Von der Realität …

DAS SCHICKSALSGEWAND
(ODER: DAS SPINNENNETZ)
***

Stark wie Stahl und weich wie Seide,
kreuzend Wege, silbrig Funkeln,
webt ein Schicksal, Augenweide,
zarte Stege im Samtdunkeln.

Schimmert wie ein Mondpalast,
schwebt von Handwerkskunst getragen
über schwerer Düfte Last,
die ins Jenseits sich bald wagen.

Dunkel allerdings die Schatten,
kündend von manch tückisch Plänen,
wo sie zappelnd bald ermatten,
klein Wesen zwischen Regentränen.

Feengewand grazil verwoben,
hell Satin und Königssamt,
von sanften Brisen hochgehoben
es einer andern Welt entstammt.

Ein Zauber, der im Schaudern lebt
und mit dem Atemzug entflieht,
verlebt, was künstlerisch verwebt,
vergänglich Töne, altes Lied.

Und wenn wir diese Welt verstünden,
das Netz erblickten mondlichtweich,
vergessen aller unsrer Sünden,
der Anblick wäre bar Vergleich.


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©Law


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Ein Kunstwerk, welches mich einfängt wie ein Spinnennetz. Habs schon drei mal gelesen und bin immer noch fasziniert.
Wunderschöne Beschreibung.
Danke! :kuesse:
 
Es ist nicht in logisch-analytische Denkweisen zu kleiden. Es ist in gar nichts zu kleiden.
Jetzt hat es endlich Gewand bekommen.


Überarbeitete Fassung von Post #137 (16.11.2017)


STERNENHIMMEL
***

Nur selten drang die Seele vor,
vor bis zu jenem alten Fried,
denn dort verharrt ein dunkles Tor,
das zu betreten sie vermied.

Lang versunken, tief vergraben,
als lägen alte Mauern schief,
am tiefsten Grund, wo Träume traben
und ein vergess’ner Mahr entschlief.

Zwischen bröckelnd kalten Steinen
und blühend hellem Flieder,
erkletternd, umrankend die seinen,
wegweisend wie leuchtend Gefieder.

Wie Felsgestein, so thront er schwer,
schwer wie Gebirgsgebein,
Äonen ist es nun schon her,
dass jemals war er dort allein.

Nur selten drang die Seele vor,
zu ungewiss, dies Sternenglanz,
denn nur, wenn sie den Halt verlor,
da hörte sie die Worte ganz.

Letztlich jedoch verstand sie nicht,
zu lange lockte sie das Lied,
und schälte sie so Schicht für Schicht
aus sich heraus, bis sie verschied.

Unklar bleibt's, wie tief das Dunkel,
dunkel auch der Traum darum,
Schwarz umwebt ein Sterngefunkel,
voller Tränen glänzt es stumm.

Heiser wispernd, tote Stimmen,
entseufzend jenem kalten Loch …
ferne, sich entrückte Seelen -
verharrten nicht, entschwanden noch;
denn nichts drang mehr
und mehr
und mehr
aus ihren Kehlen.



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©Law


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DAS EWIGDUNKEL
***

Opale rinnen kreuz und quer
um Fugen, Ecken, Kanten scharf,
tropfen himmelsschwer, doch leer
hinab, wo’s Nass versickern darf.

Ein Kreislauf, der die Sonne bannte,
die Welt gestaltete nach Maßen,
die nur der Donner jemals kannte,
wandelnd auf der Winde Straßen.

Nachtschwarz die Tränen, nebelkalt,
noch zitternd von der Hitze Licht,
tropfen eisern, groß, uralt,
entrinnen auch dem Dunkel nicht.

Im Grau die Blitze - Farben teuer -
im Bruchteil eines klar Moments,
der Welt geboten als die Steuer
der vollen Leere, dunkel brennt’s.

Ausdruckslos, doch traurig schied
der Jahreszeiten Seele, nun,
da diese Welt die Sterne mied;
auch manches Lebenswerk muss ruh’n.

Gesichter, Stimmen, durchaus weise,
Ausdruck, Eindruck, Worte alt,
so viele Töne, flüsternd leise,
verklingen zwischen Schwarzblut kalt.

Bleiern Nächte, Mondlicht blind,
der Wolken schwere Mauern weit,
vertrieben auch das Tageskind,
die Dunkelheit ist nun bereit.

Der Zephyros an Kraft einbüßt,
von Osten Donner grollt heran,
er flüchtig leicht den Regen küsst,
vom Tod verschlungen - irgendwann.


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©Law
 
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