Hierarchie ist pfui! Hurra, es lebe die Heterarchie!

Hallo Fckw,

Eine Hierarchie hingegen ist quasi das Gegenteil davon: Hier ist aber der Wert derjenige, dass es mindestens ein Kriterium gibt, gemäss welchem manche oder viele Elemente "höherwertig" oder "ranghöher" sind als andere.

Vorsicht - "Wertigkeit" ist hier nicht mit einer moralischen Forderung verknüpft, sondern immer gemessen an einem Kriterium. 22 Euro ist nun mal mehr als 12 Euro - somit ist 22 Euro "höherwertiger" als 12 Euro.

in unserer Gesellschaftsstruktur ist Hierarchie bloss sehr wohl an moralische Forderungen geknüpft Fckw - denn die "Kriterien" betreffen Menschen. Von Dir sehr schön mit Euros verglichen, eigentlich selbstbeschreibend für unser System :rolleyes:

Klar, man kann darüber streiten, ob es so was wie eine "natürliche Hierarchie" gibt, oder ob man es einfach "Strukturen" nennen will. Für mich liegt das Problem darin, dass Hierarchie in unserer Gesellschaft immer mit patriarchalem Denken daherkommt... Sicher sind sie nicht identisch, aber wie Hierarchie in diesem System gelebt wird, sind die beiden nicht voneinander zu trennen, wie Itchy and Scratch.. oder wer auch immer. Macht hat der, der sie halt zufällig hat, durch was auch immer, es scheint leider wirklich oft der Fall zu sein, dass Kompetenz da nur zweitrangig ist (von Menschlichkeit gar nicht zu reden...)

Ich finde, die Frage ist nicht, ob Hierarchie oder Heterarchie besser ist, denn das Ganze läuft sowieso nur wie so oft auf eine Diskussion über Begrifflichkeiten raus. Die Frage ist vielmehr, wie wir mit der Hierarchie umgehen, sie leben. Von einer "natürlichen Hierarchie" sind wir jedenfalls noch weit entfernt, zumindest von dem was ich unter diesem Begriff verstehe.

Liebe Grüsse, Sharon
 
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Hierarchie ist nicht pfui *lach*
Beispiel Krankenhaus ist gut oder die Bundeswehr, Feuerwehr, Katastrophenschutz und so weiter. Es würde nicht klappen wenn es keine Hierarchie geben würde. Gibt vielleicht immer und überall Menschen die gerne führen, dafür geeignet sind (sind nicht alle!!) und welche die einfach nur ihre Arbeit machen wollen und sich keinen Kopf machen wollen. Wird immer Menschen geben, die Verantwortung übernehmen für andere und welche denen es zuviel ist. Was etwas übertrieben ist sind zum Beispiel Schützenvereine, wenn sie uniformiert durch die Straßen marschieren, typisch Deutsch irgendwie, wenn sowas auch in der Freizeit getan wird. Mit König und und so weiter. Aber so generell geht es nicht immer ohne, kommt drauf an. Ich denk mal in kleinen Gruppen braucht man keine Hierarrchie, in Großen ja, wenn es darum geht gemeinsam etwas zu schaffen.
In der Tierwelt gibt es Rangordnungen, bei Menschen auch.
vG
 
rocket_soft schrieb:
Ich glaube, in dem Moment man versucht "allen die gleiche Rangstufe/Wertigkeit(etc.) ein-zu-räumen", habe ich herzlich schon versagt. Ich (und ich rede jetzt wirklich von mir persönlich), also wenn ich das versuche, dann versuche ich im Nachhinein etwas wettzumachen, was ich eigentlich im Vorfeld schon versaut habe.
Eine Diskussion über Heterarchie oder Hierarchie beginnt also an einem Punkt, an dem es schon vorbei ist. (mit der Wertfreiheit, mit Herzlichkeit, mit der Gleichrangigkeit/-wertigkeit ............ mit der Liebe vielleicht einfach.)

(Und das passiert mir persönlich andauernd.
Warum? Weil ich Angst habe. Ich halt mir den anderen mit einer Diskussion über Liebe vom Leib. Ich halt ihn mir vom Leib. (da will ich jetzt nichts beschönigen))
Genau das wurde mir gestern Abend klar. Und es hat verdammt weh getan.
 
mir ist aufgefallen, dass in unserer hierarchie-struktur ganz, ganz oft genau die an der spitze sind, die von führung null ahnung haben und denen es nur darum geht, sich selbst ihr ego aufzupuschen oder einen vaterkomplex (siehe bush) zu kompensieren ... auch in kleinen betrieben ist das in der regel so ... außer vll. in den familienbetrieben, wo die führungsrolle ja in der regel vererbt wird.

weiter ist mir aufgefallen, dass genau die menschen, die prädestiniert sind für führungsrollen nicht an der spitze zu finden sind, ja sogar diese form von machtposition ablehnen. das sind menschen, die von natur aus führungsqualitäten besitzen und auch nutzen und einsetzen. oft lief es dann sogar so, dass in wirklichkeit diese underground-führer die macht hatten und den chefs sagen konnten, was sache ist. das gefiel denen zwar nicht wirklich, und sie haben nur zähneknirschend und mit allerlei widerständen gefluppt, aber sie haben im endeffekt dann getan, was "vorgeschlagen" wurde. diese underground-führer haben aber dadurch oft auch viele widersacher, feinde ... doch bringen sie qualitäten mit, die sie damit leicht umgehen lassen ...

ich hatte einblick in eine größere gruppe von menschen, die keine direkten vorgesetzten hatten, sondern eher alle zusammen, aber dennoch auf eigene rechnung arbeiteten. dort haben sich die strukturen von ganz allein gebildet. die menschen wenden sich automatisch an die, die wissen haben, die führungsqualitäten aufweisen und machen sie intern zu ihren ratgebern und sprechern. da diese leute in der regel eben auf der gleichen ebene arbeiten wie der rest, sind sie einerseits voll anerkannt als gleichwertiger kollege und andererseits hebt sie ihre besondere fähigkeit weit genug hervor, dass sie bestimmte rollen wahrnehmen können ...
in diesen fällen waren dann die wirklichen chefs eher marionetten, die keiner so wirklich für voll nahm und deren entscheidungen auch nur dann akzeptiert wurden, wenn sie sinnvoll waren oder es sonst tatsächlich zu strafen führte. waren die entscheidungen wirklich ZU unsinnig oder prinzipiell schritten die undergrounds wieder ein und machten ihre gegebene macht geltend.

warum soll das, was im kleinen funktioniert nicht auch im großen funktionieren und im nächsten schritt kann man die chefs auch noch abschaffen, weil die größtenteils völlig überflüssig sind.

in welchem größeren betrieb ist es denn nicht die regel, dass es nicht auffällt, wenn die geschäftsführung nicht da ist, aber wehe ein oder zwei mitarbeiter fehlen ... an den richtigen stellen ist es oft dann so, dass der ganze laden stockt.

wozu brauchen wir diese hierarchien also wirklich ? sind sie vielleicht nicht nur einbildung, die ich irgendwo aus der religion bedingt entstanden sind - also jemand, der über uns "wacht", aber nicht greifbar, nicht wirklich da ist und etwas TUT ?
 
hi rocky. hi fckw.

es gibt zwei möglichkeiten:

einfach und kompliziert.

einfach = kompetenz, kompliziert = status


wenn es weh tut, dann deshalb weil ihr trennt und gerade bei euch beiden enttäuscht mich das jetzt irgendwie ... ;)

schwierig wird es doch erst, wenn man versucht das zu vermischen, oder ?
 
Beispiel Krankenhaus:
Diese Hierarchien dort beruhen teilweise lediglich auf einer Machtverteilung. Ich hab schon sehr machtbesessene Chefärzte erlebt, die ihre selbstgefühlte Wichtigkeit gerne zur Schau stellen... Es gibt natürlich auch positive Gegenbeispiele.

Ideal fände ich es dagegen, wenn jeder seine Kompetenzen voll entfalten könnte. D.h. jeder ist für seinen Bereich zuständig. Im Idealfall gäbe es also Teambesprechungen, in der jede kompetente Stimme gleichviel zählt und nicht nur die des in der Hierarchie am höchsten stehenden (weil das in Hierarchien, die auf ein Machtverhältnis ausgelegt sind, nicht zwingenderweise der Kompetenteste ist).

Hingegen muss in Notfallsituationen, in der jede Minute zählt, natürlich einer schnell entscheiden dürfen. Da wäre dann eine Hierarchie geeignet.

Ich denke, man kann da nicht nur schwarz und weiß sehen. Wie überall im Leben sind Hierarchien manchmal sinnvoll, manchmal müssen Entscheidungen im Team getroffen werden. Und ich denke, dass viele Hierarchien als Machtspiel missbraucht werden. Andererseits gibt es natürlich auch Beispiele für gescheiterte Heterarchien, etwa die antiautoritäre Erziehung....

LG von Sansara

PS: lazpel schrieb, dass in der Kindererziehung eher eine Hierarchie herrschen sollte. Das finde ich nicht. Es gibt noch einen Mittelweg zwischen antiautoritärer (nicht-)Erziehung und 50er-Jahre Autorität! Zur Zeit geht der Trend leider wieder in Richtung strenge Autorität!
Mal ein Beispiel was ich meine: Z.B. gilt in einer Familie die Regel, dass alle um 6 zusammen Abend essen.
In einer antiautoritären Familie gäbe es diese REgel gar nicht, in der autoritären gäbe es eine STrafe, wenn das Kind nicht erscheint. In der, die den Mittelweg geht, werden diese REgeln mit den Kindern zusammen entwickelt und es wird auch zusammen überlegt, welche logische Konsequenz bei Nichteinhalten folgt (TV-Verbot ist z.B. nicht logisch im Zusammenhang mit Abendessen).
 
@Mara:
(Und es geht hier jetzt erst mal nicht um das, was Wyrm gesagt hat.)
In meinen Augen wird hier ziemlich falsch verstanden, was eine Hierarchie ist. Hierarchien sind nicht einfach künstliche aufrechterhaltene Machstrukturen und Heterarchien das Gegenteil. Der einzige Grund, warum wir sie dafür halten ist der, dass uns Hierarchien OFT in einer ziemlich üblen Form begegnen, mit genau den genannten inkompetenten Führungspersonen. Das, was du erzählst, Mara, davon, dass sich auch in Gruppen automatisch Rollenverteilungen ergeben, ist eine natürlicher (!) Vorgang der Organisation. In der BWL haben wir gelernt, dass es 3 Arten von Authorität gibt:

1. Die niedrigste Form der Authorität ist die Authorität beruhend auf Vorschriften. Im Militär gang und gäbe. Offizier X hat das höhere Abzeichen als Offizier Y, also ist er ranghöher.

2. Die nächsthöhere Form der Authorität ist diejenige, basierend auf fachlichem Wissen. Ich bin höher in der Hierarchie, weil ich mehr WEISS als du in einer bestimmten Frage. (In einer anderen Frage weiss ich vielleicht weniger, dann sollte dort eine andere Hierarchie gelten.)

3. Die höchste Form der Authorität ist aber diejenige, basierend auf persönlicher Integrität. Diese Form der Authorität schlägt beide anderen Formen.

Das sind aber lauter hypothetische Modelle - die Realität ist oft sehr viel komplexer (weder eine klare Hierarchie noch klare Heterarchie, die Rangfolge einer Hierarchie ist wechselhaft und oft nur implizit etc.). Strukturbildung ist in meinen Augen ein völlig natürlicher Vorgang, manchmal sind es eben eher hierarchische, manchmal eher heterarchische Strukturen.

Ein interessantes Gedankenexperiment ist übrigens: Man stelle sich Firma X vor, in der Personen so lange in der Hierarchie aufsteigen, so lange sie ihren Job gut erfüllen. Die Personen werden also so lange aufsteigen, bis sie ihren Job nicht mehr genügend zu erfüllen imstande sind. Die Folge ist, dass durch diesen Vorgang tendentiell lauter inkompetente Personen in Positionen sind, in denen sie gar keine gute Wirkung entfalten, eigentlich sollten sie eine Stufe nach unten versetzt werden. Ich weiss nicht, ob das mit wissenschaftlichen Methoden untersucht wurde.

So - und nachdem ich das nun alles gesagt habe, muss ich mich - zwangsläufig - wieder dem Einwand von Wyrm zuwenden. Ich habe das noch nicht verdaut, ich glaube, da steckt etwas ganz tiefes drin, wo ich erst gerade an der Oberfläche gekratzt habe. Wie sieht denn nun wieder dieser Beitrag aus, aus der Perspektive des Herzens? Warum unterscheide ich überhaupt all diese Dinge? Unterscheiden ist nicht böse per se, aber ausschliessliches Unterscheiden ist "böse".
 
fckw schrieb:
Ein interessantes Gedankenexperiment ist übrigens: Man stelle sich Firma X vor, in der Personen so lange in der Hierarchie aufsteigen, so lange sie ihren Job gut erfüllen. Die Personen werden also so lange aufsteigen, bis sie ihren Job nicht mehr genügend zu erfüllen imstande sind. Die Folge ist, dass durch diesen Vorgang tendentiell lauter inkompetente Personen in Positionen sind, ...
So geht das nicht. Jede Ebene der Firmen-Hierarchie muss die
Kompetenz haben, Positionen in der Ebene darunter richtig
zu besetzen. Die Karriere des einzelnen geht bottom-up,
hoffentlich, aber die Auswahl erfolgt top-down - nicht durch
irgendeinen Automatismus.

fckw schrieb:
Warum unterscheide ich überhaupt all diese Dinge?
Weiss nicht. Mir ist eigentlich klar, wann eine hierarchische
Organisation besser ist: wenn unvereinbare Interessen aufeinander
treffen. Die Hierarchie ordnet nach "Wichtigkeit" der Interessen
im Sinne der ganzen Organisation. Wichtigeres kann sich so
ohne weiteres gegen unwichtigeres durchsetzen.

In einem heterarchischen Netzwerk haben alle ähnliche Interessen.

Gruss
Camajan
 
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Camajan schrieb:
So geht das nicht. Jede Ebene der Firmen-Hierarchie muss die
Kompetenz haben, Positionen in der Ebene darunter richtig
zu besetzen. Die Karriere des einzelnen geht bottom-up,
hoffentlich, aber die Auswahl erfolgt top-down - nicht durch
irgendeinen Automatismus.
Hm, da hast du vermutlich etwas missverstanden. Es geht nicht darum, WIE gewählt wird, sondern die Idee ist einfach, dass die Leute so lange aufsteigen (weil sie zum Beispiel den vorgesetzten positiv auffallen), so lange sie in einer Position X noch immer einen guten Job machen. Erst wenn sie in Position X+1 keinen guten Job mehr machen ist das Grund, sie nicht weiter aufsteigen zu lassen (denn schliesslich wird nur eine Person zur Beförderung vorgeschlagen, die einen guten Job macht). Die Person ist jetzt an einer Position, an der sie keinen guten Job macht, wo sie darum nicht mehr aufsteigen wird. Zurückgestuft wird sie aber auch nicht (zumindest normalerweise nicht). Das System führt unweigerlich dazu, dass in vielen Positionen Leute hängen bleiben, welche eigentlich eine Hierarchiestufe nach unten gehören.
 
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