Das Absurde ist ja, dass im israelischen Parlament Rechtsextreme vertreten sind, neben denen selbst ein Netanjahu noch gemässigt wirkt, und mit denen Netanjahu zusammenarbeitet. Einfach zum Vergleich: In Deutschland würden diese Personen als Neo-Faschisten gelten.
Ein Beispiel dafür ist
Itamar Ben-Gvir. (Ein zweites Beispiel ist Bezalel Smotrich.)
Itamar Ben-Gvir ist nicht einfach nur politisch rechts, er ist rechtsextrem. Nicht einfach nur rechtsextrem, sondern im Grunde genommen ein Neofaschist.
Der Guardian berichtet:
According to reports in the Hebrew media last month, Ben-Gvir demanded of the Israeli chief of staff at a briefing: “Why are there so many arrests [in Gaza]?
“Can’t you kill some? Do you want to tell me they all surrender? What are we to do with so many arrested? It’s dangerous for the soldiers.”
Laut Berichten hebräischer Medien im letzten Monat forderte Ben-Gvir den israelischen Stabschef bei einem Briefing: „Warum gibt es so viele Verhaftungen [in Gaza]?“
„Könnt ihr nicht welche töten? Willst du mir sagen, dass sie sich alle ergeben? Was machen wir mit so vielen Verhafteten? Es ist gefährlich für die Soldaten.“
Als Teenager war Ben-Gvir Mitglied einer Jugendorganisation, die sich für ethnische Säuberungen einsetzte. Später wurde er Mitglied einer
noch radikaleren, rassistischen (also: anti-arabischen) Organisation bzw. Partei genannt "Kach", bis diese von der israelischen Regierung im 1994 als terroristische Organisation verboten wurde. Der Grund?
Das Massaker in der Grotte der Patriarchen verübt durch den us-amerikanisch/israelischen Baruch Goldstein. Insgesamt ermordete Goldstein 29 muslimische Palästinenser und verwundete 150 weitere, die während Ramadan in der besagten Grotte beteten. Goldstein war nicht einfach irgendjemand, sondern auf den Wahllisten der Kach-Partei an dritter Stelle. Wie reagierte die Kach-Partei auf das Massaker damals?
So:
Von Anhängern der
Kach-Bewegung und anderen national-religiösen jüdischen Fanatikern wird Goldsteins Tat hingegen als „Operation Machpela“ verherrlicht und er als „Gerechter“ (hebräisch: „
Zaddik“) verehrt.
Interessanterweise gibt es zu diesem Massaker keine eigenständige deutsche, sondern nur
eine englische Wikipedia-Seite. Wenigstens gibt es
diesen Spiegel-Artikel aus dem Jahre 2019.
Anhänger der damaligen terroristischen Kach-Partei sitzen also seit Jahren mit Netanjahu in der Regierung. Und Ben-Gvir ist einer davon.
Die Partei, der Ben-Gvir anhängt - Otzma Yehudith - speist sich ideologisch nicht nur aus der Kach-Organisation, sondern auch aus der Kahane-Organisation. Diese wurde ebenfalls vom israelischen Staat als terroristische Organisation verboten. Binyamin Ze'ev Kahane war ein weiterer us-amerikanisch/israelischer rechtsextremer neo-Faschist, welcher zusammen mit seiner Frau von Palästinensern getötet wurde, wobei auch mehrere seiner Kinder schwer verletzt wurden oder starben.
Kahane was the leader of the militant Jewish Defense League in New York City, and he served time in prison both in
the United States and
Israel. As an activist and then a political candidate, Kahane
called for expelling Arabs from Israel, banning intermarriages between Jews and Arabs, segregating Jews and Arabs, and revoking Israeli citizenship for non-Jews. His Kach party had a history of
harassing Israeli Arabs.
Kahane war der Anführer der militanten Jewish Defense League in New York City und saß sowohl in den USA als auch in Israel im Gefängnis. Als Aktivist und später als politischer Kandidat forderte Kahane die Vertreibung der Araber aus Israel, das Verbot von Mischehen zwischen Juden und Arabern, die Trennung von Juden und Arabern und den Entzug der israelischen Staatsbürgerschaft für Nichtjuden. Seine Kach-Partei hat in der Vergangenheit israelische Araber schikaniert.
(
Quelle)
Auch von Kahane ist Ben-Gvir ein Schüler.
Wofür ist Ben-Gvir denn in der Regierung mit Netanjahu zuständig? Für die "nationale Sicherheit im Westjordanland". Also genau dort, wo laut Experten des Int. Strafgerichtshof mittlerweile eine Apartheid herrscht.
Wikipedia sagt:
Im November 2022 wurde bekannt, dass Ben-Gvir zum Minister für Nationale Sicherheit ernannt werden solle, mit einem gegenüber dem bisherigen Amt des Ministers für Öffentliche Sicherheit deutlich erweiterten Aufgabenbereich, unter anderem der Verantwortung über die
Grenzpolizei im Westjordanland. Der scheidende
Verteidigungsminister Benny Gantz beschuldigte daraufhin Netanjahu, er schaffe damit eine Privatarmee für Ben-Gvir im Westjordanland, und sein Vorgehen sei „ein Eingeständnis, dass der wahre
Ministerpräsident Ben-Gvir sein wird“.
Grenzpolizei als Privatarmee für einen rechtsextremen Ben-Gvir im Westjordanland? Worum geht's bei diesem Vorwurf genau? Das ist
hier erklärt.
Tatsächlich baut Ben-Gvir im Westjordanland (aber auch anderswo) bewaffnete Milizen auf. "Rapid Response Squads", eine Art "Nationalgarde". Diese sollen angeblich vor terroristischen Anschlägen schützen, wenn die Polizei oder das Militär nicht genügend rasch vor Ort sein kann. Sprich: bewaffnete, semi-professionelle Personengruppen, die mit dem Segen des Ministers für nationale Sicherheit unabhängig von Polizei und Militär agieren können und dürfen. Angezielt sind 13'200 (!) bewaffnete Mitglieder. Dafür mussten erstmal die Waffengesetze in Israel gelockert werden. Hier
ein Beispiel auf Xwitter.
In practice, these squads create another path for arming Jewish-Israelis. As Daniel Seidemann, an Israeli lawyer and the founder and director of the NGO Terrestrial Jerusalem, has warned, they could end up looking more like Ben-Gvir's own "
private militias."
In der Praxis eröffnen diese Truppen einen weiteren Weg zur Bewaffnung jüdischer Israelis. Wie Daniel Seidemann, ein israelischer Anwalt und Gründer und Direktor der NGO Terrestrial Jerusalem, warnte, könnten sie am Ende eher wie Ben-Gvirs eigene „Privatmilizen“ aussehen.
(Quelle)
Ein rechtsextremer Minister für Nationale Sicherheit, ehemaliges Mitglied einer mittlerweile verbotenen terroristischen Organisation, deswegen nicht zum Armeedienst zugelassen, und der jetzt mit dem Segen von Netanjahu bewaffnete Privatmilizen aufbaut, die nicht der Polizei oder dem Militär unterstehen? Wer sich ein Video anschauen möchte, wie Ben-Gvir Waffen an diese Milizen verteilt:
hier.
Ben-Gvir selbst wohnt übrigens mit seiner Familie im Westjordanland, gehört also selbst zu den israelischen Siedlern. Nicht ganz unwesentlich, wenn man sich vor Augen führt, was da so alles läuft.
Auch der
US-Regierung wurde die Sache irgendwann etwas zu heiss, und sie drohte, Waffenlieferungen von 20'000 Gewehren nach Israel einzustellen. Gefunden wurde irgendein fauler Kompromiss, und jetzt werden die Waffen wieder geliefert.
Übrigens:
Israels Waffengesetze sind so beschaffen, dass sie bestimmte Personengruppen (welche könnten das wohl sein?) elegant ausschliessen.
Falls jetzt hier irgendjemand reflexartig losschreien möchte, das diene ja alles bloss zum Schutz gegen die Hamas: jetzt wäre der Moment dafür.