Liebes Schneeglöckchen,
Schneeglöckchen;2283343 schrieb:
Ich frage mich nur: Wenn ich auf die spezielle Gattung von Mensch stoße, und ihnen freundlich und sonnig und wohlgesonnen entgegentreten, warum zum Teufel (sorry) müssen diese Personen mir dann trotzdem eine reinhauen mit Worten ???
So als ob ich ein visuelles rotes Tuch umhängen habe, dass ihnen deutlich signalisiert: Die tut nur so freundlich ? Ich bin aber ehrlich freundlich zu ihnen und habe keine Masken auf.
inzwischen ist hier ja schon viel geschrieben worden und vielleicht ist da auch schon eine Einsicht in den eigenen Schatten erfolgt, wo du lieb und nett sein willst und die anderen dich dazu zwingen nicht lieb und nett zu sein.
und wo es sich lösen kann indem man sich selbst nicht mehr zwingt lieb und nett zu sein.
Das ist eine bestimmte Ebene von Betrachtung. Sie hat als Hintergrund das kosmische Spiegelgesetz. Alles, was einem begegnet, ist Spiegel von einem selbst.
Es ist allerdings nicht immer so, daß man eigene Schatten hätte. Ich fragte einmal meinen spirituellen Lehrer, ob denn wirklich IMMER ALLES Spiegel von einem selbst ist.
Hintergrund meiner Frage war, daß ich in einem therapeutischen Beruf arbeitete. Und die ganzen Patienten, die mir tagtäglich begegneten, die sollten wirklich alle Spiegel meiner eigenen Probleme sein? Das konnte ich mir einfach nicht vorstellen.
Er sagte dazu, daß es nicht immer so ist.
Wenn man sich überlegt, daß Jesus als vollkommener Mensch tausende heilt, dann kann es ja nicht sein, daß die Kranken, die zu ihm kommen, ihm seine eigene Krankheit spiegeln.
Wenn man selbst wirklich "rein" geworden ist, "heil", dann kann man anderen als vollkommener Spiegel dienen. Dann ist es nicht so, daß in einem selbst wirklich diese Dinge sind, aber sie werden in einen hineingespiegelt und hineinprojiziert.
Und warum? Weil der "Andere" sich nach Heilung sehnt. Er spiegelt mir also in dem Moment auch etwas, nämlich meine Fähigkeit zu heilen. Er schreit nach mir, ruft nach mir, um geheilt zu werden.
Seine Sticheleien, seine verletzenden Worte, sind der Ruf einer verletzten Seele. Nur weil er so verletzt ist, verhält er sich verletzend. Wer heil ist, wirkt heilend. So einfach ist es eigentlich.
Es ist erstaunlich, wenn man mit dieser Haltung Menschen begegnet, die einen zuvor nur ärgerten. Allein schon das Wissen um diese Dinge ist ein Sehen des anderen, ist ein Stückchen Heilung. Er wird bereits dadurch mit sich selbst konfrontiert. Noch mehr, wenn ich auch seine Verletztheit fühlen kann. Wenn es soweit ist, erkenne seine Verletztheit und in dem Moment kann er ihr nicht länger ausweichen, indem er andere verletzt.
Kein einziges Wort, kein einziger Gedanke, keine einzige Tat kann "mich" verletzen. Ich kann das alles als Vorwand nehmen, um verletzt zu werden, um verletzt zu reagieren. Aber im Grunde meines Wesens bin ich absolut unverletzlich. Das ist die heilige Seite in mir, der Sohn Gottes.
"ich" bin nämlich gar nicht da. Leer. Der leere Raum kann nicht verletzt werden. Es ist nur eine Einbildung, man bildet ein Bild im Ein, im Innern. Jede Verletzung dort heilt sofort, wenn man sich dessen bewußt wird.
Jemand sagt: "Idiot" zu mir. Er möchte mich damit verletzen.

Doch es ist meine freie Wahl, wie ich das auffasse. Ich kann mich verletzen lassen, gekränkt sein, mein ego hat wieder etwas Futter bekommen...
Oder ich kann es einfach annehmen. Ja warum nicht? Vielleicht verhalte ich mich irgendwo wie ein Idiot und merke es einfach nicht? Dann sagt er mir etwas und hilft mir, mich zu erkennen.
Oder ich kann es nehmen als Zeichen seiner Verletztheit. Wenn ich kein Idiot bin, weshalb sonst sollte jemand so etwas zu mir sagen?
Oder ich kann mich so verletzen lassen wie er es wollte. Das ist der Kreuzweg, die Hingabe. Wirklich zu spüren, daß es weh tut. Nicht "mir" weh tut, aber es ist so bitter, so schmerzhaft, daß überhaupt jemand so wenig Liebe in sich spürt. Diesen Schmerz zu spüren bedeutet dem anderen gleich zu werden, freiwillig bis in den Schmerz hineinzugehen den er eigentlich spürt aber verdrängt.
Dieses Opfer erleuchtet den anderen. In diesem Bewußtseinszustand kommt die Frage: "Saulus, Saulus, warum verfolgst du mich?"
In diesem Bewußtsein kann man fragen: "Was bringt es dir eigentlich, wenn du so zu mir bist, mich ständig versuchst zu verletzen?"
Es ist dann ein ehrliches Interesse, ohne gekränktes ego, sondern aus dem Schmerz heraus, dem Schmerz des anderen, mit dem man sich so sehr verbunden hat, daß man ihn als eigenen Schmerz fühlt.
Und faszinierenderweise kann man dieses Gespräch mit der Seele des Anderen im Schweigen führen. Es braucht noch nicht einmal ein echtes Gespräch, obwohl sich das oft daraus ergibt, nach meiner Erfahrung. Und man erhält Antworten, so oder so.
Und manchmal... ergibt es sich, daß man doch gar nicht so heilig und unverletzt war wie man dachte, sondern da doch auch gekränktes ego eine Rolle spielte...
Also man kann diese Dinge auch alle zuhause auf dem Medikissen klären. Das ist wichtig in all den Fällen, wo man nicht mehr wirklich mit dem anderen sprechen kann, weil er es verweigert oder gestorben oder weggezogen ist oder so.
