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opti
Guest
Ehrlich gesagt, ist mir diese Begründung zu dünn für 3500 Jahre Verfolgung und Haß in fast jedem Land. Das muß andere Günde haben. Handfestere. Könnte es nicht vielleicht daran liegen, daß Juden schon immer als äußerst geschäftstüchtig galten und sich in jedem Land mit ihren Geldern (sie waren auch zu Jesu Zeiten die Geldverleiher) in die Belange des jeweiligen Landes einmischten? Ich meine damit auch nicht die Allgemeinheit der Juden, sondern einen kleinen Kreis von besonders finanzkräftigen Familien. Aber wie das eben so ist, ein kleiner Kreis benimmt sich daneben und schon hat die ganze Gruppe einen schlechten Ruf (siehe z.B.Motorradfahrer, blödes Beispiel aber mir fällt grad kein Besseres ein)
Einer der Gründe, warum die Juden so gehasst waren, war sicherlich der geschäftliche Erfolg, den die Juden hatten. Das weckte natürlich Neider. Man bedenke, dass die juden bereits seit der Antike in der Diaspora lebten. Sie hatten also kein eigenes Land, sondern lebten in allen möglichen Ländern und mussten es zwangsläufig lernen, zu überleben. Stell dir einmal vor, sie kommen nun in eine fremdes Land und wenigstens einige Wenige schaffen es, wirtschaftlich erfolgreich zu sein, dann weckt das den Neid der Konkurrenz. Daraus entstand schon bald die Judenfeindlichkeit, die den Juden gewissermassen bereits voraus eilte.
Die Juden scheinen in der Antike ein Volk gewesen zu sein, dass sich gegen die Obrigkeit erhoben hat, bzw. sich vor ihren Unterdrückern aus dem Staub gemacht hat. Fortan scheint also das Judentum ein Symbol für Revolution und Aufstand gegen die Herrschenden geworden zu sein. Darum haben sich offenbar sehr viele Monarchen aller Jahrhunderte die Juden zum Feind auserkoren. Der Adel liebte seine Untertanen halt nur, solange sie ruhig und fügsam waren und sich leicht unterjochen und ausbeuten ließen. So wird z.B. vermutet, dass der Grund des Auszuges der Juden aus Ägypten in der Sklaverei zu suchen ist. Die Ägypter sind ja für ihren Pyramidenbau bekannt. Wahrscheinlich haben sie ihre Sklaven nicht gerade mit Samthandschuhen angefasst. Außerdem haben die Ägypter etliche Völker und Stämme unterworfen und unterjochten sie dementsprechend.
Bei Pharao Echnaton oder den Persern diente der Gott der Stabilisierung der Macht. Dagegen wurde mit dem Auszug der Juden aus Ägypten ein Gott anerkannt, der sich "der Elenden erbarmt“. Daraus resultierte für Israel Herrschaftskritik und Sozialgesetze zum Schutz von Fremden und Schwachen. So einen Gott für Unterdrückte gab es im ganzen Orient nicht. Und das musste natürlich zwangsläufig die ägyptische Obrigkeit, und mit ihr wohl alle Obrigkeiten aller Zeiten, auf den Plan rufen. Darum ist die Judenfeindlichkeit in meinen Augen eigentlich eher auf machtpolitische, gesellschaftspolitische, soziale und juristische Aspekte, als auf religiöse Differenzen zurückzuführen.
Ein wichtiger Aspekt für die Judenfeindlichkeit scheint der Neid auf die Juden zu sein. Die Juden waren offensichtlich immer schon gute Geschäftsleute, die es verstanden, sich Reichtum und einen angenehmen Lebenswandel zu verschaffen. Dies lag unter anderem daran, dass sie nicht an dem althergebrachten festhielten, sondern ihren Blick nach vorne orientierten und offen für fortschrittliche Ideen waren. Andererseits gab es natürlich immer wieder Menschen, die neidisch auf diesen Wohlstand der Juden waren, selbst wenn sie selber sehr vermögend waren. Aber gerade die bekommen ja bekanntlich den Hals nicht voll genug.
Und besonders die, die selber sehr vermögend sind, haben in der Regel immer einen guten Draht zu den politisch Verantwortlichen. Diese guten Beziehungen wurden oft benutzt um über die Politik die Masse der kleinen Leute, die scheinbar immer schon für solche Feindbilder sehr empfänglich war, gegen die Juden aufzuwiegeln. So versuchte bereits Haman, ein Führer der Perser, seinen König Ahasveros um 472 v. Chr. zum Ausrotten aller Juden seines Machtbereichs zu bewegen. Ursache war purer Neid. Der Perserführer wollte sich außerdem das Vermögen der Juden aneignen. Hier ging es also um eine Bereicherung am Besitz der Juden, die mit ihrer Fremdartigkeit und angeblichen Auflehnung gegen Staatsgesetze gerechtfertigt wurde.
Was war nun das besondere bei den Juden? Ich glaube, es war die Religion, die sie miteinander verband. Darum gründeten sie meistens in der Fremde so etwas wie eine Diaspora, in der sie ihre jüdischen Gebräuche pflegten und ihrer Religion nachkommen konnten. Sie passten sich normalerweise den Gewohnheiten des entsprechenden Landes an. Ihre Autonomie wurde in der Regel akzeptiert, wenn sie auch von der Bevölkerung misstrauisch beäugt wurden. Die Juden lebten also meist in ihren eigenen Stadtvierteln recht nah beieinander und ihre Religion bildete ein Band, das sie miteinander verband. Es wird wohl so ähnlich ausgesehen haben, wie bei den heutigen Moslems, die sich in Europa einen neuen Lebensmittelpunkt gesucht haben.
Der Haken an der ganze Sache war nur, das die Juden, die fern von Palästina lebten, mehr oder weniger vom Wohlgefallen der jeweiligen Regierung abhängig war. Somit waren der Willkür natürlich Tür und Tor geöffnet, falls eine monarchistische oder nationalistische Regierung an die Macht kam, die den Juden nicht wohlgesonnen war. So kam es immer wieder zu Übergriffen und Blutbädern unter den Juden. Dabei dürfte der Neid eines der Hauptmotive gewesen sein. Im Verlauf der sich zuspitzenden politischen Konflikte zwischen Ägypten und den Juden verstärkte sich auf beiden Seiten die wechselseitige religiöse und kulturelle Ablehnung. In Alexandria (Ägypten) wurde seit dem Bekanntwerden der Bibel (die 5 Bücher Moses wurden bereits etwa um 440 v. Chr. fertiggestellt) eine antijüdische Hetze entfacht. Die heidnische Bevölkerung betrachtete das 2. Buch Mose der Bibel, das den Auszug der Juden aus Ägypten beschreibt, als anti-ägyptische Propaganda.
Später schufen hellenistische Autoren eine Anti-Exodus-Tradition (der Auszug der Juden aus Ägypten wird auch als Exodus bezeichnet), die sich gegen Israels Erwählungsbewusstsein und seine biblische Herkunftsbeschreibung richtete: Juden seien gebürtige Ägypter gewesen, die wegen Aussatz und anderer Seuchen gewaltsam vertrieben worden seien und erst unter Moses eine eigene Nation gebildet hätten. Auch ihre Gebräuche, z.B. der Sabbat, wurden polemisch verzerrt erklärt: Die Juden seien so krank und schwach gewesen, dass sie sich immer nach sechs Tagen Wanderung einen Tag hätten ausruhen müssen.
Man fragt sich, wie kommen plötzlich die Hellenen, also die Griechen, dazu, antisemitische Schmähschriften zu schreiben, in einem Konflikt, der sich eigentlich zwischen Ägypten und den Juden abspielt? Ich würde sagen, dass man das als Solidarität unter Unterdrückern betrachten kann. Letzten Endes ging es auch den Hellenen nur darum, die eigene Macht zu festigen. Es waren vor allem wohl die Feldherrn, Unterdrücker und Schreiberlinge Alexander des Großen und seiner Nachfolger die Seleukiden, die ja auch nichts anderes im Sinn hatten, als ganz Südostasien und eben auch Palästina unter ihr Joch zu zwingen, die in ihren Schriften gegen die Juden zu Felde zogen. Sie konnten natürlich mit den politisch sehr selbstbewussten Juden nichts anfangen.
Meiner Meinung nach beruht die Judenfeindlichkeit in erster Linie auf der Auflehnung gegen die verhasste ägyptische Pharaonen-Diktatur, die symbolisch für alle Diktaturen steht, als auch auf der Entmachtung der Staatsgötter, auf der Ablehnung gegen eine Klassengesellschaft und einer Rechtsordnung, die die Schwachen schützt. In diesem in der Antike einmaligen Glauben und Widerspruch der jüdischen Religion zu den Gottkönigskulten der antiken Imperien ist eine Ursache der späteren, teilweise systematischen Judenfeindschaft der griechisch-römischen Oberschichten zu finden. Im Orient war der Herrscher als Gottessohn durch die Religion gestützt, aber das Volk Israel glaubte sich selbst als Sohn Gottes, darum musste ihr König die Gebote über sich anerkennen und konnte von daher kritisiert werden. Das war natürlich in Ägypten unvorstellbar.
Wenn die Beschreibung des Auszuges der Juden aus Ägypten auch mit vielen Fragezeichen versehen ist, so kristallisierten sich für mich drei wesentliche Gründe für die Judenfeindlichkeit heraus. Zum einen beinhaltet die jüdische Religion eine Gesellschaftskritik, die sich für die Belange der Schwächeren einsetzt. Den zweiten Grund für die Judenfeindlichkeit sehe ich im Neid, den die geschäftlich oft sehr erfolgreichen Juden bei einigen Menschen hervorrufen. Ein dritter Punkt, der mit zur Judenfeindlichkeit beigetragen haben könnte, ist der Vorwurf, die Juden würden sich als auserwähltes Volk betrachten. Mit dem Erscheinen von Jesus von Nazareth erhob das Christentum allerdings ebenfalls für sich den Anspruch, das auserwählte Volk Gottes zu sein.
Ich beende das hier erst einmal. Es wird sonst zu lang. Aber dieselbe Tendenz, die die Judenfeindlichkeit in der Antike hatte, zog sich durch alle nachfolgen Jahrhunderte.