Bluttransfusionen
Vielleicht hat das größte mit einer Operation verbundene Risiko gar nichts mit der Operation selbst zu tun. Das Rote Kreuz in den USA gibt heute zu, dass selbst in den dringendsten Notfällen Bluttransfusionen oftmals eher Komplikationen auslösen, als diese lindern, und das Sterberisiko eines Patienten vergrößerten. Obwohl das Schreckgespenst des mit AIDS- und HIV-Viren kontaminierten Blutes zu einer Abnahme der Blutspenden und -transfusionen geführt hat (sowohl in den USA als auch in Großbritannien und Deutschland gibt es zum Zeitpunkt als dieses Buch geschrieben wird einen kritisch niedrigen Blutvorrat), werden Bluttransfusionen bei den meisten chirurgischen Verfahren und Notfällen immer noch routinemäßig verwendet - in vielen Fällen, ohne dass es für ihre Verwendung irgendeine medizinische Rechtfertigung oder irgendwelche Richtlinien gibt, die zum Beispiel festlegen, wann sie notwendig sind.
Wenn es darum geht festzulegen, ob eine Transfusion durchgeführt wird oder nicht, sind die Richtlinien, nach denen die Ärzte vorgehen - wie bei so vielen anderen medizinischen Prozeduren auch - mit nur sehr wenig unterlegten wissenschaftlichen Beweisen akzeptiert worden. Man schätzt, dass ein Drittel bis zu drei Viertel der Blutempfänger unnötigerweise Transfusionen bekommen, die zur Behandlung eines reduzierten Blutvolumens oder der Blutarmut eingesetzt werden. Anthony Britten vom Blutspenderdienst des amerikanischen Roten Kreuzes hat zugegeben, dass "Blutprodukte wie Albumine, Plasma, komplettes Blut oder rote Blutkörperchen viel zu häufig verwendet werden. Da die Verwendung sehr stark von Region zu Region variiert, ist es eindeutig, dass kein allgemeingültiger Standard für ihre Anwendung existiert."66
1989 schätzte ein Bericht der US Office of Technology Assessment Task Force (Staatliche Sonderkommission zur Bewertung von Technologien), dass annähernd 20 bis 25 Prozent der roten Blutkörperchen, 90 Prozent des Albumins und 95 Prozent des frisch gefrorenen Plasmas, das Patienten erhalten, nicht notwendig seien. In der Praxis ist ein üblicher "Auslöser für eine Transfusion" die Messung des Hämoglobins (eine Substanz der roten Blutkörperchen, das Sauerstoff zu den Zellen transportiert). In der Medizin wird bei Männern und Frauen der gleiche Hämoglobinspiegel als "Auslöser" verwendet, obwohl Frauen von Natur aus weniger rote Blutzellen haben als Männer. Der Report sagt: "Die Eisenmangel-anämie ist auch weiterhin eine der wichtigsten Ursachen für eine Transfusion, obwohl sie diese selten rechtfertigt."67
Viele im medizinischen Bereich tätige Personen haben angefangen, einige der herkömmlichen Verfahren, die bei Bluttransfusionen vor und während einer Operation angewandt werden, in Frage zu stellen. Eine Umfrage bei 1.000 amerikanischen Anästhesisten kam zu dem Schluss, dass es bei den Anästhesisten "enorine Variationen bei den Blutübertragungsverfahren gab" und dass diese meistens auf "Angewohnheiten und weniger auf wissenschaftlichen Fakten" basierten.68 Eine solche Angewohnheit stellt auch die automatische Bluttransfusion vor einer Operation dar, falls der Hämoglobinwert des Patienten unter 10 g/per 100 ml Blut liegt. Anscheinend entstand diese Vorgehensweise durch einen Lesefehler eines Hämatologen während einer Studie mit Hunden. Sie wurde dann als Evangelium angenommen und einer ganzen Generation von Studenten der Anästhesie gepredigt.69
Frühgeborene Säuglinge bekommen wahrscheinlich mehr Transfusionen als irgend eine andere Gruppe von Krankenhauspatienten (abgesehen von Blutern).70 Wenn ein Baby unter 1.500 g wiegt, wird automatisch eine Transfusion durchgeführt - ein Verfahren, für das nur sehr wenig Beweise sprechen.71 Um das Risiko zu reduzieren, dass Patienten mit Immunsystemproblemen fremdes Blut abstoßen, werden die Blutbestandteile auch routinemäßig bestrahlt. Bisher ging man immer davon aus, dass diese Bestrahlung für die roten Blutkörperchen harmlos sei und keine Auswirkung auf die Funktion der verschiedenen Bestandteile des Blutes hat. Aber dieses bestrahlte Blut könnte eine zu hohe Konzentration an Kalium haben, was besonders gefährlich für Babys und schwangere Mütter sein könnte.
Nicht nur, dass Blut auf Basis falscher Annahmen verabreicht wird, es kommt auch öfters vor, dass Ärzte das falsche Blut verabreichen. Auf Basis eines inoffiziellen Fragebogens, der an 4.000 hämatologische Krankenhauslaboratorien in Großbritannien verteilt wurde, berichtete ein Drittel der 245 Laboratorien, die den Fragebogen zurücksandten, von mehrfachen Vorfällen, bei denen Patienten das falsche Blut erhielten. In den meisten Fällen wurde dem Patienten das falsche Blut auf der Krankenstation oder im Operationssaal gegeben. Aufgrund von ungefähr 111 solcher Fehler starben sechs Menschen und 23 erkrankten.72 Und da die Frage, ob falsches Blut ausgehändigt wurde, nicht einmal Bestandteil des Fragebogens war (aber freiwillig von den Laboratorien beantwortet wurde), muss selbst die Studie eingestehen, dass es sich bei diesen Werten sehr wahrscheinlich um eine klare Untertreibung der Transfusionsfehler handelt.
Bei diesem Fragebogen handelte es sich um das erste Unterfangen, Bluttransfusionen in Großbritannien zu kontrollieren, obwohl sie bereits seit 50 Jahren durchgeführt werden. Trotzdem stimmt diese Fehlerrate mit Werten aus den USA überein, die angeblich die weltweit strengsten Kontrollen für die Verwendung von Blut haben sollen.
Nach der Auswertung der Fragebögen kam die Studie zu dem Resultat, dass falsches Blut in einer von 6.000 roten Blutspenden ausgegeben wird. Bei anderen Untersuchungen gab es die meisten Fehler, wenn Blutbehälter unzulänglich dokumentiert wurden oder wenn die Informationen, welches Blut welchem Patienten gegeben werden sollte, falsch waren. Als vor kurzem zwei Ausbildungskrankenhäuser in London untersucht wurden, zeigte sich, dass die Krankenhäuser bei einem Viertel ihrer Patienten unzureichende Blutinformationen hatten.73
In einer vor kurzem gehaltenen Konferenz des Royal College of Physicians (königliches Institut für Ärzte) wurde verkündet, dass Bluttransfusionen noch nie richtigen wissenschaftlichen Studien unterzogen worden sind - das sind randomisierte Doppelblind-Versuche - um festzustellen, ob es tatsächlich irgendwelche Nutzen gibt. Wie vieles andere in der modernen Medizin auch, wurde das, was wahrscheinlich als letzter Ausweg sehr nützlich ist, als bevorzugte, standardmäßig eingesetzte Sofortmaßnahme eingeführt und auf der Basis eines auf früheren Erfahrungen begründeten Nutzens angenommen - und dies, ohne dass es auch nur eine Spur wissenschaftlicher Beweise gibt.
Selbst wenn Sie glauben, dass Blutspenden und Blut zu empfangen notwendig ist, könnte sich Ihre Meinung sehr schnell ändern, wenn Sie die Anzahl der im Blut enthaltenen Krankheiten kennen, an denen Sie sich anstecken können. Das AIDS hat der Bluttransfusion einen Hauch russischen Roulettes gegeben. Da wir nicht genau verstehen, was AIDS verursacht oder ob ein anderer Co-Faktor vorhanden sein muss, damit HIV zu AIDS konvertiert wird (wie heute sogar Luc Montagnier erklärt, der Mitentdecker des AIDS Virus), verstehen wir auch nicht, wie lange der HIV Virus (wenn er überhaupt die Ursache von AIDS ist) brüten muss, bevor daraus eine ausgewachsene Krankheit wird.74 Was wir wissen, ist, dass ein beträchtliches Risiko besteht, sich durch Spenderblut mit Hepatitis anzustecken. Eine durch Blutspenden verursachte Hepatitis entsteht schätzungsweise bei 7 bis 10 Prozent der Blutempfängern, wenn es sich um unentgeltliche Blutspenden handelt.75 Diese Zahl multipliziert sich um das drei- bis vierfache, wenn es sich um Blut von Blutspendern handelt, die dafür bezahlt werden. Dies bedeutet umgerechnet, dass in den USA jedes Jahr 230.000 neue Fälle von Hepatitis auftreten. Der Grund für diese epidemische Zunahme liegt darin, dass es bis heute noch keinen zuverlässigen oder ausreichend empfindlichen Test gibt, mit dem die Substanz, die die Krankheiten verursacht, erkannt werden kann. In der Tat werden die meisten Hepatitis C Fälle durch Bluttransfusionen oder Nadeln verursacht, die von Drogenabhängigen geteilt werden. Die irische Regierung hat den Versuch unternommen, etwa 100.000 Mütter mit Rhesusfaktor Negativ ausfindig zu machen, die 1977 eine Bluttransfusion erhielten. Aufgrund eines Ausbruches von Hepatitis C bei Patienten, die in dem besagten Jahr eine Bluttransfusion erhielten, soll bei diesen Frauen festgestellt werden, ob sie sich mit Hepatitis C angesteckt hatten.76
Obwohl die amerikanischen Centers for Disease Control and Prevention (Zentren für Krankheitskontrolle und -vorbeugung) behaupten, dass es sich bei dem Ausbruch in Irland um den ersten seiner Art handelte, glauben einige medizinische Kreise, dass bei jedem, der vor 1991 eine Bluttransfusion erhielt, die Gefahr einer Hepatitis C Infektion bestehen könnte. In Großbritannien haben sich tatsächlich, wie vor kurzem ermittelt wurde, etwa 3.000 Bluter mit Hepatitis C infiziert. Ärzte fragen sich jetzt, ob intravenöses Immunglobulin, ein Protein, das zur Stimulierung des Immunsystems verabreicht wird, Hepatitis C verursachen kann. In den USA wurden letztes Jahr mehr als 100 solcher Fälle dokumentiert, und in Norwegen wurde von einer neuen Gruppe mit 20 Erkrankungen berichtet.
1991 wurde ein Kontrolltest entwickelt, der den Hepatitis C Virus anzeigt. Aufgrund dieses Tests wurde ermittelt, dass anscheinend einer von 2.000 Blutspendern auf die Hepatitis C Antikörper positiv reagiert. Aber selbst durch diesen Kontrolltest sind Sie nicht unbedingt geschützt. Eine Reihe von Ärzten schrieb vor kurzem an das British Medical Journal, um sich über die Ungenauigkeit dieses Tests zu beschweren.78 Nach Angaben dieser in der Virologie Abteilung des Stadtkrankenhaus von Edinburgh/ Schottland und dem John Radcliffe Krankenhaus in Oxford tätigen Ärzte wurden in den ersten acht Monaten einer Kontrolluntersuchung für den Hepatitis C Virus im regionalen Umfeld von Oxford etwa 83.000 Bluteinheiten (von etwa 70.000 Spendern) mit dem ELISA Test untersucht. Es handelt sich bei diesem Test um den am häufigsten angewandten Test zur Ermittlung des Hepatitis C Virus.
In diesem Beispiel kamen 358 Spender wiederholt als Positiv zum Vorschein. Nachdem alle Spender mit einem positiven Test nochmals mit zwei anderen, erst vor kurzem entwickelten Kontrollverfahren, dem RIBA-2 oder dem Murex 13011 ELISA, getestet wurden, zeigte sich, dass der ELISA Test in drei Viertel der Fälle falsch gewesen war.
Abgesehen von Hepatitis, ist das Risiko, sich durch das Blut an einer humanen T-Zellen-Leukämie (HTLV-1) anzustecken, zehnmal größer als das HIV Risiko. Dieses Risiko schießt in die Höhe, wenn man bedenkt, dass viele Blutempfänger, inklusive zu früh geborener Babys, eine Blutmischung bekommen, die sich im Durchschnitt aus Blutbestandteilen von bis zu neun Spendern zusammensetzt. Die medizinische Literatur ist voll von Studien über Patienten, die sich einer Operation unterzogen und die mit übertragenem Spenderblut schlechter gefahren sind als mit einer Autotransfusionen (bei der Ihnen Ihr eigenes eingelagertes oder wiedergewonnenes Blut gegeben wird). Mit Bluttransfusionen werden in Verbindung gebracht: Systemstörungen in den Organen, Wiederauftreten von Krebs, ein hohes Risiko postoperativer Infektionen und "Transplantat-gegen-Empfänger Reaktionen" - ein Leiden, bei dem die Gelenke, das Herz und die Blutzellen betroffen sind und bei der die Empfänger das übertragene Blut wieder abstoßen.
Abgesehen davon, dass Sie sich durch das Blut anderer verschiedene Krankheiten einfangen können, kann Ihr Immunsystem, wenn Sie ein Krebspatient sind, unterdrückt werden, was eventuell ein Wiederauftreten der Krankheit verursacht oder in irgendeiner Form unterstützen kann. In einer Studie lag die Wiederauftretensrate der Krankheit bei Patienten mit Kehlkopfkrebs, die keine Bluttransfusionen hatten, bei 14 Prozent. Bei den Patienten, die eine Bluttransfusion hatten, war sie mehr als viermal so hoch. Bei Patienten mit Krebs im Mund-, Rachen- und Nasenraum lag die Wiederauftretensrate ohne Bluttransfusion bei 31 Prozent. Mit einer Bluttransfusion war es mehr als das Doppelte.
Ein schlechteres Ergebnis stellte sich auch bei Patienten heraus, die eine Bluttransfusion nach einem chirurgische Eingriff gegen Lungenkrebs gehabt hatten, ebenso wie bei Darm-, Rektal-, Gebärmutterhals- und Prostatakrebs. Es schienen auch mehr Wiedererkrankungen bei den Fällen aufzutreten, in denen ein Patient vollständiges Blut erhält, anstelle von lediglich roten Blutkörperchen.
Wenn Sie eine Transfusion während einer Operation haben, vergrößert dies Ihr Risiko eine Infektion zu bekommen. Bei Patienten mit einer schweren Operation des Bauchbereiches haben Bluttransfusionen erheblich zu Systemstörungen in den Organen beigetragen.
Nicht nur, dass es Ihre Überlebenschancen reduziert, Sie können auch an den Nebenwirkungen des Blutes leiden, die ebenso ernsthaft sind wie die schlimmsten Nebenwirkungen von Medikamenten. Nesselsucht, Fieber oder Schüttelfrost sind einige der üblichen Reaktionen. Bei einigen Patienten verursachen manche Plasmaarten eine ernsthafte Reaktion in den Lungen, die manchmal tödlich endet. Dieses Risiko ist größer als bisher angenommen wurde.85 Es besteht auch ein beträchtliches Risiko einer allgemeinen Infektion, einer lebensbedrohenden allergischen Reaktion sowie sich mit einer durch Sex übertragenen Krankheit, wie dem Cytomegalovirus (CMV) zu infizieren. Eine Studie kam zu dem Ergebnis, dass es durchaus sein könnte, dass Blut, genauso wie Fingerabdrücke, einzigartig - nicht übertragbar - sei. "Die unvermeidliche, biologische (und jetzt rechtlich anerkannte) Tatsache ist, dass das Blut jedes Menschen eine Vielfalt von Antikörpern, Antigenen und ansteckenden Substanzen beinhaltet. Viele dieser Substanzen müssen von Wissenschaftlern erst noch identifiziert werden und sind gegenwärtig noch nicht einmal feststellbar. Reines Blut ... wird heute bei den Gerichten als etwas Imaginäres verstanden."
Teil 2 folgt