Die Menschen sind eine brandgefährliche und hochaggressive Gattung. Das merke ich auch an mir selbst auch, wenn ich mir überlege, was diverste Straftäter in meinen Augen "verdient" hätten (und das obwohl ich entschiedener Gegner der Todesstrafe bin). Es ist schon erschreckend, wie schnell Menschen zum lynchen bereit waren (auch ohne, dass es Ballerspiele und Gewaltfilme gab) und immernoch wären.

Mal ein anderes Gedankenexperiment: Angenommen es gäbe keinerlei Zugang zu Gewaltfilmen und Ballersoielen am Computer. Wie sähe die Welt dann aus? Würden die Menschen nur noch vernünftig und friedvoll miteinander umgehen? Würden Kinder von Anfang an soziales Verhalten lernen? Würde es kein Mobbing in Schulen mehr geben? Würden keine Eltern mehr ihre Kinder schlagen? Das wäre doch arg zu einfach gedacht.

Tommy schrieb:
Keine Ausnahmezustände auf den Schulhöfen?
Keine drastische Zunahme der Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen?
Kein Anstieg schwerer Körperverletzungen?

Und woher kommt das? Zähle mal alle Faktoren auf, die da Deiner Meinung nach eine Rolle spielen. Wie sähe es aus, wenn es keine Ballerspiele und keine Gewaltfilme gäbe? In meinen Augen nicht viel anders.

Sammylo schrieb:
Was meinst du denn mit "kanalisieren" bitte?

Da muss ich mich entschuldigen. Du hast vollkommen Recht: Der Konsum von Ballerspielen und entsprechenden Filmen führt nicht zu Stressabbau und ist nicht unter "sinnvoll kanalisieren" zu verbuchen; habe ich auch nie gedacht... auch, wenn es (leider missverständlich) in meinem Beitrag so assoziiert ist.

Ich meilnte, dass die Gewaltbereitschaft in uns Menschen von vornherein da ist. Und ich glaube nicht, dass sie alleine aufgrund des Konsums von Ballerspielen verstärkt wird, sondern, dass da wesentlich mehr Faktoren eine Rolle spielen, die zum Ausbruch der Gewaltbereitschaft führen, als nur dieser eine.

Die eigene Gewaltbereitschaft auf Krampf zu unterdrücken halte ich dabei nicht für sinnvoll. Und den Verbot von Gewaltspielen und -Filmen würde ich für eine Art "Unterdrückung" halten. Diese Filme und Spiele sind ein Ausdruck der menschlichen Phantasie, und die enthält nunmal leider auch körperliche und seelische Gewalt; die kann und soll (zumindest in meinen Augen) man nicht weg-zensieren (wobei ich eine Altersbegrenzung dabei dann doch sehr begrüße).

Sammylo schrieb:
Das ist das Eine. Das andere, was mich Wunder nimmt, auch wenn es ganz böse aufgenommen werden wird - für mich tauchen Diskrepanzen oder Dissonanzen auf, wenn ich sehe, wie der Holocaust, also eine durchweg dramatische Vergangenheit - OHNE FRAGE! - an jeder wie auch immer passenden Stelle thematisiert wird und gleichzeitig Inhalte, die sich vom Thema her ähneln - sprich das Filettieren von Menschen - möglichst realitätsnahe, möglichst echt, möglichst zum Verwechseln ähnlich und fast nicht zu unterscheiden, nun zur "Unterhaltung" konsumiert werden.

Sorry, aber MEIN Gehirn tickt da etwas anders. Auch wenn ich mir keine Freunde damit mache, gesagt werden mußte es trotzdem mal.

Ich verstehe, was Du meinst. Aber die Shoa zeigt ja überdeutlich, zu was für Grausamkeiten die menschliche Phantsasie fähig ist. Kein ernst zu nehmender Mensch wünscht sich, dass sich so etwas wiederholt, oder dass sonstwie Menschen filetiert werden. Es steckt aber in der Gedankenwelt der Menschen fest. Die menschliche Psyche hat viele dunkle Seiten. Und wie diese Seiten hervorkommen, wenn sie unterdrückt werden... sie finden Wege. Zensur oder Verbot ist da kein guter Weg, diese Seiten zu bekämpfen.

Kleine Nebenbemerkung: Du schreibst hier ja nicht, um Dir Freunde zu machen, sondern, um Deine Ansichten kundzutun. Und das machst Du auf eine angenehme soziale und stilvolle Weise. Wer Dich wegen dieser Meinungsäußerung schon als Feind empfindet, hat selber Schuld und sollte sich aus Diskussionen eh raushalten; die neigen sonst dazu noch schneller emotional und persönlich zu werden.

Viele Grüße
Joey
 
Ich denke, gerade Jungs haben immer "Gewaltspiele" gespielt, in ihrer Phantasie, mit Zinssoldaten, Räuber und Gendarme, Cowboy und Indianer,
Wrestlingspiele, Legoburgschlachten, usw. und jetzt kommen eben Computerspiele hinzu.
Das ist nur eine Ausdrucksform des menschlichen Gewaltpotentials in spielerischer Form.
Das beste wäre den Menschen zu "domestizieren", im Sinne, dass Spiel nicht
Ernst wird, die Aggression nicht "erwachsen" wird. Aggressionslose Menschen werden wir nicht bekommen.

Ich sage nicht, dass der Mensch von Natur aus schlecht ist, aber das Potenzial zur Gewalt ist immer vorhanden.

LG PsiSnake
 
Soweit ist das richtig. Du hast aber noch mehr behauptet: Du schriebst:

Du hast da eine Korrelation zwischen "konsumierter Gewalt" (und darunter verstehe ich jetzt nur das freiwillige Anschauen von entsprechenden Filmen und Spielen von Ballerspielen) und Gewaltbereitschaft als unzweifelhaft postuliert. Und dabei werde wieder meiner Meinung nach all die anderen Faktoren vernachlässigt, die einen Menschen zum durchdrehen bringen oder ihn daran hindern. (...) Ja, richtig, wenn sie wirklich nichts anderes kennen. Aber sind dann an den Amokläufen ausschließlich Horrorfilme und Ballerspiele dran Schuld?

Ich habe diese Verkürzung nie vorgenommen, die du mir unterstellst. Vor dem von dir zitierten Satz schrieb ich:

Selbst im radikalsten Lager der Gegner expliziter Gewaltdarstellungen findet sich eine solche monokausale Zuordnung: Gewaltkonsum ----> Gewaltverbrecher nie.

Und nach dem Ausschnitt, den du zitierst, kommt der Satz:

Ob es dann tatsächlich passiert, hängt von vielen Faktoren ab; die alllgegenwärtige Bewußtseinsindustrie, die die Menschen pausenlos mit Bildern der Gewalt versorgt, dürfte daran keinen unbeträchtlichen Anteil haben.

Wir könnten jetzt diese Faktoren auseinanderklamüsern; allerdings heißt der Thread "Mediale Gewalt". Und die Themafrage: Ob und welchen Beitrag sie zu einer erhöhten Gewaltbereitschaft leistet. Genau darauf bezogen sich meine Beiträge.


Darum halte ich es für sehr einseitig und bequem, wenn der Zusammenhang ausschließlich auf Gewaltfilme und Ballerspiele gesetzt wird. An Mobbing-prävention, Erziehungshilfen etc. wird gar nicht gedacht...

s.o.
Die Position, die du kritisierst, hat niemand behauptet.


Diese Aliens hätten aber mit ihrer Einschätzung Recht. Die Menschen sind eine brandgefährliche und hochaggressive Gattung. Das merke ich auch an mir selbst auch, wenn ich mir überlege, was diverste Straftäter in meinen Augen "verdient" hätten (und das obwohl ich entschiedener Gegner der Todesstrafe bin). Es ist schon erschreckend, wie schnell Menschen zum lynchen bereit waren (auch ohne, dass es Ballerspiele und Gewaltfilme gab) und immernoch wären.

Ich denke, es ist ein simpler aber recht häufig zu beobachtender Denkfehler, von der eigenen Befindlichkeit auf die Allgemeinheit zu schließen und womöglich noch eine Vulgäranthropologie abzuleiten. Es gibt Unzählige, die anders denken, als du es hier angedeutet hast.
 
Da hatte ich mit meiner Schule Glück: Körperliche Gewalt gab es wenig; dafür psychologische umso mehr.

Tja, das hast du wohl Schwein gehabt. Bei mir wars ähnlich. Aber schauen wir doch mal rein bei denen, die Pech haben, und die scheinen immer mehr zu werden:

Happy slapping - so heißt im Szenejargon die absonderliche Mode, mit der Handykamera Misshandlungen aufzunehmen, die man selbst begeht. Happy slapping, fröhliches Dreinschlagen, wird häufig nicht als Gewaltakt wahrgenommen, die Opfer werden nicht als Opfer angesehen, sondern eher als Kleindarsteller, oft kommen sie zufällig des Wegs, sind zur falschen Zeit am falschen Ort.

Slappen ist eine Art kollektives Freizeitvergnügen. "Es tut gut, irgendwelche Leute zu verhauen, außerdem macht es Spaß", ist in einem Chatforum im Internet zu lesen, und: "Auch wenn es denjenigen, die verhauen werden, wahrscheinlich wehtut, ist es witzig, als ob man einen Sketch im Fernsehen sieht."

Hildesheim hatte einen ersten, bundesweiten Schock ausgelöst. Elf Jugendliche einer Berufsschule hatten einen Mitschüler grausam gequält: Er musste Zigaretten essen, masturbieren, seinen Peinigern die Schuhe küssen.

Kurz darauf ging die bayerische Hauptschule Walpertskirchen durch die Presse, auch dort wurde ein Schüler monatelang gequält. Wie in Hildesheim sollten die digitalen Bilder ins Internet gestellt werden, die naiven Jungen hofften, man könne mit sowas Geld machen.

Meist sind es ein paar Schläge, ein paar Tritte vor der Kamera, aber auch drastischere Fälle werden bekannt, immer häufiger ermittelt die Polizei. Köln: Eine Jugendbande verletzt schwache und kranke Menschen und nimmt die Quälereien auf. Berlin: Ein Mädchen wird von 15 Mitschülern zusammengeschlagen, die Misshandlung wird gefilmt.

Krefeld: Zwei Jugendliche rammen einem alten Mann einen Einkaufswagen in die Knie, bis er zu Boden geht, schlagen ihn, filmen das Ganze. Bockenem: Eine Schülergruppe schlägt an einer Bushaltestelle auf Wartende ein, malträtiert aber auch regelmäßig Mitschüler - und zeigt die Filme auf dem Pausenhof herum.

Ein besonders aufsehenerregender Fall ereignete sich in München: Drei Schüler einer internationalen Schule ziehen ein sturzbetrunkenes 14-jähriges Mädchen aus, missbrauchen es mit einer Champagnerflasche und bemalen ihren nackten Körper mit obszönen Sprüchen. Immer dabei: die Handy-Kamera.


Jeder zehnte Gewaltfall wird gefilmt

Der niedersächsische Kriminologe Christian Pfeiffer hat bei einer Umfrage unter Jugendlichen in Hannover erfahren, dass in jedem zehnten Fall von Jugendgewalt auch gefilmt wurde. Das ist nicht dramatisch, aber symptomatisch.

http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/107/100007/

Jetzt du wieder:

Man schaue sich dann aber auch an, an welchen Schulen Gewalt herscht, und an welchen nicht. Ich würde da viel mehr einen Zusammenhang mit der gesellschaftlichen Schichtung der Schüler (arme und reiche Familien) vermuten, als mit dem Ballerspiel-Konsum.

Wäre eine Möglichkeit, schauen wir mal.

Es ist diese Schnittstelle von Jugendgewalt und Mediennutzung, an der sich Polizei und Forschung derzeit mit einer Mischung aus Entsetzen und Faszination abarbeiten.

Denn beim Slappen beweist sich, wie eine wachsende Zahl von Jugendlichen tickt, und nein, es sind nicht nur die Problemkinder, die, dem Klischee entsprechend, die Schule abgebrochen haben und ihre Tage vorwiegend vor dem Computer verbringen. Auch an Gymnasien in Reichen-Vierteln werden solche Filme getauscht, wird gefachsimpelt, wer was hat, und wer was kennt.

http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/107/100007/3/

Klaus Hurrelmann, der Erziehungswissenschaftler aus Bielefeld, denkt vor allem an die Opfer, wenn er eine Erklärung dafür sucht, warum so oft nach dem Zufälligkeitsprinzip zugelangt wird.

Der Ehrenkodex hat sich geändert und damit das Verhältnis zwischen Opfer und Täter." Es gebe keine Regel mehr, die das Opfer schütze, sein Schicksal spiele keine Rolle mehr. Wie auch, fragt er, wo doch der Mensch, der malträtiert werde, "in einer Mischung aus Kurzschluss und psychischem Ausnahmezustand nicht mehr als Mensch wahrgenommen wird?".

Heute gehe es selten darum, die Missetat eines anderen zu vergelten, sich für eigenes Unrecht zu rächen. Der Mensch, der auf der Straße, in der Schule geprügelt werde, sei in der Wahrnehmung der Täter "ein virtueller Mensch".

Eine neue Sehgewohnheit

Der renommierte Kinderpsychiater an der Heckscher-Klinik, Franz Joseph Freisleder, weiß: "Spiele, Filme, Videos machen vor, dass erfolgreich ist, wer Gewalt anwendet". Hurrelmann nennt das "Realitätsverblendung".

http://www.sueddeutsche.de/deutschland/artikel/107/100007/5/
 
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Keine Ausnahmezustände auf den Schulhöfen?
Keine drastische Zunahme der Gewaltbereitschaft unter Jugendlichen?
Kein Anstieg schwerer Körperverletzungen?

ganz ehrlich: nein... die Gewalt unter Jugendlichen geht seit Jahren kontinuierlich zurück

lG

FIST
 
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