Wie würdest du die sogenannte "kulturelle Aneignung" nennen?

Welches Prinzip siehst DU hinter der sogenannten "kulturellen Aneignung" wirksam?

  • kulturelle Faszination

    Stimmen: 4 21,1%
  • kulturelle Integration

    Stimmen: 9 47,4%
  • individuelle Freiheit (kulturelle Offenheit)

    Stimmen: 14 73,7%
  • kultureller Brückenschlag

    Stimmen: 4 21,1%
  • kulturelle Aneignung

    Stimmen: 2 10,5%
  • kulturelle Enteignung

    Stimmen: 1 5,3%

  • Umfrageteilnehmer
    19
Denn 'Aneignung' hört sich so an, als ob Irgendjemandem aus einer bestimmten Kultur etwas weggenommen würde, so wie
Finde ich nicht, weil der Kontext "kulturell" es erklärt.
Kultur ist schließlich kein materieller Gegenstand, und kann deshalb von jedem angeeignet werden, ohne dabei jemandem weggenommen zu werden.
Wo fängt Kultur an, wenn man von "Aneignung" spricht und wo hört sie auf?
Kultur beginnt und endet unabhängig davon, wovon man spricht, immer in der Gefühlswelt.
Sich etwas kulturell anzueignen bedeutet, sich damit zu identifizieren, weil es die eigene Gefühlswelt spiegelt.

"Unser eigen" ist nur das, womit wir uns verbunden haben. Bei materiellen Gütern bedeutet diese Verbindung, dass man diese Dinge "besitzt" und deshalb andere sie nicht besitzen, aber bei immateriellen Werten bedeutet diese Verbindung, dass sie Anteile von uns selbst sind, die wir mit anderen teilen.

Das Problem bei dem Begriff 'Aneignung' ist, dass es negativ konnektiert wird.
Und das soll ja auch bei der Verwendung des Begriff 'Kultureller Aneignung' so sein, denn sonst hätte man auch einen neutraleren Begriff wie 'Kulturelle Annahme' verwenden können. Macht man aber wohl ganz bewusst nicht so.

Dabei ist jede Kultur manigfaltig und in diesem Sinne auf vielerlei gestaltet. Sicher, Kultur ist kein materieller Gegenstand, wird aber sehr häufig, oder sogar meistens, durch materielle Gegenstände offenbart.
Wie z.B. durch Bauten, Kunstwerke, Schmuck oder "traditioneller" Kleidung. Aber selbst wenn diese Gegenstände nur nacherstellt und entsprechend verwendet werden, spricht man schon von "Kultureller Aneignung" ohne dass irgendjemanden etwas weggenommen wird.
Das heisst dann dass wir die kulturellen Anteile dieser Gegenstände mit anderen teilen. Und auch mitunter in der Gefühlswelt.

Mir persönlich ist der Begriff "Kulturelle Aneignung" zu morallastig. Zwar gut gemeint aber schlecht gemacht, so wie ich das mit dem Verschlimmbessern meinte.

Kultur ist eben nicht nur Religion, oder bzgl. der Anteile in uns selbst welche wir mit anderen teilen, wenn man an das gleiche (nicht mal das Selbe) glaubt.
Oftmals wird auch fälschlicherweise Kultur mit Tradition gleichgestellt.
 
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Vielleicht liegt das auch daran, dass man das Gefühl hat, sich die Würde für die eigene Kultur hart erarbeitet zu haben - und wenn andere sich diese Kultur dann zu eigen machen, fühlt es sich wie Diebstahl an, weil man sie für unwürdig hält.
Wobei es natürlich sachlich gesehen Unfug ist, dass man über fremde Leute so urteilen könnte - aber gefühlsmäßig verhält es sich halt so.

Sobald unser menschlicher Stolz involviert ist, wird das Teilen schwer, und anderen etwas zu gönnen wirkt dann, als würden wir uns den Boden unter den Füßen weggraben.
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielleicht liegt das auch daran, dass man das Gefühl hat, sich die Würde für die eigene Kultur hart erarbeitet zu haben - und wenn andere sich diese Kultur dann zu eigen machen, fühlt es sich wie Diebstahl an, weil man sie für unwürdig hält.
Wobei es natürlich sachlich gesehen Unfug ist, dass man über fremde Leute so urteilen könnte - aber gefühlsmäßig verhält es sich halt so.

Sobald unser menschlicher Stolz involviert ist, wird das Teilen schwer, und anderen etwas zu gönnen wirkt dann, als würden wir uns den Boden unter den Füßen weggraben.

Stimme ich dir voll zu.
Wobei ich mir die Frage stelle, wie das wohl ( auch abstrakt ) aussieht, sich die Würde für die eigene Kultur erarbeitet zu haben. (?)
Die Antwort wird sich dann wohl nur auf der reinen Gefühlsebene finden lassen.

Wenn eine Kultur durch aussenstehende Annahme, oder meinetwegen auch "Aneigung", verhohnepiepelt, also verhöhnt und somit verspottet wird, dann kann ich die entsprechenden Gefühle und teilweise auch den Stolz absolut verstehen.
Aber reiner Stolz, nur aus sich selbst herraus, ist Dummheit. Es ist genauso dumm als wenn man sagt: "Ich bin stolz ein Deutscher, Österreicher, Italiener, Türke, Russe, Amerikaner, Chinese usw. zu sein"
Denn DAFÜR hat man SELBST ja keinen EIGENEN Beitrag geleistet, auf den man stolz sein könnte.
Genau DAS aber lässt sich auch auf die Kultur beziehen, denn man wird ja in die schon bestehende Kultur hineingeboren, oder man wächst zumindest in dieser Kultur auf.
Aus diesem meinen Gedankengang kam ja auch die Frage, die ich mir stellte; wie das wohl ( auch abstrakt ) aussieht, sich die Würde für die eigene Kultur erarbeitet zu haben. (?)
 
Es ist verständlich, wenn eine Kultur, die von einer anderen verdrängt wurde, von dieser nicht auch noch karikiert werden will, aber jeder Form von Darstellung böse Motive zu unterstellen, ist bestenfalls dumm und schlimmstenfalls rassistisches Kalkül.

Die Überzeugung, Kultur und Herkunft seien untrennbar verbunden und unterschiedliche Kulturen strikt voneinander zu trennen, ist unabhängig davon, wer sie hegt, ein Kennzeichen der extremen Rechten.

Die Auswüchse, die hier verlinkt wurden, deuten auf einen zerstörerischen Revanchismus hin, wobei dieser größtenteils von westlichen Weißen und nahezu ausschließlich von westlich-weiß Sozialisierten ausgeht, also autoaggressiver Natur ist. Pikanterweise untergräbt er in seiner Selbstherrlichkeit alles, was im Sinne eines friedlichen Miteinanders der Kulturen erreicht wurde, weshalb man ihn als genau das bezeichnen kann, wogegen er zu kämpfen vorgibt: als Versuch, im Verschwinden begriffene rassistische Strukturen zu erhalten und ein für allemal zu zementieren.
 

[ ....... ] Der Artikel bringt es perfekt auf den Punkt! Thx :)



Der Gastkommentar, von Alfred Bodenheimer in der NZZ, ist intellektuell sehr anspruchsvoll. Vielleicht einigen Menschen auch zu anspruchsvoll, denn er setzt im Prinzip alle Kulturen auf eine gleichberechtigte Ebene bzgl. der "Aneignung".
Dadurch zeigt Bodenheimer die Widersprüchlichkeit in der Argumentation der "Kulturellen Aneignung" auf.
Denn interessanter Weise sind es ja oftmals die Befürworter einer multikulturellen Gesellschaft, und auch in der Globalität,
welche eine "Kulturelle Aneignung" skandalisieren.

Der Faschismus ...

Der Begriff Faschismus kommt aus dem lateinischen und bedeutet im italienischen Bund. In diesem 'Bund' geht es um Menschen gleicher ideologischer Gesinnung.
Nur weil die Partei sich unter Mussolini den Namen National-Faschistische Partei gab, heisst das noch lange nicht, dass Faschismus sich nur auf die nationalsozialistische Ideologie bezieht. Von seinem Ursprung her ist der Begriff 'Faschismus' mannigfaltig zu verstehen und zu interpretieren.
Das heisst nicht, dass aus ( vorallem selbsternannten ) Anti-Faschisten, wie scheibar automatisch, Nichtfaschisten werden.
Diese "Anti-Faschisten" bekämpfen nur die Ideologie des faschistischen Nationalsozialismus, ohne dabei zu merken, dass sie in Ihrer Ideologie selbst faschistisch handeln.
Das skandalisieren der "Kulturellen Aneignung", welches letztlich mit den üblen Folgen Betroffener mit Cancel Culture einhergeht, halte ich für faschistisch.

Alfred Bodenheimer hat das in seinem intellektuell anspruchsvollem Gastbeitrag, in der NZZ, geschickt subtil zum Ausdruck gebracht.
 
Sich Kultur anzueignen sehe ich eher positiv...
Absolut - man mag sich gar nicht ausmalen, was aus dem Rheingau geworden wäre ohne die französische Kultur.

Oder - anders herum - was im westfälischen Niedersachsen fehlt, weil die Römer dort in der Varusschlacht verloren haben = keine Parmaschinken- geschweige denn Lardoaneignung, aber herzlose Schweinemast!
 
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