Lieber ELi7,
danke dir für diesen schönen Beitrag.
Nicht um zu widersprechen, sondern einfach um eine weitere Facette des vielstrahligen Seins des Göttlichen anzusprechen oder in Worten aufleuchten zu lassen, möchte ich eine Gegenposition beziehen, aus der ich hier spreche:
Mir sind dein und meine hier beschriebene Position keine sich ausschließenden, sondern eher ergänzende Standpunkte, ganz so, wie wenn man ein Haus von Norden oder von Osten betrachten könnte. Nur in der Nordostecke deckt sich die Beschreibung wohl, und beide können wir wissen, daß sich noch weitere Hausecken unserer beider Blick entziehen.
Vor allen Dingen, wo das Thema des threads heißt, wer sagt, wie Gott wirklich ist. Ist dies denn wirklich sagbar?
ELi7: Eine Person ist eine in menschlichen Begriffen darstell- und fassbare Erscheinung, hinter der die wahre Wesenheit verborgen ist.
oder auch nicht. Gerade wenn es - wie es ja auch hier im Forum geschieht - persönlich wird, kommt schnell ein Unbehagen. Mag sein, daß die meisten nicht geübt genug sind, um persönliches in Worte zu kleiden, die nicht mehr anecken als es nötig ist, mag sein, daß sich das Persönliche doch jeder Fassung durch Begriffe entzieht.
ELi7: Gott ist nicht Wesenheit, sondern numinosa, nicht fass- und beschreibbar.
ja sicher, das ist eine Seite. Aber die andere Seite ist doch auch da. Wenn im Koran die 99 Namen Gottes genannt werden, dann ist es doch eine positiv in Worten einer menschlichen Sprache aufzählende Version der Beschreibung Gottes. Was also würde eine solche Beschreibung per se unterscheiden von einer Beschreibung einer Person?
Und ist nicht - wenn man den threadtitel nimmt - der Titel an sich dann schon völlig paradox, wenn man gleichzeitig sagt, daß Gott nicht faß- und beschreibbar ist, sondern eben numinosa? Bitte auch nicht so verstehen, daß ich Widersprüche konstruieren möchte wo keine sind, aber einfach als anregenden Gedanken. Also wenn ich den threadtitel wörtlich nehme und deine Aussage, dann wäre der einzige, der sagt, wie Gott wirklich ist, ein Judas, sozusagen ein "Verräter", einer, der "verrät", wie Gott wirklich ist.
ELi7: Und Gott verbirgt sich nicht, sondern unsere Sinne sind (noch) zu dumpf, ihn zu sehen.
doch wie sollte dies dann geschehen können? Müßte unser Sinn nicht gleichfalls numinos werden / wir einen numinosen Sinn in uns entdecken? Wie Goethe so schön sagt: "Wär das Aug' nicht sonnenhaft, nimmer könnt' es die Sonn' erblicken." Wenn mir selbst kein numinoser Sinn eignet, wie sonst sollte ich "ihn" sehen?
ELi7: Nicht er verbirgt sich, sondern wir verbergen uns, um nicht von ihm gesehen zu werden - was aber nicht gelingt.
ich erlebe es beides. Sowohl verbirgt sich Gott (erfolgreich, im Sinne eines Zimzum, erkläre ich gerne falls gewünscht), als auch wir verbergen uns vor Gott (nicht erfolgreich, wie schon die Szene im Garten Eden zeigt).
ELi7: Ich werde nicht Gott als etwas oder mit etwas beschreiben, das es erst seit den Römern oder besser seit C.G.Jung (persona) gibt...
Ach, ich genieße es einfach, wie unterschiedlich Menschen Gott beschreiben. Ich kann viel mit dem anfangen, was du sagst. Aber auch einen christlichen Mystiker wie Meister Eckehart verachte ich nicht, sondern schätze ihn sehr:
"merket, daß drie ein got sint...ez sint drie personen ein erstikeit in der einikeit irs natiurlichen wesens..."
Aus dem Hebräischen ist es ganz interessant, wie Gott als "Gott" heißt, nämlich elohim. Und dieses Wort wird in der jüdischen Überlieferung auch als "eleh-im" gedeutet. "eleh" ist "dies da". Da kann man drauf zeigen, das kann man fassen. Da hat man einen Begriff für. Und dann kommt aber diese Endung "-im" dazu, die ein Dual ist, also neben dem Singular (der Einzahl) und dem Plural (der Mehrzahl) die Zweizahl von Dingen beschreibt. Und so wird in der Überlieferung gesagt: Immer, wenn du es gerade benannt hast, also "eleh", "das da isset" gesagt hast, dann kommt die göttliche Hand und schiebt deinen ausgestreckten Zeigefinger weiter und sagt: "...und das da auch."
Doch das ist rekursiv definiert. Auch wenn du sagen wirst: "Na gut, also ist es dies da und das da. Meinetwegen hier nun Person und Numinosum. Dann kommt sofort das Leben, die göttliche Anwesenheit selbst und sagt: "ja, aber das da hinten auch noch."
Es ist so gesehen dasselbe, was Lao Tse elegant auf den Punkt bringt:
"Das Dao, das benannt werden kann, ist nicht das Dao."
und fertig. Naja, und doch ist selbst bei Lao Tse dieses Paradoxon, daß er immerhin über 30 Kapitel des Dao De Jing dazu verwendet, zu sagen, wie das Dao alles nicht ist. Doch auch für diese Aufzählung, wie das alles nicht ist, gilt letztlich dieselbe Konstruktionsformel des "eleh-im". Also dies ist es nicht, aber das auch nicht. Und das dahinten auch nicht.
Das eine ist sozusagen positivistisch, das andere eher negativistisch. Und beide sind wohl geeignet, Aspekte des Göttlichen ahnbar zu machen.
ELi7: und leere Worthülsen sind am wenigsten geeignet, Göttliches zu beschreiben.
Auch da... *lach* ... ein kleiner Gegenwurf. Ist doch z.b. das Herzsutra des Buddhismus, das ich außerordentlich schätze, eigentlich seiner Natur nach ziemlich "leer" und "worthülsig". Bis das Erleben die Worte aufleuchten läßt und man wiederum sagt, daß man es kaum klarer sagen kann.
Und sind eigentlich nicht alle Worte nur Hülsen für denjenigen, der des eigenen Erlebens entbehrt?
einen lieben Gruß,
eva-maria