Hallo Baubau, danke für diesen Beitrag, den ich für sehr wichtig halte!
Ich habe nicht den Eindruck, dass es in astrologischen Kreisen üblich ist, sich supervidieren zu lassen. Ich kenne zwar etliche astrologische Runden/Stammtische, in denen man/Frau sich trifft, um das eine oder andere Horoskop zu besprechen (aber selten aus der eigenen Praxis) ... mehr aber auch nicht.
Mein Eindruck ist, dass in der Ausbildung von AstrologInnen, sofern überhaupt eine stattfindet, zum Beispiel die psychische/systemische Dynamik eines Beratungs-Settings faktisch keine Rolle spielt.
Ich habe umgekehrt auch den Eindruck, dass sehr viele Klienten, die astrologisch beraten werden möchten, vor allem an Wahrsagerei, sprich: an affirmativen Deutungen interessiert sind. Und es gibt (nach meinem Geschmack: zu viele) AstrologInnen, die dieses Bedürfnis mit Freuden bedienen, aus gemischten und teilweise sehr durchwachsenen Motiven. Angebot und Nachfrage, kann man sagen, okay.
Selbstverständlich stehen hinter solchen Anliegen meistens ganz andere Fragen, tiefer gehende, die gut begleitet werden könnten ... wenn sich jemand auf einen Prozess einlässt, der über das Ablesen von tradierten Deutungen für einzelne Konstellationen hinausgeht.
Ich bemühe mich, wenn jemand eine astrologische Beratung sucht, zunächst einmal um eine übersichtliche Auftragsklärung und das bedeutet schon eine kooperative Arbeit mit dem Klienten: Herausarbeiten, was sein Anliegen ist und was damit auch noch verbunden sein könnte, Besprechen der wechselseitigen Erwartungen an die gemeinsame Arbeit und an die Möglichkeiten der Astrologie, Abschätzung des vermutbaren Aufwands ... da bleiben dann eh schon nicht mehr viele übrig ... wenn "man doch nur wissen möchte, ob mein Partner zu mir passt" ...
Persönlich habe ich das Glück einer Partnerin, die seit vielen Jahren als Psychotherapeutin arbeitet, mit Astrologie nichts am Hut hat, aber offen dafür ist ... das führt immer wieder und in beide Richtungen zu "einer Art von Supervision", wobei auch meine eigenen systemischen Ausbildungen meine Bereitschaft, mich supervidieren zu lassen, kräftig unterstützt haben. Wobei das "keinen Scheiß erzählen" die eine Sache ist ... die für mich wichtigere wäre, die Antennen sensibel zu halten für das, was im Klienten-Berater-Methoden-Dreieck geschieht: Was ich an Scheiß erzähle, ist ja auch als Sache der zirkulären Interaktion zwischen Sender, Empfänger und Kontexten betrachtbar.
Für mich interessant wäre auch, welche grundsätzliche astrologischen/erkenntnistheoretischen Haltungen mit welchen Beratungs-Settings einhergehen. Wenn ich der Meinung wäre, dass im Horoskop die Wahrheit stünde, die ich als (mehr oder weniger arrogierter) Experte nur herauszulesen und zu verkünden brauche, dann wäre mir vermutlich Supervision eher egal.
Und last not least die Überprüfung meiner eigenen Dynamiken im Austausch ... da vor allem kann ich über supervidierende Gespräche Motive im Spiegel sehen, die mir sonst verborgen blieben.
Freilich wäre eine qualifiziertere astrologische Supervision fein, die nicht nur die psychodynamischen Dinge ins Auge fasst, sondern zugleich auch die astrologischen Kontexte des jeweiligen Anlasses ... nicht so sehr als astrologische Weiterbildung (das geschieht sowieso), sondern als Einblick in die vielschichtigen Muster, in denen wir uns bewegen ... als Berater eben auch als "bewegte Beweger", ob wir das wollen oder nicht. Es ist ja nicht möglich, nicht zu kommunizieren ;-)
Mir fällt in meinem Umfeld niemand ein, der das abdecken könnte. Ich erlebe das als Entweder-Oder ... hier der Austausch über astrologische Deutungsvarianten, dort die Möglichkeit, die Beratungsprozesse supervidiert zu bekommen ... wie schaut das bei Dir aus, Baubau?
Liebe Grüße an (fast) meine alte Heimat ... bin in Hannover sozialisiert und hab die Schaumburger Gegend mit der Schule durchwandert ;-)
Jake