Lotusz schrieb:
Hallo namor
Religionen haben sich in erster Linie so lange gehalten, weil man jede Kritik an den Religionen, und zwar an allen Religionen (Hinduismus, Buddhismus, Christentum, Islam) über Jahrhunderte meist brutal unterdrückt hat. Überall wurden die Religionen zur Aufrechterhaltung der herrschenden Zustände benutzt. Und wer sich dagegen ausprach, dem drohte nicht nur die Hölle.
Und dieses Bewusstsein, diese Angst vor möglichen Folgen, ist den Menschen in Fleisch und Blut übergegangen. Es wurde ihnen vermittelt, dass dann, wenn sie sich brav an die Gesetze halten und gottesfürchtig sind, sie wenigstens nach ihrem Ableben mit der Seligkeit rechnen können, die man ihnen im Leben verwehrte. Das genau ist das Muster, mit dem man sich brave Untertanen erzieht, die man nach Belieben manipulieren und ausbeuten kann.
Der springende Punkt ist also das Bewusstsein. Je gebildeter und bewusster ein Mensch ist, um so weniger wird er sich von solchen Vorstellungen leiten lassen. Bildung und Bewusstsein sind aber auch heute noch grösstenteils eine Frage des sozialen Statuses. Wer heute nicht über die finanziellen Mittel verfügt, wird sich sehr genau überlegen, ob er überhaupt ein Studium aufnimmt. Aber gerade in Deutschland findet die Selektion eigentlich schon viel früher statt, nämlich im Kindesalter, in der Schule. Bereits hier sind die statusbedingten gesellschaftlichen Selektionsmechanismen am wirken.
Und dann sind da andererseits die Lehrinhalte, die in den Universitäten vermittelt werden. Man kann Lehrinhalte in der Form vermitteln, dass man Fragen über den gesellschaftspolitischen Nutzen wissenschaftlicher Entwicklungen mit in den Studienplan aufnimmt. Man kann Lehrinhalte auch rein an den Interessen der Industrie ausrichten.
Dann wird nicht mehr nach dem Nutzen einer wissenschaftlichen Entwicklung gefragt, sondern nur noch nach dem materiellen Gewinn. Und dann fallen negative Aspkte, wie z.B. Umweltaspekte, Gesundheitsfragen oder militärische Fragestellungen auch mal ganz schnell unter den Tisch. Was zählt, ist dann der Profit des Einzelnen, eventuell auf Kosten der Gesellschaft, und was erwünscht und vermittelt wird, sind Kritiklosigkeit, Obrigkeitsdenken und Ellbogenmentalität.
Alles Liebe. Gerrit
hallo,
ich stimme dir zu, nur sehe ich nicht, dass Bildung automatisch dazu führt, dass die Menschen sich deshalb von der Religion abwenden. Es gibt genügend hochintelligente Menschen, die über genügend Bildung und sozialen Status verfügen und trotzdem an einen Gott glauben. Das meinte ich eigentlich mit Religion. Ich hätte den Begriff etwas weiter fassen sollen. Ich meinte, dass Menschen auch dann, wenn sie aufgeklärt sind, deshalb nicht völlig ohne Gottesvorstellung leben wollen. In unseren Breitengraden ist man keineswegs gezwungen sich der großen Kirchen anzuschließen und dennoch tun es immer noch sehr viele Menschen und das nicht etwa deshalb, weil sie dumm wären oder ungebildet.
Isaac Newton hat, trotz seiner Einsichten, an einen Gott geglaubt. Und es gibt noch viele weitere Beispiele von intelligenten Leuten, die trotz ihrer intellektuellen Fähigkeiten an irgendeiener Gottesvorstellung festhielten.
Dass in den alten Kulturen die Religion Zwang ausgeübt haben, ist völlig richtig. Kann man auch nicht leugnen. Trotzdem würde ich die Angelegenheit evolutionär begreifen. Klar, wir müssen uns weiterentwickeln und sollten nicht stehen bleiben, können es wohl auch gar nicht.
Aber man sollte bei aller Kritik nicht vergessen, dass in früheren Zeiten Religion ein gesellschaftlich notwendiges Integrationsmittel war. Ich denke, dass wir uns nicht zu leichtfertig auf ein hohes Ross, sorry für den Ausdruck, geht nicht gegen dich, setzen sollten.
Gesellschaften müssen sich auch erst entwickeln und die alten Kulturen waren nunmal auf ihrer Entwicklungsstufe,auf der sie sich befanden, eine notwendige Etappe der Entwicklung. Und damit auch die Religionen. Ich versuche mal ein Beispiel. Die ägyptische Kultur hatte ihren Pharao als obersten Herrscher. Dazu kam die Priesterkaste, die natürlich dafür gesorgt hat, dass die Menschen schön bei der Stange bleiben usw. Ein Pharao, Echen Athon, wollte die Priester entmachten, weil sie zu dominant geworden waren. Er hat den Gott Amun, an den alle glaubten entthront und an seine Stelle den Gott Athon gesetzt. Alle Götterstatuen Amuns wurden ausgetauscht. Rituale wurden verändert usw. Diese Maßnahmen hätten fast zum Niedergang Ägyptens in der Zeit geführt, weil die gesamte Gesellschaft darauf aufgebaut war. Nicht nur die Priester hatten den Schaden, sondern auch die Bauern und alle anderen. Sie wussten plötzlich nicht mehr, was richtig und was falsch war. Alles ging drunter und drüber. Der nächste Pharao hat dann alles wieder rückgänging gemacht und sozusagen auf Amun eingestellt. Ich glaube es war Tut Ench Amun.
Das Beispiel zeigt, dass die Religion in der damaligen Zeit einfach wichtig für die Entwicklung einer Gesellschaft war. Nur aus unserer heutigen Sicht erscheint das rückständig. Es gab in der Zeit nicht den hohen Grad an Spezialisierung, woraus sich notwendig ergibt, dass die Menschen sehr abbhängig von der Natur waren. Die Menschen mussten von daher reibungslos funktionieren, wenn die Ernte in Gefahr war, z.B Unwetter oder auch im Falle eines kriegerischen Angriffs. Deshalb war es sinnvoll, dass jeder durch Geburt auf seine gesellschaftliche Rolle festgelegt war, weil es allen nützte. Aus unserer Sicht primitiv, völlig klar, nur damals war dieses Verhalten sogar fortschrittlich. Dementsprechend muss man auch die Religion begreifen, trotz aller berechtigten Kritik.
Für die meisten hier ist die Religion oder der Glaube an Gott oder wie auch immer stark individualisiert und hat längst nicht die Bedeutung. Im Grunde ist es doch scheißegal, woran ich glaube.
Jeder schustert sich seinen eigenen Gott zusammen. Und wenn du die Leute in ein paar Jahren fragst, dann erzählen sie dir etwas völlig anderes. Und wenn du nach dem Grund fragst, dann sagen sie dir lapidar. "Nun ja, ich hab mich eben weiterentwickelt". Und du sagst dann nur, " ach so, alles klar".
Und du hast natürlich Recht, wenn du sagst, dass Schule auch dafür sorgt, dass Menschen in eine bestimmte Richtung gedrängt werde. PISA hat ja eindeutig gezeigt, dass gerade in Deutschland, der Grad an Bildung derart stark vom sozialen Hintergrund abhängt, wie in keinem anderen Land.
Allerdings muss man sagen, dass wir nunmal nicht alle Universitätsprofessoren werden können, selbst, wenn viel mehr leute das Potenzial haben. Wir brauchen auch Dachdecker und Putzfrauen. Insofern ist das eigentlich auch, zumindest bis zu einem gewissen Grad, funktional.
MfG
namor