Hallo Minni,
ich kann mich nicht damit anfreunden, daß es etwas geben soll, das es nur gibt, weil es gleichzeitig nicht existiert.
Hm, ja, das klingt erstmal schon ziemlich schräg und kommt mir jetzt auch eigenartig vor. Ich wills mal nochmal für mich auseinanderklamüsern, wie ich es gemeint habe:
Wenn wir aus dualistischer Wahrnehmung von Existenz sprechen, meinen wir die Existenz eines abgegrenzten, sich von einem anderen Objekt unterscheidenden Objekt, sei es nun materiell oder inmateriell. Immer braucht Existenz für den Beobachter diese Abgeschlossenheit und Unterscheidbarkeit. Darum kann es für einen Beobachter ohne die Negation eines Objekts gar kein Objekt geben. Die Negation eines Objekts muss nicht das gänzliche Fehlen dieses Objekts sein, sondern kann einfach auch nur ein anderes Objekt sein, aber eben nicht dieses (Bsp: eine Maus ist eine Maus, weil sie sich von den Nicht-Mäusen, z.B. Elefanten, unterscheidet. Gäbe es keinerlei Nicht-Mäuse, wäre die Existenz der Maus absolut - d.h. das Universum wäre in seinem Innersten Wesen eine Maus und würde nur als Maus erscheinen). So verhält es sich auch mit Perspektiven. Ein Perspektive A kann nur in Unterscheidung und damit in Abhänigkeit dieser Unterscheidung zu einer anderen Perspektive B existieren, der die Eigenschaft, Perspektive A zu sein, fehlt. Insofern basiert Existenz auf Nicht-Existenz, d.h. Existenz und Nicht-Existenz hängen voneinander ab und sind in dieser Weise eine Einheit. Die dualistische Wahrnehmung, die fälschlicherweise Beobachter von Beobachtetem trennt, erfasst jedoch diesen Sachverhalt nicht, sondern nimmt Existenz als unabhängig und aus sich selbst heraus existierend wahr. Sie mißachtet (unter anderem) die Abhängigkeit der Existenz von Nicht-Existenz.
Ich glaube, der Buddhismus meint mit dem Nicht-Sein dasjenige, das zwar materiell erscheint, aber nicht als solches (Unabhängiges) existiert, daß die Trennung von Objekt und Subjekt Illusion ist.
Genau, so verstehe ich es auch. Wenn also die Trennung zwischen Subjekt (Beobachter) und Objekt (z.B. die Beobachtung einer Wahrnehmungsposition namens "Perspektive") eine Täuschung ist und die Wahrheit darin besteht, daß beide abhängig voneinander existieren, folgt daraus die Verschmelzung von Subjekt und Objekt zu einer Einheit, die zugleich Subjekt und Objekt enthalten muss (begrifflich), selbst aber subjekt-und objektlos ist (nicht-begrifflich). Von dieser Nicht-Existenz einer Trennung zwischen Subjekt und Objekt kann man aber wiederum nicht sprechen, wenn man nicht zuvor die Existenz von Subjekt und Objekt eingeräumt hat. So habe ich es gemeint, als ich sagte Perspektiven gibt es nur, weil es keine Perspektiven gibt.
Demnach existiert Perspektive, nicht weil es dieselbe nicht geben würde, wohl aber, weil sie bestimmte Eigenschaften nicht aufweist, die sie zu etwas Anderem machen würden. Sie ist so, wie sie ist, weil alle anderen Eigenschaften nicht sind.
Ja, wobei ich sagen würde, daß die entscheidende Eigenschaft, die einer Perspektive fehlt die unabhängige Existenz ist.
Für die Praxis ist es nützlich, sich diese unendliche Bedingtheit der Phänomene, hier: Perspektiven bewusst zu machen. Ich glaube, das ist das was Muchin macht (?)So wird das Universum zu einer unendlich dichten und unbegrenzen Perpektive (die dann freilich mangels Bezugspunkten keine Perspektive mehr sein kann). Die Untrennbarkeit der eigenen Position von der Position anderer wird deutlich, Existenz (eigene Position, Position anderer) und Abwesenheit von Eigenexistenz (Abhängigkeit beider Positionen voneinander) fallen zusammen, ergänzen sich und heben sich damit zugleich gegenseitig auf.
huihui, sorry, jetzt habe ich aber lang rumerklärt - ist nicht als Belehrung gemeint, wollte mir das Ganze nur auch nochmal selber vergegenwärtigen.
Haris