Es wäre denke ich schonmal etwas gewonnen, wenn die Politiker aufhören würden, sich negativ über Arbeitslose, Obdachlose oder sonstige Menschen zu äußern, die in Not geraten sind. Deren schwierige Lebenslage ist oft unverschuldet und hat selten etwas mit Dummheit, Bosheit oder Faulheit zu tun. Dennoch fallen da gerne Stichworte wie "Sozialschmarotzer" o.ä.
Das stimmt. Und das Volk ist mittlerweile so gespalten, dass teilweise diese Sichtweise übernommen wird. So gesehen wundert mich das auch nicht, denn wenn die, die arbeiten für drei arbeiten müssen, und Millionen andere dafür keinen Job finden können, ist Spaltung vorprogrammiert.
So gesehen ist keine Seite wirklich gut dran, weil ich der Meinung bin, dass der Mensch von seiner Natur her produktiv sein möchte, aber keiner wohl arbeiten möchte bis er krank wird. Es wäre genug Arbeit da, sie möchte oder kann nur nicht bezahlt werden. Also wird immer mehr auf immer weniger Schultern abgeladen, und andere werden depressiv, weil sie keine Arbeit finden.
Dazu wurden dann gerne noch Leute wie "Ich-krieg-doch-vom-Amt-Arno Dübel" im Fernsehen präsentiert und fertig war das Bild vom schmarotzenden Hartz4-Empänger.
Wenn ich mir überlege, wie Schröder damals das ALG-II-System eingeführt und begründet hat, wundere ich mich, wie das zur SPD passte.
Da hast du vollkommen recht: Gar nicht natürlich. Schröder war der Totengräber der SPD, danach ist die Partei entsprechend abgerutscht und hat sich bis heute nicht mehr davon erholt. Auch ich habe danach viele Jahre nicht mehr die SPD gewählt. Viele sehen das so wie ich, es gibt allerdings bis heute auch noch Hardliner aus dem Seeheimer Kreis, die das nicht wahrhaben wollen.
Dass er die Sozialleistungen da kürzen und streichen wollte/musste, nehme ich ihm dabei gar nicht mal übel..., aber die Worte und Begründungen, mit denen er das danach versuchte an den Mann zu bringen.
Ich hingegen nehme ihm das sogar sehr übel, denn er hat damit seine eigene Wählerschaft verraten. Er hat das Land und die Wirtschaft auf Kosten der sozial Schwachen saniert. Zeitarbeit, Leiharbeit, Lohndumping und Hartz4 haben Einzug erhalten und gleichzeitig sind sehr viele Leute richtig reich geworden. Der Spitzensteuersatz lag unter
Schmidt bei 56%, unter Kohl immerhin noch bei 53% und unter Schröder lausige 42%, das allerdings schon ab einem Jahreseinkommen von 52.000 €, was ich auch nicht angemessen finde.
Die wirklich Reichen sind bei 45%.
Somit fand eine Umverteilung von unten nach oben statt und die Schere zwischen Arm und Reich ging immer mehr auseinander.
Und von da an ging es auch nur noch in diese Richtung:
Im sozialen Bereich, im Gesundheits- und Bildungswesen wurde gespart wie nie zuvor, die Mieten sind immer mehr gestiegen, die Energiepreise sowieso. Sozialwohnungen wurden im großen Stil verscherbelt an ausländische Investoren. Die Gentrifizierung sorgt ebenfalls dafür, dass Menschen aus ihren Wohnungen und Vierteln raus müssen, in denen sie schon Jahre- und Jahrzehntelang gewohnt haben.
Die Mehrwertsteuer wurde erhöht, was natürlich auch wieder vor allem diejenigen beutelt, die eh schon nicht viel haben.
Ich könnte jetzt noch sehr viel aufzählen, aber ich belasse es mal dabei. Ich denke, du weißt es eh.
Ich persönlich mag ja wirklich die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens: Also, dass jeder Bürger ohne viel Verwaltungskram und Bürokratie einen Betrag bekommt, mit dem er einige Basics bezahlen kann: Kleine Wohnung, Essen, Körperpflege, Gesundheitsversorgung o.ä. Ich weiß nicht, ob es realistisch durchführbar ist - einige WiWiler sagen ja, andere bestreiten es... und alle haben nachvollziehbare Gründe für ihre jeweilige Position. Aber es ist mMn ein spannender Gedanke, der - falls es klappen kann - einige Probleme lösen könnte.
Ich finde die Idee auch nicht verkehrt. Ob die sich aber umsetzen ließe, weiß ich nicht. Es gab da doch mal ein Pilotprojekt in einem Land. Weißt du, was daraus geworden ist?
Das wünscht sich jeder, aber die Ansichten darüber, was genau nun vernünftig und sozial ausgewogen wäre, und wo genau nun zu viel gespart wurde, gehen dann stark auseinander.
Ich rede vor allem von Grundrechten und Grundbedürfnissen, die erfüllt sein müssen. Wer nicht viel hat, kann natürlich nicht in einer Luxuswohnung wohnen, wichtig wäre aber, dass er überhaupt noch bezahlbaren Wohnraum bekommt und nicht ins Zelt oder in den Container ziehen muss. Ein Phänomen, das jetzt auch hier immer mehr zunimmt und sonst aus den USA bekannt ist.
Sozialleistungen sind gut und richtig, aber es kann auch nicht Sinn der Sache sein, immer mehr Menschen zum Bedarfsempfänger zu machen. Somit müssen die Lebensbedingungen so gestaltet werden, dass man ein würdiges Leben führen kann. Bescheiden von mir aus, aber würdig.
Der Personalschlüssel in Betrieben muss so bemessen werden, dass er den realen Arbeitsbedingungen entspricht und nicht nur auch dem Papier gut aussieht.
Zum Gesundheitssystem hätte ich ganz viel zu sagen. Aber ein Beispiel: es geht nicht an, dass wenn man dringend zum Kardiologen muss erst frühestens nach einem halben Jahr einen Termin bekommt, obwohl man dort schon seit Jahren Patient ist und zwei Herzinfarkte und Herzrhythmusstörungen der Befund sind, und ein Privatpatient bekommt bekommt wenige Tage später einen Termin.
Es ist auch sehr fragwürdig, dass Pensionäre eine Inflationsprämie von 3.000 € bekommen und Rentner überhaupt nichts.
Es geht einfach um soziale Gerechtigkeit und dass Menschen als Menschen betrachtet werden und nicht nur als Humankapital.