Am Anfang der Schöpfung steht kein aleatorisches Ereignis, kein Zufall, sondern ein Grad von Ordnung, der unendlich höher ist als alles, was wir uns vorzustellen vermögen: eine höchste Ordnung, die die physikalischen Konstanten, die Anfangsbedingungen, das Verhalten der Atome und das Leben der Sterne reguliert. Mächtig, frei, unendlich existent, geheimnisvoll, implizit, unsichtbar, wahrnehmbar, ist es da, ewig und notwendig, hinter den Phänomenen, weit über dem Universum, aber in jedem Teilchen präsent. Jean Guitton
Alle materiellen Formen vergehen: die Quarks nach Bruchteilen einer Milliardstelsekunde, die Universen nach vielen Milliarden von Jahren. Alle Materie hat die Tendenz, in einen Nullzustand zurückzufallen. Nicht aber das Quantenpotential und dessen Urgrund: Diese Dimension muß vielmehr transzendent und ewig alle Energie und Form enthalten, weil aus ihr alle vergänglichen Manifestationen Energie und Form bekommen. Sie gehen aus diesem Urmeer hervor, werden durch dieses Urmeer zusammengehalten und gehen wieder in dieses Urmeer ein.
Die vedische Wissenschaft beschreibt mit dem Begriff Udaka (Meer) drei super-implizite Ordnungen. Dies sind nicht abstrakte, sondern konkrete, effektive Dimensionen. Wenn wir unseren Körper derart verfeinern und energetisieren könnten, daß wir die Frequenz der Udaka-Energie erreichten, sähen wir tatsächlich einen gewaltigen kosmischen Ozean. Nur weil wir diesen Ozean nicht sehen können, heißt das nicht, daß es ihn nicht gibt oder daß niemand anders ihn sehen kann. Die vedischen Schriften enthalten mehrere Berichte von großen Mystikern und Bhakti-yogis, die den Karana-, Garbha- oder Kshira-Ozean persönlich gesehen haben. Die berühmteste Beschreibung findet man im 10. Canto des Shrimad-Bhagavatam (89. Kapitel): Krishna entrückt Seinen Freund und Geweihten Arjuna in die Udaka-Dimension, zeigt ihm den Karana-Udaka und gewährt ihm den Anblick Maha-Vishnus.
Obwohl wir diese Meere nicht unmittelbar wahrnehmen können, können wir mittelbar, nämlich an deren Wirkung, erkennen, daß sie real sind. Spätestens seit der Entwicklung der Quantenphysik muß auch die Wissenschaft akzeptieren, daß es viele Phänomene gibt, die man nur mittelbar erfassen kann. Die Udaka-Meere sind auch in der Dimension der Menschen sehr wohl wahrnehmbar. Die Spuren ihres Wirkens sind überall: in der kosmischen Ordnung, in den Naturgesetzen, in der konstanten Auflösung und Erneuerung der materiellen Formen, ja sogar in unserem Schicksal, in allem, was uns zufällt. Die konkrete Udaka-Realität zeigt sich uns abstrakt als Strukturen, Muster, Energiefelder und Schöpfungsprinzipien, aber diese scheinbar abstrakten Wirkungen verursachen wiederum unsere konkrete, erfahrene Realität. So abstrakt können sie also nicht sein!
Es ist also nicht falsch, von Energiefeldern zu sprechen. Man muß sich einfach vor Augen halten, daß diese Energiefelder Ausdruck einer noch höheren Realität und Ordnung sind.
Die drei kosmischen Energiemeere, von denen wir über die Veda-Offenbarung erfahren, sind das Karana-udaka, Garbha-udaka und Kshira-udaka. Gemäß der Ligaturregel des Sanskrit werden die beiden Vokale a-u zu einem o verschmolzen, weshalb die drei Udakas korrekterweise Karanodaka, Garbhodaka und Kshirodaka heißen.
Das Konzept der Energiefelder kann uns helfen, die Realität der Udakas zu verstehen. Im Sanskrit gibt es zwei verschiedene Ausdrücke für Energiefelder: udaka und kshetra. Udaka bezieht sich auf die unbegrenzten, immateriellen kosmischen Felder, und kshetra auf die begrenzten, materiellen Felder.
Udaka bedeutet wörtlich das, was Wellen hervorbringt und bezieht sich auf ein Meer oder eine Gesamtheit von Wasser. Im Wort udaka ist die Wortwurzel ud- erkennbar, die soviel bedeutet wie fließen, beweglich sein, Wellen bilden. Diese Wurzel hat sich bis ins Lateinische erhalten. Dort finden wir sie immer noch mit derselben Bedeutung im Wort unda, Welle. Von dort aus hat sie sich in viele moderne Sprachen fortgepflanzt (z.B. it. onda, frz. onde, engl. inundation ).
Das Udaka bezeichnet also den Urgrund, der gleichzeitig zahllose Formen aus sich selbst heraus hervorbringt. Als Vorstellungshilfe kann das uns bekannte Meer dienen: Auf der Oberfläche des Meeres bewegen sich zahllose Wellen. Eine Welle löst andere Wellen aus, aber das heißt nicht, daß die Welle, die sich fortpflanzt, eine Fläche oder ein Loch hinterläßt. Die Wellen bewegen sich fort, aber sogleich oder besser: sogleichzeitig sind wieder neue Wellen da. Dieses Zusammenspiel von Meer und Wellen kann uns helfen zu verstehen, wie das Udaka-Meer die zahllosen materiellen Formen hervorbringt. Das Udaka ist also der verbindende Urgrund von Kausalität und Synchronizität.
Im Gegensatz zum Udaka, dem kosmischen Feld, bezeichnet das Sanskritwort kshetra ein begrenztes Feld. Kshetra bedeutet wörtlich das, was durch eine Linie oder durch einen Zaun begrenzt ist, also das, was aus der Gesamtheit herausgelöst ist. In der Geometrie bedeutet kshetra Ebene oder durch Linien gezeichnete Fläche. Kshetra bedeutet allgemein auch Ort, Ortschaft, Feld, eingezäunter Besitz und das, was einem Besitzer gehört. Diese letzte Bedeutung ist sehr vielschichtig und erklärt, warum kshetra auch Körper bedeutet. Körper wird im Sanskrit definiert als das, was ein Lebewesen mit seinem Bewußtsein durchdringt. In diesem Sinn sind die Udakas Gottes alldurchdringender Körper, weil Gottes (Vishnus) Bewußtsein all diese alldurchdringenden Felder durchdringt, und die Kshetras sind die Körper der begrenzten Lebewesen. Diese Definition darf man auch von der anderen Seite her lesen: Jedes Kshetra ist der Körper eines Lebewesens! Jedes Kshetra wird vom Bewußtsein eines Lebewesens durchdrungen. Dieses Verständnis öffnet das Tor zu den paranormalen Phänomenen, zu PSI-Kräften, Telepathie und zum Bereich der höherdimensionalen Wesen. Kein Energiefeld, kein Planet, keine Pflanze, kein Gefühl und kein Gedanke ist isoliert, anonym oder unpersönlich. Wohin auch immer wir unser Bewußtsein lenken, wir berühren das Kshetra anderer Lebewesen. Welcher Lebewesen? Das hängt von unseren Wünschen, Gefühlen und Bewußtseinszuständen ab.
Die einzelnen Kshetras, von den winzigen Teilchen und Körpern bis hin zu den Halbgöttern und Galaxien, sind über die Udakas miteinander verbunden und werden durch sie koordiniert. Es gibt das transuniversale Karanodaka des Maha-Vishnu (Ebene aller Universen An.v. Nitai). Dieses Udaka verbindet durch Maha-Vishnus Bewußtsein aktiviert die einzelnen Universen. In jedem Universum gibt es ein Garbhodaka, das die Hälfte des universalen Raumes ausmacht und eine Art antimateriell-transzendente Grundsubstanz darstellt. Das Garbhodaka bildet den nicht-lokalen Aspekt der Materie und das Kshirodaka (Ebene von einzelnen Universen) den lokalen. Der dritte Vishnu (Kshirodakashayi-Vishnu) wird als der lokalisierte Aspekt Gottes bezeichnet, weil Er persönlich erweitert in unbegrenzte Formen in alle materiellen Objekte (Atome, Körper, Planeten) eingeht und diese zusammenhält, lenkt und formiert.
Die drei Udakas könnte man umschreiben als das verursachende Meer, das formgebende Meer und das nährende Meer. In die abstrakte Sprache hinunterübersetzt entsprechen sie den Schöpfungsprinzipien Programmierung (kosmische Information), Strukturierung (universale Manifestation) und Realisierung (universale Koordination).
Die Bedeutung dieser Erkenntnis darf nicht unterschätzt werden. Sie besagt, daß die universale Grundstruktur letztlich bewußten, ursprünglichen Quellen entspringt und daß jeder, auch der einfachste, ärmste und ungebildetste Mensch, Zugang zu diesen Quellen haben kann. Diese Quellen sind Personen im göttlichen, allumfassenden (absoluten) Sinn, die jederzeit überall allen zugänglich sind wenn wir es freiwillig wollen, denn sie drängen sich den Unwilligen nicht auf. Dem modernen Menschen widerstrebt es, dies zu akzeptieren, weil ihnen nichts ferner liegt, als sich von Personen abhängig zu wissen, selbst wenn es um Gott, die allumfassende, zahllose und Eine höchste Person, geht. Sie wollen selbst Gott sein und schrecken vor der Vorstellung zurück, einer höchsten Person Rechenschaft, Dankbarkeit und ego-lose Liebe schuldig zu sein. Diese Erinnerung an die Realität des persönlichen Wesens von Gott ist wahrscheinlich der revolutionärste Aspekt der Veda-Offenbarung.