Ich fühle mich in der Falle, weil ich sie natürlich andererseits sehr liebe und sehe, dass ich sogut wie der einzige Mensch in ihrem Leben bin, der sich wohlwollend ihr gegenüber verhält und sie das dann nicht mal merkt.
Du bist in der emotionale-Erpressung-Falle, sehe ich auch so. Euer Verhältnis ist im Moment ein Abhängigkeitsverhältnis, Deine Mutter macht sich abhängig von Dir, um Dich in ihrem Leben zu halten. Das Gefühl, das sich für Dich wie Liebe anfühlt, könnte etwas anderes sein, verzerrt durch Mitleid bzw. Empathie. Ich bin nicht sicher, ob Liebe da sein kann, solange eine Abhängigkeit besteht.
Ich weiß nicht wie ihr das seht, aber ich finde es ganz furchtbar und möchte nicht, dass jemand an meine persönlichen Sachen geht und meine Tasche öffnet. Ich möchte meine Tasche selber öffnen und dort die Sachen einpacken, die mitzunehmen sind.
Ein Mensch, dem ich vertraue und zu dem ich ein liebevolles Verhältnis habe, darf in Ausnahmesituationen an meine Sachen gehen. Üblich ist aber in meinem Umfeld, sich vorher durch ein "Ist es ok, wenn ich diese Sachen in Deinen Rucksack lege?" zu versichern. In Streitsituationen ist das ein unbedingtes Muss - egal wie sehr ich den Menschen liebe.
Oft lasse ich Dinge auch einfach auf sich beruhen oder gehe, wenn sie gekränkt ist und ich merke, da ist kein rankommen mehr und ich werde nur beschuldigt.
Du kannst den Kontakt komplett abbrechen, sicher, das ist eine Möglichkeit. Damit löst Du Dich aber nicht aus Deiner Rolle in dem Verhältnis, sondern vermeidest es nur. Ich halte es für sinnvoll, eine Übergangsphase einzuräumen. Es spricht nichts gegen den Kontaktabbruch, im Endeffekt wird es sicherlich darauf hinauslaufen. Allerdings wäre es eine gute Übung für Dich, nicht mehr auf ihre Spielchen einzugehen.
Mein Vorschlag: triff Dich auf neutralem Boden mit ihr, also weder bei ihr noch bei Dir zu Hause, sondern in einem Café oder im Park. Möglicherweise ist das schon der Punkt, an dem kein Kontakt mehr stattfindet, weil sie es blockiert. Wenn sie doch bereit dazu sein sollte, dann triff Dich mit ihr. Sobald sie in eins der Muster verfällt, lässt Du sie wissen, was sie gerade wieder tut und gehst, BEVOR Du versuchst an sie ranzukommen. Beispiel:
SIE: lästert über irgendwen
ICH: Hmm. Aber vielleicht könnte die ganze Situation ganz anders ablaufen, wenn du es aus einem anderen Blickwinkel betrachtest.
Statt dessen: "Du lästerst schon wieder, Du weißt, was ich davon halte. Ich gehe jetzt." Wenn Du magst, kannst Du lächeln und ihr noch einen schönen Tag wünschen. Dann umdrehen und ohne weitere Diskussion gehen.
Ich will NICHT darauf hinaus, dass Du sie ändern sollst durch dieses Verhalten, das KANN ein Nebeneffekt sein, muss aber nicht. Im Gegenteil, mir geht es um die Änderung Deiner inneren Haltung zu Situationen dieser Art. Es ist ein perfekter Anlass zum Üben, sich aus solchen Situationen so schnell wie möglich rauszunehmen.
Ja, ich bin Opfer ihrer Projektionen. Ich kann ihr das aber nicht klar machen, weil sie es mir nicht glaubt, oder es nicht versteht.
Richtig, Du kannst es ihr nicht klarmachen. Mach das, was ich vorgeschlagen habe, ein, zwei, drei mal mit Deiner Mutter und brich danach den Kontakt ab. Wenn es Dir passend erscheint, kannst Du ihr sagen, dass Du den Kontakt abbrichst, weil Du vieles an ihrem Verhalten nicht länger akzeptierst und sie genug Chancen gehabt hat es zu ändern.
Das wird Dir das Opfergefühl nehmen und Dir Selbstvertrauen für künftige Situationen geben, wenn Du wieder Menschen mit diesem Muster begegnest, denn das wirst Du zwangsläufig.
LG,
the_pilgrim