Wissenschaft kontra (?) Religion / Spiritualität / Glaube - GRUNDSATZ-Diskussion

JimmyVoice schrieb:
Sorry Pelisa, aber du bist etwas zu sehr auf katholische Religion versteifft. Als gäbe es nur die. Es gibt noch andere Religionen. Du sagst auch, du möchtest es trennen. Also DU möchtest! Andere sicherlich auch, aber du kannst es nicht wirklich trennen. Nehmen wir einfach mal nur die antiken Philosophen. Die waren nicht nur Philosophen, nein sie waren auch Naturwissenschaftler und auch religiöse Menschen. Deren Religion hatte mit der katholischen Religion rein gar nix zu tun. Weil es das Christentum da ja bekanntlich nicht gab. Die Wurzel allem besteht nun mal aus den 3 Grundpfeilern die ich benannte.

Ich habe zwar Schönborn zitiert, aber die Ami-Kreationismus-Debatte ist nicht katholisch. Kann sein, dass ich das zu eng sehe, aber mir ist eben nur das Christentum mit seiner unangebrachten Einmischerei bekannt. Was sagen denn die anderen Religionen dazu?

Und wie siehst du die Frage nach dem Ursprung? Lässt man die Einmischung der fundamentalen Christen zu würde das konsequenterweise ein Ende der Forschung bedeuten.

Philosophie ist die Wurzel, klar. Aber es hat eine Weiterentwicklung gegeben.

Die Trennung will nicht nur ich:
67 Nationale Akademien der Wissenschaften aus aller Welt haben sich in einer gemeinsamen Erklärung für die Evolutionslehre Darwins stark gemacht. Mit Blick auf den "Kreationismus" forderten sie Gesetzgeber, Lehrer und Eltern auf, dafür zu sorgen, dass "wissenschaftlich überprüfte" Erklärungen zur Entstehung und Entwicklung des Lebens an Schulen gelehrt werden. Diese dürften nicht durch "wissenschaftlich nicht überprüfbare" Theorien ersetzt oder vermischt werden. (21.6.06) http://derstandard.at/wissenschaft/
 
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Pelisa schrieb:
Ich halte gewisse Einmischungen der katholischen Kirche auch für mehr als bedenklich, siehe Schönborns Katechesen:
http://stephanscom.at/evolution/0

Die Kirche hat sich aus der Wissenschaft genau so herauszuhalten wie aus der Politik.

Aber man darf nun Schönborns Katechesen keineswegs mitg "katholischer Kirche" identifizieren. Hab zwar mit dem Verein nix am Hut, aber hier muß ich mal des Ausgleichs wegen auch was anderes Interessantes zitieren. Nämlich das Oberhaupt der katholischen Kirche: (dpa-Meldung)

Vatikanstadt (dpa) - Papst Johannes Paul II. hat die auf Charles Darwin zurückgehende Evolutionstheorie als mit dem christlichen Glauben vereinbar anerkannt. "Neue Erkenntnisse führen zu der Feststellung, daß die Evolutionstheorie mehr als eine Hypothese ist", betont der Papst in einer Botschaft an die Mitglieder der Päpstlichen Akademie der Wissenschaften. "Der Papst rehabilitiert Darwin", schreiben italienische Zeitungen.
Allerdings wendet sich Johannes Paul in seiner am Mittwoch abend veröffentlichten Botschaft gegen eine "materialistische Lesart" der Theorie über die Entstehung der Menschheit. Ansätze, die den Geist oder die Seele als Produkte der Materie betrachten, seien "mit der Wahrheit unvereinbar".

"Ernsthafte Hypothese"

Einige Kommentatoren werten den Text am Donnerstag als "Wende" und vergleichen ihn mit der Rehabilitierung Galileo Galileies durch Johannes Paul II. 1992. Andere weisen jedoch darauf hin, daß schon Papst Pius XII. in seiner Enzyklika "Humani Generis" 1950 die Evolutionstheorie als "ernsthafte Hypothese" bezeichnet hatte. Der Philosoph Tullio Gregory würdigte die Botschaft als "positive Anerkennung". Aber: "Wieder einmal kommt die Kirche zu spät."
Die von Darwin 1859 veröffentlichte Arbeit "Von der Entstehung der Arten" war lange als Widerspruch zur biblischen Schöpfungsgeschichte begriffen worden. Nicht als unmittelbares Geschöpf Gottes erklärt sie den Menschen, sondern als Produkt eines Evolutionsprozesses.

http://rhein-zeitung.de/old/96/10/25/topnews/papst.html

Finde ich zumindest erstaunlich und erfreulich für eine derart konservative und behäbige Institution und zeigt doch auch, daß Hopfen und Schmalz nicht endgültig verloren sind bei den *Glaubenshütern*.

:)
 
Pelisa schrieb:
Und wie siehst du die Frage nach dem Ursprung?
Ganz einfach. Gott ist der Anfang von allem. Ohne Gott kein Urknall, kein Universum, kein Leben, keine Evolution, keine Religion, keine Philosophie, keine Wissenschaft, keine DNS u.s.v. Gott muss nicht unbedingt den Menschen erschaffen haben. Wenn die Evolution den Menschen erschaffen hat, ja wer hat dann die Evolution erschaffen? Wer hat das erschaffen, womit die Evolution beginnen konnte? Die Naturgesetze? Wer hat sie begründet? Die Naturgesetze zeigen doch nichts anderes, dass alles nach einer gewissen Ordnung verläuft. Doch wer hat diese Ordnung geschaffen? Naturgesetze zeigen auch, dass nichts willkürlich geschiet. Zeigt aber auch das Gott nach gewissen Normen handelt. Zeigt aber auch das etwas nach einem gewissen "Willen" passiert und eben nicht einfach so.

Nehmen wir die DNS. Wir wissen, dass sie ein genetisches Programm ist. Doch wer hat dieses Programm geschrieben? Wir wissen, dass es DNS-Bausteine gibt, die überall vorhanden sind. Wir wissen auch, dass es DNS-Bausteine gibt die andere haben und andere nicht und das es DNS-Bausteine gibt die unterschiedlich angeordnet sind. heisst aber auch, dass jemand experimentiert haben muss. Heisst auch das die Evolution Teil eines Experimentes ist. Aber wer hatte experimentiert?

Wir wissen auch, dass Darwin selbst, von einem fehlenden Glied in der Evolution gesprochen hat. Der Mensch stammt genetisch vom Affen ab, aber da hat ein Sprung stattgefunden. Da fehlt eine Zwischenstufe, eben genau das fehlende Glied, von dem Darwin gesprochen hat.

Bei allem was wir tun, versuchen wir hinter das Geheimniss von Gott zu kommen und alle drei Grundpfeiler sind dazu notwendig.
 
Hallo,

ich habe ja schon oft meine Meinung zu diesem Thema kundgetan. Egal, hier mache ich es auch nochmal; ich hoffe, es ist interessant.

Was kann die Wissenschaft, und was kann sie nicht? Die Aufgabe der Naturwissenschaft ist es, eine konsistente möglichst einfache Beschreibung der Naturgesetze zu liefern, so dass möglichst bei bekannten Anfangsbedingungen Vorhersagen über die Zukunft getroffen werden können, bzw. gesagt werden kann, wie weit solche Vorhersagen möglich sind.

Die Methodik ist dabei, dass Hypothesen unter möglichst kontrollierten bedingungen gegeneinander gestestet werden. Die Hypothese/Theorie, die das Versuchsergebnis reproduzierbar gut beschreibt, wird akzeptiert.

Die Erklärungsmacht der Naturwissenschaften ist in den letzten 300 Jahren beeindruckend angewachsen und hat heutzutage ein weitgehend konsistentes Gedankengebäude erschaffen, was die Naturgesetze, die für uns erreichbar sind, sehr gut beschreibt. Und wir lernen ständig dazu.

Nun sehen viele eine Widerspruch zwischen einem Glauben an Gott und der Wissenschaft. Warum? Darauf fallen häufig Schlagworte wie "unlogisch", "ist doch eh alles schon geklärt" oder "unseriös".

Geklärt ist noch lange nicht alles. sonst wären wir ja schon arbeitslos. Unlogisch wäre ein Glauben, wenn er irgendeiner reproduzierbaren Beobachtung widerspricht. Es ist aber kein Problem Gott in das Weltbild so einzuflechten, so dass er das nicht tut, und wahrscheinlich eine ganze Weile auch nicht tun wird. Unseriös wäre, Glauben als Wissen zu verkaufen, auch wenn dieser Glauben anderen gesicherten Tatsachen widerspricht (siehe Kreationismus). Aber solche "unseriösen" Glabensrichtungen sind auch nur einzelne Vorstellungen über Gott, und nicht der Glaube an ihn allgemein. Vorstellungen über Gott gibt es sehr viele verschiedene; diese sagen aber mehr über die Menschen aus, als über Gott selber (wenn er existiert).

Religiöse Aussagen sind zumeist nicht falsifizierbar. Das bedeutet aber auch, dass die Naturgesetze, wie wir sie kennen, unabhängig von der Religion sind. Mit keiner Aussage über Gott können wir bei gegebenen Anfangsbedingungen Vorhersagen über dei Zukunft machen und ein Naturgesetz daraus ableiten. Das macht Religion für die Naturwissenschaft uninteressant. Die Naturwissenschaft ist deswegen aber nicht atheistisch, sondern "nur" agnostisch. Aber es ist deswegen sinnvoll, Gott von der Naturwissenschaft fern zu halten (wobei einige über's Ziel hinausschießen).

Das sagt aber alles nichts für oder gegen Gott aus. Die Grauzone, in die man Gott verstecken kann, ist riesengroß, und ich bin davon überzeugt, dass sie immer groß genug bleiben wird, auch, wenn sie rapide schrumpft. Aber das bleibt eine Privatsache. Niemand ist einem anderen darüber Rechenschaft schuldig, was er/sie glaubt, nur über Äußerungen und Taten. Darum reagiere ich manchmal allergisch gegen Religionskritik.

Versteht Ihr, was ich meine?

Viele Grüße
Joey
 
Pelisa schrieb:
Dann lies mal den Artikel von Schönborn in der New York Times vom letzten Sommer:

http://stephanscom.at/evolution/15/articles/2005/07/11/a8800/

Mag schon sein, dass er nicht die katholische Kirche ist. Aber wenn er sich so öffentlich äußert und niemand widerspricht, ist das ernst zu nehmen.

Sehe in den Ausführungen Schönborns eher die Rückzugsgefechte eines ewig Gestrigen; er versucht ja, einen sog. "Mißbrauch der päpstlichen Botschaft" nachzuweisen, aber was er da vorbringt, ist mehr als albern und ändert eigentlich nichts am prinzipiellen päpstlichen "Ja" zur Evolutionstheorie. Die Hardcore-Kreationisten gehen ja von einer wörtlich zu nehmenden Schöpfungsgeschichte aus; es gibt tatsächlich kreationistische Webseiten, die diskutieren, ob Dinosaurier ausgestorben seien, bevor sie in die Arche Noah aufgenommen werden konnten oder danach, kein Witz, muß ich mal raussuchen.

Diese Erklärungen auf Vorschulniveau kann man einem Erwachsenen heutzutage doch nur noch als Witz anbieten; und ich glaube, daß die Wälder nicht so tief sein können, daß sich auch unter orthodoxen Bibel- Gläubigen noch viele finden werden, die diesen Trip: "Wir nehmen die Adam-Eva-Geschichte mal wörtlich" auf Dauer mitmachen.
 
Naja, die Spaghetti-Seite ist ja schon von der Startseite her als Satire kenntlich.

Das umwerfend Komische an Nikodemus.net aber ist, daß sie das ernst meinen. Deshalb hat Nikodemus in Sachen Unterhaltungswert für mich eindeutig die Nase vorn.

:)
 
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Ihr meint also, dass Wissenschaft und Spiritualität getrennt werden müssen, denn sonst kommt es unweigerlich dazu, dass verbohrte, erzkonservative Machtinhaber diverser Religionen die Demokratie unterlaufen?

Was mich an der Frage interessiert, ist nicht die politische Dimension, sondern das Grundsätzliche. Wenn wir uns schon von vornherein das Sinnieren über diese Frage verbieten, weil wir uns über gesellschaftliche Dimensionen sorgen, dann wäre das doch schade.

Deshalb sind meine Gedanken zu Ellis Fragen ganz andere:
Muss ein Wissenschaftler seinen Glauben in den wissenschaftlichen Grauzonen verstecken (und dann immer neue Verstecke suchen, sobald eine Grauzone erfolgreich beschrieben wurde) oder lässt sich beides vereinen?

Meine Idee ist, dass sich beide irgendwo treffen (wenn man es zulässt). So muss weder ein "Spiritueller" auf den Wissenschaftlern rumhacken bzw. deren Erkenntnisse verzerren, um sie auf sein Weltbild zurechtstutzen noch muss ein Wissenschaflter Atheist sein.

Ein Weltbild ist eben nur ein Bild von der Welt, nicht die Welt selber. Und deshalb sollte ein Mensch sein Weltbild (inklusive seinem Gottesbild) nicht einfrieren, sondern seinen Erfahrungen (und auch den Erkenntnissen der Wissenschaften) anpassen.
Und nur weil die Evolution beschreibt, wie das Leben sich ent-wickelt, macht es die Natur doch nicht weniger geheimnisvoll (Ein Warum erklärt kein seriöser Wissenschaftler). Die letzten Fragen, warum es überhaupt etwas gibt, was vor der Zeit war, warum es Bewusstsein gibt (...), die lassen sich mit dem menchlichen Verstand wahrscheinlich nie er-klären. Die Einheitserfahrungen, von denen manche Meditierende berichten, scheinen mir die Brücke zwischen menschlichem Verstand und dem Unergründlichen zu sein.

Ich hab ein Buch, in dem der Dalai Lama und andere tibetische Buddhisten mit westlichen Physikern diskutiert, die kommen zu Übereinstimmungen.

LG von Sansara

PS: Für mich haben die Erkenntnisse der Naturwissenschaften bis vor kurzem etwas Göttliches ausgeschlossen. Ich denke, so geht es vielen und andersrum klammern viele an antiquierten Gottesbildern und müssen deshalb so etwas wie den Kreatonismus erfinden. Aber es ist viel schöner, sich der Wahrheit aus allen möglichen Richtungen zu nähern. Und - so scheint es mir - je näher man der Wahrheit kommt, umso mehr überschneiden sich die Ansichten...
 
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