Was darf Kunst?

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Noch was zum Begriff “politisch korrekte Schickeria“: Wenn so ein (eigentlich lachhafter Slapstick-)Ausdruck in den Raum geworfen wird, ist der schon zu hinterfragen. Auch wenn er sich lächerlich anhört.
Also: Was steckt dahinter? Was meint ein Herr Strache mit diesem Begriff? Ich nehme an, eine elitäre (oder besser und treffender: sich elitär gehabende) Personengruppe, die hochnäsig auf das gemeine Volk herunterblickt, sich von vornherein überall überlegen wähnt und keine Ahnung hat von den Sorgen armer, benachteiligter Leute.
Na gut, wenn ich koksend auf Ibiza mit einem steinreichen Oligarchenneffen zusammen sitzen würde, versuchen würde, an den eine halbe Republik zu verscherbeln, prahlend beeindrucken wollen würde, wen ich absäbeln und wen ich pushen will - dann würde ich mich auch mit “Schickeria“ angesprochen fühlen. Vor allem dann, wenn das geschilderte Insel-Szenario nur eines ist: Pseudo.
Mit “Schickeria“ sind ja Pseudos gemeint.
Und bevor ich mich aus dem Sprachrepertoire eines ehemaligen Neonazis und rechtsradikalen Politikers bediene, halte ich persönlich lieber den Mund. Schon gar nicht würde ich von Bigotterie und Heuchelei reden mit der Ausdrucksweise eines machtgeilen Möchtegerns, der mit gespaltener Zunge spricht. Also Bigotterie und Heuchelei in Reinkultur verkörpert. Und auch “Schickeria“ mit Protzen, Prassen und Überlegenheitsgetue.

Du musst mir nicht erklären was für eine erbärmliche Figur der Strache ist, und seine (Ex-)-Partei- und sonstigen Gesinnungsgenossen mit ihm. Das ist mir nicht nur hinlänglich bekannt, sondern tut auch überhaupt nichts zur Sache bzgl. des Begriffs "politisch korrekte Schickeria". Dieser und ähnliche Begriffe werden auch von Linken verwendet, auch an der Basis von KPÖ und SPÖ ist sowas durchaus gebräuchlich. Und selbst wenn es nicht so wäre und der Begriff tatsächlich vom Strache stammen tät, würd er noch genauso zutreffen. Die von den Strache-Fans Fans gern verdängte Tatsache, dass er selber ein Schickeria-Habschi ist, ändert daran überhaupt nix.
 
Es gibt den “rebel without a cause“. Der verfasst auch solche Texte bzw. hört sie sich an. Dem geht es einfach um Provokation um der Provokation willen.
So ein Menschentypus steht unter Starkstrom, ist hochgradig aggressiv, lebt auf einem inneren Vulkan. Histrionisch und nach dem Prinzip agierend “besser negativ auffallen als gar nicht“.
Ich kannte/kenne viele solche Leute. Und da die meisten wenigstens so kultiviert sind, dass sie nicht einfach dem Nächstbesten eine über die Rübe hauen, lassen sie ihre Aggressionen halt nur verbal raus. Das dafür umso heftiger.
Das ist Veranlagung/Persönlichkeitsdisposition oder/und das Aufwachsen auf einem Pulverfass.
Eine “politisch korrekte Schickeria“ kann man jedenfalls nicht für die verbalen Entgleisungen verantwortlich machen. So eine Erklärung würde höchstens bei kleinen Kindern oder Pubertierenden ziehen (“Wenn da wer dauernd mit dem erhobenen Zeigefinger daher kommt, mach ich's erst recht!“) Ist doch kindisch, so eine Erklärung.
Wenn es sich um erwachsene Menschen handelt, sollten sie zu ihrer provokativen Neigung stehen. Dass sie das Grenzüberschreitende unbedingt brauchen. Und dass das aus ihnen selbst kommt - also ohne zwingenden Auslöser von außen. Das tun sie meist eh. Und so wilde Typen sind oft künstlerisch genial. Aggressionen können künstlerisch auch ästhetisch dargestellt werden und weder frauenverachtend noch rechtsextrem.
Ja, sicher gibts diese Typen, aber trotzdem kann ich da ned pauschal drüberfahren mit solchen Erklärungen. Und eine provokative Neigung ist wohl auch nicht mirnix-dirnix mit einem Minderwertigkeitskomplex gleichzusetzen.
Abgesehen davon, wenn jemand auf einem Pulverfass aufgewachsen ist, ist er nicht "without a cause"

Kindische Trotzreaktionen kann man durch Gespräche auf Augenhöhe zu einem guten Teil vermeiden, aber das findet eben meistens nicht statt.
 
Ich lache gerne über Schubladen, Klischees, Stereotype und Vorurteile solange sie (für mich persönlich empfunden) niveauvoll sind. Was die Grenze des Niveaus ist, ist natürlich auch für jeden anders. Bei Gewaltverherrlichung ist z.B. meine Grenze - ganz egal ob das gegen Frauen/Männer/Kinder/Beeinträchtigte/Andersdenkende/Tiere/Was-auch-immer ist bzw.
Was ist in dem Zusammenhang überhaupt "Niveau"? Die Versiertheit der Ausdrucksweise? Die sagt noch gar nix aus darüber, ob was ok ist oder nicht. Man kann auch die größten Gemeinheiten sehr "niveauvoll" ausdrücken. Da ist die "niveaulose" Variante meistens die ehrlichere.


wenn sich jemand dadurch beleidigt oder verletzt fühlt ist der "Spaß" (bzw. die Kunst) auch zu Ende.
Leicht gesagt, aber da kann man dann gleich alles präventiv verbieten, weil irgendwer fühlt sich fast immer beleidigt.

Ich habe für mich gemerkt, dass ich auf das Video im Eingangspost ganz anders reagiert habe, als ich es noch vor ein paar Wochen/Monaten getan hätte. Deswegen ist die Frage bei mir aufgetaucht "Darf sie das?"
Und, darf sies? :D
Keine einfache Sache, das Thema. Selbst bei Aufrufen zur Gewalt... natürlich gibts da irgendwann einmal Grenzen. Irgendwo fängt die Verhetzung an, und dass man labile Leute mit bestimmten Inhalten sehr beeinflussen kann, wird auch schwer bestreitbar sein. Andererseits täten manche "Besorgten" wahrscheinlich schon Aussagen wie"Eat The Rich" verbieten wollen.
Und dass man die Verantwortung für Gewalttaten auf irgendwelche Liedtexte abschiebt, das kann ja auch ned sein.

Also es ist sicher nicht schlecht, dass immer wieder über das Thema diskutiert wird. Ich denk mir aber 2 Dinge... nämlich erstens, dass man in einer einigermaßen offenen Gesellschaft hoffentlich damit leben kann und wird, dass es da keine Patentlösungen gibt. Und zweitens, dass mehr Lockerheit und Humor, und weniger Verbissenheit und Empörung im Umgang miteinander ganz allgemein sehr hilfreich wären. Man kann z.B. die eigenen Trigger auch mal reflektieren, anstatt sie bis in alle Ewigkeit wie einen Gott zu verehren.
Wenn mehr Leut einmal lernen täten, "das kann ich persönlich nicht ertragen" von "das darf es nicht geben" zu unterscheiden, das wär echt schon einmal geil :D


Das die "Künster" auf Twitter die Kritiker an den Texten mit den schlimmsten Worten bedecken, stellt dann noch zusätzlich die Frage, ob sie das wirklich nur machen um zu provozieren oder ob sie das, was sie da von sich geben tatsächlich so meinen. Wieso sollten sie sonst auf die Kritik so aggressiv reagieren?
Da kanns auch wieder verschiedene Gründe geben. Entweder sind sie tatsächlich von dem Gesagten überzeugt, oder sie können nicht anders mit Kritik umgehen, oder die aggressive Reaktion auf Kritik ist auch noch ein Teil der Show oder was weiß ich was. Wird man nur durch nähere Beschäfigung herausfinden. Abgesehen davon reagiert ja ned jeder aggressiv, und ein bisserl kommts außerdem natürlich auch drauf an, wie die Kritik daherkommt.
 
In rebellischeren Kunstsparten (und besonders bei Pubertierenden), wird halt einmal oft und gern das verwendet, was gesellschaftlich verpönt ist.
Und genau hier liegt der Casus knaxus.
Da Sexismus und Frauenfeindlichkeit ja zum normalen Alltag gehören, ist es nämlich gar keine Provokation und nicht von der Gesellschaft verpönt.

Kleines Beispiel:
""" Wie ich mich an sexuelle Belästigung gewöhnt habe.
Sexuelle Belästigung ist so alltäglich, dass ich sie nicht immer bemerk
e. """
https://www.bento.de/gefuehle/sexue...t-habe-a-00000000-0003-0001-0000-000001137354


Besonders traurige Realität auch im Migranten Milieu, aus dem ja die meisten Rapper kommen.
Häusliche Gewalt und Frauenfeindlichkeit sind dort usus.
Wirkliche Provokation wäre, wenn diese jungen Rapper sich dagegen gegen positionieren würden.
So aber übernehmen sie nur traditionelle Rollen und sind in Wahrheit nur konforme Würstchen.
 
Und genau hier liegt der Casus knaxus.
Da Sexismus und Frauenfeindlichkeit ja zum normalen Alltag gehören, ist es nämlich gar keine Provokation und nicht von der Gesellschaft verpönt.

Kleines Beispiel:
""" Wie ich mich an sexuelle Belästigung gewöhnt habe.
Sexuelle Belästigung ist so alltäglich, dass ich sie nicht immer bemerk
e. """
https://www.bento.de/gefuehle/sexue...t-habe-a-00000000-0003-0001-0000-000001137354


Besonders traurige Realität auch im Migranten Milieu, aus dem ja die meisten Rapper kommen.
Häusliche Gewalt und Frauenfeindlichkeit sind dort usus.
Wirkliche Provokation wäre, wenn diese jungen Rapper sich dagegen gegen positionieren würden.
So aber übernehmen sie nur traditionelle Rollen und sind in Wahrheit nur konforme Würstchen.

So herum läuft das mit der Rebellion der Migrantennachkommen eben offensichtlich nicht. Schön wärs, ist aber halt einmal nicht so. Da wird mehr der ganze patriarchale Scheiss und oft auch die Religion selbst als Identitätsmerkmal benutzt und die Rebellion (zumindest der Teil, den man ein bisserl offener auslebt) richtet sich gegen Elemente der westlichen Gesellschaft wie eben das (vergleichsweise) Moderne und Aufgeklärte.

Und natürlich sind Rassismus und Sexismus offiziell von der Gesellschaft verpönt. De facto finden sie trotzdem dauernd statt, keine Frage. Aber von offizieller Seite gibt es immer wieder empörte Aufschreie im Fall rassistischer oder sexistischer Äußerungen oder Übergriffe, und das wird natürlich wahrgenommen, und da setzt dann die billige Provokation an.

Ich find das auch alles andere als toll, aber man braucht nicht so tun, als ob es nicht genau so laufen würde.
 
Und natürlich sind Rassismus und Sexismus offiziell von der Gesellschaft verpönt. De facto finden sie trotzdem dauernd statt, keine Frage. Aber von offizieller Seite gibt es immer wieder empörte Aufschreie im Fall rassistischer oder sexistischer Äußerungen oder Übergriffe, und das wird natürlich wahrgenommen, und da setzt dann die billige Provokation an.

Ich find das auch alles andere als toll, aber man braucht nicht so tun, als ob es nicht genau so laufen würde.
Nun, der #Aufschrei kommt eher von den Betroffenen und gelangt dann in die Medien, wo er erst offiziell wird.
So, wie bei #metoo z.B..
Der GewaltPorno Rapper sieht sich da eher noch bestätigt, weil es eben überall vorkommt, wenn teilweise auch nur latenter.
Politik und Justiz ( die Offiziellen also) gehen eher lasch mit diesen Themen um, anstatt wirklich zu schreien..
Eben bis sie selbst mal Opfer von frauenfeindlichen Kommentaren werden, dann zieht die Politikerin natürlich vor den Kadi.

Aber bei Rassismus und Antisemitismus wird allerdings sofort reagiert, da geb ich dir Recht.
Aber Sexismus wird noch immer bagatellisiert und der umgekehrte Rassismus, von Migranten auch.
 
Wenn mehr Leut einmal lernen täten, "das kann ich persönlich nicht ertragen" von "das darf es nicht geben" zu unterscheiden, das wär echt schon einmal geil :D
Irgendwie passend zum umfeld der diskussion würde ich auch sagen: kunst ansich darf maximal das mit dem beobachter / der beobachterin tun was diese/dieser zulässt.
Und genau hier liegt der Casus knaxus.
Da Sexismus und Frauenfeindlichkeit ja zum normalen Alltag gehören, ist es nämlich gar keine Provokation und nicht von der Gesellschaft verpönt.
Da würde ich auch sagen daß rap über pubertäre provokation hinausgeht. Kunst hat meistens auch einflussreiche förderer und das spiegelt sich im auftreten und in der symbolik dieser musik besonders wieder.
 
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Ich find es ja witzig wie sich über Raptexte echauffiert wird, ohne dass man sich überhaupt mal mit der Geschichte davon befasst.

UUUUUnnnd.
Was ist nun das eigentliche Thema?

Was darf Kunst? (das wäre dann eiiiiniges mehr, als nur bissel Reimtexterei)..
Oder:
Wieviel Sexismus/ Gewaltverherrlichung ist noch akzeptabel bei Sprachkünstlern?
 
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