Überarbeitung von Kinderbüchern - notwendig oder Zensur?

Gibt ein schönes Gedicht zur Bücherverbrennung von Brecht:

Als das Regime befahl, Bücher mit schädlichem Wissen
Öffentlich zu verbrennen, und allenthalben
Ochsen gezwungen wurden, Karren mit Büchern
Zu den Scheiterhaufen zu ziehen, entdeckte
Ein verjagter Dichter, einer der besten, die Liste der
Verbrannten studierend, entsetzt, daß seine
Bücher vergessen waren. Er eilte zum Schreibtisch
Zornbeflügelt, und schrieb einen Brief an die Machthaber.
Verbrennt mich! schrieb er mit fliegender Feder, verbrennt mich!
Tut mir das nicht an! Laßt mich nicht übrig! Habe ich nicht
Immer die Wahrheit berichtet in meinen Büchern? Und jetzt
Werd ich von euch wie ein Lügner behandelt! Ich befehle euch, Verbrennt mich!

(Bertolt Brecht: Die Bücherverbrennung)
 
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Wir leben schon im Orwell Zeitalter schon bemerkt?

*lol* ja, wie heisst es so schön, wirf einen Frosch in einen Kochtopf mit kaltem Wasser und stelle die Herdplatte an, er wird drinnen sitzen bleiben, obwohl er herausspringen kann, bis das Wasser kocht und er elendig zugrunde geht.

Menschen funktionieren sehr ähnlich solange ein Prozess und Veränderungen nur langsam genug ablaufen, passt sich die Masse an - bis hin zu Diktaturen und gröbsten Grausamkeiten, wo alle zuschauen und nichts mehr dagegen tun.

Und dann sagen jene Frösche: oha, wie konnte das denn nun plötzlich passieren? :rolleyes:

LG
Any
 
Was mich wundert, wir leben in einer Welt voller Paradoxien. Einerseits wird sich über einzelne Wörter aufgeregt, dann wieder gibt es Filme wie Die tribute von Panem, der ab 12 Jahren freigegeben ist und wo Kinder sich gegenseitig ermorden sollen und da echt fiese Szenen bei sind.

Mir kommt es vor, als soll Gewalt salonfähig werden. Das finde ich bedenklich.

Musikuss, das wort dämlich und auch das Wort herrlich versuche ich auch zu vermeiden, ich sag lieber dumm oder toll. In alten Büchern stört es mich dennoch nicht, werden sie verwendet. Und die Gleichberechtigung zurücknehmen zu wollen hielte ich natürlich auch für verkehrt, Ich finde es gut, dass in Kinderbüchern und Filmen auch Mädchen Heldinnen sind und nicht nur Püppi-Beiwerk.

Auf die Idee z.B. alte Serien neu zu überarbeiten, käme ich dennoch nicht. Im Gegenteil, es zeigt die Perversion der entsprechenden Zeit und auch warum Frauen für ihre Rechte massiv kämpfen und es heute noch tun müssen (ich bleibe da nicht im eigenen Dunstkreis, ich meine vor allem global).

Es wirkt arg befremdlich, wenn Püppiweibchen hübsch zurechtgemacht neben dem glorreichen 70er-Jahre-Helden steht und eigentlich nix tut, ausser nett aussehen zu sollen oder um ihn zur Hilfe zu rufen. Das hat schon die Qualität einer Komödie, aus heutiger Perspektive. Alte Marvel Comics sind da ähnlich absurd wahrzunehmen.

Und würde ein Film oder der Roman "Die Farbe Lila" zensiert, ich fände es mehr als bedauerlich, zeigt es doch eindrucksvoll, was damals falsch lief in der Gesellschaft. Nach so einem Erlebnis weiß ein Mensch, welches Verhalten falsch und destruktiv ist. Finde ich.

LG
Any
 
Manche denken sich was dabei , manche nicht..aber die Leute die betroffen sind, wissen doch gar nicht wie es gemeint ist. In vielen Fällen wird das N Wort als Schimpfwort benutzt und um Menschen zu stigmatisieren. Da wir das wissen, wieso kann man dann nicht auf das Recht das Wort laut auszusprechen, verzichten. Wieso ist euch das Recht so wichtig? Keiner würde darauf kommen es zu verbieten, wenn die Menschen alleine drauf kämen. Und die Tatsache, dass man daran denkt es verbieten zu müssen, sagt schon viel über unsere Gesellschaft aus.

Oki...und was machst mit "Roots" und ähnlichen Büchern?
Soll da das "Nigger" durch "Afro-American" ersetzt werden?
Würde ziemlich albern wirken, wenn die shit sheets vom KKK sowas wie "I shoot me an Afro-American and call it a day" von sich geben würden...
Oder wie will man die "Nigger"-Anrede bei "Coach Carter" abwandeln?
Ist ja eins der Hauptanliegen dieses Trainers, daß sich seine Schüler mit Respekt behandeln...


Sage
 
ach du liebes bißchen.

Das wird ja immer hysterischer.

****Nein nein, ich verbrenne meine Bücher nicht****

demnächst werden ganz bestimmt die unglaublich mutigen Hobby-Widerstandskämpfer verhaftet, weil sie die falsche Pippi Langstrumpf-Ausgabe im Schrank stehen haben.

:rolleyes:

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der Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung ändern kann. :D

Als ich auf das Thema hier stieß, fand ich es anfangs in Ordnung, wenn hier und da *bereinigt* wird.

Sehe ich jetzt anders...ist Zeitgeschichte und sollte so bleiben.
Wichtiger ist der Umgang damit.
Und dazu kann die öffentliche Diskussion über solche Änderungen durchaus dienlich sein (diese hier bis auf wenige Ausnahmen eher weniger).

Zu diesem vorläufigen (!) Schluß bin ich nicht durch die völlig abgedrehten Schreckensszenarien hier gekommen.

:lachen::lachen:
 
Kinder sind offener, wenn sich Eltern zusammen mit ihnen oder sie allein in anderen Kulturen bewegen.

Kinder haben sowieso ihre eigenen Vorstellungen. Meiner Meinung nach wäre es manipulative Suggestion, ihnen etwas ein - oder auszureden, was sich in ihrer kindlichen Welt abspielt.

Märchen, Erzählungen, Sagen beflügeln deren Phantasien, die sich unserer Erwachsenenwelt bereits entziehen - bzw. wir unser inneres Kind nicht mehr beachten, das uns noch immer Traumschlösser bauen, einen Tanz auf den Wolken oder auf dem Regenbogen spazieren lässt.

Da fällt mir eine liebe Geschichte ein, die sich vor vielen Jahren zwischen meinen Kindern und einem kohlrabenschwarzen Mann abgespielt haben....

.....als meine beiden Ältesten noch klein waren - so um die 3-4 Jahre etwa....und wir unser erstes Auto besaßen, machten wir mit den Kleinen einen Ausflug nach Schönbrunn...und als wir dort an einer Ampel, die gerade rot anzeigte, stehen blieben, stand dort dieser besagte schwarze Zeitungsverkäufer, buchstäblich wie aus dem Märchenbuch und
die Kleinen waren so aus dem Häuschen, dass sie sich die Nasen an der Autoscheibe plattdrückten und zappelnd vor Freude ihm jubelnd zuriefen: ,Neeeger, Neeeeger´...

Worauf dieser herannahte und breit ins Fenster lachte - seine schwarze Hand an die Scheibe legte und ebenso :,Kiiinda, Kiiindaaa´...rief....also da war so viel Freude und Überschwang auf beiden Seiten....die einen sahen zum ersten Mal - ja quasi für sie eine Märchenfigur aus Büchern - der andere sah das Strahlen in den Augen der Kinder - und strahlte zurück - vielleicht auch, weil die Kids das krasse Gegenteil zu ihm waren - weiße Haut, weißblondes Haar, stahlblaue Augen....

Dieser Moment währte leider nur kurz, weil die Ampel grün zeigte und wir losfahren mussten.

Aber diesen Augenblick haben die Kinder immer in lieber Erinnerung behalten - sie hatten zum ersten Mal einen ,echten´Neger gesehen...das war für sie, als hätten sie den ,echten´ Weihnachtsmann gesehen und ich hätte es nicht übers Herz gebracht, ihnen diese Freude durch ein ,Aufklärungsgespräch´ zu verderben....

Die Realität kommt noch früh genug!

.................
 
Kinder haben sowieso ihre eigenen Vorstellungen. Meiner Meinung nach wäre es manipulative Suggestion, ihnen etwas ein - oder auszureden, was sich in ihrer kindlichen Welt abspielt.

Märchen, Erzählungen, Sagen beflügeln deren Phantasien, die sich unserer Erwachsenenwelt bereits entziehen - bzw. wir unser inneres Kind nicht mehr beachten, das uns noch immer Traumschlösser bauen, einen Tanz auf den Wolken oder auf dem Regenbogen spazieren lässt.

Da fällt mir eine liebe Geschichte ein, die sich vor vielen Jahren zwischen meinen Kindern und einem kohlrabenschwarzen Mann abgespielt haben....

.....als meine beiden Ältesten noch klein waren - so um die 3-4 Jahre etwa....und wir unser erstes Auto besaßen, machten wir mit den Kleinen einen Ausflug nach Schönbrunn...und als wir dort an einer Ampel, die gerade rot anzeigte, stehen blieben, stand dort dieser besagte schwarze Zeitungsverkäufer, buchstäblich wie aus dem Märchenbuch und
die Kleinen waren so aus dem Häuschen, dass sie sich die Nasen an der Autoscheibe plattdrückten und zappelnd vor Freude ihm jubelnd zuriefen: ,Neeeger, Neeeeger´...


Worauf dieser herannahte und breit ins Fenster lachte - seine schwarze Hand an die Scheibe legte und ebenso :,Kiiinda, Kiiindaaa´...rief....also da war so viel Freude und Überschwang auf beiden Seiten....die einen sahen zum ersten Mal - ja quasi für sie eine Märchenfigur aus Büchern - der andere sah das Strahlen in den Augen der Kinder - und strahlte zurück - vielleicht auch, weil die Kids das krasse Gegenteil zu ihm waren - weiße Haut, weißblondes Haar, stahlblaue Augen....

Dieser Moment währte leider nur kurz, weil die Ampel grün zeigte und wir losfahren mussten.

Aber diesen Augenblick haben die Kinder immer in lieber Erinnerung behalten - sie hatten zum ersten Mal einen ,echten´Neger gesehen...das war für sie, als hätten sie den ,echten´ Weihnachtsmann gesehen und ich hätte es nicht übers Herz gebracht, ihnen diese Freude durch ein ,Aufklärungsgespräch´ zu verderben....

Die Realität kommt noch früh genug!

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Sehr schön!
Vor allem: Sie verbanden mit dem Wort "Neger" nichts negatives, wie einem immer suggeriert wird!
Und auch der "Neger" fand es lustig.

So war es auch, als ich ein Kind war. Mein Vater machte jedesmal einen der drei Könige und wir bettelten immer, "mach den Mohr, mach den Mohr", weil dieser uns so beeindruckte.
Er machte das hin und wieder, aber eigentlich nicht so gerne, weil er sich immer schminken musste und nach dem Gesang wieder mühsam abschminken.
Aber wir Kinder liebten es und verbanden nicht einen Hauch von negativem damit. Und wir kannten auch Mohrenköpfe, Negerkuss und die 10 kleinen Negerlein.
 
Sehr schön!
Vor allem: Sie verbanden mit dem Wort "Neger" nichts negatives, wie einem immer suggeriert wird!
Und auch der "Neger" fand es lustig.

So war es auch, als ich ein Kind war. Mein Vater machte jedesmal einen der drei Könige und wir bettelten immer, "mach den Mohr, mach den Mohr", weil dieser uns so beeindruckte.
Er machte das hin und wieder, aber eigentlich nicht so gerne, weil er sich immer schminken musste und nach dem Gesang wieder mühsam abschminken.
Aber wir Kinder liebten es und verbanden nicht einen Hauch von negativem damit. Und wir kannten auch Mohrenköpfe, Negerkuss und die 10 kleinen Negerlein.

Genau! Neger kommt ja von dem flug niger. Die deutschen wurden von den amis auch immer "krauts" genannt und darüber hat sich auch keiner aufgeregt.
 
Werbung:
Was mich wundert, wir leben in einer Welt voller Paradoxien. Einerseits wird sich über einzelne Wörter aufgeregt, dann wieder gibt es Filme wie Die tribute von Panem, der ab 12 Jahren freigegeben ist und wo Kinder sich gegenseitig ermorden sollen und da echt fiese Szenen bei sind.

Mir kommt es vor, als soll Gewalt salonfähig werden. Das finde ich bedenklich.

Musikuss, das wort dämlich und auch das Wort herrlich versuche ich auch zu vermeiden, ich sag lieber dumm oder toll. In alten Büchern stört es mich dennoch nicht, werden sie verwendet. Und die Gleichberechtigung zurücknehmen zu wollen hielte ich natürlich auch für verkehrt, Ich finde es gut, dass in Kinderbüchern und Filmen auch Mädchen Heldinnen sind und nicht nur Püppi-Beiwerk.

Auf die Idee z.B. alte Serien neu zu überarbeiten, käme ich dennoch nicht. Im Gegenteil, es zeigt die Perversion der entsprechenden Zeit und auch warum Frauen für ihre Rechte massiv kämpfen und es heute noch tun müssen (ich bleibe da nicht im eigenen Dunstkreis, ich meine vor allem global).

Es wirkt arg befremdlich, wenn Püppiweibchen hübsch zurechtgemacht neben dem glorreichen 70er-Jahre-Helden steht und eigentlich nix tut, ausser nett aussehen zu sollen oder um ihn zur Hilfe zu rufen. Das hat schon die Qualität einer Komödie, aus heutiger Perspektive. Alte Marvel Comics sind da ähnlich absurd wahrzunehmen.

Und würde ein Film oder der Roman "Die Farbe Lila" zensiert, ich fände es mehr als bedauerlich, zeigt es doch eindrucksvoll, was damals falsch lief in der Gesellschaft. Nach so einem Erlebnis weiß ein Mensch, welches Verhalten falsch und destruktiv ist. Finde ich.

LG
Any

Ja, manchmal könnte man den Eindruck haben. Wo sind da die Sittenwächter?

Und das Wort "dämlich" kommt natürlich auch durch die Art wie sich Frauen damals gegeben haben. Taschentuch fallen lassen, ohnmächig werden, hilflos sein. Und klar war das eine Zeit, in der die beiden Geschlechter ihre Rollen spielen mussten, so kann man äußerlich eine Ungerechtigkeit feststellen. Obwohl es für Männer zu jenen Zeiten auch nicht gerade rosig war. Diese mussten ebenfalls einiges stemmen.

Fanny Mendelssohn, eine der wenigen Komponistinnen des 19. Jahrhunderts, konnte ihre Kompositionen nur über ihren Bruder Felix veröffentlichen.
 
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