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paula marx
Guest
Hab in meinem Umfeld nicht wahrgenommen, doch es gibt sie:
"Aufschieberitis" als Krankheit
Mittwoch, 5. November 2008 02:46 - Von Daniel Rademacher, in Berliner Morgenpost online
Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen, sagt das Sprichwort. Die Realität sieht meist anderes aus.
- Im Extremfall wird die "Aufschieberitis" zur ernsten Störung. Experten sprechen von Prokrastination (procrastinare: verzögern).
"Unliebsame Dinge aufzuschieben gehört erst einmal zum normalen Handlungsrepertoire", sagt der Psychologe Hans-Werner Rückert von der Freien Universität Berlin. "Viele Tätigkeiten, zum Beispiel den Keller zu entrümpeln, sind mit Unlust verbunden. Man muss seine Handlungsroutine unterbrechen", erklärt Rückert. Grundsätzlich sei der Mensch aber veranlagt, den Aufwand zu minimieren. In manchen Fällen bleibt es aber nicht bei dieser harmlosen "Aufschieberitis": Die Betroffenen verlieren dann die Kontrolle über ihr Verhalten, nehmen sich ständig Dinge vor, können sie aber nicht mehr bewältigen. In aller Regel bemerken die Betroffenen ihr Problem zwar, ernten aber von ihrer Umwelt wenig Verständnis. "Da geht die Selbstachtung natürlich in den Keller", sagt Rückert. Dabei habe eine solche Erkrankung nichts mit Willensschwäche oder Faulheit zu tun.
Heftiges Aufschiebeverhalten kann viele Ursachen haben, sagt auch Fred Rist, Leiter der Psychotherapie-Ambulanz der Universität Münster. In Betracht kommen falsches Zeitmanagement oder Defizite in der Konzentrationsfähigkeit, ein hoher Grad an Perfektionismus, Angst vor Versagen oder Kritik.
Prokrastination kann sich auch als Teil einer psychischen Störung wie einer Depression, einer Angststörung, einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) oder einer Psychose äußern. "In solchen Fällen ist die Behandlung der primären psychischen Störung die Voraussetzung für eine Behebung der Arbeitsstörung", sagt Rist. Doch chronisches Aufschieben selbst kann auch der Ausgangspunkt für schwerere psychische Beeinträchtigungen wie eine Depression sein.
Das Aufschieben selbst beschreiben Betroffene als eine paradoxe Erfahrung: So sei es ihnen häufig präzise möglich zu sagen, welche (weniger wichtige) Ausweichhandlung sie als Alternative zu der eigentlichen (wichtigeren) Aufgabe vornehmen. Letztlich handelt es sich dabei um eine Störung der Selbststeuerung.
Besonders gut erforscht ist die "Aufschieberitis" bei Studenten und generell im akademischen Umfeld, weil hier weitgehend einheitliche Anforderungen zu finden sind. Untersuchungen an der Universität Münster ergaben, dass rund zehn Prozent der Uni-Angehörigen betroffen sind. Doch auch in der Allgemeinbevölkerung sei Prokrastination verbreitet. US-Studien zufolge seien sogar rund 20 Prozent der Bevölkerung als chronische Aufschieber zu sehen, sagt Rist. Wer darunter leidet, sollte professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.
"Die Erkrankung hat nichts mit Willensschwäche oder Faulheit zu tun"
"Aufschieberitis" als Krankheit
Mittwoch, 5. November 2008 02:46 - Von Daniel Rademacher, in Berliner Morgenpost online
Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen, sagt das Sprichwort. Die Realität sieht meist anderes aus.
- Im Extremfall wird die "Aufschieberitis" zur ernsten Störung. Experten sprechen von Prokrastination (procrastinare: verzögern).
"Unliebsame Dinge aufzuschieben gehört erst einmal zum normalen Handlungsrepertoire", sagt der Psychologe Hans-Werner Rückert von der Freien Universität Berlin. "Viele Tätigkeiten, zum Beispiel den Keller zu entrümpeln, sind mit Unlust verbunden. Man muss seine Handlungsroutine unterbrechen", erklärt Rückert. Grundsätzlich sei der Mensch aber veranlagt, den Aufwand zu minimieren. In manchen Fällen bleibt es aber nicht bei dieser harmlosen "Aufschieberitis": Die Betroffenen verlieren dann die Kontrolle über ihr Verhalten, nehmen sich ständig Dinge vor, können sie aber nicht mehr bewältigen. In aller Regel bemerken die Betroffenen ihr Problem zwar, ernten aber von ihrer Umwelt wenig Verständnis. "Da geht die Selbstachtung natürlich in den Keller", sagt Rückert. Dabei habe eine solche Erkrankung nichts mit Willensschwäche oder Faulheit zu tun.
Heftiges Aufschiebeverhalten kann viele Ursachen haben, sagt auch Fred Rist, Leiter der Psychotherapie-Ambulanz der Universität Münster. In Betracht kommen falsches Zeitmanagement oder Defizite in der Konzentrationsfähigkeit, ein hoher Grad an Perfektionismus, Angst vor Versagen oder Kritik.
Prokrastination kann sich auch als Teil einer psychischen Störung wie einer Depression, einer Angststörung, einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) oder einer Psychose äußern. "In solchen Fällen ist die Behandlung der primären psychischen Störung die Voraussetzung für eine Behebung der Arbeitsstörung", sagt Rist. Doch chronisches Aufschieben selbst kann auch der Ausgangspunkt für schwerere psychische Beeinträchtigungen wie eine Depression sein.
Das Aufschieben selbst beschreiben Betroffene als eine paradoxe Erfahrung: So sei es ihnen häufig präzise möglich zu sagen, welche (weniger wichtige) Ausweichhandlung sie als Alternative zu der eigentlichen (wichtigeren) Aufgabe vornehmen. Letztlich handelt es sich dabei um eine Störung der Selbststeuerung.
Besonders gut erforscht ist die "Aufschieberitis" bei Studenten und generell im akademischen Umfeld, weil hier weitgehend einheitliche Anforderungen zu finden sind. Untersuchungen an der Universität Münster ergaben, dass rund zehn Prozent der Uni-Angehörigen betroffen sind. Doch auch in der Allgemeinbevölkerung sei Prokrastination verbreitet. US-Studien zufolge seien sogar rund 20 Prozent der Bevölkerung als chronische Aufschieber zu sehen, sagt Rist. Wer darunter leidet, sollte professionelle Hilfe in Anspruch nehmen.
"Die Erkrankung hat nichts mit Willensschwäche oder Faulheit zu tun"